Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Dritter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 150
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Reptilen und der Fische
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Einleitung.
Fisch e.
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und ven knochigen, die Kiemen tragenden Bogen. Bis-
weilen behaupten fie an assen diesen Orten dieselbe Ge-
stalt, andere Male ånbetn fie je nach ihrer Stessung,
denn bald stehen fie in einfacher, bald in mehrfacher Reihe,
bistoeilen in Gruppen, die man je nach der Starte der
einzelnen mit einem Håckerigen Strahenpflaster oder mit
einer scharfen Burste verglichen hat; bei einigen Rochen
und Haien erscheinen fie wie vielfache Reihen kleiner
Schmelzperlen, bei anderen Rochen, den sogenannten
Meeradlern, bilben fie ein ebenes, aus langgestreckten
Sechsecken zusammengesetzteS Getafel. Lippfische Haben
breite, fast menschliche Schneidezahne; an åchten Hai-
fischen find asse Zfihne dreieckig und an dem Rande så-
genartig eingeschnitten; bei den Kugelfischen find sie zu
zwei oder vier elfenbeinartigeu, scharfschneidenden Plat-
ten verwachsen, welche die Kiefern uberziehen und unter
den Sippen fast wie ein Schnabel Hervorragen. Selten
fehlen alle Zahne, denn mangeln fie den Kiefern und
Gaumen, so stehen sie, wie am Karpfen, mindestens weit
hinten und auf den Schlundknochen. Welche aber auch
die Form sein ntoge, so bestehen alle Zahne der Fische,
gleichviel, ob fie einfache oder zusammengesetzte seien,
wie jene der Saugethiere, aus Knochensubstanz und ei-
ner Schmelzrinde, haben niemals fine wahre, in eine ent-
sprechende Hohe eingepahie Wurzel, sondern find ent-
weder mit dem unten liegenden Knochen zu einem Ge-
sammtgebilde verwachsen oder nur auf einer Knorpel-
schicht befestigr. Sie werden in unregelmahigen Zwi-
schenraumen, wie Berlust oder Abnutzung es erheischen
mågen, gewechselt; der Ersatzzahn liegt oft schon fertig
da, wahrend ein oder zwei Borganger noch nicht abge-
braucht find, und tritt zuletzt bald von hinten, bald von
der Seite an seinen wahren Ort. Nur in wenigen Fal-
len kann ihre Bestimmung zum Kauen deutlich nachge-
wiesen werden; mehrenlheils bienen fie nur zum Ergrei-
fen ber schlupfrigen Beute unb zum Festhalten berselben,
wahrenb fie grabweis bem Schlunbe genahert wirb. In
bemselben Berhaltnifse wie bie Zahne zeigt auch ber
Aiygen bie mannigfachsten Formen. Bon ber Gestalt
der Kugel bis zu der einer enghalstgen Flasche oder ei=
nes ganz unregelmatzigen Sackes durchlauft er alle
Stufen, und Haufig ist er nur cylindrisch und von der
Speiserohre und dem anhangenden Darm nicht wohl zu
unterscheiden. Nur durch seine bunnhautigen Wanbun-
gen gleicht er sich fast in allen Fållen, obwohl er an
dem Mullet eine Dicke wie ber Magen eineS kornerfres-
senben Bogels erlangt. Der Darm hat haufig durchaus
gleichen Durchmeffer unb meist keine beirachiliche Långe;
bie Aftermunbung befinbet stch keineswegeS immer am
Hintersten Enbe ber Leibeshohle, sonbern kann, eben so
wie bie Bauchflofsen, sehr weit nach vorn gerucki sein,
was begreistich eine grohere Lange bes sich nach vorn
umschlagenben DarmeS veranlaht. Die Leder nimmt
stets einen betrsichtlichen Raum ein unb ist balb einfach,
balb mehrlappig. Der Nmlauf bes kalten, rolhen Blu-
tes wirb burch ein Herz befårbert, welcheS, nur aus zwei
Abtheilungen bestehenb, baS auS bem Korper ruckkeh-
renbe Benenblut aufnimmt unb nach ben Kiemen treibt,
wo bie sehr bunnwanbigen Haargefåhe bie im Wasser
enthaltene geringe Menge von Sauerstoff aufnehmen.
DaS arteriell geworbene Blut geht bann in anbere Ge-
fåhe uber, bie, aus ben Kiemen Hervortretenb, stch zu
einer Ruckenschlagaber berbinbert, welche ihren Jnhalt
nach unb nach burch zahlreiche Canale an ben Korper
vertheilt. Die Athmungsorgane ober Kiemen bestehen
aus sehr geffihreichen Blåtichen, bie parallel neben ein-
anber, wie bie Zsihne eines KammeS, unb zwar bei
Knochenfischen auf besonberen Knochenbogen (Kiemen-
knochen) stehen, welche, weit nach hinten unb unter bem
Schabel liegenb, am einen Enbe mit biesem, am anberen
mit bem Zungenbeine beweglich verbunben stub unb
Hinter stch bie gleichfallS bogenformigen Schlunbknochen
haben. Der ganze, biesen Apparat aufnehmenbe Raum
Heitzt bie Kiemenhohle, ber Spalt von verschiebener
Weite, burch welchen biese nach hinten stch offnet, ist bie
Kiemenspalte, ben beweglichen grohen Seitentheil bes
Kopfes, welcher bie Hohle beckt, nennt man ben Kiemen-
beckel unb unterscheibet an ihm brei meist beutlich ge-
schiebene Platten, ben Borbeckel, Nnterbeckel unb Hin-
terbeckel (q. r. s.). Zur befseren Berschliehung ber Kie-
menspalte bient eine an ber inneren Seite bes Hinter-
beckels befestigte Haut, bie Kiemenhaut, welche durch
parallele, leicht gekrummte, ebenfalls am Deckel ange-
wachsene biegsame unb einfache Knochen, bie Kiemenstrah-
len (t.), ausgespannt wirb. Jnbem biese nicht in allen
Familien bieselbe Zahl haben, geben ste guteKennzeichen
ab. Bei einigen Familien verwåchst Hingegen bie Kie-
menspalte bis auf eine schmale Oeffnung ober ein runbes
Loch. Das Herz liegt ganz vorn unter ben Schlunb-
knochen unb Kiemenbbgen ber linken Seite unb getrennt
von ber Leibeshåhle burch ein kleines Zwerchfell. Fische
beburfen im Uebrigen viel weniger Sauerstoff als an-
bere Wirbelthiere; ber Mensch verbraucht zufolge ge=
nauer Beobachtungen eine funfzigtausenbmal gråhere
Menge desselben in einer gegebenen Zeit als bie Schleie.
Erstickung tritt baher bei ben auher bem Wasser befinb-
lichen Fischen hauptsachlich baburch ein, bah bie Heine-
ren Kiemenblåttchen zusammentrocknen unb folglich ber
Blutlauf unterbrochen wirb. Je gråher bie Kiemenspal-
ten unb je ausgesetzter also bie Kiemen sinb, um so leich-
ter wirb Eintrocknung stattfinben; Haringe sterben ba-
her roenige Minuten, nachbem ste aus dem Meere gezo-
gen roorden, Aale Hingegen hallen stundenlang auf dem
Lande, wenigstens zroischen naffem Grase aus. Jrrthum-
lich ist der Glaube, dah die Schroimmblase mit der Ath-
mung zu thun hade, denn ste bezieht stch allein auf die
Ortsbetoegung der Fische. Sie liegt stets unmittelbar
unter der Wirbelsåule, kann mittels der Zusammen-
druckung der Korperseiten und durch besonvere Muskeln
in ihrem Umfange vergrohert oder verkleinert werden
und befitzt wegen eigenkhumlicher Struekur ihrer auhe-
ren Hautschicht, die beilausig als Hausenblase technische
Anwendung findet, viele Elaflicitat und Widerstands-
krafl. In ihren auheren llmrissen erscheinl fie in ver-
schiedenen Familien sehr verschieden; im Barsch ist ste
einfach cylindrisch, an beiden Enden geschlossen, bei ben
Karpfen in ber Mitte zusamntengeschnurt, bei ben Meer-
aalen eben so gestaltet, aber an ben Enben zugespitzt
(Fig. 2353. B. b.), bei bent gemeinen Weitz fische (A. b.)
unregelmåhig kugelig, bei bem Trontmelstsche (Pogo-
nia) sogar åstig (Fig. 2354.). Bisweilen hsingt ste
burch einen engen unb verschliehbaren Canal mit bem
Magen (B. a. A. a.) zusammen ober auch mit bem
Schlunbe, wie bei ben Høringen; bei zwei Drittheilen
ber mit ihr versehenen Fische entbehrt ste jeben AuSgang
unb ist bann vollkommen geschlossen. Sie ist mit ziein-
lich reinem SauerstoffgaS erfullt unb bient, bas specifische
Gewicht beS Fisches zu vergrohern, sobalb stezusammen-
gebruckt wirb, ober umgekehrt basselbe burch ihre Aus-
behnung zu verminbern, unterflutzt also ben Fisch wåh-
renb beS Auf- ober AbsteigenS im Wasser. Dah sie nicht
unbebingt nothwenbig fei unb bie letztere Art ber Betoe-
gung auch ohne ihre Beihilfe recht gut von Statten ge-
hen konne, ergiebt stch auS ber Thatfache, bah sie nicht
nur allen, gewohnlich am Boben ruhig weilenben Knor-
pelstschen, z. B. ben Rochen, sonbern auch einer Zahl
von rasch schwimmenben Knochenfischen fehlt, bah fie
einzelnen Arten geroiffer Gattungen verliehen ist, wah-
renb sie allen anberen Arten berselben Galtung mangelt,
unb bah bennoch bei so ungleicher Ausrustung eine Ber-
schiebenheil ber Beweglichkeit unter biesen nahe ver-
wanbten Fischen nicht eintritt.
Dah bie intellectuellen Fsthigkeiten, ebenso wie bie
meisten Sinne ber Fische, nur auf einer nieberen Stuse
berAusbilbung stehen, tourbe, Wenn Erfahrung nicht als
Beroeis Hinreichte, auS ber Beschaffenheit bes HirnS unb
ber Sinneswerkzeuge gefolgert roerben muffen. DaS
erstere erfullt niemals ben an stch beschrankten Hirn-
raum unb ist mit roafferiger ober auch oliger Flusstg-
keit umgeben; es bilbel nicht langer eine compacte
Masse roie bei hbheren Wirbelthieren, sonbern erscheint
in Lappen unb Knoten gesonbert. Bevorzugl ist im
Berhaltnisse zu ben anberen Sinnesorganen bas Auge.
Entsprichl auch sein Bau im Ganzen bem bei allen
Wirbelthieren gewohnlichen, so erfahrt es boch wichtige,
zu bem Sehen im Wasser unumgånglich nothroenbige
Umgeflaltungen, unter welchen ber stets bebeutenbe Um-
fang ber mit vieler Bergråherungskrafl begabten Kry-
stalllinse zuntal auffållt. Fische haben uberhaupt bie
verhaltnihmahig grohien Augen aller Wirbelthiere; bei
einigen komint ber Umfang bes Auges bem britten Theil
ber Seitenflache bes Kopfes gleich. Die Pupille muh
in allen Såtfen sehr groft sein, um moglichst vieles Licht
zulassen zu konnen. Golbene unb filberne Farbung ber
Iris gehort in bieser Thierclasse zu ben gewohnlichen,
verntag inbeffen bem Auge keinen, irgenb charakteristi-
schen Ausbruck zu verleihen, inbem biesem jebe starkere
Beweglichkeit abgeht. Dem Auge gewisser Haie wohnt
allein ein brohenber Blick bei, ber nicht leicht mihver-
stanben wirb, allein gerabe bei biesen furchtbaren Rattb-
thieren steht es auf einem knorpeligen, in ber Augen-
hohle verborgenen Stiele unb kann baher ziemlich
schnell stch brehen. Augenliber unb Thranenbrusen feh-
len naturlich ben Fischen, inbem bas umgebenbe Wasser
sie ganz unnothig macht. Die Zunge besitzt wegen ih-
rer mehr ober minber vosskommenen Befestigung an bie
Kiefern eine in ber Regel sehr geringe Beweglichkeit,
tragt mehrentheils auf ihrer Oberflache Rauheiten, oft
auch Zahne, kann wohl zum Harten Knochen toerben,
fehlt ben Rochen ganz unb bient mehr zu niechanischen
Zwecken, als zu sinnlichen Wahrnehmungen. Dah bie
Ohren in einer seitlichen Hohle bes Kopfes unb unter
ben Bebeckungen verborgen liegen, warb oben erwahnt;
nur bei sehr wenigen Fischen haben fie eine kleine, nach
auhen gerichtete Oeffnung. Ihr innerer Bau bleibt alle-
zeit unvollkommen. Eigentliche Tastorgane lassen fich
selten nachweisen, benn Hochstens konute man als solche
bie kurzen, um baS Maul stehenben fleischigen Faben
(z. B. an ber Barbe) unb bie fleischigen Sippen gewisser
Gattungen detrachten.
Fische finb wie anbere Wirbelthiere getrennten Ge-
schlechts, benn wenn man ehebem bie Aale fur natur-
liche Zwitter hielt ober wohl gar bie Eristenz utannli-
cher Jnbivibuen in Zweifel zoz, so lag bieses int Ver-
kennen ber inneren Fortpflanzungsorgane, bie allerbings
zu gewissen Zeiten in beiben Geschlechtern sich tauschend
ahneln. Ob einige Seefische, wie neuetbings behauptet
worben, bennoch als wahre unb naturgemahe Zwitter
anzusehen finb, bebarf jebenfalls noch der genaueren Un-
tersuchung. Mit Ausnahme einiger Arten von Rochen,
Haien, Schleirnfischen, Meergrunbeln und bem Stern-
seher (Anableps), welche ausgebilbete Junge gebaren,
legen alle Fische Eier ober laichen, wie man biesen Her-
gang gemeinlich nennt. Die Eier finb meist klein, runb
unb toeich, biejenigen ber Haie in eine pergamentartige
ober hornharte viereckige Hulse gehullt. Stets ist ihre
Zahl bebeutenb, in einigen, burch Fruchtbarkeit ausge-
zeichneten Gattungen steigt ste zu Hunberttausenben.
Gewdhnlich kummert sich bie Mutter nicht um sie, jeboch
giebt es einige Fische, welche zwischen verwachsenen
Uferpflanzen, Seegrase ober in Felsspalten eine Art von
Rest anlegen, bieses wohl auch mit Eifersucht beroachen;
gewisse kleine Panzerwelse Guyana's zeichnen fich, nach
Schomburg'S Beobachtung, in bieser Beziehung vor al-
len Fischen attS. Als ein in ber grohen Classe selteneS
Beispiel verbient noch bie auherliche Bauchtasche Er-
wåhnung, in welche bie weiblichen Nabelfische ihre Eier
aufnehmen unb mit fich tragen, bis bie Jungen ausge-
brutet sinb. In ben Fischeiern liegt ubrigens eine in
hoheren Thierclassen fast beispiessose, bei Jnsecten al-
lerbings gewohnliche Lebens- unb Wiberstanbskraft. In
Schottlanb angestesste Bersuche haben bewiesen, bah