Die Deutsche Ausstellung 'Das Gas'
Seine Erzeugung und seine Verwendung in der Gemeinde, im Haus und im Gewerbe
År: 1916
Forlag: R. Oldenbourg
Sted: München
Sider: 176
UDK: St.f 622.74 Gas
Mit 444 Abbildungen Im Text
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heizung und elektrischem Antrieb in Betrieb vorführte.
Fig. 369 zeigt eine solche Maschine, an der die Gaszuführung
deutlich zu sehen ist. Gewebe aus Wolle, Halbwolle und
Halbseide müssen vor der Verarbeitung dekatiert werden.
Durch die Behandlung der Stoffe mit Wasserdampf wird er-
reicht, daß die daraus gefertigten Kleidungsstücke nachträg-
lich nicht eingehen oder krumpfen und Regentropfen keine
dauernden Flecken darauf hinterlassen. Auch wird durch
das Dekatieren der dem Stoff künstlich aufgepreßte unnatür-
liche und nicht haltbare Glanz entfernt.
Zu den bis jetzt verwendeten Dekatierapparaten ist zur
Erzeugung des Dampfes ein besonderer Dampfkessel, der
behördlicher Kontrolle unterworfen ist, notwendig, und zur
Bedienung ist ein geübtes Personal erforderlich, wenn eine
einigermaßen zweckentsprechende Dekatur erzielt werden soll.
Bei den Maschinen von Stapp & Cie. wird der Dampf in
der Maschine durch Gasheizung in offenen Kesseln erzeugt,
die keiner behördlichen Erlaubnis bedürfen.
Die Bedienung ist sehr einfach und völlig gefahrlos, so
daß in kaufmännischen Betrieben Lehrlinge, Ladenmädchen
oder Ausgeher damit beauftragt werden können und be-
sonderes Personal nicht erforderlich ist.
Die Dekatur mit dieser Maschine ist eine vollkommene
und gleichmäßige und kann jeder Stoffart bequem angepaßt
werden. Die Regulierung erfolgt durch Geschwindigkeits-
änderung der Maschine und Änderung der Dampferzeugung
durch Regulierung der Heizflamme.
Die abgebildete Maschine hat einen Dampfkesselinhalt
von 24 1 und dekatiert bei einem stündlichen Kraftverbrauch
von % PS und einem Gasverbrauch von 1,2 cbm mindestens
140 m Stoff in der Stunde. Sie ist infolge der Einfachheit ihrer
Bauart, ihrer Billigkeit, geringen Raumbeanspruchung und
der durch die Gasheizung ermöglichten steten Gebrauchs-
bereitschaft und leichten Handhabung dazu bestimmt, das
Dekatieren von Stoffen jedem, selbst dem kleinsten Kon-
fektionsgeschäft im eigenen Betrieb zu ermöglichen. Die
Ersparnisse gegenüber den bisherigen Dekaturkosten sollen
nach Angabe der Firma 88 bis 92% betragen.
Sehen wir also hier das Steinkohlengas alten Gebieten
wieder neue Möglichkeiten erschließen, so zeigen uns einige
photographische Aufnahmen aus Augsburger Betrieben, die
Fig. 370. Gas-Sengmaschine.
auf der Ausstellung zu sehen waren, wie auch in älteren Groß-
betrieben der Augsburger Textilindustrie das Steinkohlengas
vielseitige Verwendung findet. Fig. 369 ist eine Gas-Seng-
Maschine aus der Bleicherei, Färberei, Druckerei und
Appreturanstalt von Martini & Co.
Fig. 369. Dekatierniaschine von Stapp & Co.
Die von der Weberei rauhen und faserigen Rohgewebe
werden zur Erzielung einer glatten Oberfläche auf der »Gas-
Seng-Maschine« sehr schnell durch entleuchtete Gasflammen
gezogen, um alle vorstehenden Fasern abzubrennen und auf
diese Weise eine glatte Oberfläche zu erhalten.
Hierauf wird die Ware gebleicht, gefärbt, gedruckt und
appretiert.
Fig. 371 ist ein mit Gas geheizter Friktionskalander der
gleichen Firma.
Um einen hohen Glanz auf dem Baum-
wollstück zu erzeugen, zieht man die etwas an-
gefeuchtete Ware zwischen der mit Gas auf ca.
120° C erwärmten hohlen Stahlwalze und der
darunter liegenden größeren Walze aus Papier
oder Baumwolle eines sog. »Friktionskalenders«
durch. Der Effekt ist dem Bügeln ähnlich.
Fig. 372 zeigt eine Sengmaschine der Augs-
burger Zwirnerei, Glanzgarn- und Nähfaden-
fabrik Gebr. Gemmerli. In der Posamenten-
industrie vielfach verwendete Baumwollzwirne
werden mit dieser Gas-Sengmaschine faserfrei
gemacht (gasiert). Das Bild zeigt eine der
neuesten Sengmaschinen mit 20 Trommeln,
von denen eine mit Gasbrenner im Original
nebst Proben der gesengten Faden ausgestellt
war. Mit 1 cbm Gas werden in diesem Betrieb
auf einer Trommel 4,6 kg Garn Nr. 30/3 in
einer Stunde gesengt. Die Gasbrenner, an
denen die Fäden rasch vorbeigeführt werden,
befinden sich in Blechschloten über den
Spulen.
In der Abteilung der Halle III, die die
Leistung eines Kubikmeters Gas veranschau-
lichte, waren hübsche Zusammenstellungen von
mit Gas appretierten Stoffmustern der neuen