Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Zweiter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 282
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Vögel
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Podier.
Vogel.
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versehenen Flaschenkurbih aufhangen, der bald von der
Schwalbe entdeckt und zur Wohnung benutzt wird (Fig.
1322.), und am Missisippi bringen die Negersklaven auf
hohen Rohrschaften dieselbe Vorrichtung an. Sene lohnt
aber auch den ihr gewahrten Schutz; sie greift mit einer
faunt glaublichen Kuhnheit selbst Falken und Adler an ;
fle umfreift in nachster Nahe den furchtbaren Gegner,
trisst seine Augen mit den Flugelspitzen, verwirrt und
zwingt ihn am Ende zum Ruckzuge, ohne von ihm er-
reicht zu werden, weil sie mit Blitzesschnelle fliegt und
sich wendet. Andere Vogel und namentlich das Haus-
geflugel fennen die lante Stimme der Schwalbe wahrend
dieser Gefechte; alle gerathen in Verwirrung und suchen
sich zu verbergen, sobald sie ertont und die Nahe des
Feindes verrath. Mit einer Art von grohen Fliegen-
schnappern, dem Konigsvogel der Nordamerikaner,
unterhalt die Purpurschwalbe ein Bundnih; beide Helsen
sich treulich bei ihren Angriffen auf die Raubvogel, was
indessen die Schwalbe nicht hindern kann, sich gegen den
Bundesgenossen zu wenden, wenn dieser sich einsallen
laht, dem Neste mit Jungen in etwas verdachtiger Weise
zu nahe zu kommen. Nutall halt sie fur den am
Zeitigsten erwachenden unter allen nordamerikanischen
Vogeln, den Hahn nicht ausgenommen. Schon vor
Tagesanbruch hort man ihr luftiges und durchaus nicht
unmelodisches Gezwitscher. IDA Nesterbau beginnt, we-
nigftens in den mittleren Staaten der Union, zwischen
dem 15. und 20. April. Das Nest besteht, nach Bericht
der nordamerikanischen Ornithologen, aus Mattern,
Grashalmen und dergleichen weichen Stoffen, die in
groher Menge uber einander aufgeschichtet werden.
Wahrscheinlich bezieht sich diese kurze Beschreibung nur
auf die Nester, welche in den von Menschen vorgerich-
teten Schutzorten angelegt werden, indem anzunehmen
ist, dah die auf eigene Hilfsmittel angewiesene Schwalbe
ebenso aus Lehm und Erde eine tuchtige auhere Schaale
aufmauern werde, wie alle frei banende Arten. In
jedem Sommer finden zwei Brutungen statt, an welchen
das ubrigens sehr zartliche Mannchen eifrig theilnimmt.
Die 4—6 Eier find reinweih und ohne alle Flecken. —
Die Farbung des Mannchens ist schon dunkelpurpurblau
mit violettetn Schiller, an Schwingen und Schwanz
braunlichschwarz ; die Weibchen und Jungen Haben
blaulich braune Oberseite und weihlichen Bauch. Der
Schwanz ist ties gabelformig eingeschnitten. Die Lange
des Korpers betragt ohngefahr 8 Zoll, die Klafterweite
16 Zoll.
7. Die Weistbindige Schwalbe. (Hirundo fasciata.) Fig. 1323.
Die sudliche Halbkugel besitzt eine nicht unbedeutende
Zahl von Schwalben, unter welchen die hier adgebildete,
in Brasilien und Guyana heimische in Sammlungen
ziemlich selten gesehen wird. In Sitten und Lebens-
weise nnterscheidet sie sich nicht von den ubrigen, ge-
wohnlichen Arten des Nordens. Sie ist reinschwarz mit
geringem Metallschimmer und leicht zu erkennen an der
weihen Ouerbinde des Bauches und dem grohen, weihen
Flecke auf dem Schenkel.
8. Die Salangan-Schwalbe. (Hirundo esculenta.) Fig. 1324.
9. Die Tangfrefsende Schwalbe. (Hirundo fuciphaga.) Fig. 1326.
Die weltberuhmten indischen Vogelnester, die ehedem
von Dichtern gern angewendet tourben, too es galt, die
angebliche Pracht und den unerschopslichen Reichthum
des in der Wahrheit nicht uberall lockenden Indiens zu
schildern, kommen nicht von einer, sondern, toie neuere
Forschungen betoiesen, von mehreren Arten von Schwal-
ben, die ztoar von den Systematikern Namen erhalten,
jedoch noch keinestoeges genugend auseinandergesetzt
sind. Gerade durch die in unserer Zeit haufig geworde-
nen und nicht immer von befahigten Naturkundigen
angestellten Forschungen ist der Gegenstand in Vertoir-
rung gerathen und die Festsetzung eines Urtheils er-
schtoert toorden. Lamourour behauptet, dah eigentlich
drei Schwalbenarten die sogenannten ehbaren Rester
liefern; die geschatztesten sollen von einer kleinen Art
gebauet werden, die, durch nackte Fuhe ausgezeichnet,
niemals im Binnenlande, sondern nur an der Seekuste
gefunden wird. Das durchsichtige, horntoeihe Rest soll
nach seiner Ansicht aus einer getoissen Art von Seetan-
gen zusammengeklebt sein, toelche der Gattung Gelidium
angehoren, und die noch mehr als andere Tange die Ei-
genschaft hat, durch Kochung im Wasser sich ganz und
gar zur Gallerte aufzulosen. Nach der Meinung der
Alten, die eine Widerlegung nicht bedarf, schufen diese
Schwalben ihre Nester sogar aus verhartetem See-
schaume, aus Fischlaich oder dem verdickten Safte eines
Baumes, der Calambone heihen sollte. Sir Stamford
Raffles stellte zuerst die Behauptung auf, dah das Nest
in der Hauptsache aus einer Substanz bestehe, die er fur
Schleim hielt, welche aber die spatere Untersuchung des
deutschen Chemikers Dobereiner als ein Mittelding zwi-
schen Schleim und Gallerte fennen lehrte, und bie als
Probuet einer besonberen organischen Thatigkeit Herauf-
gewurgt unb verarbeitet werbe. Er uberfandte bent be-
ruhmten Anatomen Home mehrere Eremplare einer
javanischen Schwalbe in Weingeist, an welchen in ber
That etn Hochst nterkwurbiger, an ben inlandischen
Schwalben nur in Anbeutungen vorhanbener Apparat
entbeckt tvurbe. Dieser besteht aus Drusen, welche, bie
innere Wanbung bes Kropfes unb Magens uberziehend,
aus vielen concentrisch gelagerten Lappen zusammenge-
setzt sinb unb ausgebreitet fast bas Ansehen einer vielblat-
terigen Blume haben tourben. Die nach Home copirte
Figr 1325. zeigt bei A Schlund unb Magen ber Java-
schwalde, bei 15 bie Magenbrusen tn 250facher Vergrohe-
rung, bei C bieselben Drusen, toie fle an einer gemeinen
europaischen Schwalbe erscheinen, bei D bie Magen-
brusen ber Schwarzbrohel, bei E biejenigen bes Men-
schen in 900maliger Vergroherung. Nach Honie's An-
sicht sinb jene Drusen bie Organe, in welchen bie Haupt-
bestanbtheile bes Nestes bereitet toerben. Unter ben
Eintourfen gegen bieselbe ist kelner ber untoichtigsten
ber, bah man uberhaupt nicht toeih, ob bie von Home
untersuchte Schwalbe toirklich ber Art angehorte, von
welcher bie ehbaren Nester gebauet werden; schon ber
Umstanb erregt Ztoeifel, bah Home bie anatomirte
Schwalbe boppelt so groft als eine ber inlanbischen
nettitt, toahrenb alle an Ort unb Stelle um bie Erfor-
schung bemuht gewesenen Reisenben ubereinkommen, bie
fragliche inbische Schwalbe fur eine nngemein kleine zu
erklaren. Auherbem beweist bas Vorhanbensein jetter
grohen Drusen burchaus noch nicht ihre unfehlbare Be-
stimmung fur ben vorausgesetzten Zweck. Die Wahr-
heit burfte, wie gewohnlich, auch hier in ber Mitte lie-
gen. Dah bie Salangane unb bie vertoandten in gleicher
Art thatigen Schwalben ohne Unterschieb sich in ber
Nahe ber Meereskuste aufhalten, kann, ungeachtet bes
Wiberspruches Staunton's, ber kein Zoolog war, als
ausgemacht angenommen toerben. Ebenso gut nun, toie
unsere Schwalben, burch ben Fortpflanzungstrieb zur
Entwickelung besonberer Thatigkeit gezwungen, Lehm
ober Strahenkoth auflesen, mit welchem sie sich zu irgenb
einer anberen Zeit nicht bemengen, ebenso gut kann es
geschehen, bah ein bem Meere nahe lebenber Vogel unter
ben vielartigen Auswurfstoffen ber Branbung diejeni-
gen hervorsucht, bie entweber schon in Gallert verwan-
belt ober burch Einwirkung ber Luft unb burch Zer-
setzung ober burch Zitsammenaicheiten mit Schnabel unb
Fuhen in eine gleichartige Masse sich verbinben lassen.
Dah Speichel ober ein ahnlicher Saft als Binbemittel
zngleich Anwenbung finbe, ist hochst wahrscheinlich, in-
beitt unsere Schwalben sich besselben bei ihrem Nesterbau
stets bebienen ; ob er ubrigens Probuct von Schlund-
brusen ober von ben grohen Ohrspeicheldrusen sei, toie
Reintoarbt, ber lange auf Java lebte, glaubt, bleibt noch
zu untersuchen. Lesson toill freilich diese einfache Er-
klarung nicht zulassen, obgleich er eine anbere unb na-
turlichere zu geben nicht vermag. Es toare ubrigens
vollig beispiellos, toentt ber ganze Stoff bes Nestes im
Korper bes kleinen Vogels bereitet toitrbe; gegen eine
solche periobische Thatigkeit bes Organismus toitrbe
Alles unbebeutenb erscheinen, was man uber bie betoun-
berten Absonberungen spinnenber Jnsecten toeih. Die
ehbaren Vogelnester sinb in Sammlungen eben nicht
selten, jeboch schtoerlich in ihrer ursprunglichen Gestalt.
Sie gleichen ohngefahr einem Halben Ellipsoib. Bistoel-
len sinb sie ettoas in bie Lange gezogen, anbere Male mit
ben Enben aufwarts gekrummt, messen 3—4 Zoll im
langeren, etwas weniger im transversalen Durchmesser,
gleichen einer 3—4 Linien bicken Schicht toeiher Hau-
senblase, wiegen 2—3 Loth, finb hart, sprob toie Kno-
chenleim, bei bem Kochen int Wasser langsam loslich,
von fabent ober hochstens schwach salzigem Geschmack.
Ihre Wanb besteht auherlich aus einer Menge sehr
bunner, fast concentrisch gelagerten Schichten, bie sich
einanber becken, innerlich aus zahlreichen, ber Substanz
nach gleichen Faben, bie, unter ben mannichfachsten
Wiukel gekreuzt, ein Netz barstellen. Von anhangenben
fremben Substanzen ober von Febern unb anberen Aus-
futterungsstoffen zeigen sie keine Spur, inbem sie nur
gereinigt in ben Hanbel kommen. Staunton lanbete
toahrenb seiner Reise nach China auf ber kleinen Jnfel
Cah, welche nahe an ber Kuste von Sumatra liegt, unb
entbeckte in zwei Horizontalen Felsenhohlen eine Menge
bieser Rester. Sie Hingen in wagerechten, 50 —500 Fuh
langen Reihen an ber Felswanb unb beruhrten sich so
bicht, bah zwischen ben einzelnen nirgenbs bie geringste
Lucke blieb. Der franzostsche Reisenbe Poivre fanb auf
Klein-Togue, einer Jnsel ber Sunba-Strahe, ebenfalls
eine tiefe, nach ber See hin geoffnete Hohle ber Kusten-
felsen, beren Munbung von Tausenben von Schwalben
umschwarmt toarb, toahrenb bas Innere unzahlige ber
ehbaren Rester enthielt. Nach seiner Meinung bestehen
biese aus Fischlaich, ber, einem halb aufgelosten Leime
ahnlich, an ber Oberflache jener Meere in grohen Stu-
cken herumschtoimmen soll. Er toill selbst gesehen Haben,
toie jene Schwalben mit einem Stoffe belaben ankamen,
ber in Gestalt langer, zaher Faben vom Schnabel Herab-
Hing. Im Hanbel unterscheibet man bie weihen unb
schtoarzen Rester, bie nach ber Meinung mancher Ein-
geborenen von Sumatra burch zwei verschiebene Arten
von Schwalben gebauet werben, von Marsben Hingegen
als bas nette unb bas vorjahrigeNest angesehen Werben.
Die mit ber Aufsuchung beschaftigten Malaien Pstegen
in ber That auch bie schtoarzen zu zerstoren, um ben Vo-
gel zuin Neubau zu ztoingen, inbem ttur bie toeihen einen
guten Markt finben. Die Schwalbe soll zwei Monate
branchen zur vollkommenen Herstellung bes Nestes, brei-
mal im Jahre, jebesmal 15 Tage, bruten. Um sie nicht
zu vertreiben ober gar auszurotten, sammelt man ihre
Nester nicht eher, als bis bie britte Brut flugge getoor-
ben. Ueber ben Hanbel mit benselben Hat Crawsorb um
so genauere Nachrichten zu geben vermocht, als er selbst
mehrere Jahre zu Karang-Bolang auf Java bie Aufficht
uber bas Geschaft bes Einsammelns fuhrte, toelches, als
Regal vom Staate betrieben, einen ansehnltchen Gewlnn
abwirst. Von Java alletn werben jahrllch gegen 27,000
Pfunb solcher Rester erster Qualltat Verschifft; eine noch
grohere Menge komntt von bettt Suluk-Archipel, unb
Ceylon unb Reuguinea liefern gleichfalls einen nicht
geringen Theil. Man rechnet, bah ble mit dem Trans-
porte beschaftigten chinestschen Fahrzeuge zusammen den
Gehalt von 30,000 Tonnen haben, und dah ihre volle
Ladung nach den int indischen Archipel getoohnllchen
Preisen 284,290 Pfb. Sterl. toerth ist. Das Einsam-
meln soll ein auherordentlich gefahrliches Geschaft sein
und jahrlich eine Menge von Menschen unt das Leben
kommen durch Sturze von den Felsen, zu deren Hohlen
man nur mlttels Herablaffen an langen Seilen gelangen
kann. Auf den indischen Jnseln macht man von diesen
Restern keinen allgemelnen Gebrauch, in China Hingegen
betrachtet man sie als Leckerbissen, die aber ihres hohen
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