Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
Mit 950 Ubbildungen
Søgning i bogen
Den bedste måde at søge i bogen er ved at downloade PDF'en og søge i den.
Derved får du fremhævet ordene visuelt direkte på billedet af siden.
Digitaliseret bog
Bogens tekst er maskinlæst, så der kan være en del fejl og mangler.
162
Vogel.
Nierte Vrdnung.
3. Der rothkopfige Specht. (Picus erythrocephalus.) gig. 1636.
Es mag als feltene Ausnahme von allem Gewohnll-
chen anzusehen fein, das die Gartenbesitzer und Landleute
Nordamerika's in einem Spechte den nnermndlichsten
Verderber ihrer Hoffnungen zu sfirchien haben. Der
„Roihkopf", mie er im grohien Thelle der Vereinigten
Staaten Heihi, fibeririffi an Knhnheit und Gestahigkeli
alle Vogel, die, in jenem Welttheile besonders zahlreich,
deit Frfichien nachstellen. Vor ihm ist weder der Mais,
wenn seine Korner mit Milch sich zu erfullen beginnen,
noch die Pfirsche, die Stachelbeere, der Apsel und die
Trattbe sicher; znr Abmechselung fiberfalli er die Nester
Heiner Vogel unb raubt ihre Eier, und endlich versteht
er Jnseeten au8 ihren Schlupfwlnkelit mit demselben Ge-
schiek Hervorznholen, welches andere minder lettere Arten
feiner Gattung besttzen. Auch im gefaiilgien Znstande
beireibt er die Jagd anf Jnseeten gleichsam zum Vergnu-
gen. Mit anderen in Gemeinschaft setzt er sich auf die
Gipfel abgestorbener Banitie, schreekt Jnseeten aus, ver-
solgt sie 20 — 30 Fus weit durch die Luft, kehrt unter
gaukelnden Bewegiingen auf seinen Platz zuruck und last
dann sogleich einen lauten, von Freude oder Uebermuth
zeugenden Schrei erschallen. Neberhaupt theilt er nicht
alle Buge unserer Spechte; der Einsamkeit abgeneigt,
lebt er inehr in Garten und auf baumreichen Triften und
Wiesen als in dichten und verlassenen Waldern, treibt
sich gern an den Heerstrahen herum, nahert sich ohne
Scheu den Hausern, laht mohl auch auf ihren Firsten
sich nieder und beginnt aus blosiem Muthmillen an ihren
Schindeln zu hammern. Meist halt er mit anderen zti-
samnien und bildet Heine Gesellschaften, die sich ohne
hose Absicht netken, in Bogen fliegend sich verfolgen
und bei den Haufigen und gefchlllten Wendungen durch
die Buntheit des Gefieders die Aufmerksamkeit eines fe-
den Beobachters erregen. Bei allem diesen zuiratilichen
Wesen ist der rothkopfige Specht nicht ohne viele List;
er scheint recht gut zu missen, dah er, nirgends als an-
genehmer Gast betrachtet, von den Menschen menig Gn-
tes zu erwarten habe, gesalli sich aber dennoch in Ver-
stichen , sie zu necEen und seine Klugheit ztt bewehen.
Wenn er, auf einem Zaunpfahle im Felde oder im
Wege sitzend, den Jager bemerkt, fo flieht er nicht, fon-
dern ruckt langfam auf die andere Seite, verbirgt den
Korper und fchauet von Zeit zu Zeit vorsichtig Hervor,
ohne sich bloszustellen. Geht man ruhig voruber, so
erfcheint er alsbald auf der Spitze des Pfahles, um Ham-
mernd und gleichfam Hohneitd den Gegner Herausznfor-
dern, den er bisweilen eine Strecke unter gleichen Necke-
reien begleitet. Im Nesterbau befolgt er das Verfahren
anderer Spechte, kehrt aber fahrlich zu demfelben zurnck
und vertieft die Hohle um einige Zolle. An der fchwar-
zen Natter (Coluber constrictor) hat er eine furchtbare
Feindin. Mit grohier Leichtigkeit mindet diefe Schlange
sich an den Hochsten Banmstammen empor und dringt in die
anderen Naubthieren unzugangliche Hohle des Spechtes,
der angstlich umherstattert und laut fchreiend den Seinen
keine Hilse zu leisten vermag; sie verschlingt die Eier oder
die Nestlinge und pflegt dann nicht felten einige Tage
ihre Ruhe in dem eroberten Bane. Wahrend des Win-
ters zieht dieser bis Canada verbreitete Specht nach dem
Suden, indeffen Mandert er nicht fedes Jahr, denn Menu
der Winter nicht ungemein Hart austritt, mag man selbst
in Pensylvanien und Nenyork zu feder Zeit einzelne in
den lichteren Waldern, ost sogar in der Mitte landlicher
Gehoste antreffen. — Rucken, Borderslugel, Schwin-
gen und Schwanzende sind schmarz mit etwas violettem
Schiller, Kops und Hals purpurroth, die ganze Unter-
feite, der Burzel und die Hinteren Schmingfedern weih.
Die Lange betragt 9 Zoll.
4. Ter amerikanische Buntspecht. (Picus varius.) Sig. 1637.
Der amerikanische Bnnispecht bewohni Amerika von
Cayenne bis znr Hudfonsbah und halt sich nur in dich-
ten Waldungen auf, naht sich im Sommer niemals den
Dorsern und nistet in den unzuganglichsten und einsamsten
Gegenden. Erst im Oetober wird er in bevolkerten
Pstegen sichtbar, befucht dann die Garten, thut fedoch
den Fruchten keinen Schaden, fondern fucht sich Jnseeten
znr Nahrung. Die Landleute sehen ihn dennoch nicht
gern, denn durch seine Thatigkeit mird der Untergang ir-
gend etmas krankhaster Aepfelbaume sehr beschlennigt.
In allen anderen Beziehungen gleicht er anderen Spech-
ten, ist indesfen weit fcheuer als der eben beschriebene
Rothkopf. Auf dem Rullen ist er braungelb, schmarz
gesteckt, an Brust und Bauch eitronengelb, an der schwar-
zen Kehle mit fenerrothem Mittelsteck gezeichnet; Stirn
und Scheitel sind hochroth, Flfigel und Schwanz schmarz,
weifi gestreift und gesteckt.
5. Der Haurige Specht. (Picus villosus.) gig. 1638.
Der Artenname „Haarig" mag, auf einen Vogel an-
gewendet, sonderbar klingen, bezieht sich indessen nicht
auf die gesammte Oberflache, sondern nur auf den Rucken
und die Umgegend der Nasenlocher, die bei diesem klei-
nen, nordamerikanischen Spechte theils mit langzottigen
Federn, theils mit Wollenhaar bedeckt sind. Man kenni
diesen durch solche Eigenthumlichkeit hinreichend ausge-
zeichneten Vogel im groften Theile der Vereinigten Staa-
ten als einen ziemlich haufigen Standvogel, der itu Som-
mer, vom Monat Mai an, in den Waldern lebt, im Herbst
sich in offenere Gegenden zieht und im Winter in Obst-
garten Schutz unb Nahrung fucht. Im Nestbaue be-
folgt er ein besonderes, sehr muhsames Verfahren, in-
dem er zuerst in Horizontaler Richtung eine 6 — 8 Zoll
lange Zugangsrohre ausarbeitet und dann, unter einem
stumpfen Winkel 12 — 16 Zoll nach unten grabend und
Hackend, im tiefsten Jnneren eines Stammes sich eine
vollig sichere Brutestatte berettet. Die Arbeit schreitet
nur langsam vorwarts, meil feder geloste Spahn mit
dem Schnabel ergriffen und herausgeschafft werden muh.
Dergleichen Bane finden sich nicht felten in alten Apsel-
battmen und selbst in den starken Pfosten alter Zaune.
Der Ruf soli, nach Wilson, stark, scharf, aber zitternd
klingen und sowohl bei dem Hammern auf Baume, als
im Fluge gehort luerben. Die Farbung stellt bas bei ben
meisten Buntfpechten gemohnliche Gemisch von Schmarz,
Weih unb Roth bar; bie Oberfeite ist von ber Stirn an
schwarz, bie Kopf ungehaubi, ber Hinterkopf fcharlach-
roth, am Weibchen schmarz; bie fchwarzen Flugel sinb
weih gesteckt, bie Steuerfebern weih gebanderi, Schnabel
unb Fuhe blaulich. Die Lange betragt nur 9 Zoll.
6. Der weichgefieperte Specht. (Picus pubescens.) gig. 1639.
In Beziehung auf Sitten unb Farbung gleicht ber
weichgefieberte Specht beitt vorhergehenben, bessen Grohe
er jeboch niemals erreicht, inbem er hochstens 6% Zoll
lang wirb. Er theilt mit ihm bas Vaterlanb unb be-
folgt bei bent Nestbau ganz gleiches Verfahren. Die
Hohle Hat einen engen, vollkommen zirkelrunben Zu-
gang, ber zur Rohre sich verlangert, bie unter einem
Winkel von 30 — 40° in bas Herz bes Stammes Hinab-
sinkt unb zuletzt zu einem an ben Wanben glatt polirten
Gemache sich erweitert. Um Verbacht zu vermeiben,
tragen bie kleinen, sich regelmahig ablosenben Arbeiter
bie Spahne in einige Entfernung; sie sorbern ihr Werk
mit Schnelligkeit unb beburfen znr Vollenbung berHohle
nicht viel langer als eine Woche. Das Weibchen prust
mit Vorsicht bas Asyl, ehe es znr volligen Besitznahme
sich entschlieht, legt, ohne weiche Unterlage, auf ben
ebenen Boben bes Gemaches sechs reinweihe Eier unb
wirb wahrend bes Brutens vom Mannchen gesfiiieri.
Enbe Juni kommen bie Jungen zum Vorschein unb klim-
men sogleich lustig an bent Stamme empor. Nach
Wilson's Ansicht ubertrifft bieser Specht nicht nur alle
Jnseeten freffenbe Vogel Nordanterika's an Thatigkeit unb
Geschick, sonbern stiftet auch ben bebentenbsten Nutzen.
Zu allen Jahreszeiten Halt er sich im Vorzuge in Obst-
garten auf, wo er, zutttal im Herbste, von einem Apfel-
baume zum aubern eilt, um bie Rinbe mit ;o zahlreichen
kleinen Lochern zu bitrchbohren, bah man meinen konute,
bie Spuren eines Schrotfchuffes vor sich zu sehen.
Bisweilen liegen biese niemals tiefgehenben unb nur bie
Schnabelspitze aufnehmenben Locher so bicht neben elit-
anber, bah, wie Wilfon versichert, 8—10 auf ben Raum
eines amerikanischen Thalerstfickes kommen. Wenn man
erwagt, bah in grohen Pflanzungen Hunberte von alten
Stammen von ber Wttrzel bis zum Punkte, wo bie unier-
sten breiten Aeste entspringen, in gleicher Art angebohrt
sinb, so inuf man t'iber bie Thatigkeit fener kleinen Vogel
erstaunen, bie, fern bavon, ben Obstbaumen Schaben zu
thun, sie nicht allein von Holzzerstorern befreien, son-
bern vielleicht sogar mittels fener fein en Locher ber Rinbe
zu ihrer Gefunbheit beitragen, wie wenigstens Wilson
nteint. In niehr als 50 genau untersuchten Obstgarten
fanb bieser zwar enthiisiastische, jeboch sehr glaubwurbige
Forscher biefenigen Baume mit Fruchten am Reichsten
belaben, beren Stamme bie zahlreichsten Spuren vom
Angriffe feites Spechtes zeigteii.
7. Der grope Buntspecht. (Picus major.) Fig. 1640.
Es Wurbe zu Wieberholungen fnhren, sollte an bie-
sein Orte bie Geschichie bes grohen Buntspechies in allen
Einzelnheiien enimickeli iverben. Die Glelchformigkeit
ber Sitten, welche an alleit Spechien von Snbinbien bis
Norwegen unb von ba bis Brasilien beobachiet wirb,
ist Folge ber Bestimmung zu burchaus gleicher Art ber
Ernahrung; sie erschwert, wie bei allen artenreichen
Gattungen, bas Geschast bes speeiellen Naturbeschreibers.
Der grohe Buntspecht gleicht im Benehmen, im Fluge,
in ber Fortpflanzung bent Schwarzspechte unc ben int
Vorhergehenben beschriebenen auslandischen Arten. Er
ist minber selten unb geselliger als jener, weniger scheu,
sonst aber eben so lebhast unb znr Zahutung gleich uit-
geeignet. Von Jnseeten lebt er in ber milberen Jahres-
zeit, int Winter von allerlei Baumsaamen, 511mal von
Haselnufsen, Btichnussen unb Kiefersaanten, bie er burch
Zerhacken bes abgebrochenen unb mit bent Fuhe sestge-
Haltenen Zapfens zu erlangen weih. Er begattet sich
int Niarz ober April, verfertigt nicht hoch vom Boben
eine fuhtiefe Hohle in ben Stainin eines faulenben Batt-
tttes. Das Weibchen legt 4 —6 weihe, glånzende Eier,
aus welchen nach gemeinsanter Brutung bie håhlichen
Jungen Hervorkommen. Man finbet biesen Vogel im
grohien Theile von Europa, am Seltensten im sublichen;
er geht bis Norwegen, boch nicht bis Drontheim, soll
auch in Sibirien vorkommen, sehlt aber, mit Ausnahme
Northnmberlanbs, in ben- meisten Provinzen Englanbs
unb soll in ber. genannten int Fruhfahre von Norben unb
Norbosten Her, zumal nach Heftigen Sturnten, eintreffen
unb also wohl als aus Scanbinavien verschlagen an-
zusehen fein. Die Farbung ist obenher fchwarz unb
weih gesteckt, am Rucken unb Burzel fchwarz, tintenher
weih, tint bas Asier unb am Hinterkopfe bes Mamichens
roth. Das Weibchen ist burch etwas mattere Farbung,
vorztiglich burch ben Mangel bes rothen Banbes am
Hinterkopfe unterschieben. Die Lange betragt geg en
9 Zoll.
8. Der kleine Buntspecht. (Picus minor.) Fig. 1641.
Wie schon ber Artenname anbeutet, gehort bieser
Specht zu ben Heineren feiner in Europa einheimifchen
Berwanbten. Er rniht kaunt ntehr als 6Zoll, b.h. kanut
mehr als ein Hansfperling, tragt bas allgeuteine Kleib bes
Stammes, beut er angehort, ist obenher fchwarz unb weih
gefcheckt, unten graulich, am Bauche unb Asier ohne alles
Roth; itnrbaSManncheit Hat einen rothen Scheitelfleck, ber
amWeibchen weih erfcheint. Gleich anberen europaischen
Spechien zieht auch biefer nhrbliche Gegenden den fud-
lichen vor, denn so Haufig er in Finnland, Lappland und
Sibirien gefehen wird, fo fann er fchon in Deuifchlaitd
nicht als gemeiner Vogel geliett und verbreiiei sich nicht
t'iber die Alpen Hinaus. In England foll er nach Gould's
Versicherung viel weniger felten fein, als titan dori ge-
wohnlich annimmt, fogar die Parke und Bauutpflanztut-
gen in der unmittelbaren Nahe von London surchtlos be-
sucheit und niemals t'iber einen gewiffen Bezirk Hinaus-
gehen, den er gewifsermaahen als elgenes Revler betrachtet,
i