Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
Mit 950 Ubbildungen
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Vogel.
Lrste Vrdnuiig.
jedenfalls viele Erfahrungen besah, meinte, dah tin
solcher Falk bei Verfolgung einer Schnepfe, die Haufigen,
aber kurzen Zickzacke der Fluglinie abgerechnet, in der
Minute Zeit gegen elf Meilen zurucklege. Audubon
fuhrt in seiner amerikanischen Ornithologie an, dah er
gesehen, wie ein Wanderfalk, den man dort wegen seiner
verderblichen Angriffe auf Wasservogel den Entenfalk
Heiht, auf den Knall des Gewehrs Herbeieilte und vor
den Augen des nicht dreihig Schritte entfernten, nicht
wenig uberraschten Schutzen die erlegte Ente packle und
mit ihr triumphirend davonflog. Dieser eigenthumliche
Jnstinct, sich die Thatigkeit der Jager und Hunde zu
Nutzen zu machen, um ohne grohe Muhe Beute zu er-
langen, last ahnen, datz die Zahmung und Abrichtung
eines solchen Falken zur Jagd gerade nicht sehr schwer
sein konne; die Natur kommt hier den menschlichen Be-
strebungen zu Hilfe. Wirklich geht auch aus alten und
neuen Buchern uber die Falconierkunst genugend hervor,
dah der Wanderfalk, wenn er einmal an die Gefangen-
schaft sich gewohnt hat, viele Gelehrigkeit verrathe und
gegen seine Warter Zutrauen zeige, und dah bei Geduld,
freundlicher Behandlung und angemessenem Verfahren
die Abrichtung in ziemlich kurzer Zeit gelinge. Jm wil-
den Zustande ist er eben so scheu als klug und aufmerk-
sam, last sich im Sitzen taunt beschleichen, wahlt seinen
Schlafplatz mit grohter Vorstcht, indem er am Liebsten
auf der Spitze der Hochsten Tannen, nie auf niederen
Aesten von Laubholzbamnen sich niederlaht, nothigen-
falls einem im freien Felve liegenven hohen Stein zum
Uebernachten den Vorzug giebt vor niedriger Buschwal-
dung und langer als andere Vogel wacht. Auch bei dem
Fressen beobachtet er ahnliche Vorstcht, denn wo er mit
der Beute keine hohe Felsenspitze erreichen kann, laht er
sich mit ihr auf einem offenen, nach allen Seiten den
Umblick gestattenden Orte nieder. Mit seines Gleichen
gerath er ost in Kampf, scheuet aber sonderbarer Weise
Buffarde und Milane, welchen er eigentlich uberlegen
ist, so sehr, das er sich von ihnen, ohne viclen Mider-
stand zu leisten, seine Beute rauben laht. Streng ge-
nommen kann er nicht als Bewohner des ebenen^Landes
und der Niederungen angesehen werden, denn auch nach
der Beobachtung franzostscher Naturforscher verlasit er
die Berggegenden nur dann, wenn Nahrungsmangel oder
zunehmende Kalte ihn vertreiben; in den norddeutschen
Ebenen zieht er, wenn auch nicht selten, doch sehr unstat
Herum; auf den Ebenen der Champagne wird er, nach
Viellot, erst im Monat August stchtbar. Ueberzeugender
ist es, dasi er Wesentlich nur in Gebirgen uistet und zu
diesem Zwecke die hochsten und schroffsten Felsenwande
erwahlt. In Deutschland beginnt er den Nestbau in der
zweiten Halfte des Marzmonats und verrath dabei nicht
mehr Kunstsinn als alle Verwandte. Die drei oder vier
gelblichen, braun gesteckten Eier werden in drei Wochen
ausgebrutet, so dah die Jungen gegen Ende Aprils aus-
kommen. Sowohl in Frankreich als in England scheint
die Fortpstanzungsperiode etwas spater zu beginnen,
indem das Auskriechen der Jungen von Schriftstellern
beider Lander auf die Mitte Mai's gesetzt wird. Mah-
rend der Brutezeit verlasit das Mannchen kaum jemals
den Mald, tragt aber seiner Familie reichliche Nahrung
zu. Nach Dumont treiben die Aeltern die Jungen nicht
nur aus dem Neste, sobald fte zum selbststandigen Leben
erwachsen genug sind, sondern zwingen sie auch, den Be-
zirk, in welchem sie geboren sind, zu verlaffen. Die
Lebensdauer ist ausierordentlich lang.
Mie alle Raubvogel erleidet auch der Wanderfalk je
nach seinem Atter ungemein grosie Umanderungen der
Farbung. Ausgewachsene Mannchen messen von 16 bis
18 Zoll in der Lange und klaftern 3 —4 Fusi, Haben
schwarzlichgrauen Kopf und Hinterhals, blaulich asch-
grauen, schwarz guergefteckten Rucken, unter dem Auge
einen grosien, dreieckigen, schwarzen, mit der Spitze nach -
unten gerichteten und gewohnlich Schnurrbart geheihenen
Fleck, der aber auch an verwandten Arten nicht fehlt, rolh-
lichweihe oder blauliche Kehle und Brust, die mit schma-
ten, fchwarzlichen Ouerstreifen gezeichnet sind, schmutzig
weisien, gueruber braungestreiften Bauch, zugerundeten,
aschgrauen, an der Spitze weisien, sonst mit zahlreichen,
breiten, abwechselnd dunkleren oder Helleren O-uerbinden
versehenen Schwanz, schwarze, rothlichweih gefleckte
Schwingfedern, gelbe Fusie und Wachshaut, braune
Iris, Hellblaugrauen, an der Spitze schwarzen, ubrigens
dicken, sehr gekrummten und mit scharfem Zahne ver-
sehenen Schnabel. Junge Vogel sind oben dunkelbraun,
wegen der Hellen Einfassungen der einzelnen Federn wie
geschuppt, unten schmutzigweisi und mit braunen Langs-
flecken gezeichnet. Die Weibchen ubertreffen die Mann-
chen stets um 2—3 Zotle in der Lange, sind von we-
niger entschiedener Farbung und gesteckter als diese.
Spielarten scheinen nicht selten zu sein und erklaren
einige bei alteren Schriftstellern vorkommende, den
neueren unbekannte, aber dem Wanderfalken augen-
scheinlich sehr nahe verwandten Arten europaischer
Raubvogel.
Die Verwendung des Wanderfalkens zur Jagd (Baitze)
ist sehr alt und mag aus Asien stammen. Die altesten
von ihr sprechenden Schriftsteller sind Aristoteles, Pli-
nius und Aelianus. Nach Europa ward sie erst zur Zeit
Karl's des Grosien verpstanzt, fand aber so viele Gunst,
dah Erfahrung in der Falknerei als nothwendige Eigen-
schaft eines jeden Adligen betrachtet ward. Englische
Schriftsteller behaupten, dah die Angelsachsen die Baitze
schon im vierten Jahrhunderte betrieben und von Scan-
dinaviern erlernt, indessen in ihr keine Geschicklichkeit
besessen hatten. Einer der angelsachsischen Konige lieh
im 7. Jahrhunderte den Bischoff von Mons, Winifred,
um einige gute Jagdfalken schriftlich bitten. Die dani-
schen Eroderer machten zuerst die Kunst wirklich Heimisch,
und im 11. Jahrhunderte scheint sie (unter Kanut dem
Grosien) allgemein verbreitet gewesen zu sein. Die Nor-
manen beschrankten, wie in allen anderen Beziehungen,
so auch in dieser, die Freiheiten der unterjochten Eng-
lander und hinderten durch blutige, ohne alle Rucksicht
gehandhabte Gesetze jeden Nichtadligen am Halten und
Gebrauche der Jagdfalken. Konig Johann gestattete Hin-
gegen Dasselbe jedem nicht leibeigenen Unterthanen durch
ein besonderes, noch vorhandenes Gesetz. Schon 1481
ward das sogenannte Buch von St. Albans gedruckt,
Welches, von Juliana Berners, der adligen Priorin
eines Nonnenklvsters zu Sopewell, verfaht, unter andern
eine umstandliche, aber in sehr aristokratischem Tone ab-
gefahte Anleitung zur Falkenjagd enthalt. Es War ubri-
gens diese Richtung einer geistlichen Dame den Zeitge-
nossen nicht anstohig, denn alle vornehmen Frauen er-
gaben sich lange Zeit und mit groher Leidenschaft jener
Jagd. Johann von Salisbury, der im 13. Jahrhunderte
schrieb, nennt die letztere geradezu eines Mannes unwur-
dig, weil nicht nur alle Trauen sie trieben, sondern die
meisten sogar die Manner an Geschicklichkeit weit uber-
trafen. Dah die Franzosen und Italiener in jener Kunst
nicht nur nicht zuruckgeblieben, sondern ihr auch fruh-
zeitig mit vielem Eiser ergeben gewesen sein muffen, geht
aus der nicht unbedeutenden Literatur hervor; das erste
wichtigere Werk uber Falknerei erschien unter Karl VIII.
von Frankreich i. I. 1567. Wie alt sie in Deutschland
sei, ist nicht bekannt, allein Kaiser Friedrich II. (starb
1250) schrieb uber sie eine noch vorhandene Abhandlung.
Alle deutsche Fursten nnterhielten kostspielige Anstalten
behufs der Falkenjagd, die erst um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts in Vergeffenheit gerieth, nachdem sie schon
seit langer Zeit nur zum Zeitvertreibe Vornehmer ge-
dient Hatte. Seit einigen Jahrzehnten lassen vornehme
Landbesitzer Englands und Schottlands es sich angelegen
sein, sie wieder empor zu bringen. Die Kunst der Ab-
richtung war noch um 1650 Mittel fur Viele, nicht nur
um zu leben, sondern auch um Vermogen zu sammeln,
indem man damalS 300 — 400 Thaler fur einen ganz
guten Falken bezahlte.
2. Der Merlinfalk oder Zwergfalk. (Falco Aesalon.) Fig. 1225.
Obgleich der Zwergfalk um ein volles Dritttheil klei-
ner ist als der Wanderfalk, so giebt er demselben an
Muth und Klugheit eben so wenig nach als an Schnel-
ligkeit des Fluges und Gefahrlichkeit fur alle etwas
schwacheren Vogel. Gleich jenem jagt er nur stiegend
und befaht sich nicht mit Vogeln, die sich vorstchtig an
den Boden drucken, stoht von oben herab, stellt zumal
kleinen Singvogeln nach, verwirft aber auch Mause und
Jnsecten nicht. Er ist zahmbar und laht sich zur Baitze
abrichten, ward iin Mittelalter eben so gebraucht wie
der Wanderfalk, jedoch nicht gleich Hochgeschatzt, taugt
aber, nach dem Urtheile Sebright's, des neuesten Schrift-
stellers uber Falknerei, darum wenig, weil er nicht Kraft
genug besitzt, um Vogel zu todten, die ein Rebhuhn an
Grohe ubertreffen. Darf man alten Werkeit uber Falk-
nerei trauen, so ertrug er Gefangenschaft ungern und
gewohnte sich Selbstverstuinmelungen an, wie Papageien,
zum Verdrusse der Besitzer, sie ost vornehmen. Nicht
nur rih er sich bei der Mauser alle junge Federn aus,
um die bluterfullten Kiele derselben auszusaugen, son-
dern er zerbih und frah die eigenen Laufe und Zehen in
Anfallen von blinder Wuth und Gier. In Deutschland
wird er uberall, aber gerade nicht in Menge getroffen,
verhalt sich theils als Strich-, theils als Zugvogel,
bleibt bisweilen im Winter da, scheint im Sommer nord-
lich zu ziehen, bewohnt am Liebsten die Rander kleiner
Waldungen und bebrntet eben daselbst seine 5 —6
weihen, braun marmorirten Eier in einem, wie bei an-
deren Raubvogeln, sehr unkunstlich auf Baume oder in
Felsspalten gebaueten Neste. In bergigen Gegenden
Englands, z. B. in Wales und Cumberland, verweilt er
bas ganze Jahr; in Irland erscheinl er als Standvogel,
giebt auch da den Bergen, besonders moosigen Abhan-
gen, den Vorzug und legt sein Nest auf ebener Erde
zwifchen dem Haidekraute an. Nach Thompson Lesucht
er Haufig die Seekuste jener Jnsel, um Strandlaufer zu
jagen. Auch in Sudeuropa ist er nicht selten. Unter
den einheimischen Raubvogeln ist er der kleinste, indem
er ausgewachsen nur 12—13 Zoll in der Lange misit,
26 Zoll klaftert. Das alte Mannchen hat blaulich-asch-
farbenen Rucken und Flugel; auf jeder Feder steht ein
schwarzer Schaftstrich; Brust und Bauch find weihlich-
rostgelb ntit ablangen, schwarzen Flecken, Nacken nnd
Seiten des Halses rostroth, Schwanzfedern aschblau, am
Ende weih, Wachshaut und Fuhe gelb, Schnabel Hell-
blau, Dorn schwarz. Die Weibchen gleichen, abgesehen
von der an;ehnlicheren Grohe, dem jungen Mannchen,
welches oben graubraun, rostgelb gefleckt, unten weih
und braun gesteckt ist und auf dem Schwanze 5 —6 Hel-
lere O-uerbinden tragt.
3. Der Thurmfalk. (Falco tinuncluus.} Fig. 1226.
Der Thurmfalk bewohnt ganz Europa und einen
grohen Theil von Nordasien, soll auch in Nordamerika
gesehen worden sein und ist in den letzten Jahren nicht
allein von Algier, sondern selbst vom Senegal gebracht
worden. In Deutschland verhalt er sich als Zugvogel,
kommt im Marz an und geht im September wieder fort.
In Waldern wird er anger der Brutezeit kaum ange-
troffen und zieht den Aufenthalt in offenen Gegenden
vor. Er vermag sich in erstaunliche Hohen emporzu-
Ichwingen, stiegt dort entweder in weiten Kreisen umher,
oder tchwebt mit kaum bemerkbaren Flugelschlagen an
derselben Stelle lange Zeit. Hat er eine Beute erspurt,
so sturzt er wie ein schwerer Stein fast senkrecht Herab,
verfolgt sie aber sogleich im Horizontalen Fluge, falls er
sie verfehlte, und wird durch getsiuschte Erwartung zuletzt
so hitzig, dah er alle Vorsicht vergiht und mit beispiel-
loser Kuhnheit den fliehenden Vogel bis in die Nahe der
Menschen oder sogar in das Jnnere enger Gehofte ver-
folgt. Uebrigens jagt er nicht blos im Fliegen, sondern
greift auch fitzende Vbgel an, und andere Male zieht er,
langsam fliegend, Hart am Boden hin, um Feldmause,