Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Deutelthiere.
Sangethierr.
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Unterfeite nackten Wickelschwanz ubereinfoinnien. Die
eigentlichen Phalanger Werbeit in brei Sectionen getheili,
von welchen die erste einen Wickelschwanz von der be-
schriebenen Form hat und nur in Australien angetroffen
wird, die zweite, die sogenannlen Kuskus begreisend, an
ihrem fast ganz unbehaarten, schuppigen Greifschwanze
kenntlich ist und nut die Molucken und Celedes bewohnt,
die driite, ebenfalls 9ieuho!land angehorende, eine sehr
eigenthumliche Bildung der Vorderfupe besitzi, indeni an
derselben die zwei inneren Zehen tiefer eingelenkt sind
als die ubrigen, sich einwaris schlagen lassen und daher
eine greifende Bewegung gestatten. Die Phalanger der
zwei ersten Abtheilungen sind eigentliche Baumthiere,
steigen fast niemals auf die Erbe Hinab und nahren sich
von Fruchien, Knospen, Blaitern, aber auch von Vogel-
eiern und Jnsecten. Sie sind nur des Nachts in Bewe-
gung und verbergen sich am Tage in hohlen Stammen
oder unter sehr dicht belaubten Baumasten. Obgleich sie
ihrem ganzen Bane nach nur zwischen den Kronen hoher
Baume zu leben bestimmt sind, so entwickeln sie boch
keineswegs die Behendigkeit und Schnelligkeit, die am
Eichhornchen nicht minder uberraschen als gefallen, be-
Wegen sich vielmehr nur mit vieler Borsicht und Lang-
samkeit und gebrauchen, um sich zu sichern, bei der
geringsten Veranlassung den festgreifenden Wickelschwanz.
In Gefahr, entdeckt zu werden, hangen sie sich an dem
letzteren auf, bleiben vollig bewegungslos und entgehen
so dem spnhenben Blicke ihrer Feinde. Man sagt, dasi
zumal die indischen Kuskns diese Stellnug, wenn sie sich
bemerkt glauben, so lange in todtenahnlicher Starrheit
behappien sollen, bis ihre Schwanzmuskeln erschlaffen
und sie hinabsturzen. Wenige Thiere besitzen einen Pelz
von gleich feiner, weicher nnd seidenartig-wolliger Be-
schaffenheit. Die Eingeborenen der von ihnen bewohnten
Lander stellen ihnen theils wegen des geschatzten Felles,
theils Wegen des Fleisches nach, welches, zart und nicht
minder wohlfchmeckend als dasjenige der Kangnru's, fur
Leckerbissen geachtet wird. Auch ihnen hangt, wie den
meisten Beutelthieren, ein besonderer, unangenehmer Ge-
ruch an, der sich jedoch dem Fleische nicht mittheilt und
durch die Absonderung gewisser Drusen entsteht. Lant
Bennett's Bericht werfen die Weibchen nicht mehr als
zwei Junge auf ein Mal, wenigstens fand sich nur diese
Zahl in dem Beutel einiger Weibchen, die wahrend einer
in Gesellschaft von Eingeborenen Neuhollands angestell-
ten Jagd gelodtet tourben. Sn der Gefangenschast Haben
Phalanger toenig Angenehmes; vergraben unter dem
Heu ihres Kafigs, moglichst sich der Beobachtung eni-
ziehend und fede Storung ubel aufnehmend, verschlafeu
sie den Tag. Zwar versuchen sie niemals zu beisien, sind
aber eben so dumm als theiluahmlos und trag, und eni-
sprechen durch ihr Wesen nicht den auf ihre zierliche
Form und gesammles Ansehen gebauten Voraussetzungen.
3nt Fressen behaupten sie, dem Eichhorn ahnlich, eine
sitzende Stellung und fuhren to ie dieses das Futter mit
den Vorderpsoten zum Munde. Die Nacht verbringen
sie in lebhafter Betoegung und scheinen nur im Dunkel
ihre Eristenz wirklich zu genietzen. Ztoar kennt man
tein Beispiel von Fortpflauzung irgend einer Art von
Phalanger in Europa, allein da das Kanauru sich bei
uns vollig akklimatisirt und vermehrt hat / so ist anzu-
uehmen, dah auch die Phalanger sich an uuseren Himmel
getoohnen tourben, zumal toenn man sie mit einiger
Sorgfalt gegen eigentliche Winterkalte schutzte.
Die Farbung bes rntzbraunen Phalanger ergiebt sich
schon ans seinem Namen; sie bleibt sich an allen Theilen
des Korpers gleich. Der Pelz ist et>vas krans, jeboch
Wever sehr bicht noch sehr fein, ber Schtoanz lang,
Ichwarz, ettoas buschig, bie nackte Unterseite ber Schwanz-
spitze fleischfarben. Der Korper mitzt 1 Futz 9 Zoll bis
2 Sup, ber Schwanz 1 Futz bis 1 Futz 5 Zoll.
^Cr Fuchisphakangcr. (Phalangista vulpina.) Fig. 424.
Der Fuchsphalanger ist ohngefahr von ver Grotze
einer Katze, hat einen seintoolligen Pelz von granbran-
ner, an ben Schultern in bas Gelbliche ziehenben Ftzr-
bung nnb bichtbehaarten, nur an ber Spitze nackten
Schivanz. Spielarten sinb Hansig. Unter allen Arten
ist biese toahrscheinlich am meisten steischfressenb, entspricht
aber sowohl im toilben Znstanbe als in ber Gefangen-
schast bent oben enitoorfenen Bilde. Auf Neuhollanb
unb in Vanbiemenslanb scheini sie sehr hansig zn sein.
Der Bentel bes Weibchen ist sehr unvollkommen, einer
flachen Hanifalte ahnlich unb enihali ztoei Zitzen.
3. Der gefleekte Phalanger. (Phalangista maculata.) Fig. 425.
Der gefleckie Phalanger ober Kuskus gehort in bie
ztoeite 9lbtheilung ber Gattung unb bewohnt, wie seine
Verwanbien, bie Jnseln Amboina, Neuguinea unb anbere
benachbarte. Auf Waigiou, wo ihn Lesson fanb, Heitzt
er Scham-scham. Er hat einen runben, stark gewblbten
Kopsi kurze, unter ben Haaren verfteckte Ohren unb bich-
ten Pelz. Seine Farbung ist etwas unbestanbig; auf
bem mehr ober utinber fahlgelben Grunbe stehen grotze
uittegelntatzige, schwarzliche Flecken. Der Schtoanz ist
bis zur Halfte behaart, 15-— 16 Zoll lang. Der Korper
mitzt 16—17 Zoll.
XI. Flugbeutler. (Petaurus.)
Gattungscharakter: Vorberzahne ber Zahl unb
Beschaffenheit nach toie bei ben vorhergehenben ztoei
Gattungen; Eckzahne oben einfach, unten fehlenb; Backen-
zahne uberall 7, toovon oben 3, unten 4 Ltickenzahne sinb;
zusammeu 40 Zahne (Gebih Fig. 426.). Die Futze
funfzehig, mittels einer Haarigen Flughaut verbunben.
1. Der eichhornartige Flugbeutler. (Petaurus sciureus.) Fig. 427.
Die Flugbeutler ober stiegenben Phalanger, wie sie
auch Heitzen, verhalten sich zu ben eigentlichen Phalan-
gern gerabeso, wie bie Flughornchen (stiegenben Eichhorn-
chen) zu ben gewhhnlichen Eichhornern, benn sie kommen
mit ben Phalangern bis nuf bie Flughaut vollig uberein,
welche nur als ^lusbehunug ober Falte ber Seitenhaut
anzusehen ist unb ben langen, schlaffen Schwanz nicht
einschlieht. Der letztere ist bisweilen ztoeizeilig behaart
unb bient jebenfalls zur Erhaltung bes Gleichgewichts
Wahrenb ber toeiten stugartigen Sprunge, vielleicht be-
stimmt er sogar bie Richtung berselben. Man hat we-
nigstens bemerkt, batz ber Flugbeutler mitten im Sprunge
seine Richtung abzuanbern vermag. -Au Borb eines
an ber Kuste Neuhollands segelnden Schiffes befand sich
ein Flugbeutler, dem man feiner Zahmheit wegen frei
Herumzulaufen gestattete, und der einst fogar die Mast-
spitze erklimmie. Um dem zn feiner Ergreifung abge-
schickten Matrosen zu entgehen, versuchte er auf das
Deck durch weiten Lustsprung zu gelangen, als das
Schiff sich plotzlich so weit auf die Seite legte, datz die
gewahlte Fluglinie das Thier nothwendig uber das Deck
Hinaus und in das Meer fuhren mutzte. Mit Bebauern
bemerkten alle unten Stehenben ben fcheinbar unvertneib-
lichen Untergang bes allgemeinen Lieblings, als biefer
mit einein Male bie Richtung bes Flttges anberie unb
glucklich nuf bem sichern Decke anlangte. Die Sprunge
von Bnunt zu Bnunt follen nnbegreiflich weit reichen,
bem Fluge vollig vergleichbnt fein unb mit eben fo vieler
Leichtigkeit nls Zierlichkeit nusgefuhrt werbett. Dns
Vaierlaud bes Eichhorn-Flugbeutlers ist Neusubtoales,
wo er von ben englischen Llusieblern „Zuckereichhorn"
ober „Norsolk-Eichhorn" gennnnt wirb. Mnn Hnt ihn
bei mehreren Gelegenheiten lebenb nnch Englnnb gebrncht
unb nn ihnt biefelben Gewohnheiteu beobachtet, >vie an
ben Phalangern. Den Tag verbringt er im tiessten
Schlnfe unb rollt sich banit zur Kugel zufnmmen, eni-
wickelt aber bes Nachts eine um fo unermublichere Leb-
Haftigkeit, fprittgt in zierlicher Bewegung im Kafig tinther
unb gefallt sich in ben wunberlichsten Stellungen unb
Possett. Luftig unb Heiter unb leicht zu zahtnen, legt er
inbeffen niemals feine angeborene Furchifamkeit ganz nb
unb beweist nur geringe Jutelligenz. Sein Pelz ift aus-
nehmend fein unb bicht, von zarter, graner Farbung, et-
was bunkler auf ber Mittellinie oes Ruckens, weitzlich
am Bauche. Ein fchwarzer Strich lnuft von ber Nafen-
fpitze bis zuitt Enbe bes bichtbehaarten Schwanzes. Die
Flughaut ist am Rande fchwarz unb mit einein Saunte
weitzer Hanre eingefatzt. Die grotzen Attgen stehen Halb-
kugelig hervor. Die Lange bes Korpers betragt 9 Zoll,
biejenige bes Schwanzes 10 Zoll.
XII. Koala. (Phascolarctos.)
Gattungscharakter: Vorberzahne wie bei ben
Phalangern; Eckzahne oben feberfeits 9, unten fehlenb;
Backenzahne uberall 5, toovon ber vorderste Luckenzabu;
zufammen 30 Zahne. Futze Gangfuhe, bie vorberen
funfzehig, bie beiben inneren Zehen kurzer, ben ubrigen
entgegengefetzi; Hinterfutze vierzehig, mit fauni benterk-
baren , ttagellofett Dattmeu; zweite unb britte Zehe ver-
wachsen, mit boppeltem Krallennagel verfehen. Beutel
bes Weibchen voilkommen, am Bauche stchenb. Schwanz
fehit.
1. Der graue Koala. Fig. 428.
Der gratie Koala, bisher bie einzige Art feiner Gat-
tung, weicht burch kurze Gestalt unb plumpen Ban,
bicke, kurze Glieber unb gewaltige, zum Graben geschickte
Krallen von alleti anberen Beutelthieren ab. Sein
Kopf ift grotz, runblich unb stumpf, bas Gesicht von ber
Schnauze an entlang ber Nafenbeine bis zu ben Augeit
vollig unbehaart. Vergrotzert wirb ber scheinbare Unt-
fattg bes Kopfes burch grotze, toeit abstehenbe, mit sehr
langent Haar bekletbete Ohren. Lebhafte, bisweilen
gleichfam brohenbe Augen vermehren bie Sonberbarkeit
ber ganzen Gestalt, bie an ben Baren erinnern komite,
inbeffen weniger Furcht Erregeubes Hat. Die Lange
bes Korpers betragt 25 Zoll, ber Pelz ift fehr bichtivol-
lig, oben rothlich afchgrau, am Bauche gelblichweitz,
fowohl auf ber inneren als auf ber nutzeren Seite ber
Ohren tingentein zottig, autzeit fchwarzgrau. Im Gegen-
satz zu feinent Ansehen ist biefes nur in Neusubtonles
vorkontmeube Thier langsam in seinen Betoegungen unb
von gutmuthigem, srieblichen Naturell, suhrt, toie seine
Nertoanbien, ein uachiliches Leben, ersteigt mit Leichtig-
keit bie hochsten Batinte unb gehi, burch seine siarken
Krallen unierstutzt, auf ben Aesten fo sicher wie ein
Faulthier hin unb her. Keineswegs verweilt es aber
allezeit in solchen Hohen, fonbern steigt bisweilen auf
ben Boben Hinab, wuhlt bie Erbe, nach Wurzelit fu-
cheitb, auf unb legt bort fogar unterirbische Bane an, in
welchen es bie kalte Jahreszeit fchlafenb vetbriitgen foll.
Sein Gang ist langfnm unb hat ettoaS barenartig Unbe-
holfenes. Die jungen Blatter ber Gummibaume (Euca-
lyptus), feine vorzuglichste Nahrung, frift es, inbeni es
bie Aefte mit ben Vorberpfoien festhalt. Es trinkt leckenb
wie ein Huitb, lntzt felten eine Art von bumpfem Gebell
Horen unb scheini in seinem Vaterlanbe, wo ihn bie Co-
lonisten ben „ einheiinischen Bar", bie Eingeborenen
„Goribun" nennen, keineswegs sehr hansig vorzukommen.
XIII. Wombat. (Phascolomys.)
Gattungscharakter: Vorberzahne obeit unb unten
3, mit meitzelformiger Schneibe, Eckzahne fehlen ; Backen-
znhne ubetalt 5, ber votberste ein sehr kleiner Luckett-
zahti, zusatnmen 34 Zahne; Gebih (Fig. 429.) ganz
zum Pstanzensressen eingerichtet. Futze sohlengangig,
funfzehig, Hnnbartig, Dat,men ber Vorberfutze abstehend,
ber Hinterfutze sehr klein, Warzenartig, nagellos; zum
Graben geschickte Krallennagel. Beutel bes Weibchen
voltkommen. Schtoanz sehr kurz.
1. Der Wombat. (Phascolomys Wombat.) Fig. 430.
Auch bie Gattung Wombat besteht, soviel Matt weitz,
tint ans einer einzigeti, an ber Subkuste Neuhollnnbs unb
ans Vanbiemenslanb heimischen Art. Zwischen ihm unb
bem nahe verwanbien Koala Herrscht Hinsichtlich bes
plumpen Korperbaues unb ber Schwerfalligkeit ber Be-
toegungen viele Aehulichkeit. Der Wombat schteitet
langsam unb mit unverkennbarer Tragheit einher, ver-
bringt ben Tag in tieseit Erbbnuen, fucht altein des Nachts
sein ausschlietzlich pstanzliches Futter auf, scheini von
;ebr tuhigem unb sanften Eharnkter unb kantt nur durch