Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
Mit 1100 Ubbildungen
Søgning i bogen
Den bedste måde at søge i bogen er ved at downloade PDF'en og søge i den.
Derved får du fremhævet ordene visuelt direkte på billedet af siden.
Digitaliseret bog
Bogens tekst er maskinlæst, så der kan være en del fejl og mangler.
Einleitung.
Saugethiere.
5
und seine Organe daher so verletzbar fein mågen, bap
mindestens Periobische Aufhebung duperer Einwirkung
nothig wird. Je weniger Anstrengungen ein Saugethier
zu machen hat, um in den Bereich seiner Nahrung zu
gelangen, um so geringer entwickelt sind seine Jntelligenz
und seine Sinne; so am Wieberkåuer, dem Dickhauter
und Walthiere. Rur der Sinn des Geruchs und mahr-
scheinlich auch derjenige des Geschniacks bleiben bis zuletzt
vollkommen, boch beziehen fte sich meist nur auf das Ge-
schaft der Ernåhrung, feltener auf Periodische Zustanbe
des Fortpflanzungstriebes; fte sind fur andere Eindruckeun-
empfanglich und konnen nicht zu Quellen niannichfachen
Vergnugens toerben. Wie bie Organe ber Sinne fe
nach ber besonberen Bestiminung eines Thieres in Stel-
lung leicht abånbern, auch auperlich bemerkbare Urnge-
staltungen erfahren, toie bas toeit nach hinten gerurfte
Auge ber Wieberkåuer, ber Rufsel ber Dickhauter, bie
empfinbliche Flughaut ber Hanbflngler, bas tutenformige
Ohr toehrloser Nager unb zahlreiche anbere Eigenthuni-
lichkeiten ber Sinnesorgane 511 beuten seien, wirb am ge-
Horigen Orte Erklariing finben.
Die Saugethiere jinb zufolge ber Definition ber Classe
nackte Junge gebabrend, b. H. bie Jungen kommen volt-
stanbig ausgebilbet unb minbeftenø mit ben toesentlicheren
Organen ber Selbsterbaltung versehen zur Welt, sinb
also, obgleich fte geraume Zeit gesaugt toerben muffen, zur
sell'ststanbigett Eristen; befahigi. Wenit man ertoagt,
bas; keine Form ber Organisation in fcftroffer Eigenthum-
lichkeit und untierbunben baftebt, vielmehr Uebergange
fiberall vorhanben sinb ober boch voraiisgesetzt toerben
mussen, fo toirb bas Vorkommen einer Fortn ber Fort-
Pflanzung nicht uberrafchen, bie an jeite ber Vogel an-
granzt unb am Schnabelthier gefunben toirb, beffen Junges
aller Wahrfcheinlichkeit nach in febr unvollkomntenem Zu-
ftaitbe geboren toirb. Der lettere i ft zuinal an jungen
Beutelthieren nachgewiefen, bie als bollig Hilflofe Wefeit
unb ittir mit Anbeutung bon Gliebern geboren, in einer
tieferen ober flacheren Bauchfalte ihrer Mutter Schtttz unb
Nahrung finben unb ersi nach ntehrmonatlichem Vertoeilen
in biefent eigenthumlichen Beh,iltnisse auf biejenige Stuse
der Enttoickelung gelangen, auf toelcher sich bie Mehrzahl
anberer Sangetbiere bereits bei ber Geburt befinben. Das
bie Fortpftanzung bezweckenbe Verhaltnip ber ertoachfenen
Saugethiere i ft monogamisch ober polygamifch. Jm er-
fteren Falle begnugt sich bas Mamtchen mit etnent einzigen
Weibchett, eine Verbinbuttg, ber titan ttach Analogie bes
fiber tnenfchliche Ehe Feststehenben eine hohere Bebentung
zufchreibett 111up, bie aber keinestvegs ntit tttehr enttoickelter
Jntelligenz allein gepaart borkomint, ittbettt anper ben
'(ffen attch Hasen, Kaninchen und sell'st Walthiere ntono-
gamisch sind. Bei geselligett, Heerdentoeis zitsanimenle-
benben tind ihre Nahrung mnhelos erlangendett Sattge-
thieren besteht fast itntnerdas polyghnische Verhaltnip ; den
Hirsch begleiten 8—15, ben Schafbock bis 20, bas Schtoein
biø 30 Weibchen. Ost sinb aber biese Verhaltniffe nicht
reitt, benn dupere Umstande konnen ein polyghnisches
Saugethier zttnt monogamischen machen, unb wieZucht unb
gute Pstege bes gezdhniten Ziistanbes bas Entgegengesetzte
Herbeiftthren konne, ist bekannt. Die Fruchtbarkeit toirb
nicht bttrch dupere Momente alleitt bedingt, sonbern steht
im Verhaltniffe ztir Bilbungsstufe bes Thieres. Wenit
in diesent bas Thierische bortoaltet, Jntelligenz also zurfick-
iritt, ist bie Vermehrung ttttt so groper; bas Meerschtoein
dnnn itt eineiu Sabre an 80 Junge Haben, bie Lotvin Itttr
°ins. Im Uebrigen toirb aber auch bemerkt, bap je groper
baø Thier, tint so geringer auch seine Fruchtbarkeit sei,
^ne Einrichtung, beren Notbwendigkeit fur Erhaltung bes
^ieichgewichtø in ber Natur klar begriffett toirb, sobalb
'nan sich bie Folgett borstellt, toelche eine rasche Vertneh-
n-ng groper Raubthiere ober selbst ber Grassreffer Haben
Nlupte. Borsorge unb Liebe fur bie Nachkommen ent-
^ickeltt nicht alle Sangetbiere in gleichem Grabe, besott-
ders sinb im polygyninischen Verhaltniffe bie Mdnnchen
Hausig bie fchlintmsten Feittbe ber eigetten Jungen. Da
Jnstinct bei Saugethieren nicht bie alleinige Quelle ber
Hanblungen ist, fo legen ste auch menige Spurett jenes
Kunsttriebes zu Tage, ber an ben Nestern ber Vogel zur
Betounbertttig reizt; ttur bie Nager, bie attch im korper-
lichett Batte sich ben Vogeltt getoiffermapen anttdhern,
batten zttnt Theil ziemlich kunstliche Nester. In allen
Fallen toirb bas Junge gefdugt, selbst bei bent sottst rdth-
selhasten Schnabelthiere, unb ztoardauert biese Ernåhrung
bis zu bent Zeitpunkte, too bas Junge fur sich selbst zu
sorgen berntag, baher langer bei Raubthieren, too ohne
Zahnenttoickelung Ausnahme bon Fleischnahruttg nicht
moglich ist. Der letzte Theil ber inutterlichen Vorsorge
besteht in ber Erziehung, b. H. in Versuchen, ben auf bie
Ernåhrung gerichteten Jnftinet zu tvecken. Die Katze
bringt ben Jungen bie gefangene Matts, unb auf ahnliche
Art berfahren alle Raubthiere. Wetttt Wieberkåuer keine
betnerklichen Anstrengungen machen, tint ihre Jungen zu
belehren, fo erklart sich biefe Unterlassung aus ber geringen
Nothtoenbigkeit bes Hinbeutens auf ein uberall sich bar-
bietenbes, reichliches Futter.
Der Lebenslauf ber Saugethiere zerfallt in bie getoohn-
lichett Abschnitte ber Jugettb, Neife unb Abnahme. Die
Jungen besttzen tnit Ausnahme ber Zahtte unb Horner
fchoti bei ber Geburt alle fur bie Eristenz nothigen Organe,
obtoohl zuin Theil im unenttoickelten Zustanbe, boch glei-
chett sie hdttfig ihren Aeltern fehr toenig, sind bisweilen
unbehaart, gattz berschieden gefdrbt oder mit Gliedern
bersehen, die fehr befonbere, spater schtoinbenbe Verhalt-
ttisse getoahren lasseni Manche, toie Raubthiere unb ge-
tvisse Nager, bleiben toegen ber anfangs zusaminenkleben-
ben Augenliber langere Zeit blinb; bei allen schreitet
Wachsthum und Ausbilbung ttttt so langsamer bortoarts,
je groper ihr Kårper zu toerben bestimmt ist. Eine Aus-
ttahnte machen jeboch bie Wieberkåuer, too das Junge
schon nach eitieni Tage ber Mutter auf ben an eittett festen
Stanbpunkt felten gebunbenen Streifzugen zu folgen itu
Stanbe ist. Die Verbinbuttg Hort auf sobalb bas Junge
Hinreichend ertoachsen ist; bie Trennung erfolgt baitit
gerabtoeis unb, toie es scheint, ohtte Schmerz, unb nur bei
geselligett Saugethieren bleiben bie Alten unb Jungen in
berselben Heerbe zusatnmett, ohne jeboch bas ehentalige
Verhaltnip fortzufuhren. Die Lebensgeschichte bes reisen
Saugethieres ist reicli an ben mannichfaltigsten Erschei-
nitngen, bie jeboch nicht isolirt stebenb, in anberen Thier-
classen, toenn attch unbeutlicher sich wieberholen unb auf
allgemeine Gesetze zuruckffihrbar sinb. Im Gegensatze
zu einanber sinb biese Geschopfe enttoeber gesellige ober
einsame; bie letztere Lebenstoeise erscheint als nothivenbige,
too bie Erlangung ber Nahrung gropere Anstrengungen
ober jogar Kampfe voraussetzt; sie sinb friebliche ober itu
unablassigen Kriege begrifferte, je nachbem sie don pflanz-
lichett ober thierischen Stoffen sich nahren; burdi Verfol-
gung bieser Richtungen toerben sie enblich zu Machten,
toelche hier bas Pstanzenreich, bort sich gegenseitig be-
schrankenb, bas Gleichgewicht in ber organischett Schop-
fung erhalten. Die Erreichung bieser 3medie erheischt
verschiebene Wohnorte unb Sitten unb angemessene Or-
ganisation, bie im unterirbischen Grabethiere unb im
kletternben Baumthiere itt nicht tttinber gropen Gegen-
sdtzen erscheint als in bettt Raubsdugethiere bes Festlanbes
unb bentjenigen bes Meeres. Gegenuber ben periobischen
Wechseln, toelche ber Erbkorper erfdhrt, ftttb sie Tagthiere
ober Nachtthiere, Winterschldfer ober Wanberer. Mit
Ausnahme ber Flebertttduse ftttb sie keinestvegs gruppen-
toris auf bie eine ober bie anbere ber bciben ersten Le-
bensarten angewiesen, benn man finbet innerhalb bersel-
ben Familie, zutoeilen fogar in berselben Gattung
untermengte Beispiele bon' rein nachtlichem ober vom
Tagleben. In Winterschlaf verfallen mehrere Raubthiere,
Jnseetenfreffer, zuinal nachtliche, enblich viele Nager, nicht
alleiii aus Mangel an Nahrung unb Hinreichenber Wdrnte,
sonbern attch in Folge einer inneren Nothtoenbigkeit, bie
in ber Organisation begrundet ist. Manche tropische
Saugethiere verschlafen bie Periobe ber gropten Warme,
too alle attpere Lebensbebingungen vollstanbig gegeben fttib.
Mit bent Wechsel ber Jahreszeit Hangt bie verschiebene
Beschaffenheit des Sottittter- und Winterkleides zusattt-
ntett, toelches inbeffen, die arktischen Arten ausgenommen,
att Saugethieren nie so auffallige Verschiebenheiten bar-
bietet toie an Vogeln. Das tiett sich regende Leben bes
Fruhjahres bringt entsprechenbe Veranberungen Hervor,
bie aber in teiner Thierelasse benjenigen bes Pflanzenreichs
att Umfattg vergleichbar, zuinal in ber Hochsten Claffe
auperlich 11ur als Wechsel bes Haares ober bes Getoeihes
bemerkbar toerben. Zur Ausfuhrung jener Wanberungen,
toelche in ber Lebensgeschichte der Vogel zu den am nteisten
anziehenden Erscheinungen geboren, sind Landthiere ttber-
Haupt tveniger geschickt. Man keniit nur toenige Arten
von Nagethieren, toelche in gropen Zugen nach anberen
Wohnorten gelegentlich aufbrechen, jeboch nicht burch Fort-
pflanziingstrieb toie bie Vogel, sonbern bttrch Mangel an
Nahrungsmitteln ober anbere Verhaltniffe in Betvegung
gesetzt iverbett. Das in Subafrika ost beobachtete Hervor-
brechen groper Schaarett von Antilopen entsteht ausgleichen
Ursachen unb verbietet schon bttrch seine Unregelmapigkeit
jebe Vergleichnng mit ben Wanberungen ber Vogel und
vieler Fische. Von Krankheiten tverden Saugethiere in
bettt Verhaltniffe leichter ergriffen, als ihre Organisation
eine zusammengefetztere ist; eittige der ersterett sind eigen-
thumlicher Art, zumal die furchtbare Wuthkrankheit, bie
jeboch in reiner Fortit nur bei einigen Gattungen beob-
achtet toirb. Epibemien (Epizootien) sehr morberischer
Art grassiren tinter ihueit eben so im toilben als zahnien
Zustanbe; ausgetoogen toerben biese allerdings, wenigstens
in ben nieberen Orbnungen (5. B. bei Nagern) burdi eine
periobisch eintretende, gattz abnorme und ausschiveifende
Fruchtbarkeit. Ihre Lebenszahigkeit ist vergleichungs-
toeise sehr gering und allein an den Wenigzahnigeit, den
Anteisenfresserii unb Faulthieren bemerklicher. Dap bei
ihnen nicht iniitder als bei anberen organischett Wesett
die Datter bes Lebens sest begranzt sei, leidet keitten Ztoei-
fel, alleitt es Halt bei ben in der Wildnip Lebenben schiver
ben Umfang jener Periobe anzugeben, ba wohl bie tvenig-
sten eines naturlichen Tobes sterben. Das auperste Al-
ter, toelches sie itu vielfach gunstigeren Zustanbe als ge-
zahnite Hausthiere erreichen konnen, ist burch zahlreich«
Beobachtiingen bekannt, bie jeboch nur Belege zu geiviffen
allgemeinen Lehrsatzen ber Physiologie liefern. Als
Regel gilt, bap je groper ein Saugethier ist, je langere
Zeit es aljo 511 seiner Enttoickelung bedarf, auch seine
Lebensbauer tint so betrachtlicher ist. Kleitiere Arten
von Nagerit toerben iu ber Gefangenschaft 3—4 Jahre,
Elephanten gegen 100 Jahre alt.
Betrachtet man bie Saugethiere in ihrem Verhalten
zur ubrigen Natur, so tvurbe die Frage nach ihrer geogra-
phischeit Verbreitung, ihrer Steilung zu den ubrigen
Thierclassen unb ihrer Beziehuug zttnt Menschen fur sich
allein untfaffende Untersuchungeit veratilaffeti. Die er-
stere ist enttoeber eine naturliche, oder eine kititstliche,
fotoeit sie ber nach alten Richtungen vorbringenbe und
colonisirenbe Menfch veranlapt Hat. Die itu Vergleich
zu anberen Thierclassen bei Saugethieren leichtere, eine
hohere Stellung anbeutende Verpflanzbarkeit begunstigt
jeite ntenfchlichen Verfuche. In Beziehuug auf bie tta-
turliche Verbreitung kennt man eine grope Menge mit
Genauigkeit ersorfchter Thatfachen, allein nvch ift es nicht
gelungen, aus benfelben Gefetze mit folcher Sicherheit zu
enttoickeln, bap bie Geographie ber Thiere auf ben Nanten
einer toohlbegrunbeten Wiffenfdiaft Anspruch machen
bfirfte. Die gropte Zahl von Arten unb Jnbivibuen unb
bie gropten Fornten ber Saugethiere gehoren ber Tropen-
region an; Verminberung ber erstereti, Verkleinerttiig der
zmeiten tritt immer ittehr Hervor, je naper ben Polen ein
Lanb liegt. Wo auf bent letzteren bas Leben erlischt, ist
bafur bas Meer seiner Enttoickelung unb Erhaltung gun-
stig ; bie Walthiere unb groperen Phokett gehoren im Vor-
zuge bem Eisnieere an. Die Verbreitung ber Saugethiere
ist baher inehr burch bie Breitegrabe als burch bie