Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Dritter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 150
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Reptilen und der Fische
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Lurche oder Neptilien.
Drille Grbnung.
kommen. Dann plattet sie den Kops ab, dehnt bensel-
ben durch Ausblåhung seitlich auS, offnet den Rachen
und zeigt die langvorstehenden Giftzahne, wåhrenb der
Korper unter dem Einflusse deS anhersten Zornes ab-
wechselnd anschwillt und zusammensinkt. Dennoch mag
man fle mit tuchtigen Steinwfirfen oder mit Stangen,
die freilich 8—10 Fuh lang sein muffen, ohne eigene
Gefahr erlegen, indem fie auf den Feind niemals los-
gehl. In grohe Wuth gerathen, verbreitet ste einen
ungemein ubeln Geruch, der entfernt an Ammonium
erinnert und wesentlich einer salbenartigen Fenchlig-
keit beiwohnt, welche von gewissen, um das Af-
ter gelegene Drfisen bereitet wird. Dah sle, mie ver-
fichert worden, aufgefundene todte VLgel sreffe, muh je-
denfalls bezweifelt toerben, indem fie in der Gefangen-
schaft, auch bei finherstern Hunger, solche Nahrung ver-
schmåhi. Kleinen Saugethieren, Ratten und Måusen
giebt fie den Vorzug vor Vogeln, versetzt ihnen einen
Bih und erwartet dann in vollkommener RegungSlofigkeit
die innerhalb einer oder ztoei Minuten unfehlbar eintre-
tende tbdtliche Wirkung deS GifteS. Haufig angestellte
Versuche haben betoiesen, bah eine MauS schon 30 Se-
eunden nach empfangenem Biffe aufgeschwollen unter
einigen Zuckungen stirbt. An Frssche und Kroten
toagt fich die Klapperschlange niemals, fie scheint sogar
vor den ersteren eine getoisse Furcht zu fuhlen, und
mit AuSnahme der allerdingS sehr gistigen Mockafin-
Schlange scheinen andere Schlangen vor ihr flcher zu
sein. Ungeachtet ihrer Haufigkeit richtet sie in den
Vereinigten Staaten nicht viel Ungluck an, benn theilS
Verrålh sie fich selbst, theilS kennen bie Lanbleule bie
Orte, bie fie gern besucht, gehen bort mit Vorstcht unb
schreiten z. B. niemals uber einen liegenben Baumstamm,
sonbern fiberspringen ober umgehen ihn, toeil an solchen
Stellen bie Schlange fich gern aushalt. Auch ist ihr
Bih bem Menschen nicht unbebingl tLbtlich; schnelle
chirurgische Hfilfe toenbet in ber Regel ben schlimmsten
AuSgang ab. Wenigstens leben Gebiffene mehrere
Stunden unb gewahren baher ber firztlichen Behanblung
einige Zeit. Auf keines ber zahllosen innerlich zu neh-
menben Gegenmittel ist fibrigenS Vertrauen zu setzen,
wie affe aufgeklarte norbamerikanische Aerzte bebauernb
zugeben; wesentlich bestimmt toirb ber Erfolg ber åuher-
lichen Behanblung burch bie Richtung, toelche ber Gifl-
zahn genommen, benn ist er in einen stark muskulosen
Theil gebrungen, so treten bie Zeichen ber Vergiftung
weit langsamer unb unvollstanbiger ein alS bann, wenn
an einem minber fleischigen Orte ein oberflachlicheS
Blulgefah verletzt warb. Die im fernsten Westen ben
Pelzthieren nachgehenben halbtoilben, aber kraftigen
Jager befolgen jebenfaffs baS zweckmahigste, toenn gleich
sehr rohe Mittel, inbem fie, nach Empfang eines Bisses,
ohne frembe Hilfe abzutoarten, bie Stelle mit bem Jagb-
meffer tief auSschneiben unb bie grohe Wunbe burch
starke Mengen aufgeschfitteten Schiehpulvers wieberholt
ausbrennen. Gesellig stnb bie Klapperschlangen nur im
Winter; fie verbergen fich bann gemeinsam in Erblo-
chern unb verfallen in einen gewhhnlichen, keineswegeS
vollig lethargischen Schlaf, auS toelchem fie bei geringen
Beranlassungen erwachen, finb fibrigenS nicht, wie bas
Bolk glaudt, am Geffihrlichsten, toenn sie im Frfihjahre
Hervorkommen, sonbern vielmehr zur Zeit ber stfirksten
Sommerhitze. Die Paarung fafft auf bie ersten Lenz-
monate, bie Zahl ber Jungen ist bebeutenb, unb biese
Fruchtbarkeit erklart am Ersten bie noch immer grohe
Haufigkeit von Klapperschlangen in alten unb bichtbe-
bevolkerten Colonien, toie im ostlichen Pensylvanien,
Neuyork u. s. w., wo Jebermann auf fie Jagb macht
unb keiner bas Leben geschenkt toirb. Die Lange alter
Jnbivibuen betragt 4—5Fuh, hochstenS 6 Fuh; Erem-
plare von 8 Fuh Lange unb 9 Pfunb Gewicht, toie Ca-
tesby in Carolina eine sah, gehsren zu ben seltensten
Ungeheuern. Von ber mit ihr ost verwechselien unb
ahnlichen sfibamerikanischen Klapperschlange (Crotalus
horridus) unterscheibet fich bie norbamerikanische burch
ein ober ztoei kleine Schilber auf ber Schnautze unb
burch schwacher Hervortretenbe Kiele ber Schuppen. Sie
ist obenher braungelb mit 20 — 24 unregelmfihigen, ge-
zackten, stellenweiS zusammenfliehenben Binben, am
Schtoanze ganz schwarz, am Bauche gelblich toeih,
schtoarz gefleckt.
Den Klapperschlagen burch KLrperform unb sogar
Farbung fihnlich ist bie Gattung Lanzenviper (Tri-
gonocephalus ober Lachesis), beren in Sfibamerika unb
Westinbien allein Heimischen Arten einen beschuppten
Kopf, allein keine Klapper haben. Sie halten fich, je
nach ber Species, in ben Walbern auf, wie ber furcht-
bare „Buschmeister" ber Hollfinbischen Colonisten in
Surinam (Lachesis rhombeata), theilS auch an bfirren
unb steinigen Orten, toie bie eigentlich sogenannte Lan-
zenviper (Trigonocephalus lanceolatus), toelche auf
Martinique unb ber nahen Jnsel S. Lucia eine unauS-
rottbare, im fibrigen Westinbien unbekannte Lanbplage
bilbet, toerben 7—8 Fuh lang unb fibertreffen an Gif-
tigkeit — toahrscheinlich in Folge bes tropischen Kli-
ma's ihrer Heimathen — bie Klapperschlangen um ein
BebeutenbeS. Weit zornmfithiger als biese, vertheibigen
ste fich nicht allein, sonbern gehen auf ben Angreifer loS,
toarnen niemals burch irgenb eine Bewegung ben arg-
los Vorfibergeheuben, steigen in ben Walbern bis auf
bie Hochsten Baumgipfel, um bort bie Vogelnester zu
erreichen, von welchen fie biStoeilen, bequem ansruhenb,
Befitz nehmen, nachbem fie bie Bewohner verschlungen,
lanern aber auch am Boben kleinen Nagethieren auf.
In Sfibamerika giebt eS minbestenS brei beutlich ver-
verschiebene Arten, bie fiber alle niebrigere Lanbstriche
verbreitet finb, unb von welchen eine ziemlich hoch an
bem sstlichen Abhange ber Anbeskette emporsteigt.
UeberaK werben fie geffirchtet, benn ohne schleunige
Hfilfe stirbt fast immer ber von ihnen Gebiffene. Spe-
cifische Wirkung gegen bas Gift scheint allen Berichten
nach bem frischen Safte eines kletternben StraucheS
mit zusammengesetzten Blumen (Mikania Guaco) beizu-
wohnen. Auf Martinique werben defonberS bie Zucker-
rohrfelber burch bie oben erwahnte Lanzenviper unficher
gemacht. Ihr fallen jahrlich mehrere Negersclaven al8
Opfer. Muthiger als alle anbere Giftschlangen, bie
Schilbvipern ausgenommen, stfirzt fie auf Borfiberge-
Henbe. Der burch Schristen bekannte Arzt, Moreau
be Jonnes, rettete mit genauer Mfihe sein Leben, alS er,
auf bem Gipfel bes 5000 Fuh hohen St. Petersberges
auf Martinique fiuherst ermfibet ankommenb, von einer
sener grohen Schlangen angefallen Warb. Der Ban
ber Giftzahne verhalt fich ganz normal unb ist oben
(S. 55. Fig. 2256.) erlåutert worben. Trotz beS Wi-
berlichen ober auch Ffirchierlichen, waS eine Gistschlange
auch nach bem Tobe fur bie meisten Menschen hat, wer-
ben boch sowohl bie westinbischen als bie sfibamerikani-
schen Arten, sene von ben Negern, biese von ben Jnbiern
gern gegessen. Ihr weihes Fleisch soff nicht unschmack-
hast sein. An Lange unb Ninfang fibertreffen fibrigenS
bie Lanzenvipern, wenn sie ausgewachsen finb, bie Klap-
perschlangen.
Dritte Familie.
Seeschlange n.
Rumpf stark zusammengebrfickt, an ber Bauchseite
mit Schuppen, seltener mit Schilbern bekleibet; kurzer,
stark zusammengebrfickter, verticaler Ruberschwanz.
Kops mit Schilbern; Nasenlocher nach oben geoffnet;
Gistzåhne im Oberkiefer vor mehreren unburchbohrten
Zahnen stehenb.
Die Seeschlangen, beren Naturgeschichte noch sehr im
Dunkeln liegt, unb bie meist in ben Meeren ber ostlichen
Halbkugel unb innerhalb ber Wenbekreise vorkommen,
finb offenbar ffir bas Wafferleben bestimmt. Entbehr-
ten sie nicht Flossen, so wfirbe man fie auf ben ersten
Blick leicht genug mit Aalen verwechseln konnen. 3r
ber Thai kommen fie hochst felten, vielleicht nie an baS
Lanb, finb besonberS zahlreich in ben breiten MeereSar-
men zwischen grohen Archipeln, gehen aber nicht
auf baS hohe Meer hinauS, benn bie bisweilen in groh-
ter Ferne von jebem Lande angetroffenen finb offenbar
burch Stfirme verfchlagen worben, ein Schicksal, welcheS
bisweilen ganze Schwårme tressen kann. Die britifchen
Colonisten von Neuseelanb tourben 1837 hschst unan-
genehm fiberrafcht burch eine Menge solcher, ben See-
fahrern als sehr giftig bekannten, inbischen Seeschlangen,
bie inbeffen in kurzer Zeit ber nieberen Temperatur er-
lagen unb verschtoanben. Die nåhere Kenntnih bieser
Schlangen verbankt man ben Bemfihungen ber Natur-
forscher innerhalb ber letzten Jahre. Man Hatte von
ihnen zu Linné'S Zeiten noch keinen Begriff, kannte bis
1815 nur brei Arten, toåhrenb bie Zahl ber bis jetzt
entbeckten unb beschriebenen auf 50 steigt, von welchen
ettoa 20 im inbischen Ocean, 16 in ben mit MeereStoas-
ser erffillten Canalen unb Graben bes sfibafiatischen
Kfistenlanbes unb 6 an ahnlichen Orten in Sfibamerika
leben. Dah einzelne Seeschlangen gelegentlich an baS
Lanb kommen, ist zwar verfichert worben, inbeffen fehlt
es hierfiber an glaubwfirbigen Beobachtungen. Ersah-
rung lehrt vielmehr, bah alle auherhalb ihres eigentli-
chen Elements nur kurze Zeit leben konnen, unb Ruffell
bemerkt in feinem grohen Werke fiber bie inbischen
Schlangen, bah bie in ben Flfiffen, weit oberhalb ihrer
Mfinbungen, gelegentlich gesehenen Seeschlangen burch
bie Fluth bahin gebracht werben unb im Sfihwaffer
sehr balb sterben. Naturforscher verschaffen fich biesel-
ben mit einiger Schivierigkeit, benn bie Fischer anhern
vor ihnen eine sehr grohe unb wohlbegrfinbete Furcht
unb suchen bie in ben Netzen heraufgezogenen so schnell
als nioglich los zu werben. Sie gehoren in ben Samrn-
lungen zu ben selteneren Reptilien unb bieten auch Hin-
sichtlich ihrer Naturgeschichte ber Forschung ein sehr
weiteS Felb. Schon ber Umstanb, bah bie meisten Arten
nicht unrnittelbar an ber Kfiste mohnen, Hinbert bie Be-
obachtung. Den Alten scheinen inbeffen einige, im ara-
bischen unb perstschen Meerbusen lebenbe bekannt ge-
wesen zu sein, bie jeboch mit ben Aalfischen beS MeereS
verwechselt tourben. Allerbings haben sie mit biesen auf
ben ersten Blick ziemlich viele Aehnlichkeit, schtoimmen
mittelS berselben Art von Bewegungen unb enttoickeln
gleiche Schnelligkeit. Jhre Grohe wechselt nach ber
SpecieS; eS giebt einige, bie kauni langer als 2% Fuh
toerben, anbere boppelt so grohe. Zwischen Mannchen
unb Weibchen befteht kein anherer Unterschieb, Junge
erkennt man an ber weit lebhasteren Fårbung, bie jeboch
im Ganzen weit bestanbiger ist alS bei anberen Schlan-
gen, so dah baher Varietaten kanin vorkommen. Die
meisten haben eine gelbliche Grunbfarbe, bie balb in
Blau, balb in Grfin ober Weih zieht, unb von welcher
breite Ringe ober grohe rantensormige Flecke von bunk-
ler Farbung scharf abstechen. Der ganze Van verråth,
bah Seeschlangen ihren bleibenben Aufenthalt im Was-
ser nehmen sollen; ein nach beiben Enben zugespitzter
Korper, zusammengebrfickter, ost mit einem scharfen Kiel
versehener Bauch, sehr bfinner, hoher, einer Floffe glei-
chenber Schwanz, ber zugleich bie Vorwartsbewegung
Hervorbringt unb ihre Richtung regelt, machen zwar
rascheS Schwimmen moglich, gestalten aber auf bem
Lanbe nur ein sehr langsames unb anstrengenbes Krie-
chen. Die nach vorn unb etwas nach obeil angebrachten
Augen gewahren ben Seeschlangen einen Weiten Umblick,
sei es, um ihre Bente zu gewahren, ober um ben Gefah-
ren zu entgehen, welche jebes schwachere Thier beS Meeres
unaufhorlich bebrohen. Die Nasenlocher stehen neden
einanber aufber Spitze ber Schnautze, unb baher branchen
jene Reptilien bei bem Athmen nur bie letztere einen Augen-
blick fiber bie Wafferflachezu erheben. Gegen bas Einbrin-
gen bes Wassers finb bie Nasenlocher burch Klappen, ber
Rachen burch genau schliehenbe, zackig in einanber ein-
greifenbe Lippenranber gesichert. Den Korper debecken