Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Wieberkaner.
Snugethiere.
281
11. *er Moschusochs. (Bos moschatus.) Fig. 1010.
Nicht allein durch dugere Gestalt, sondern auch
durch anatomischen Bau weicht der Moschusochs so
sehr von den ubrigen Ochsen ab, dag Blainville ihn
zum Vertreter einer elgenen, indessen nicht allgemein an-
erkannten Gattung S chaaso ch s-sOvidus) erhoben Hat,
deren Charakter wesentlich in den Hornern bestehen wurde,
bie an der Wurzel zusammenstosten und eine Art von
knochigem, die Stirn bedeckenden Helm bilden. Die Ge-
stalt erinnert mehr an das Gnu als an irgend eine be-
kannte Art von Ochsen, denn Wenn auch der Bart und
die Mahne des ersteren fehlen, so sind bie Fuge doch
eben so dunn unb zierlich. Der Korper ist niedrig und
gedrungen gebauet, der Kopf kurz, bie Stirn breit unb
platt, bie breite, fast viereckige Schnauze kurz, aber bicht
behaart; im ganzen Thiere erscheint bie Gestalt ber
Antilope mit berjenigen bes Ochsen auf eigenthumliche
Art verschmolzen. Die bichte, graue, ben Korper uberall
bebecfeitbe Grunbwolle bezeichnet bie Bestimmung zunt
Leben in arktischen Breiten; von bem Halse, ben Schul-
tern, bem Rucken unb ben Lenben hangt augerbem langes,
glattes Haar Herab. Beibe Geschlechter besitzen schmutzig-
weige Hhrner, bie sich zwischen Ohr unb Auge gerabe
Herabkrummen unb vom Munbwinkel an bogenformig
bis uber bas Auge emporsteigen, in ber unteren Halfte
rauh, in ber oberen ganz glatt sind. Die Kuh hat klei-
nere Horner, bie, statt, wie an bem Ochsen, zu einem
Knochenschilb zu verwachsen, an ber Wurzel burch einen
behaarten Zwischenraum getrenut werben. Die Farbung
ist im Allgemeinen bunkel, am Kopfe umbrabraun, bun-
kelbraun an bem Nacken unb ben Schultern, an ben Schen-
keln, Seiten unb bem llnterletbe schwarz. Hinunbwieber
stehen weiglichere Flecken ; ber auf ber Mitte bes Ruchens
befinbliche wieberholt sich mit Regelmagigkeit bei allen
Jnbivibuen beiber Geschlechter. Ohren unb Schwanz
finb kurz, bie Augen von Mittelgroge, bie Nasenlocher
oval, schiefgestellt, mit ben unteren Enben gegeit einanber
gerichtet unb mit einem schmalen, unbehaarten Ranbe
umgeben. Eine eigentliche nackte, groge Schnauze, wie
anbere Ochsen haben, fehlt bem Moschusochsen, auch
mangelt ber Oberlippe bie Mittelfurche. Die Statur ist
nicht ansehnlich unb Hochstens berjenigen eines Haus-
ochsens geringerer Rasse gleich. Das Korpergewichi geht
felten uber 700 Pfunb Hinaus.
Der gegen bie strengste Kalte burch sein ungetoohnlich
bichtes Wollkleib vollkommen geschutzte Moschusochs
bewohnt ben augersten Norben Amerika's, zwar nicht
Gronlanb, aber boch bie nicht minber rauhe Melville-
Jnsel, too ihn Parry antraf. Auf bem Festlanbe stub
ihm bie kuhnen Entbeckungsreisenben ber Franklin'schen
Erpebition noch in ber Nahe ber unheimlichen Eismeer-
kusten begegnet, too sich eine moostge, Halbgefrorene
Sumpfflache erstreckt, bie, gleich ber von Wrangel be-
schriebenen norbsibirischen Tunbra, nur toahrenb toeniger
Sommermonate ben grasfrefsenben Thieren eine Hochst
sparliche Nahrung barbietet. Wenn er auch hin- unb
Herzieht, um Futter zu suchen, unb im Winter sublicher
toanbert, so verlagt er boch niemals bie kalte Zone unb
mag mit Recht als ein eigentlich arktisches Thier ange-
sehen toerben. Sublich von ber Hubsonsbah toirb er
Hochst felten angetroffen, aber im Norbtoesten berselben
streift er in Heerben von 30 — 40 Stuck umher. Dah er
so toeit sublich alS Neumerico ober Neucalifornien Heut-
zutage nicht vorkomme, ist ganz entschieben. Woher bie
ersten Beschreiber ber Neuen Welt ihre Nachrichten uber
ihn genommen, ist kaum erklarbar. Der Spanier Go-
mara, einer ber interessantesten Chronisten bes 16. Jahr-
Hunberts, sagt ausbrucklich, bag im Reiche Quivira,
toelches norblich von bem eben eroberten Merico liegen
sollte, langhaarige Schaafe von Groge eines Pferbes
vorkamen, bie mit kurzen Schtodnzen unb erstaunlich
grogen Hornern versehen todren. Liegt hier ein Migver-
stdnbnig ober eine Uebertreibung nicht zu Grunbe, bie
vielleicht aus ben in unseren Zeiten in ben Felsengebirgen
Iehnte Or-nung.
Flossenfu§ e r.
In ber typischen Gestalt bes Sangethierkorpers finb,
wie bereits in ber Einleitnng erwdhnt warb, zwei burch
bie Bestimmung zum Lanb- ober Wasserleben Hervorge-
brachte Richtungen ber B^vung unverkennbar. Dem
beweglichen, mit vorragenbeit Gliebern versehenen Lanb-
thiere steht bas Walthier gerabe entgegen, welches von
gebrungenem Bane unb ohne bie siber bie Korperlinie
weit vorsteheitben Glieber unb bie Beweglichkeit unb
Nachgiebigkeit bes Knochengersistes, welche znsammen
bie Wiberstanbsfahigkeit im Wasser unb bie Leichtigkeit
im Schwimmen sehr verminbert haben msigten, offenbar
nur bem Aufenthalte in einem Elemente angepagt ist,
welches anbere Lebensbebingnngen stellt als ber feste, mit
Luft umfloffene Erbboben. Dag ber llnterfchieb zwischen
bem fischformigen unb bem gewohnlichen vierfsigigen
Sdugethiere anatomisch nicht ganz so grog ist, als man
entbeckten Antilopen Riesen machte, so bleibinichts ubrig,
als an eine erstaunlich weit reichenbe Ueberlieserung unb
an eine bamals bestanbene Verbinbung zwischen ben Vol-
kern bes arktischen Amerika's unb ben Mericanern zu
glauben, benn sublich vom 61° n. Br. werben nie Mo-
schusochsen angetroffen. Auch sinb biesen alle fruchtbarere
ober bewalbete Gegenben offenbar zuwiber, benn ste wen-
ben sich vorzugsweis nach felfigen unb baumlosen Wsi-
sten. Sie ersteigen mit eben so sicherem als schnellen
Tritte bie steilsten Abhange, auf welchen ihnen unter
Auberen bie Jager Parry's nicht ohne zu kriechen folgen
konnten. Wie bas Eleitn unb Rennthier, welche mit
ihnen bieselbe Heimath theilen, fressen sie in ber gsinsti-
geren Jahreszeit Gras, begnsigen sich aber im Winter
mit Moos, Baumflechten unb ben jungeren Schoglingen
ber Fichten uub Weiben. Sie sinb bennoch ziemlich fett,
minbestens im Herbste, unb liefern bann ein bem Eurv-
pder burch seinen Moschusgeruch wiberstehenbes, ben
Eskimos aber sehr willkommenes Fleisch. Die Ksihe
unb Kalber sinb von bem starken Geruche bes Ochsen
ziemlich frei unb baher egbar. Mit bem getrockneten
Fleische berselben, welches als Wintervorrath in ben
Nieberlassungen ber Hubsonsbaycompanie gern gekauft
wirb, treiben bie Jnbianer im Prinz von Wales Fort
einen ganz eintraglichen Tauschhanbel. Unter ben Heer-
ben will man eine unverhaltnigmagige Mehrzahl von
Ochsen bemerkt Haben unb leitet von biesem Migverhdlt-
nisse bie furchtbaren im August, ber Begattungszeit, ent-
stehenben Kampfe ab, welchen viele erliegen. Die Ksihe
gebaren im Mai ein einziges Kalb, welches bis zur Zeit
bes vollenbeten Wachsthumes sehr hell gefdrbt bleibt.
Im September versammeln sich bie Heerben unb werben
bann eifrigst von ben Jagern verfolgt, bie jeboch Hier-
bei nicht unbebeutenbe Gefahr laufen. Die Ochsen Haben
zwar im Allgemeinen einen frieblichen Charakter, gerathen
aber burch Wunben so in Wuth, bag sie, ihre gewdhn-
liche Scheu vergeffenb, auf bie Jdger stsirzen, bie baher
in ber Regel sich sorgfdltig verstecken. Gelingt es biesen,
unentbeckt zu bleiben, so konnen sie ein groges Blutbab
unter ber Heerbe anrichten, welche, bie Schsisse fsir Don-
ner nehmenb, flch um so enger zusammenbrdngt, je mehr
Gefdhrten getroffen nieberstsirzen, jeboch sogleich bie
Flucht ergreift, wenn ste bie bie unfichtbaren Feinbe mit-
tels eines sehr scharfen Spsirvermogens entbeckt. Anger
bem Fleische ist ben Jnbianern anch bie Wolle sehr
schdtzbar. Sie bient ihnen zur Verfertignng von bich-
ten, wenn anch unksinstlich bereiteten, boch warmenben
Stoffen, ist so sein, bag man in Frankreich bie aus ihr
zur Probe gewebten Kleinigkeiten fsir vorzsiglicher als
eigentlich seibene erklarte, wirb aber nie in gensigenber
Menge zu erhalten sein, um bem Hanbel zum Gegen-
stanbe zu bienen.
1bom angeren Ansehen getduscht, gemeinhin voranssetzt,
wirb weiterhin gezeigt werben. Zwischen beiben steht,
ben Uebergang vermittelnb, bas flossenssigige Saugethier.
Versehen mit vier Gliebern wie bie Lanbsdugethiere,
»dhert es sich burch Umbilbung ber ersteren unb burch bie
an ben Fisch erinnernbe Gestalt bes Korpers ben Walen,
von welchen es aber burch bas ganz wie bei bem Ranb-
thiere beschaffene unb eine anbere Schdbelbilbung erhei-
schenbe Gebig abweicht. Wollte man, wie es Cuvier ge-
than, auf bas letztere hanptsdchlich Rsicksicht nehmen, so
wsirben bie Floffenfsiger ober Seehunbe (Robben, Pho-
ken) eine Gruppe ber Raubthiere im Systeme bilben.
Zweckmagiger bsirfte es inbeffen erscheinen, nach bem
Vorgange Jlliger's bie gesammte Bilbung zu bersickstch-
tigen unb ber fraglichen Thiergruppe ben Platz nachzu-
weisen, ben sie auch hier erhalt, unb ben sie als Ileber-
gangsglieb von ber einen Hauptgruppe ber grogen Claffe
zu ber auberen einzunehmen berechtigt ist.
Die systematischen Kennzeichen ber Orbnung ber
Floffenfsiger bestehen in bem gestreckten, nach Hinten
verbsinnten, also fischformigen Korper, ben sehr kurzen
Gliebern, von welchen bie Hinteren bis zur Fugwurzel
burch bie Korperhaut vereinigt unb eingehsillt sinb, in
ben Zehen, bie zwar Krallen tragen, aber bnrch groge
Schwimmhdute in Verbinbung stehen, unb in bem aus
ben gewohnlichen brei Arten von Zdhnen zusammenge-
setzten Gebisse. Die dugere Gestalt ber Robben ist schwer-
sdllig unb beweist, bag ste, zum Wasserleben bestimmt, nur
gelegentlich an bas Lanb gehen unb auf bemselben ziem-
lich hilstos sein muffen; bie Beschaffeuheit ber Fsige er-
moglicht rafches unb anhalteubes Schwimmen, gestattet
aber nur ein langfames uub unvollkommenes Kriechen.
Viele ber zahlreichen Arten sinb colossal, asie siberhaupt
grog, mit festem Felle versehen uub meistens mit kurzem,
stei-fen, bichten, glattanliegeuben, glduzenben Haare be-
kleibet. Ihr Becken ist so eng (Skelett Fig. 1011.), bag
es bie nach hinten abnehmenbe Fluchtlinie bes Korpers
nicht unterbricht. Die Kuochen bes Ober- unb Ilnter-
armes sinb so kurz, bag bie vorberen Glieber einem
Schaufelruber dhulich werben; uur bie eigentliche Psote
steht frei vom Korper ab unb besitzt einen hvheren Grab
von Beweglichkeit, ben Rest bes Armes umschliegt bie
Korperhaut; bie Fsinfzahl ber burch Schwimmhaut
verbunbenen Zehen lagt flch am ersten aus ben platten
unb kurzen Krallen abnehmeit. Auch bie Hinteren Ertre.
mitdten sinb im Verhaltnisse sehr kurz; nach Hinten ge-
richtet ragen sie uber ben Korper Wenig vor unb bilben
ein vollstdnbiges, breites Ruber. Die Zehen nehmen
nicht, wie gewdhnlich, von ber mittelsten an an Lange ab,
sonberu bie dugeren sinb bie langeren; im Zustaube ber
Ruhe liegen sie neben einanber, im Schmimmen Hingegen
spreizen sie sich aus unb spannen bie breite Schwimm-
haut au. Zwischen ben Hinterfsigen liegt ber sehr kurze
Schwanz. Der Hals erlangt nicht nur eine im Verhdli-
nisse zum Stamme ungewohnliche Lange, sonbern besitzt
auch sehr viele Beweglichkeit. Der Kopf gleicht bei eini-
gen im Aeugern bemjenigen eines Bullenbeigers; er
ist runb unb mit einer bicken, fleischigen Schnauze, bis-
weilen svgar mit kurzen Hdngelfetzen versehen, auf
welchen lange, steife, meist abgeplattete Bartborsten
stehen. Bei anberen Arten erscheint bas Gesicht mehr
verldngert; felten lduft es in einen kurzen Rsisfel auS;
ost ist bie immer fehr bewegliche Siirnhaui fattig, bis.
Weilen einer Kapnze vergleichbar, unb bei einer A»t
(Fig. 1028.) lagt sie sich fogar zum Schutze ber Augen
nach vom siberschlagen. Dergleichen Hautfacke konnen
aufgeblafen werben, fcheinen mit bem Nafencanal Ver-
binbung zu haben, besitzen eigene, zur Umauberung ber
angeren Form bienenbe Muskeln unb zahlreiche Blut-
gefdge, sinb inbeffen hinsichtlich ihres Nutzens noch nicht
erkldrt. Am Schdbel erkeunt man balb eine mehr ge-
streckte, balb eine abgerunbetere Form; immer finbet
titan jeboch bie Hirnhohle ziemlich gerdumig. Die weite
Schlafengrube unb bie kurzen unb starken Unterfiefer
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