Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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V o ge l.
279
Schwimmvogel.
inbesfen finbet ste wohl selbst in ben mehr unstcheren
Monaten baburch Schutz, bah fie ungleich mehr in ber
Nahe ber Meereskusten als im Binnenlanbe verweilt.
Sie fadt auf bie beutschen Nordkusten periobisch in ge-
waltigen Mengen nieber, gilt in Englanb sur eine ge-
meine, alljahrlich bort brutenbe Art, ist aber auch in
ganz Nordasien und sogar in Japan bemerkt worden.
Jhr Futter bestehi in kleinen Schaalthieren, Erustaceen
unb Fischen, aber auch in allerlei Seepflanzen unb ben
Saainen verschiebener Gewachse, unter welchen man auch
Gerste nennt. Zum Bruteorte erwahlt sie verlassene
Kaninchenbaue ober naturliche Spalten unb Hohlen leh-
miger User, in beren tiefsteni Hintergrunbe sie auf einer
bhr geringen Unterlage von trockenen Pfianzentheilen
Hre 7—12 weihen Eier legt unb 28 Tage ober znfolge
der Berichte englischer Ornithologen 30 Tage bebrutet.
Die ausgekrochenen Jungen werben von ber Mutter ini
Schnabel nach einer flachen unb gestcherten Userstelle bes
Meeres getrageip unb bleiben bort bis zur vollen Ent-
wickelung bes Gefiebers. Von ben Listen, welche bie
Alten anwenben, um Beobachter irre zu leiten, unb zu-
niat um ben Ort ober Zugang ihres Nestes zu verbergen,
wifsen bie Bemohner von Jutlanb nicht weniger zu er-
zahlen, als bie Jnsulaner ber Orcaben unb Hebriben,
welche bie Branbente mit bem Namen Schlangans (Slh-
goose) belegen. Das Fleisch ist schlecht unb von nnan-
genehmem Geruche, inbessen fangt man in Englanb jahrlich
viele Junge, welchen man bie Flugel latzmt, unb bie, als
Ziervogel auf Teichen gehalten, ziemlich alt werben
konnen. Zu solchem Zwecke empfiehlt sich bie Branb-
ente bnrch bie grohe Schonheit ihrer Farbnng. Sie ist
weih, hat schwarzen, grunschillernben Kops unb Hals,
tiraune Brust unb braitne Schwingsebern zweiter Ord-
nung, grimen Spiegel, rothe Fuhe unb Schnabel, auf
ber Wurzel bes letzteren zwei Fleischhocker, welche bem
Weibchen fehlen; bie Flugelbeckfebern, bie Spitze ber
Flugel unb bes Schwanzes unb ein Langsstreifen am
Bauche sinb schwarz. Die Lange betragt 2 Fuh, bas
Gewicht 3 Psunb.
9. Die Pfeifente. (Anas Penelope.) Fig. 1996. b. 2021. 2022.
Die Pseifente bewohnt in sehr grohen Anzahlen ganz
Europa, Norbasrika unb einen Theil von Asien unb
wanbert als Zugvogel zwischen ber Breite bes mittleren
Norwegens unb Aegypten Hin unb Her. In Deutsch-
lanb brutet ste niemals in Menge, sonbern erscheint ba
meistens nur auf bem Zuge ini Marz unb April unb,
vom Norben wieberkehrenb, im September unb Oetober.
Sie ist tein achier Seevogel, obgleich sie an sehr fiachen
Stranben bisweilen gesehen wirb unb sich bamit be-
schastigt, bie bort von ber weichenben Ebbe zuruckge-
laffenen Seethiere zum Futter auszulesen. Znfolge ber
von Richarbfon in Englanb unb von Nauniann unb an-
beren Ornithologen in Deutschlanb gesammelten Be-
obachtungen liebt sie pflanzliches Futter weit mehr als
thierisches unb nininit grohe Mengen zarterer Grafer zu
sich; aus allent anberen sucht sie bas Schwabengras Her-
vor unb laht nicht leicht einen fungeren Halm unbenagt.
Im Spatfommer lebt sie fast allein von ben nahrenben
Saanien ber letzteren, im Herbste von ben Saainen bes
fogenannten Weibenroschens (Epilobium angustifolium),
einer gemeinen, aber Hubschen Psianze norbischer Sumpfe.
Zwischen Tag unb Nacht scheint sie keinen Unterschieb zu
machen, lebt vorznglich auf groheren Lanbfeen unb fucht
zum Bruten bi^ abgelegensten unb zwischen Sumps-
unb Wasserpflanzen moglichst verborgenen Orse. Das
Nest besteht aus ausgeschichteten Schilsblåtterii unb åus
trockenem Grase unb enthalt 8—12 rostgelbliche Eier.
Ein eigenthumlich pseiseiiberLaut, welchen bie fliegenben
Gesellschaften bes Nachts erschallen lasfen, erklårt ben
und schwarz gewafsert , der Bauch weih , die Brust rost-
gelblich schwarz geiropst, der Spiegel in beiben Ge-
schlechtern schillernd grun, auhen und innen schwarz
eingefahl, Kops und Hals lebhast rostbraun, der letztere
nach hinten mit einem Federkamme geziert, der nach
oben zur Haube wird. Das Auge umgiebt ein stahl-
gruner Fleck, der, nach hinten zum Streif verschmalert,
weit hinablauft. Der schmale mit schmalem Halen
oder Nagel versehene Schnabel ist schwarz. Das Weib-
chen ist gelblich und tragt auf jeder Rumpffeder einen
grohen kastanienbraunen Mittelfleck. Unter den deutschen
Enten ist diese die kleinste, indem sie nur 14Zoll miht.
7. Dik Spiefente. (Anas acuta.) gig. 2018. 2«19.
Die Sviehente besitzt eine weit schlankere Gestalt als
andere in Deutschland einheimische Enten und lengeren
und dunneren Hals; besonders tenntlich ist fie in ben
verlangerten unb zugespitzten mittleren Steuersebern,
welche ben gewohnlichen beutschen Namen ber Mt er-
klaren. Der Feberwechsel, ber, am Schlusse berFort-
pflanzungsperiobe eintretenb, bem Mannchen ein Kleib
giebt, welches im Ganzen mit bemjeniger bes Weibchens
ubereinkomint, finbet auch hier fint. Das gegen 26
Zoll lange Mannchen ist wezf unb schwarz gewafsert,
untenher ganz weih, H^graubraunen Kops unb Hals,
grunschillernben Nack.« unb Schlafe, an ben Seiten bes
Halses einen weihen, schwarz eingesahten Streis, kupfer-
sarbigen, oben r stroth, unten schwarz unb weih ge-
saumten Spiegel, blaulichen Schnabel unb bie mittleren
der 16 Schwanzedern sehr verlangert, zugespitzt und
schwarz. Dat Hellgelbe und graubraunliche Weibchen
ist an bem keisstmigen Schwanze ohnehin kennbar. Am
Schnabel (Ftz. 2018.) gewahrt man eine geringere Ent-
wickelung tir Ranbblattchen. Im Ganzen verhalt sich
diese Ente wie die vorhergehenden; sie bewohnt den
Nortin von Europa, Asien und Amerika, zieht alS
Mndervogel hin und her zwischen dem 65 unb 30° n. Br.,
erscheint in Deutschlanb im Marz, bleibt aber felten zu-
rud, uni zu bruten, fliegt fchnell unb unter eigenthum-
lichein Raufchen, zieht meistens bes Nachts, kehrt im
September wieber unb wirb ausFluffen feltener gefehen,
als auf Lanbfeen unb grohen Teichen. Jhr Nest unb
tf>re Eier gleichen benjenigen ber gemeinen Wilbente.
Sie koniint stellenweis eben so Haufig vor wie biefe unb
wirb im mittleren Ruhlanb unb ebenfo in Norbamerila
in grohten Zahlen in Netzen gefangen unb zu Markt
gebracht. Man hat es nicht scknvierig gefunben, sie zu
zahnien, unb von ihr unb der Hausente schon Bastarde
erhalten.
8. Dik Brandente. (Anas Tadorna.) Sig. 2020.
Der Schnabel der Brandente weicht in einigen UN-
wefenilichen Beziehungen von demjenigen anderer Enten
ab; er ist mehr schaufelfbrung, hinten sehr hoch, an ber
Spitze auswarts gebogeii unb mit beinahe senkrechtem
Haken verfehen. Die langen Beine stehen ziemlich weit
nach vorn, unterstutzen ben Korper im Schwerpunkte
und ermoglichen verhaltnihmahig rafches und behendes
Laufen. Sowohl im Schwimmen als im Fluge beweist
bie Brandente viele Gewandtheit und naturliche Grazie;
sie durchschneidet die Luft otzne rasche Flugelfchlage, aber
dennoch sehr gefchwind unb otzne viel Geraufch, besitzt
aber keinen von bem gewohnlichen abweickenden Flu-
gelbau. Sehr fruchtbar unb baher nirgenbs felten unb
so gesellig , wie irgenb eine ihrer Berwanbten, zieht sie im
Marz unb zu Ansange Aprils fchaarenweis uber Deutsch-
lanb unb besolgt babei eine mehr norbostliche als gerabe
norbliche Richtung. Sie wenbet sich bann nach ihren
im hoheren Norben befinblichen Bruleplatzen, bleibt ber
Fortpflanzung wegen nur sehr einzeln bei uns zuruck
unb muh uberhaupt mehr zu ben Vogeln Hoherer als
gemahigter Breiten gezahlt werben. Der Kalte ber so-
genannten Continentalklimaten ist fie sreilich abgeneigt,
Namen Pfeifente. Das Fleisch gilt fur ungemein schmack-
Haft, bie Jagb ist nicht schwierig. Ausgesarbte Mann-
chen sinb an Kopf unb Hals rostfarbig, an Stirn unb
Scheitel weihlich, an ber Gurgel fchwarz, an ber Brust
rothlichgrau unb haben grunen Spiegel; am Weibchen
sinb bie Seiten rostrothlich, bie bunkelbraunen Spiegel-
febern weih geranbet.
10. Dik amerikanische Pfeifente. (Anas americana.) gig. 2023-
Diese im hoheren Norben Amerika's brutenbe Art
verbringt bie kalteren Moiiate in ben mittleren und
sublichen Provinzen ber Ver.Staaten unb verbreitet fich
bann auch uber Westinbien. Am Haufigsten foll sie in
ben Reisfelbern von Subcarolina fein. Wilsonversichert,
bah sie vorzuglich gern bie zarten Wurzeln einer gewissen,
antieferen Stellen ber Chefapeak-Bay wachsenben Waffer-
pflanze frefse, bie auch ber Canvasente (Fig. 2032.) zur
Nahrung bient unb von biefer burch Untertauchen Her-
vorgeholt wirb. Da nun bie Pfeifente bie letztere Fahig-
keit nicht besitzt, so halt sie sich stets in ber Nahe ber
Canvasente auf, uberfallt biefe beini Aiiftauchen unb
fucht ihr ben Biffen zu entreihen, woburch unablåssige
Kampfe erzeugt iverben. Die amerikanische Pfeifente
besitzt fast bieselbe Stimtne wie bie europaische; sie ist
obenher hell rothbraun, fein schwarz gewellt, unten weih,
am Hinterkopse golbgrun; ber Scheitel unb ein Flugel-
fleck sinb weih, Schwingfebern unb Schwanzspitzen
schwarzbraun.
11. Die amerikanische Somm-rente. (Anas sponsa.) gig. 2024—20-26.
Die in Hollanb unb Englanb auf ben Hofen zur
Zierde haufig gehaltene Sommerente siamnit aus Ame-
rika, too sie uber ben toeiten Raum von ber canavischen
Granze bis zu ben Antillen, ganz Merico eingefchlvffen,
sich verbreitet. An ber Seekuste wirb sie felten ober nie
gefehen, sie wohnt am Liebsten auf stillen, von Walb
umgebenen Teichen, gehort in ben sublichen Staaten zu
ben Stanbvogeln, in ben norblichen zu ben Zugvogeln
unb brutet in ben ersteren schon im Marz, in ben letzteren
Ansang Juni. Mit roenigen anberen Enten theilt sie
bie Getovhiiheit, nie am Boben zu nisten, unb Ivahlt
vielmehr zum Bruteorte balb din grohes Spechtloch, balb
bie verlassene Wohnung eines Eichhvrnchens in einem
hohlen Stamme ober auch bie burch bas Abbrechen eines
grohen Astes entstaiibene Vertiefung. Niemals steht
ber Hierzu benutzte Baum toeit vom User entfernt, Haufig
trangt er uber ben Wafserspiegel Hinuber unb gestalter
den ausgebruteten Jungen leicht, auf ihr eigentliches
Element zu gelangen. Solche Hohlen toerben immer
mit etivas trockenem Grase unb zunral mit Febern aus-
gefuttert, toelche bas Weibchen sich aus ber Brust rupft,
unb enthalten 6—15 sehr glatte, gleichsam polirte Eier,
beren Farbe zwischen Lebergelb unb Grunlich schwgnkt.
Die Mannchen trennen sich von ben Weibchen/ fobalb biefe
zu bruten beginnen, unb verbinben sich mit anberen ihres
Gefchlechts zu Gesellschaften, bie, im Herbste burch bie
Weibchen unb Jungen vermehrt, bis zum nachsten Fruh-
jahre zufammenhalten. Liegt das Nest nicht unniittelbar
uber dem Wasser, fo toerden die Jungen von der Mutter im
Schnabel dorthin getragen unb dabei fo vorsichtig ge-
faht, dah man an ihren Gliedern nie eine Spur von
Verletzuiig entbecken kann. Derfelbe Baum bient ost
mehrere Jahre Hintereinaiiber bemfelben Weibchen als
Bruteort; es geht biefe Vorliebe so weit, bah einzelne
bieser sonst so scheuen unb ber Einsamkeit zugethanen
Vogel ihre alten Nester zu bewohnen sortfahren, wenn
ringsherum ber Walb burch Colonisten gelichtet wor-
ben unb bas Gerausch ber Industrie immer- naher ruckt.
Zum Futter bienen Jnseeten, Wurnrer, Saamenkorner
einer Menge verschiebener Pfianzen unb sogar Eicheln.