Krupp 1812-1912
Forfatter: Friedrich Krupp
År: 1912
Forlag: Friederik Krupp A. G.
Sted: Essen-Ruhr
Sider: 447
UDK: St.f. 061.5(43)Kru
Zum 100 Jährigen Bestehen Der Firma Krupp Und Der Gusstahlfabrik Zu Essen-Ruhr
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bis im Jahre 1870 ein neuer Anfall des Gelenkrheumatismus, der den Knaben Tchon früher
heimgefucht hatte, dem Schulbefuch dauernd ein Ende machte. Die Krankheit trat dies-
mal mit außerordentlicher Heftigkeit und Dauer auf. Noch im Mai 1871 fchrieb Alfred
Krupp, von tiefer Sorge erfüllt: «Ich ftehe in Erwartung der Äußerung von K., was für
Ausfichten für pri^ fich einftellen, ob Hoffnung da ift, daß fein Körper ganz befreit werde
von den KrankheitsftofFen, die ihm diefe fechsmonatlichen Leiden hervorriefen, ob er wirk-
lich organifch gefund aus der Kur hervorgehen wird, ob die größte und lehönfte Hoffnung,
daß er wieder ein gerader und gedreckter Menfch werde, noch die Möglichkeit der Er-
füllung für fich hat, oder ob wir uns darauf gefaßt machen folien, das eine oder andere
nicht erreicht zu fehen.» Die Hoffnung auf Genefung wurde zwar erfüllt, aber für lange
Zeit waren äußerfte Vorficht, wiederholte Badekuren und Reifen nach dem Süden un-
vermeidlich. An den Folgen diefer Krankheit, die ihn in feinem lebten Lebensjahr noch
einmal befiel, hatte E A. Krupp zeitlebens zu tragen. Er litt häufig an afthmatifchen Be-
fchwerden und Schlaflofigkeit, und früh nahm feine Geftalt eine vornübergebeugte Hal-
tung an. Auch der militdrifche Dienft blieb ihm zu feinem großen Schmerze verfagt. Er
trat zwarl877 als Einjähriger bei dem 3. Badifchen Dragoner-Regiment «Prinz Karl» Nr. 22
in Karlsruhe ein, mußte aber nach wenigen Wochen als dienftuntauglich entlaffen werden.
Mit diefer Kränklichkeit und der dadurch bedingten Zurückgezogenheit Friedrich Alfreds
hing feine vom Vater oft beklagte Schüchternheit und eine übergroße Empfindlichkeit in
körperlicher und feelifcher Beziehung zusammen. Das hefte Mittel gegen eine folcheVer-
anlagung, der ungezwungeneVerkehr mit AltersgenofTen, wurde ihm feiten zuteil, da fein
körperliches BefindenVorficht auch im Umgang und Spiel gebot. Er felbft gab (ich redlich
Mühe, diefe Schwäche zu überwinden, die er als folchewohl erkannte: «Der Kampf mit
meiner Empfindlichkeit war der längfte und (chwerfte Kampf meines Lebens.» Wie emft
er es damit genommen hat, zeigt folgendes kleine Erlebnis eines Gaftes auf dem Hügel.
Krupp hatte mit diefem die Kolonie Älfredshof befichtigt und eines der Arbeiterhäufer
befucht, wobei er fich in feiner freundlichen Art längere Zeit mit der anwefenden Haus-
frau unterhielt. Nachher erzählte er dem Garte, daß es ihm anfangs faß unmöglich ge-
treten fei, mit den Leuten ein Gelpräch zu führen, daß er fich aber durch fortgefe^te
Übung dazu gezwungen habe und jet^t wohl imftande fei, feinen Pflichten als Fabrikherr
auch hierin nachzukommen. OffiziellenVeranftaltungen dagegen ging er gern aus dem
Wege, und die Gabe der öffentlichen Rede blieb ihm dauernd vertagt. Ebenfo konnte er
eine große Empfindlichkeit gegen die Beurteilung und Kritik feiner Perfon und Ge-
rchäftsführung in der Öffentlichkeit nicht abfchütteln, Co notwendig auch für feine Stellung
ein gewifles Maß von Gleichgültigkeit in diefer Hinficht gewefen wäre.
Abweichend vom üblichen Wege geftaltete fich auch Krupps Vorbereitung für feine
künftige Aufgabe. Er hatte fchon in jungen Jahren ein lebhaftes InterefTe für Natur-
wifTenrchaften und technifche Dinge gefaßt, eine Neigung, die durch mehrfache Reifen in
ärztlicher Begleitung reiche Nahrung erhielt. So hegte er, die Lücken feiner Schulbildung
felbft empfindend, den dringenden Wunfch nach einer gründlichen wifFenfchaftlich-tech-
nifchen Ausbildung. Aber dielen Wuntch fchlug ihm derVaterrund ab. Alfred Krupp hatte
von den künftigen Pflichten feines Sohnes, von der heften Art, ihn für feinen Beruf vor-
zubereiten, feine eigenen, fett gewurzelten Anfichten und brachte (ie rückfichtslos zur
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