Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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Kchwimmvogel.
Vogel.
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Ordnungen, indem fie theilweiS fich der Zahmung unter-
werfen und in solchem Zustande sich fortpflanzen, theils
auch, in der Freiheit verharrend, ein ost sehr zartes
Fleisch oder Federn liefern, die sogar alS HandelSgegen-
stand Bedeutung erlangen tonnen. Jhre Verbreitung
reicht uber alle nicht vollkommen wasserlose Lander, die
Mehrzahl lebt indessen am Meere. Sowohl die nLrd-
liche als die sudliche Halbkugel besitzt Gattungen und
sogar ganze ihr ausschlietzlich angehorende Familien.
Erste Familie.
Taucher.
Die Taucher lassen auf den ersten Blick an den sehr
wcit nach hinten stehenden vierzehigen Futzen sich erken-
nen. Kommt auch in den nachsten zwei Familien die-
selbe Stellung der Futze vor, und wird in Folge dersel-
ben die Korperhaltung ebenfalls zur senkrechten, so er-
geben sich doch in dem Mangel der Hinterzehe fur die
Alken und in den Flugeln ohne Schwingfedern fur die
Pinguine Hinreichende Unterscheidungszeichen. 3m
Uebrigen haben die Taucher sehr scharf zusammengedruckte
Laufe, ganze oder gelappte, indessen immer in mLglich
kleinsten Raum zusammenfaltbare Schwimmhaute, ge-
raden und schmalen Schnabel und eine autzerordentlich
dichte, dem Wasser ganz undurchdringliche und meistens
seidenglanzende Befiederung der Unterseite. Die Flugel
find kurz, rund und gewolbt, gestatten aberdennoch einen
raschen Flug, zu welchem die Taucher sich nur dann ent-
schlietzen, wenn fie schwimmend oder tauchend fortzu-
kommen nicht vermSgen. Zum Gehen ksnnen fie von
den Futzen nur beschrankten Gebranch machen, muffen
auch zu dem Niederlaffen aus der Luft stets das Masser
wahlen, indem sie, vermoge derKurze der Beine, bei der
Ankunft auf festem Boden Gleichgewicht sogleich zu erlan-
gen nicht im Stande sind. Selbst im ruhigen Stehen fal-
len fle bisweilen um, richten dann mit grotzer Muhe stch
wieder auf und kommen daher nur zur Zeit der Fort-
psianzung auf das feste Land. In der Farbung erfah-
ren sie durch die Jahreszeit keine Veranderung, um so
grotzere aber durch Altersstufen. Jhre Nahrung besteht
in Fischen und anderen Mafferthieren. Sie pflanzen
fich eben nicht zahlreich fort, entkommen aber gewohn-
lichen Gefahren leichter als andere Schwimmvogel mit-
tels ihres ausgezeichnet scharfen Gesichts und ihrer
Fertigkeit im Tauchen; Geselligkeit scheinen sie nicht sehr
zu lieben, erweisen stch scheu und klug und konnen nicht
gezahmt werden. Einige Gattungen besitzen am Kvpfe
und Halse schmuckenve Kragen und Busche langerer
Federn, andere fallen auf durch den Gegensatz von
Schwarz und Weitz in der Farbung; jene, die Lappen-
taucher begreifend, sinden sich in allen Welttheilen und
unter allen Breiten, diese, die Seetaucher umfaffend,
tommen nur auf der nbrdlichen Halbkugel vor und mus-
sen sogar zum grotzten Theile als arktische Vogel an-
gesehen werden.
I. Lappentaucher. (Podiceps.)
Gattungscharakter: Schnabel langlich, schmal,
hart, zugespitzt; Nasenlbcher seitlich, eirund, durchgehend,
Laufe sehr zusammengedruckt; Futze vierzehig; Zehen
gespalten, mit gelappter Schwimmhaut eingefatzt (Fig.
1912.) Flugel kurz, schmal; zweite Schwingfeder die
Ungste. Schwanz fehlt.
I. Ter geohrie Liippentciuch-r. (Podiceps auritus.) Fig. 1913. 1914.
Unter den in Deutschlaud vorkommenden sechs Arten
von Lappentauchern ist der sogenannte Ohrentaucher
eine der kleineren; er mitzt nur 13 Zoll in der Lange
und tragt gleich den Gattungsverwandten je nach
Jahreszeit und Alter ein so verschiedenes Kleid, datz
man ihn ehedem in mehrere Arten unterschieden Hat.
DaS reife Mannchen im Hochzeitkleide hat glanzend
schwarzen Scheitel, Kehle und Hals, hinter jedem Auge
II. Band.
einen die Schl^fe uberragenden Buschel langer, zerschlis-
sener rostgelber Federn, schwarzbraunen Rucken, seiden-
glanzende weitze Unterseite, rostrothe Seiten und brLun-
lich schwarze Flugel; der Spiegel und die Schwingfedern
erster Ordnung sind weitz; daS Weidchen ist etwas klei-
ner, hat kurzere Kopf- und Ohrenfedern und uberhaupt
bleichere Farbung; die Jungen sind obenher rauchbraun,
unten weitz, an den Seiten braunlich, an der Kehle weitz
und haben nur eine Andeutung des Ohrenbusches; das
Dunenkleid der ganz jungen Jndividuen erscheint obenher
schwarzgrau und weitzgrau gestreift. In Deutschlaud
kommt der Ohrentaucher an im M^rz und macht seinen
Megzug von dem fruheren oder spateren Eintritte des
Frostes abhangig, bleibt wohl sogar in gelinde-
ren Wintern einzeln zuruck. Nirgends ganz so Hausig
wie der kleine Lappentaucher ( P. minor), ist er da-
rum bei uns noch keine solche Seltenheit wie z. B.
in England. Den hoheren Norden scheint er nicht zu
bewohnen, verbreitet sich aber sehr weit nach Osten und,
wie man sagt, uber das mittlere Sibirien bis nach Da-
vurien. Er wandert einzeln oder paarweis und mei-
stenS des NachtS, lebt nie an dem Meeresstrande, son-
dern nur auf sutzen Gewassern und giebt solchen den
Vorzug, die, zum grbheren Theil mit Schilf uberwach-
sen, nur hinundwieder offene Stellen darbieten. Gleich
seinen Verwandten ist er ein eigentlicher Maffervogel,
geht freiwillig nicht auf festes Land und benimmt sich
auf demselben nicht allein ungeschickt, sondern kann in
fast hilflosen Zustand gerathen, wenn er umfallt, indem
es ihm nur nach vielen unglucklichen Versuchen gelingt,
sich wieder aufzurichten, und er zuletzt gezwnngen wird,
durch eine Art von Kriechen, fast wie ein Seehund, wie-
der an das Waffer zu gelangen. Hingegen schwimmt
er mit grotzter Vollkommenheit und landet so schnell,
datz er leicht den Schroten eines mit Steinschlotz ver-
sehenen Gewehrs entgeht; unter dem Waffer gleitet er
so schnell Hin, datz ein am Ufer laufender Mensch ihn
nicht cinholt, legt an 100 — 120 Futz zuruck, ohne auf-
zutauchen, und geht im Augenblicke wieder unter, wenn
er den Feind nochmals gewahrt. Bei dem Tauchen
gebraucht er die Flugel alS Ruder und steuert sich mit
den Futzen; længer als eine Minute kann er die Unter-
brechung des AthmenS nicht ertragen, entgeht aber den-
noch durch die Schnelligkeit seiner Bewegung und durch
die Benutzung verbergender Pflanzen leicht den Verfol-
gern und gebraucht wohl auch den Kunstgriff, mit ties
eingesenktem Korper und kaum Hervorragendem Kopfe
fich vollkommen ruhig zu verhalten und somit der Beob-
achtung sich zu entziehen. Sein scharfes Auge und
gutes Ohr lassen ihn die Gefahr fruhzeitig erkennen; wo
ihn Berfolgung noch mitztrauischer gemacht hat, als er
schon von Natur ist, verschwindet er bei dem geringsten
Verdachte und kann nur durch geduldiges und regungs-
loses Belauern zum Schusse gebracht werden. Ahnet
er die List des Feindes, so wird er vielleicht in vielen
Stunden nicht wieder stchtbar oder wendet fich ganz weg
aus der vcrdachtigen Gegend seines Teiches. Von die-
ser Scheu bestimmt, verbirgt er fich am Tage zwischen
dem hohen Rohr, um dafur deS Nachts sorgloser Herum-
zuschwimmen und sein Futter zu suchen, welches in
Froschlarven, Wafferinsecten und Satzfischen besteht, die
er tauchend ergreift. Seine Stimme klingt angenehm
und trillernd, besonders in der Fortpflanzungszeit. Zum
Nestbaue wahlt er einsame und moglichst unzugang-
liche Orte zwischen hohem Schilf, tragt auf alten Schilf-
stoppeln einen Haufen mehr oder weniger verfaulter
Wasserp stanzen, Riedgraser und Binsen und nimint stch
nicht die Muhe, diese fest zu verbinden. Auf so schlech-
ter, kaum vor dem Waffer gestcherten Unterlage bebru-
ten die fich ablosenden Gatten drei Wochen lang ihre
4—6 grunlichweitzen, braun marmorirten Eier. Wie
alle anderen Taucher hat auch dieser ein schwarzes, ubel
riechendes und daher ungeniehbares Fleisch und durfte
schwerlich irgendwo gegeffen werden.
II. EiStaucher. (Colymbus.)
Gattungscharakter: Schnabel mittellang, stark,
gerad, zusammengedruckt, sehr spitzig; Nasenlocher seit-
lich, vertieft, durch eine Haut halbgeschloffen. Laufe
sehr zusammengedruckt; Futze vierzehig; Vorderzehen
durch eine ganze Schwimmhaut verbunden; Hinter-
zehe mit schlaffem Hautsaum eingefatzt. (Fig. 1915.)
Flugel kurz; erste Schwingfeder die langste. Schwanz
kurz, abgerundet.
1. Der schwarzkepfigk Eistaucher. (Colymbus glacialis.) Fig. 1916.
Die Eistaucher oder Seetaucher vertreten auf dem
Meere die Lappentaucher und bilden eine kleine, nur dem
hoheren Norden angehbrende Gattung. Ihr gesammter
Bau entspricht im Hochsten Grade der Bestimmung zum
bestandigen Leben auf dem Wasser, wahrend ansehnliche
Korpergrstze sie in Stand setzt, es mit den ungestumen
Wogen arktischer Meere aufzunehmen. Nicht Hausig
verirren fie fich in daS Jnnere der grotzen Continente
oder in die milderen Breiten des OceanS; die in manchen
Jahren an den deutschen Nordseekusten und im sudlichen
England erscheinenden find, sonderbarer Weise, fast nie-
mals vollig ausgewachsen, sondern 6 Monate oder Hoch-
stens 1 Jahr alt. Weiter nach Norden gehoren sie
aber zu den gemeinflen Seevogeln, und auf den Shet-
landinseln, Island, Gronland und im arktischen Amerika
beleben sie dichtgeschaart die unfreundlichen Kusten. Vor
dem mit autzersten Grimm eintretenden Winter der
Polargegenden ziehen auch sie stch zuruck, weniger aus
Empfindlichkeit gegen Kalte, als gezwungen durch das
Gefrieren der Buchten und Seearme und durch Mangel
an Nahrung, indessen gehen fie nicht sudlicher, als eben
die Umstande es erheischen. Sie schwimmen mit der
Schnelligkeit der Fische, die ihnen zur Nahrung dienen,
tauchen vortrefflich, stiegen, sobald fie eine grotzere Hohe
erreicht haben, mit einer Ausdauer und Schnelligkeit,
die mindesten ihr Ansehen und ihre Gestalt nicht ver-
sprechen, autzern wenig Scheu vor dem Menschen, aber
auch wenig Klugheit und sollen nicht ohne Zahmbarkeit
sein. Der schwarzkopsige Eistaucher, der grotzte seiner
Gattung, mitzt 2% Futz , ist obenher schwarz, unten
weitz, an Kopf und Hals glanzend grunlichschwarz,
hat auf den Flugeldeckfedern weitze, viereckige Flecken,
auf dem Burzel ein hellbrauneS Querband, um den
schwarzen Hals einen ucherbrochen weitzen ^ing und an
der Kehle einen schwarz und weitz gestreiften Fleck. Der
jungcre Vogel ist kenntlich an den zahlreichen weitzen
Flecken auf den spaterhin vollkommen schwarzwerdenden
Korpertheilen. Als Strandvogel bewohnt dieser Eis-
taucher die Kusten zwischen dem 60— 70° n. Br., ohne
jedoch irgendwo so zahlreiche Gesellschaften zu bilden
wie die GattungSverwandten; in sehr kalten Wintern
kbmmt er bis an die schottischen Kusten, zumal nach dem
Meerbusen von Edinburg, wohin ihn vorzuglich die
Heeringe locken mogen; datz Junge stch sogar bis in die
Schweiz verirrt haben sollen, mag bezweifelt werden.
Nach Richardson verhalt er sich im arktischen Amerika
nicht als wahrer Seevogel, benn dort entfernt er fich
von den Kusten und lebt in ansehnlichen Zahlen auf
den grotzen Seen des Jnneren, wo er erstaunliche Men-
gen von Fischen aufzehrt. Auf das Land kommt er
fast niemals, vermag weite Entfernungen unter dem
Wasser zuruckzulegen und latzt bei dem Schwimmen an
der Oberflache meist nur den Hals Hervorragen. DaS
Auffliegen macht ihm Muhe; eimual in Bewegung,
niinmt er sich nicht ungeschickt und vermag unter Ande-
rem recht gewandt Diejenigen zu umkreisen, die fich sei-
nen Bruteorten nahern. Sein lautes und schauerlich
klingendes Geschrei soll bald dem Heulen des Wolfes,
andere Male dem Angstrufe eines von autzersten Schmer-
zen gepeinigten Menschen gleichen und Regen verkunden.
Er liebt die Einsamkeit, erscheint alle Zeit ernsthaft,
Hangt seiner Familie an und sucht nie die Gesellschaft
Anderer, duldet nicht einmal solche in der Nahe seines
Wohnortes und entfernt fich, durch solche Sitte, nicht
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