Krupp 1812-1912
Forfatter: Friedrich Krupp
År: 1912
Forlag: Friederik Krupp A. G.
Sted: Essen-Ruhr
Sider: 447
UDK: St.f. 061.5(43)Kru
Zum 100 Jährigen Bestehen Der Firma Krupp Und Der Gusstahlfabrik Zu Essen-Ruhr
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in die Gefchäfte zurückzuziehen, und doch vermochte er nicht, diefe Erkenntnis völlig
in dieTat umzufe^en. Hier klaffte ein wirklicher Zwiefpalt, ihm felbft erkennbar und darum
Pchmerzlich: die Kluft zwilchen den Forderungen des Intellekts und der Kraft des Willens.
Werner Siemens übergab entfchlonen fein Lebenswerk den Söhnen und zog (ich in die
Gefilde der Winenfchaft zurück, als die Ausdehnung des Gefchäfts feinen Wünfchen
nicht mehr entfprach. Hermann Grufon fagte feiner Schöpfung Lebewohl und überließ
(ich feinen perfönlichen Neigungen, als die Anforderungen der Fabrik die Vollkraft eines
Menfchen übeiTchritten. Auch diefe Männer haben die Trennung wohl mit blutendem
Herzen vollzogen. Aber Alfred Krupp konnte (ich zu einem folchen Schritt der völligen
Trennung nicht entfchließen. Er hing mit allen Fafern feines Herzens zu feft an reinem
Lebenswerk, um es verlafTen zu können. Er wußte, was feine Perfönlichkeit der Fabrik
gewefen war, und fürchtete für den Fortfchritt, wenn er vom Platte wich. Er drückte das
auch in feiner Weife aus: «Es gibt Induftrien, die faft von felbft gehen, während in der
hiefigenTag für Tag Fortfchritt erftrebt werden muß, dem auch ich, ohne die Werke be-
fuchen zu können, meinen ganzen Reft von Tatkraft zuwende.» Lind nun fteckte er mit
feiner Vergangenheit zu tief in allen Einzelheiten des Gefchäfts, um (ich völlig über fie
zu erheben. Aber er vergaß, daß er aus dem Detail der Arbeit allmählich herausge-
wachfen war, und daß andere nunmehr feinem Willen die Tatkraft leihen mußten. In
ihrer Arbeit fein eigenftesWerk zu erkennen, fiel ihm wohl manchmal fchwer, und auch
er mußte im Alter die Wahrheit des Goethe-Wortes empfinden:
«Was Gutes zu denken wäre gut.
Fand (ich nur immer das gleiche Blut;
Dein Gutgeddchtes, in fremden Adern,
Wird fogleich mit Dir felber hadern.»
Auf fein Handeln blieb das ohne Einfluß. Nach wie vor gehörte fein Denken und Streben
ausfchließlich feinem Werke, und je weniger er die Raume der Fabrik betrat, defto mehr
befchäftigten fich feine Gedanken mit ihrem Gedeihen. So gern er es auch wollte, er
konnte nicht ruhen noch raften; er mußte fortfahren zu tun, was er immer getan, zu
arbeiten, zu denken und zu grübeln. Aber fein Mut und feine Arbeitsfreudigkeit waren
nicht mehr die alten.Was bisher fein Glaube an die Zukunft (iegreich überwunden hatte,
das (teilte fich je^t mit dem Alter ein: er begann zu forgen und zu fürchten um den Beftand
feines Werkes. Und immer eindringlicher, geradezu leidenfchaftlich werden die Schrift-
ftücke, mit denen er «für ewige Zeiten» den Zulammenhalt des Ganzen fertigen, das
künftige Gedeihen fiebern wollte. So kam im hohen Älter auch in das Leben Alfred
Krupps ein Zug der Tragik. Wer will ermenen, was in diefer ftolzen Seele vorgegangen
ift, um zeitweilig feinen fonft fo felfenfeften Glauben an die Zukunft feiner Sache zu er-
fchüttern? Anteil daran hatten (icherlich auch die EreignilTe des Jahres 1874. Er fah damals
alles um fich her wanken; feinVertrauen war in weitem Umfang erfchüttert, und welche
Empfindungen mögen ihn bewegt haben, als er in bitterfter Not feinWerk mit den fchwe-
ren Bedingungen der Anleihe belaßen mußte. Ob er fich im tiefften Innern felbft einen
Teil der Schuld beimaß, daß es fo gekommen ; ob er auch fich nicht mehr völlig traute? In
den Schriftftücken von feiner Hand ift kein Beweis dafür enthalten; aber es würde man-
ches in feinemWefen erklären helfen, wie es in der lebten Zeit feines Lebens geworden ift.
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