Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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Voge l.
Siebente Vrdnung.
er sehr fett gesunben toirb. Er gehort zu den schoneren
der einheimischen Vogel, hat bunfelgrunen, broneeschil-
lernden Mantel, rostrothen Burzel; ein breiter Ring-
kragen, Kops, Federbusch und Schnabel sind tief
schwarz, die Beine fleischroth; im Winter werden Kehle,
Sugel und ein Strich uber den tingen schmutzigtoeih.
Der Schtoanz Hat am Ende ein weisies und schwarzes
Band; an den Jungen, die obenher gelb gesleckt erschei-
nen, ist die Schtoanzspitze rostroth. Die Lange betragt
14 Zosi, die Klasterweite 30 Zoll.
Vil. Steinwalzer. (Strepsilas.)
GattungScharakter: Schnabel kurzer als der
Kopf, kegelformig, vom etwas nach vben gebogenund zu-
sammengebruckt; Oberkiefer an der Harten Spitze keilfbr-
mig ; Nasenlocher ritzenartig, durchgehend, halb geschlvssen.
Fusie kur; ; Unterschenkel ganz befiedert ; Sehen inittellang,
fast ganz getrennt; Hinterzehe hochgestellt, mit der Spitze
auftretend. Flugel svitzig ; erste Schwingfeder die langste.
1. Der Halsband - Steinwalzer. (Strepsilas interpres.) Sig. 1874.
Der Gattungsname der Steinwalzer bezieht sich auf
die durch den starken Schnabel moglich gemachte Ge-
wohnheit dieser Vogel, grosiere Kiesel und andere am
Ufer liegende Gegenstande umzukehren, um zu den Wur-
mern und kleinen Krustenthieren zu gelangen, die unter
jenen sich zu verbergen pstegen. Man kennt nur eine
Art, die aber so ausierorbentlich weit verbreitet ist, dasi
von Nowaja Semlja bis zum Borgebirge der guten
Hostnung und von der Hudsonsbah bis zur Magalhaens'-
Strasie wohl faunt eine Seekuste bekannt ist, an Welcher
sie nicht vorfomint; man hat sie in Japan, den Moluf-
ken, Neuguinea, Neuholland, ganz Europa und Afrika
gefunden. Streng genommen ist der Steinwalzer in
allen Welttheilen ein Kalte liebender, ausierordentlich
weit ziehender Wandervogel. Obgleich er auf beiden
Halbkugeln sich den Polen moglichst nahert, um zu
bruten, so wandert er doch im Winter gcgcn ben Aequa-
tor; in Deutschland nirgends sehr Hanfig, wird er wah-
rend seiner Reise im April und ruckkehrend im August
beobachtet, verweilt aber niemals in dem Jnneren, son-
dern eilt den Seekusten zu. In England kennt man
ihn als einen vom August bis April uberwinternden,
ziemlich gemeinen Vogel, auf dem Festlande nirgends,
indem er am Mittelmeere die rauhesten Monate ver-
bringt. Auf seinen nordischen Bruteorten wird er im
Sommer zu Tausenden angetroffen. In feinent ganzen
Wesen, dem Fluge und Laufe, der Lebhaftigkeit, der Nei-
gung, sich durch lautes Pfeifen horbar zu machen, und
der Wahl des Futters gleicht er den ubrigen Strand-
laufern. Neber die Art der von ihm gewahlten Brule-
orte lasil sich etwas Ausschliesiliches nicht sagen. Man
sindet sein in einer Grube des Bodens destehendes Nest
bald nah, bald fern vom Strande, bisweilen in Felsen-
spalteu, wo es z. B. von Hewitson in Norwegen entdeckt
ward, bald im Sande der MeereSufer, andere Male zwi-
schen Herumliegenden und Schutz gewahrenden Steinen
oder Wachholdergestrauch und Buschen von Haidekraut,
die auf den meisten der nordischen Jnseln nicht fehlen.
Die 3 —4schmutziggrunen, bald nur graupunktirten, bald
gefleckten Eier werden im Juni gelegt und zwei Wochen
lang bebrutet. Der vollkommen ausgefarbte Steinwalzer
ist obenher auf schwarzbraunem Grunde rostgelb gefleckt,
Hat schwarze Oberbrust und Halsband, weisie Kehle und
Mundwinkclfleck, weihen Unterrucken , Stiru - und
Nackenbinde. Neber den Burzelgeht ein schwarzes Band.
Die Fusie sind orangenroth; die Lange betragt 9 Zoll.
VIII. Ansterufischer. (Haematopus.)
Gattungscharakter: Schnabel viel langer als
der Kopf, gerad, stark zusammengedruckt, Hart; Nasen-
locher an der Schnabelwurzel, schmal, spallformig,
durchgehend, Halbgeschlossen, in eine Furche verlangerl.
Beine kurz, kraftig; Fusie ohne Hinterzehe; auheres
Zehenpaar durch eine bis zum ersten Gelenk reichende
Spannhaut verbunden. Flugel grosi; erste Schwingfeder
die langste.
1. Der europlische Austernfischer. (Haematopus ostralegus.)
Sig. 1875.
Gleich dem Steinwalzer gehort auch der gemeine
Austernflscher den verschiedensten Landern an; er be-
wohnt ganz Europa bis zu dem Polarkreise und einen
grosien Theil von Asien und Afrika, darf aber mit eini-
gen ihm sehr ahnlichen in Amerika und am Cap leben-
den Berwandten nicht verwechselt werden. Anden nord-
lichen Kusten Deutschlands und in ebenso niedrigen und
ebenen Strandgegenden Englands kann er sogar als
ein sehr gemeiner Vogel gelten. In England Halt
man ihn allgemein fur einen Standvogel, auf dem
Festlande wandert er Hingegen regelmatzig zwischen Nor-
den und Suden, konimt an im April und zieht im August
und Semptember davon, um am Mittelmeere zu uber-
wintern. Im Jnneren bleibt er selten zuruck und
wåhlt niemals so hohe und felstge Kusten, wie Norwe-
gen sie theilweis darbietet, zum Aufenthaltsorte. Er
ist gesellig, lebhaft, klug, sehr scheu, fliegt schnell,
schwimmt sogar ziemlich geschickt, lauft geschwind und
sindet seine Nahrung theils dadurch, datz er in dem
Seeschlamme Herumwadet, theils durch Stillstehen auf
einzelnen, vom Wasser umgebenen Steinen und Belauern
der herbeischwimmenden kleinen Krustenthiere und Wur-
nier. Mit vielem Geschick lost er Napfschnecken und
ahnliche Weichthiere von den Felsen, allein eine Fabel ist
es, dasi er im Stande sein sollte, sogarAustem zu ostnen.
Das Thier der Miesmuschel sindet mau allerdings oft
in seinem Magen; wie er zu demselben gelangt, ist
schwer zu sagen, denn die Schaale zu zerbrechen vermag
er nicht. Vielleicht ergreift er jeneS, wenn es dieSchaa-
len offnet, und reisit es Heraus, ehe es sich schliehen
kann, oder er frisit die Todten, deren Kalkhulle stets auf-
gesperrt ist. Wurmer Holt er aus dem nassen Sandbo-
den des Seeufers mittels des langen Schnabels Hervor.
Durch lauten Schrei warnt er alle andere Seevogel vor
dem Feinde, der ihm, wie vorsichtig er sich auch Herbei-
schleiche, nicht entgeht, und bringt unter den oft unuber-
sehlichen Schaaren einen allgemeinen Aufruhr Hervor.
Ebenso wie er in grosien Gesellschaften wandert und ein-
sanieS Leben nicht liebt, so ausiert er gleichen Trieb auch
in dem Zeitraume der Fortpflanzung. Unmittelbar nach
der Ankunft am Bruteorte sucht'er sich ein Weibchen,
dem er mit Treue anhångt, wahlt aber zum Neste einen
Platz, wo theils andere Familien seiner Art, theils uber-
Haupt Seevogel sich niedergelassen haben. Es enistehen
daher auf angemessenen Orten, besonders auf begrasten
Flachen in der Nahe des Strandes ganze Colonien, in
welchen die mannichfachste Thatigkeit Herrscht, aber auch
der argste Larm ausbricht, sobald eiwas Verdachtiges
naht. Statt eines befseren Banes wird eine Grube
ausgescharrt und mit einigen Halmen ausgefuttert; diese
geringen Vorkehrungen genugen zum Schutze der 2—3
ziemlich grosien, braunlichgelben, violettgrau oder dun-
kelbraun gesteckten Eier. Das Weibchen brutet gegen
3 Wochen; beide Gatten beweisen bei Vertheidigung
ihrer zartlich geliebten Jungen viele Enlschlofsenheit,
suchen aber, wo irgend moglich, den Feind von dem
Neste durch mancherlei List abzuziehen. Das Mannchen
z. B. umschwirrt jenen unter lautem Geschrei und sucht
ihn unvermuthet in andere Richtungen zu verlocken, und
das Weibchen verlaht, sobald der Warnungsruf erschallt,
seine Eier, lauft schweigend in einige Ferne und schwingt
sich dann erst empor, um in das Schreien des Mann-
chens einzufallen. Das Fleisch des Austernfischers ist
nicht genietzbar. Er gehort ubrigens zu den schoneren
der europaischen Seevogel, ist untenher weisi, an Kopf,
Hals und Mantel schwarz, hat orangenrothen Schnabel,
dunkelsteischsarbene Fusie, uber die Flugel eine weisie
Binde und misit 16 Zoll. Im Winterkleide ist das
Schwarz viel weniger gesattigt und nicht so ties; ein
weisier Halbmond erscheint dann auf der Gurgel.
IX. Strandretter. (Himantopus.)
Gattungscharakter: Schnabel langer als der
Kopf, dunn, fast gerad, cylindrisch; Kieferrander einge-
zogen; Nasenlocher in einer bis zur Schnabelmitte ver-
langerten Furche. Beine sehr lang, dunn, biegsam;
Fusie dreizehig; ausiere Zehen durch breite Spannhaut
verbunden, innere schwach geheftet; Hinterzehe fehlt.
Flugel zugespitzt; erste Schwingfeder die langste.
1. Der rothfuHige Strandreiter. (Himantopus rufipes.)
Fig. 1876. 1877.
Die Beine der Strandreiter haben eine so unverhalt-
nisimahige Lange und Dunne und sind dabei so biegsam,
dasi man faunt begreift, wie sie vor Verlepung geschutzt
werden fonnen, zumal da sie zum Schwimmen gebraucht
werden, sobald der Vogel bei dem Herumwaden auf eine
tiefe Stelle fonimt. Fast scheint es, als ob derselbe tvegen
sener Schwache der Fusie feltener auf festem Lande laufe
und einer halb schwimmenden Bewegungsart den Vor-
zug gebe. Die befannten Arten der Gattung Halten sich
auch nur in Landern auf, welchen grosie Moraste, Seen
oder uberschwemmte Niederungen nicht fehlen. Der euro-
Paische oder rothfusiige Strandreiter gehort daher im west-
lichen Europa und selbst in Deutschland zu den seltenen Vo-
geln und hat sein eigentlicheS Vaterland in Ungarn, dem
sudlichen Ruhland und einem grosien Theile Asiens; in
diesen kalteren Gegenden erscheint er im Fruhjahre als von
Suden fommender Zugvogel und verlaht sie wieder im
September. Sehr lange und spitzige Flugel gestalten
ihm mit reisiender Schnelligfeit die Luft zu durch-
schneiden. Zur Nahrung bienen ihm Wurmer, Fisch-
laich unb Wasserinsecten. Er ist gesellig, nicht
scheu unb wirb des schmackhaften Fleisches toegen aus
Ungarn in Menge nach Wien gebracht. Seine Eier
legt er auf zusammengetragene Stucken abgestorbenen
Rohrs, macht aber fein eigentliches Nest. Mantel,
Flugel, Nacken und Hinterhaupt sind glanzend schtoarz,
alle ubrigen Korpertheile sind toeisi, die Beine hochroth;
der 21/2 Zoll lange Schnabel ist tchwarzlich. DieLange des
Korpers betragt ohne Schnabel 12Soll, der Beine 9Zoll.
2. Der merieanische Strandreiter. (Himantopus mexicanus.)
gig. 1878.
Unter den toenig zahlreichen, jedoch uber die ganze
Erde vertheilten Arten dieser Gattung ist die in Nord-
amerifa gemeine, zuerst in Merico entdeefte von Wilson
genauer beobachtet toorden. Sie erscheint an den Kusten
von Neujersey gegen Ende Aprils in fleinen Gesellschaf-
ten, die sich alsbald in noch fleinere Haufen auslosen,
um fortan ungetrennt getoisse Salzsumpst und von der
Fluth des Meeres angesullte Pfutzen zum Wohnort zu
erwahlen und zu behaupten. In der Nahe solcher
fleiner Wasserbecken legen 6 —8Paare ihr Nest gemein-
sain an, indeni sie so viele Halttte und Schilfblatter zu-
sammentragen, dasi mit der Zeit und durch jortgesetztes
Ausbessern und Vergrosiern eine Plattform von einigen
Fusi im Umfange und 2—3 Pfund Getoichl entstehen ,
faun, auf deren Oberflache besondere Vertiefungen die
einzelnen Nester darstellen. Diese enthalten gemeinlich
4 lehmgelbe, schtoarzbraun gefleckte Eier. Die Herum-
streifenden Mannchen eilen zum Schutze der Nester Her-
bei, sobald sie einen Feind bemerfen; sie fteigen senfrecht
enipor, stosien Herab und umfreisen jenen mit Horizontal
ausgestreeften Fusien und unter lautem, angstlichen, toie
„Klick, Klick" flingenden Schreien, lasstn sich endlich
nieder, stehenda auf halb zusammengefnickten Beinen und
mit zitternden Flugeln und sehen aus, als toaren sie im
Aeuhersten erschopst und unfahig zur Flucht. Alles
dieses ist aber nur List, um den Eindringling zur Ver-
folgung zu verlocken und von dem Neste abzuziehen.
Hinsichtlich des Fluges, Ganges und der Fahigfeit zum
Schwimmen gleichen sie den europaischen Strandreitern;
vertoundet versuchen sie zu tauchen, nehmen sich indessen
dabei nicht besonders geschickt. Sie verlassen Nord-
amerifa, um in Westindien und Sudamerifa Winter-
quartiere zu suchen. Die Farbung ist im Ganzen fast
toie an der europaischen Art, jedoch spielt das Schtoarz
des Mantels u. s. to. in Stahlgrun; ber Schnabel ist