Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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Voge l.
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5. Die Misleldrofsel. (Turdus viscivorus.)
Der Name dieser Drosselart deutet auf das Futter,
welches fle vorzugsweis gern geniet. Der Mistelstrauch
ist einer von jenen Schmarotzern, die, in Europa nur durch
wenige Arten vertreten, in den tropischen Landern eine
ganz eigene Flora ausmachen, theilweis durch ihre Pracht
die Aufmerksamkeit aller Reisenden auf sich ziehen und in
unseren Gewachshausern, trotz der Schwierigkeit ihrer
Cultur, sehr geschatzt werden. Fehlt nun der Mistel auch
die leuchtende Bluthe der naheverwandten Riemenblume
(Loranthus), so bleil't sie doch eine sonderbare und der
Beachtung werthe Pstanze; die gabelig getheilten, an den
Gliedern verbickten Aeste, die nervenlosen, gelblichgrunen
Blatter geben ihr cin ungewohnliches Ansehen und mogen
erklaren, warum fte in der altnordischen Mythologie eine
bedeutende Rolle spielt und den Druiden heilig war. Aus
den weiflen, mit einem sehr zahen und klebrigen Safte er-
fullten Beeren (besser noch aus der Rinde der dickeren
Aeste) wird durch Kochung der Vogelleim bereitet. Der
Misteldrossel sind sene so angenehm, bah fede an solchen
Schmarotzerstrauchen reiche Gegend von ihr bewohnt
wird. Nicht leicht duldet sie auf den Baumen, wo Misteln
sich angesiedelt haben, irgend einen anderen beerenfressen-
den Vogel, sondern fallt mit Zorn, und auch gegen ihres
Gleichen hochst unvertraglich, uber jeden Eindringling
Her. Jm Fruhjahre und Sommer nahrt sie sich von
Wurmern und Jnsectenlarven, von kleinen Kafern und
Schnecken, die sie, wie die Amsel, am Boden zusammen-
sucht. Weniger furchtsam als diese streift sie gern im
Freien Herum und last sich auf Wiesen und Felder nieder,
bie ihr Futter darzubieten scheinen. Sonst wohnt sie int
Vorzuge in Nadelholzwaldern, obgleich nicht in den zu-
sammenhangenden und sehr dunkeln, sondern mehr in
jungeren Anpflanzungen, die durch grasige Orte, Wiesen
oder Sandstachen unterbrochen sind. Ueber ganz Europa
verbreitet, nirgends jedoch sehr Haufig, an einzelnen Orten
sogar fast unbekannt, tritt sie bald als Zugvogel auf, bald
zieht sie als Strichvogel umher, der sogar den Winter nicht
scheuet oder nur wenige Grade sudlicher Zuflucht sucht.
In Deutschland kommi sie im Februar und Marz an.
Lauter und angenehmer Gesang des Mannchens verkundet
bie Paarung. Er dauert gewohnlich gegen drei Monate,
vom Anfange Aprils bis Ende Juni's, und tragt sehr zur
Belebung der von Singvogeln sonst nicht viel besuchten
Nabelholzwalber bei. Das Nest (Fig. 1426.) besindet
sich auf Nadelbaumen und ist nicht ohne Fleih und Ge-
schick aus feinen Grashalmen, Wurzelfasern und dunnen
Zweigen geflochten, anherlich mit Baumstechten bekleidet,
ohne innere Lehmauskleidung, indessen sorgfaltig geglattet
und so dicht gemacht und mit soweit ubergreifendem Rande
versehen, dah die Eier villig gestchert liegen. Diese stnd
derZahl nach 4—5, wie gewhhnlich meergrunlich, violett
punktirt und werden 16 Tage lang von beiden Gatten ab-
wechselnb bebrutet. Das Fleisch der Misteldrossel ist eben
so wohlschmeckend als dasjenige der Amsel; Jager und
Vogelsteller bemuhen stch daher im gleichen Grade mit der
Verfolgung des eben so scheuen als listigen Vogels, der
ubrigens dem letzteren eher zu Theil wird als dem erste-
ren, auf sein Feuergewehr angewiesenen. Auch in der Ge-
fangenschaft halt man ihn gern, des Gesanges toegen.
Das Mannchen ist obenher gelblich olivengrau, unten
weisi, schwarzbraun gesteckt; die autzeren drei Schtoing-
sedern sind an der Spitze weisi; das Weibchen gleicht dem
Mannchen ungentein und kann nur durch blaffere Farbung
unterschieden werden. Beide Geschlechter haben einen
rothlichbrannen Schnabel, gelbe Fusie und dunkelbraune
Iris. Die Lange betragt 11 Zoll.
6. Die Ringdroffel. (Turdus torquatus.) Fig. 1427.
Die Ringdrossel wird zwar in ganz Europa ange-
troffen, gehort indessen nirgends zu den gemeinen und in
Menge vorkommenden Vogeln. Zu ihrem Wohlbefinden
ist vor Allem erforderlich, dah eine Gegend nicht den
zahmen Charakter trage, welchen sorgfaltige Cultur einem
grohen Theile des mittleren Europa aufgebruckt Hat. Sie
II. Band.
gefå((t stch allein in unzuganglicheren und zumal in gebir-
gigen Waldungen, too Felsen und tiefe Schluchten mit
dem busteren Hochwalbe toechseln, und siedelt sich Helten
in den Waldern der Ebenen an. Selbstin der Schweiz,
in Tyrol und den ubrigen deutschen Alpenlandern stuv ihr
die Thaler zu lebhaft und zn offen, und daher geht sie dort
an den Bergseiten so hoch empor, als die Vegetation es
erlaubt. Dah ihr sonach Holland nicht zusagen kouue,
bedarf kaum der Erwahnung; sie gilt dort fur ungemeiu
felten und wird im ubervolkerten England fast nur in
den felsigsten Gegenden von Cornwall, auf dem Pik von
Derbyshire und in den rauhen Gebirgen von Schottlaud
und Irland angetroffen. In Deutschland erscheint sie als
Zugvogel im Marz und April und geht im September da-
von. In Uebereinstimmung mit der Art ihrer bevorzug-
ten Aufenthaltsorte entwickelt sie einen stillen und der
Absonderung sich zuneigenden Charakter, vermeidet mit
Scheu Menschen und Thiere und bleibt gern unter dem
Schutze uberhangender Baume am Boden, wo sie, wie
die vorher beschriebenen Arten, ihre Nahrung sucht und
sindet. Tritt im vorschreitenden Jahre Mangel auJnseeteu
ein, so friht sie Waldbeeren verschiedeuer Art. Der Ge-
sang des Mannchens kann durchaus nur fur unbedeutend
erklart werden, und bie Gelehrigkeit fehlt, bie manchen
anberen, von ber Natur nicht viel mehr begunstigten
Vogeln es moglich macht, mit ber Zeit unb mittels inensch-
lichen ilnterrichtes zu Sangern sich umzngestalten. Der
Charakter ber Ringbrofsel ist so unvertraglich toie berjeuige
ber Misteldrossel und anderer Arten derselben Gattung;
vorzugsweis tritt dieser Zug Hervor in der Zeit der Bro-
tung, too beide Gatten nicht uur jeden fremden Vogel aus
der Nahe ihres Nestes vertreiben, sondern auch sich nicht
scheuen, auf Hunde und andere Saugethiere Herabzuflie-
gen und unter lautem Geschrei sie, toenn auch mit ohit-
machtigen Waffen, anzugreisen. Wenige Beobachter
haben in Deutschland die Ringdroffel nistend angetroffen;
toahrscheinlich brutet sie an so unzuganglichen Orten, dasi
selten ein Forscher ihr begegnet. In Persien und unt den
caspischen See soll sie sehr gewohnlich sein und ihre Nach-
kommen regelmahig grosi ziehen, in Ruhland und Nord-
asien niemals angetroffen werden. Bei aller Scheu be-
sitzt sie geringe Klugheit und wird daher leicht vom
Jager beschlichen und gethdtet, auch geht sie leicht in
Schlingen. Das Mannchen ist ubrigens von braun-
schwarzer Farbung, jedoch 6unt durch die weisilichen,
jede einzelneFeder umgebenden Rander; an der Oberbrust
tragt es einen ziemlich grosien, weisilichen, einem Ring-
kragen vergleichbaren Fleck. Am Weibchen hat die Far-
bung im Allgemeinen einen lichteren Ton; die Einfassung
der einzelnen Federn ist breiter, der Halsfleck mehr gratt
als weisi. Der Korper misit 7, der Schwanz 4% Zoll.
7. Die Blaumerle. (Turdus cyanus.) Fig. 1428.
Die Metleii bilben, wie bereits obett erwahnt worden,
eine zweite Abtheilung der groheu Gattung der Drosseln.
Den Ebenen utld dichten, feuchten Waldungen gleich ab-
geneigt, bewohnen sie die felsigen Gegenden hoherer Ge-
birge und fehlen dem nordlichen Deutschland. In Tyrol,
Oberitalien, Spanien, Griechenland kommen zwei Arten
vor, die Blaunterle und die Steiumerle (Turdus saxatilis),
die zwar nicht in Farbung, aber in Lebensweise uberein-
kommeit. Das Mannchen der ersteren ist schieferblau,
hat schwarzen Schnabel und Fusie, gelbeu Mundwinkel,
dunkelbraune, blau eingefahteSchtoing-und Steuerfedern;
an dem viel weniger schonen Weibchen ist das Gesteder
im Allgemeinen braungrau, die Unterseite mit dunkleren,
halbmondformigenFlecken ubersaet, Schwing- und Steuer-
federn haben schmale, weihliche Sauttte. Die Steinbrossel
unterscheidet sich leicht durch rostgelbe Unterseite bei blau-
lich aschgrauer Farbung des Kopfes, Halses und Vorder-
ruckens; das Weibchen ist oben dunkelbraun, unten rost-
gelb mit feinen, schwarzlichen Wellenlinien guer gebandert,
au der Kehle weihlich. Beide Arten verrathen ein sehr
scheues Wesen, leben einsant, vermeiden, so weit als
irgend moglich, die Nahe menschlicher Wohnungen, setzen
sich lieber auf hoch Hervorragende Felsenspitzen als aus
Baume, finden dort ihre aus 3nfecten bestehende Nahrung
und lassen sich felten auf den Erdboden nieder. Wie
andere Drosseln vertauschen sie im Spatjahre die Jnseeten-
uahrung mit Beeren, toelche die unteren Abhange der
Alpen und anderer Gebirge Sudeuropa's in Hinreichender
Menge darbieten. Nur in der Zeit der Fortpflanzung
Halten sie sich paarweis zusammen; in anderen Jahres-
zeiten leben sie einzeln und ungesellig. Uebrigens stiegen
sie schnell und macheu als Zugvogel nicht unbedeutende
Reisen, indem sie im westlichen Asien und Nordafrika
uberwintern, im April bis Suddeutschland ziehen, die
Steinmerle bis in die Rheingegeitden wandert. Sehr
selten versliegt sich die letztere bisweilen bis auf den Harz
oder die Sudeten, wo die Blaumerle nie gesehen worden
ist. Beide nisten an der Sudseite hoher Felsen oder groher
Hansen von Steintrummern, nach Temmiuck auch in Rui-
nen oder hohlen Baumen, banen unkunstliche Nester,
legen spangruttliche, ungesteckte Eier und zeichnen sich
durch angenehmen Gesang aus. Matt Halt sie in Tyrol
und den ubrigen osterreichischen Alpenlandern gern als
Zimmervogel und bringt sie bistoeilen lebettd nach Nord-
deutschland, too sie zu ziemlich hohen Preisen Abnehmer
sinden. Ob die Blaumerle in England vorkomme, ist noch
unentschieden. Montagu und Betoick gedenken ihrer unter
dem Natnen der einsamen Drossel in ihren Werken uber
englische Vogel, scheinen aber nur das Weibchen gekannt
zu haben. Ihre Schilderung der Lebenstoeise entspricht
allerdings den in Sudeuropa von Anderen gesammelten
Erfahrungen. Andere englische Ornithologen tvollett in
jettent ztoeifelhaften Vogel nur einen jungen, noch tiitaus-
gefarbten Staar vermuthen, der benn boch nicht wohl
mit einer Art von Droffeltt vertoechselt toerben kann.
8. Die Scharrdroffkl. (Turd us strepitans.) Fig. 1429.
Unter den uberaus zahlreichen auslanbischett Drosseln
laht sich die Anordnung in Wald - und in Steindrosseln
nur mit Schwierigkeit durchfuhren, indem man nur von
wenigen die Lebensart genauer kennt. Man ist daher ge-
nothigt, das auhere Kennzeichen des gesteckten und des
einfarbigeit Gefieders als allein ntaahgebenb anzunehnteu.
Zu ben gesteckten Drosseln gehort die eine, von dem afri-
kattischen Reisenden A. Smith nicht feru vom sudlichen
Wendekreise entdeckte, die darum H ervorhebung verdient,
weil sie sich der Fuhe nach Art der Huhner bedient, unt
scharrend das abgefallene Baumlaub und andere den
Boden bedeckende Pflanzenreste aufzulockertt unb die dort
verborgenen Jnseeten aufzufcheuchen. Diese bei keitter
europaischen Drosselart bemerkte Eigenthumlichkeit muh
stark Hervortreten, benn nach Smith's Versicherung be-
legen bie Eingeborneit unt Kurrichane jene Drossel mit
eittent Nanteit, ber Scharrvogel bebeutet. Das Scharren
soll so kraftig geschehen, bah bas Hervorgebrachte Gerausch
ben unter bichtem Gestrupp arbeitenben Vogel verrath.
Die Form bes Schnabels, Lange ber Fithe unb Kurze bes
Schwanzes scheinen benselbett von ben eigentlichen Dros-
seln etwas zu entfernen. Er ist ubrigens auf bent Ober-
kopfe, Hinterhalse unb Vorberrucken gelblichgrau, auf
bent Hinterrucken schmutzig aschgrau, unten tveih, rost-
gelblich angeflogen, an ben Seiten bes Halses, auf Brust
unb Bauch bunkelbraun gesteckt; bie Flugelbeckfebern unb
vorberen Schwingfebern stub rothbraun, bie letzereu mit
gelblichen Ranbern unb Spitzett, bie Hinteren Schwiug-
sebern an ber Spitze tveih. Die Lauge betragt 9 Zoll.
9. Die nordamerikanische Singdroffel. (Turdus mustelinus.)
Fig. 1430. 1431.
Jit ben Walbern Norbamerika's wirb unfere Sing-
broffel burch eine ziemlich ahnlich gefarbte Art vertreten,
toelche obenher lebhaft zimmetbrauu, am Hinterrucken
unb Schtoanze olivengrau, unten weihlich unb mit fei-
nett, bititkelbraunen Schaftstrichen gezeichnet ist. Sie
ist sehr scheu, halt sich in ben einsamsten Orten ber
Walber aus, zumal gern nn ben Ranbern bicht beschat-
teter kleiner Bache, singt zwar nur kurze Melobien, itt-
bessen mit groher Kraft unb angettehm f(6tenber Stimme
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