Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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Hauboogcl,
Voge l.
45
Vertråglichkeit vieler bei dem Zerreihen eines aufgesun-
denen Leichnams und Aehnliches. Sein Flug in hochsten
Hohen wird von arten Beschreibern ertoahnt. Arte spre-
chen verwundert von seinem urplotzlichen Erscheinen in
Gegenden, wo er seit langerer Zeit nicht gesehcn toarb,
sobald ein todter Buffel oder ein anderes Hausthier
Nahrung barbietet, und bezeichnen ihn als einen artge-
mein verabscheueten, sehr verbreiteten Bewohner der
Weiten und wenig fruchtbaren Ebenen Indiens, der,
durch Mangel gezwungen, an der Seekfiste jeden irgend
geniehbaren Auswurf aufsucht, ziehenden Heeren als ein
unheimlicher Verkunder des Verderbens zahlreich solgt,
schaarenweis auf Schlachtfelder sich Herablaht und in
unglaublich kurzer Zeit fte vollstandig abraumt. Kops
und Hals des erwachsenen Vogels sind nackt, in der
Jugend mit Flaum bedeckt, der mit der Zeit zu Streifen
und kleinen Gruppen zusammenschmilzt. Die ganze
Oberseite ist hellgelblichgrau mit stertenweisem Neber-
gange in Grau oder Weifi, die Unterseite Hertrothgelb,
ungefleckt; auf Kropf und Oberbrust steht ein kurzer,
ungemein dichter, dunkelbrauner Flaum. Mit Ausnahme
der Herteren Spitze ist der Schnabel schwarz; aus der
nackten, aschgraurothlichen Haut des Kopfes und Halses
sprossen dunnverstreuete Borstenhaare. Die Flfigel rei-
chen nicht ganz bis zum Ende des schwarzen, aus gleich-
langen Steuersedern bestehenden Schwanzes. Die Fuhe
find blaugrau ; die Iris nennt Sonnerat hochroth, Leffon
sand fie an lebend nach Europa gebrachten Jndividuen
Weih; die Grohe verhalt sich ohngefahr wie bei dem
Truthahne, die ganze Lange betragt gegen drei Fuh.
IV. Konigsgeicr. (Sarcorhamphus.)
Gattungscharakter: Schnabel stark, mit sehr
gewolbter Kuppe; Nasenscheidewand durchbrochen, Na-
senlocher horizontal durchgehend, an dem Rande der
Wachshaut liegend, oval, osfen. Dicke, verschiedentlich
eingeschnittene Fleischlappen auf dem Schnabel und an
den Seiten desselben, zum Theil die Stirn uberragend.
Kopf und Hals unbefiedert. Flugel lang, zweite, dritte
und vierte Schwingfeder langer als die ubrigen. Hinter-
zehe sehr kurz, mit abgestumpfter Krarte; arte Zehen
durch einen schlasfen, aber bemerklichen Hauyaum ver-
bunden.
1. Der Condor. (Sarcorhamphus Gryphus.) Tig. 1265—1267.
Die sehr alte orientalische Fabel von dem Vogel
Rock gab Veranlafsung zu den Uebertreibungen und den
abenteuerlichen Beschreibungen, welche die spanischen
Eroderer des 16. und 17. Jahrhunderts von dem Con-
dor Sudamerika's entwarfen. Die Phantasie jener den
Arabern nicht sehr fern stehenden Spanier gefiel sich
darin, Eigenschaften auf den grohten arter Geier fiberzu-
tragen, die einem uberart tit Asien bekannten und dennoch
nirgends anzutresfenden Fabelivesen zugeschrieben wur-
den. Glaubig empfingen die von der Grohartigkeit der
ainerikanischen Natur geblendeten europaischen Leser jene
Berichte, und bis auf Urtoa fiel es Keinem ein, genaue
Forschung und Aufklarung fur nothig zu achten. Der
Condor suhr fort, als ein geflfigelter Riese zu gelten,
der, die hochsten Gebirge nicht verlassend, bort gleichsam
Wache hielt uber die reichen Silberschatze und jeden ein-
samen Abenteurer entweder durch feinen Anblick schreckte
oder mit Gewalt vertrieb, grohe Saugethiere mit feinen
Krallen ergriff und ohne Mfihe auf den Gipfel des
Chimboraffo trug. Mau verdankt Humboldt die erste
Aufklarung der felbst von Busfon mit Jrrthfimern und
Uebertreibungen angesfirtt wiedergegebenen Naturge-
schichte des Condor, ber ausgehort Hat, ein surchtbares
Raubthier zu sein, unb eben fo aus gewohnliche Maahe
Herabgefunken ist, wie bie Rieftn Patagoniens unb ahn-
liche wunberbare, in bunkleren Zeiten entstanbene Ge-
Ichspse. Dah ber in vortiger Freiheit ben Luftraum
burchmeffenbe Conbor aus ben Befchauer einen unge-
Wohnlichen Einbruck hervorbringt, liegt zum grohen
Theil in ber Natur ber von ihm bewohnten Lanbschasten.
Nur wenn Nahruug sich barbietet, sinkt er aus bie niebri-
gen unb reizlosen Ebenen, verschwinbet aber alsbalb nach
Stirtung bes Hungers unb wirb zu seinem Vortheile
nur in ber Mitte ber hochsten Gebirge wahrgenommen.
Sein eigentlicher Wohnort sinb bie Kamme ber burch 60
Breitegrabe reichenben Corbillera ber Anbes, vom Ma-
galhaenslanb bis jenfeits Quito; in senen ineist unbe-
wohnten Einoben sucht er bie abgelegensten, von Men-
fchen faunt jentals betretenen Orte aus, um, aus hoher
Felsspitze sitzenb, bie Nacht zu verbringen, ober tint in
einer bent Auge von unten nicht erkennbaren Spalte sein
Nest anzulegen. Er erscheint wie ein eigentlicher Herr-
fcher in ber Mitte einer unbefchreiblichen, ernsten Natur,
wo eine Felswanb fiber bie anbere sich austhfirmt unb
die unglaublich tiesen Schluchten nur au wenigen Orten
weit genug auseinanbertreten, um ben 3ugen belabener
Maulthiere ben Durchgang zu gestatten, welche langfam
unb in langen Pausen bie Verbinbung zwischen ben
Menschen bes zu beiben Seiten ber Bergketten gelegenen
Flachlanbes unterhalten. Unter solchen Umgebungen,
bie burch ihre Gewaltigkeit ihu fast erbruckeu ober ihm
bie eigene Nichtigkeit ffihlen lassen, erdlickt ber Europaer
ben schwarzen Riesenvogel, ber, plotzlich von einer Fels-
spitze sich erhebeitb, eine Zeit lang ben Zug ber Reisenben
in groherer Hohe spahenb verfolgt, bann, bie langsamere
Beweguiig aufgebenb, ohne irgenb benterkbare Anstren-
gung schief aufsteigt, mit reihenber Schnertigkeit sich ben
Wolken nfihert, zwischen biesen verschwinbet unb bent
schfirfsten Auge nicht leicht zum zweiten Male sichtbar
wirb. Gesteht boch selbst Humbolbt, bah, als er in hoher
Felsenwfiste ben Conbor ztterst sah, fast alle Ueberliefe-
rungen alter Schriftsterter ihm glaubhaft geschienen, unb
bah er nur nach wirklicher Messung bes Vogels von ber
Tauschung zurfickgekommen sei, bie ihm ein Riesenge-
schops vorgefpiegelt hatte. Aber felbst bent nfichternen
Naturforscher imponirt immer noch ber Anblick, zuntal
wenn vor feinen Augen ein Flug von zwanzig ober ntehr
Conbor in bie Luft sich erhebt. Ein solcher erregte bie
Bewunberung bes ruhigen Darwin, ber inciter als irgenb
ein Europaer vor ihm in bas Jitnere Patagoniens ein-
brang unb jene nterkwfirbigen, wohl burch ntehrere Brei-
tegrabe laufenben Bafalte erreichle, bie, wie Slusen
regelmahig aus einanber gesetzl, keiner Vegelalion Ratint
gestalten, schtoarz, tobt unb wasserlos bastehen unb baher
von ben meisten Thieren geflohen werben. Eine Schaar
jener machtigen Vogel rastete aus einer hohen Spitze unb
stieg majestatisch unb in weiten Kreifen in bie Lfiste em-
por, als ber Naturforscher, vielleicht ber erste von ihnen
erblickte Mensch, sich langsam naherte. Solche bevorzugte
Orte fcheint ber Conbor ost zu behaupten, benn von
Chile bis Quito giebt es viele Felsen unb Gipfel ber
Anbes, beren Namen ben „Ruhepunkt ber Conbor" be-
zeichnen.
Der eigentliche Ausenthalt bes Conbor liegt 10 bis
15,000 Fuh fiber bent Meere, benn auf solchen Hohen
artein ist er zu bruten gewohnt. Gemeinlich fieht man
ihn nur einzeln ober paarweis, unb wenn er in Stugen
beobachtet wirb, fo Hat eniweber eine bereits ausgezehrte
Bente bie ausruhenben versammelt, ober es bietet irgenb-
wo eine solche sich bar, ber zu nahen bie Harrenben noch
nicht wagen. Die niebrige Kfistengegenb vermeibet er
forgfaltig; nie wirb man ihn bort lange Zeit in ben
Stiften schwebenb unb fptirenb erblicken, wie im Ge-
birge, artein wenn bas Meer einen Walfisch anspfilte,
so tressen, wie burch geheime Ktlubschaster Herbeigerufen,
bie Conbor nach wenigen Stunben aus ber Corbillera
ein unb verweilen, fo lange bas Riefenthier ihnen unb
ben bemtithigen, aber zahlreicheren Htihnergeiern, ben
Moven unb anberen Seevogeln Nahrung barbietet. Im
Binnenlanbe laht er sich Hatifiger fehen, naht sich bis-
weilen ziemlich furchtlos ben Lanbgtitern, wo Fleisch-
bereitung im Grohen getrieben wirb unb an Abfarten
keiit Mangel Herrfcht, zieht aber auch gegen Abenb nack
ben Bergen, wenn anbers tteberftirtung ihn nicht zum
Stillsitzen zwingt. Reine unb btinne Alpenluft fcheinen
ihm ein unentbehrliches Bebtirfnih, unb nirgenbs Hat
man besser Gelegenheit, feine erstauuliche Flugkraft zu
bewuiiberit, als auf Hohen, bie ben auhersten Spitzen
ber europaischen Alpen nichts nachgeben. Dort erdlickt
man mehrere Tauseub Fuh fiber sich ben Conbor mit
Leichtigkeit schweben unb fliegen, wahrenb man selbst,
burch ben verminberten Lustbruck aus bas Uitangenehutste
ergriffen unb nur mit Schwierigkeit athinenb, nach jebetn
sechsten Schritte stehen bleiben muh, tint netie, aber schnert
erschopste Krafte zu sammeln. In welcher Lustschicht ber
Conbor sich befinben ntoge, unb welche auch bie Richtung
unb bie Art bes Fluges sein ntoge, so fieht man ihn boch
nie bie geringste Flfigelbewegung vornehmen. Er be-
schreibt weite Kreise, steigt in flacheit Spiralen, aber mit
Schnertigkeit einige Taufenb Fuh auswarts ober zieht
in weiten Horizontalen Kreisen fiber bas Lanb hin,
gleichsam als genuge ihm nur ber hochste Stanbpunkt
zum vortkommenen lleberschauen unb Auffassen bes letz-
teren. Welche aber bie Bewegung auch sein mOge, fo
bemerkt man selbst mit bent fcharfsten Fernrohre kein
Zufammeufalteu ber gewaltigen, gegen ben bunkelblauen
Himmel schars abfchneibenben Schwingen. Nur Kops
unb Hals werben haufig eingezogen unb mit Kraft unb
Schnertigkeit wieber ausgestreckt, so bah es aussieht, als
o6 bie weit ausgespannten Flfigel eben nur ber Stfitz-
punkt anberer Bewegungeit, nicht aber bie betoegenben
Organe selbst Wareit. Auch bas Austoartsfliegen anbert
Hieriii Nichts; bie Flfigel stehen bann eben fo ruhig unb
nur unter einem anberen Winkel zum Runtpse, unb ber
Vogel steigt in fchieser Richtung fo gleichsormig unb
ohne Bewegung etupor wie ein Papierbrache. Darwin
fuchte bie phystkalifchen Gefetze biefes majestatischen unb
artent Anfcheine nach vortig anstrengungslofen Fluges
sestzufetzen, bent er mit Bewunberung ost stunbenlang
zusah, inbeffen fcheint er in ber Erklarting nicht glficklich
gewefen zu fein. Ein fo besahigter Vogel vermag bes
Morgens vielleicht in weniger als einer Stunbe Zeit von
ben 12—15,000 Fuh hohen Gebirgskammen nach ber,
minbestens in Chile, 8—10 geogr. Meilen in geometri-
fcher Linie entsernten Seekfiste Herabzusteigen, bie Cor-
birtera fpater zu kreuzen, fiber ben Pampas zu schweben
unb zeitig genug ben hohen Wohnort wieber zu er-
reichen, aus welchem er bie ^a^^t verbringt. Ilngeachtet
bieser Fahigkeit zu sast unbeschrankter Ortsbewegung
verlaht ber Conbor bie Anbes nicht aus lange Zeit, wirb
sfiblich vom 45. Breitegrabe fchwerlich angetroffen unb
geht norblich nicht weit fiber Quito unb nur bis bahin,
wo bie Kette an Hohe abzunehmen beginnt. Weber in
Venezuela noch aus ber Erbeuge von Panama ist er
Heimisch, unb bie Angabe Sonnini's unb Anberer, bah
er in Merico gesehen worben sei, beruht aus einer Ver-
wechselung mit bent weiterhin zu beschreibenben weit
Heineren Konigsgeier, ber in ber Mythologie ber Azteken
feine undebeutenbe Rolle fpielt unb fiberall als ein eigent-
licher Bewohner warmer ober boch sehr gemahigter Kli-
maten austritt. Wenn man sogar von Conboren berichtet
hat, bie in Afrika unb Asien getobtet worben seieu, so
liegen entweber alte, im Eingange erwahnle Fabeln zu
Grunbe ober bas Mihverstanbuih, welches eine lange
Zeit unwifseuschastlichere Reisenbe veranlahte, jebeu un-
gewohnlich grohen unb feltenen Raubvogel mit jenem
Namen zu belegen. Ein folcher toar ber gesfirchtete Rie-
fenvogel, von toelchem bie Jnbier ber flacheit, toalbbebeck-
ten Binnenlanber bes aguatorialen Amerika den Reifen-
ben gern erzahlten, unb in toelchem man in neueren Zeiten
ben Harphien-Abler erkannt hat. Vsgel sinb nid't min-
ber als Pflanzen in ihrer geographischen Verbreitung
bistoeilen burch genaue Granzen beschrankt, bie sie nicht
fiberschreiten, wenugleich bie anstohenbeu Lanber basselbe
Klima unb bieselbe natfirliche Befchaffenheit haben ntogen.
Conbor unb amerikanische Kameele begleiten einanber
sast von ber Magalhaensstrahe bis Quito burch ininbe-
stens 50 Breitegrabe, wohnen aber nirgenbs auherhalb