Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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IDiiltljicrr.
Snugethiere.
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hatten diese seit dem 14. Jahrhunderte die enropaifchen
Meere verlassen, sich in Hohere Breiten begeben und die
Hollander mit sich in Gegenden gezogen, die noch kein
Seefahrer besucht hatte. So eintraglich toar damals der
Fang im Eismeere, dah die Hollander es angemessen
fanden, auf der kleinen Insti Amsterdam ein Dorf unter
dem Namen Smeremberg zu errichten, toohin sie die
getodteten Wale brachten, um den Thran auszuschmelzen.
Allein bald toar auch dieses Revier erschopst. Die Wale
snchten Zusiucht unter der grosien Eisbank, toelche nach
Nordtoesten das Meer von Gronland begranzt. Die
Schiffe folgten auch dorthin, verliehen ganz die Gegend
von Spitzbergen und erhoben Davis-Strasie zu ihrem
Jagdgrunde. Dort betrieben Hauptsachlich die Englander
den Fang, die zivar in der Gronlandsfahrt ihr ehemali-
ges Uebergewicht verloren hatten, aber, geschutzt von der
Regierung und von ihr mit Pramien belohnt, sich
seit 1732 von Neuem anstrengten, um an den Gronlands-
fahrten Theil zu nehmen. Mit 1749 tourden die Fruchte
dieser gemeinsamen und ausdauernden Muhen sichtbar,
und bald erreichte der englische Walfischfang die Hohe,
von toelcher der bollandische herabzustnken anfing. Auch
die Nordamerikaner machten nach Erlangung ihrer Nn-
abhangigkeit einige Versuche, stellten sie zwar toieder
ein, toiederholten sie ernstlicher seit 1801 und rfihmen
sich jetzt einer Flotte von Walfischsangern, die, der eng-
lischen gleich, zum grosten Theile in der Sudsee und
dem grosien Ocean beschaftigt ist, toeil selbst in Davis-
Strasie und um Melville - Jnsel in neuesten Zeiten die
Wale so abgenommen haben, dah der Ertrag der Jagd
'in jenen Gegenden unstcher und ost toenig lohnend ist.
Die Freistaaten Hatten am 1. Jan. 1837 nur 290 Wal-
fischfanger in See, aber im Januar 1846 toar die Zahl
auf 680 mit 17,500 Seeleuten bemanute, ein Capital von
20 Millionen Dollars reprasentirende Schiffe gestiegen,
toelche im jahrlichen Durchschnitte fur 7 Millionen Dol-
lars Thran und Fischbein geroannen. Dagegen Hat der
englische Walfischfang sehr abgenommen. Er beschaftigte
im Jahre 1821 323 Schiffe, toard 1831 in Baffinsbay
und Davis' Strasie von 115 Schiffen betrieben, toelche
330 Wale fingen, 4100 Tonnen (zu 209 engl. Gallons)
Thran und 4000 Centner Fischbein zuruckbrachten, toah-
rend zugleich 12 Schiffe an der Kuste von Gronland 86
Wale und 4100 Seehunde erlegten, 700 Tonnen Thran
und 600 Centner Fischbein getoannen. Der Gesammt-
ertrag des englischen Walfischfanges toard fur das Jahr
1830 zu 114,416 Pfd. Sterl. angeschlagen. Im Jahre
1846 liefen nur 85 Schiffe von England auf den Fang
aus. Die seit 1831 auf Anregung der Regierung von
franzostschen Hafen ausgegangenen Erpeditionen haben
toenigen Getoinn gebracht. Die an sich mit Ansnahme
per Normannen mittelmahigen Seeleute Frankreichs eig-
nen sich nicht zu Fahrten ztoischen Eisbergen. Das bei
dem Fange geivohnliche Berfahren fcheint feit Jahrhun-
derten sich gleich geblieben zu fein und ist ost befchrieben
toorden. Die besten Nachrichten gab jedenfalls Scoresby,
der von Jugend auf die arktifchen Meere befahren Hatte
und durch Bildung hoch uber dem gewohnlichen Schlage
der Seeleute stand. Wahrend 28 von ihm geleiteten
Fahrten todteten feine Harpunirer 498 Walfische, toelche
im Ganzen 4246 Tonnen Thran, alfo durchschnittlich
9 Tonnen das Stfick, lieferten.
Der gemeine Walfifch darf mit Recht unformlich ge-
nannt toerden. Der Korper ist zwar sehr grosi, allein
feine Dicke steht mit der Lange durchaus in keinem Ver-
Haltniffe; die nach allen Richtuugen stattfindende Abrun-
dung vermehrt die Plumpheit der Gestalt. Bei der ge-
toohnlichen Lange von 60 — 70 Fusi betragt der Umfang
der Brustgegend von 30—40 Fusi. Weiter nach Hinten
nimmt die Dicke langfam ab, fo dah der Durchmeffer
des Schtoanzes unmittelbar vor der Finne 4 Fusi nicht
ubersteigt. Eine leichte Einfeukung ztoischen Kopf und
Rumpf deutet den Hals an. Der im Durchmeffer dem
Vorderleibe vollig gleichkommende Kopf macht den drit-
len Theil der ganzen Lange aus; die Profillinie bildet
einen vom Hochsten Punkle des Rfickens bis zu dem
Maule gleichmahig fortlaufenden Bogen. Die Spritz-
locher stehen auf dem Scheitel, 15 — 16 Fusi von der
Mitte der Oberlippe entfernt. Das 6 — 8 Fusi breite
Maul hat im geschloffeuen Zustande die gekrumutte Ge-
stalt eines S, und der unlere Kiefer fcheint hoher als der
obere toegen der ungemeinen Dicke der Unterlippe. Die
Mundhohle mitzt 10 — 12 Fusi in fenkrechter Hohe und
birgt die sehr langen, schtoarzblauen Barten. Die 8—9
Fusi langen und 4—5 Fusi breiten Borderfinnen stehen
uur 2 Fusi vom Mundwinkel entfernt. Eine Ruckenflofse
fehlt, Hingegen verbreitert sich die Schtoanzfiuue derge-
stalt, dah die Endspitzen 18—20 Fuh von einander ent-
fernt sind. Am Skelett zahlt man 13 Rippenpaare. Die
Farbe durfle manchen Abanderungen untertoorfen fein.
Es kommen ganz schmarze oder auf schtoarzem Grunde
nuregelmahig graugefleckte, oben fchwarzgraue, uuten
gelblichweisie Walfische vor. Nach Scoresby Herrscht
bei sehr alten an mehreren Korpertheilen toeihliche Far-
bung vor; an Jungen ist die Bauchseite graublau. Die
in manchen alteren Reisebeschreibungen ertoahuten ganz
toeisien Walfische dfirften sich aus einer Bermechselung
mit dem oben beschriebenen Beluga erklaren lassen. Das
Fleisch der Ertoachsenen ist schtvarz, lederartig und toe-
nigstens dem Europaer ungeniehbar; dassenige der Jun-
gen soll im Geschmacke mit Rindsteisch Aehulichkeit
haben. — Mit dem gronlandischen Walfische toard
lange Zeit eine vertoandte, die Sfidsee betoohnende Art
(Balaena australis) vertoechselt. Sie unterscheidet sich
toesentlich durch geringere Grohe, einen toeiteren, noch
mehr getoolbten Rachen und mehrere osteologische Eigen-
thumlichkeiten, unter andern durch 15 Rippenpaare.
Der fleihige Sammler Lalande lieferte 1820 dem pariser
Museum ztoei von Cuvier genau verglichene Skelette.
Er erhielt sie an der Sfidspitze von Afrika, deren Baien
und tieferen Fluhinundungen vom Juni bis September
von jenen Walfifchen, indeffeu nur von den Weibchen,
besucht toerden, die dort ihre Jungen gebareu. Auch
diese Art Hat die Versolgungen der Menschen bereits auf
sich gezogen und toird dem Schickfale nicht enlgehen,
toelchem der gronlandifche Wal erliegt.
IX. Flutval. (Balaenoptera.)
Gattungscharakter: Schadel verlangert, abge-
plattet (Fig. 1099.). Kurze Fettflosse auf dem Rucken.
Brusthaut langsgefaltet.
1. Der nordische Finwal. (Balaena Boops.) Fig. 1098.1099. 1100.
Dieselbe Unsicherheit, die hinsichtlich der Artenunter-
scheidung aller Cetaceen, aber vorzugsiveis der groheren
in allen fystematifchen Aufzahluugeu der Saugethiere
herrscht und aller Bemfihungen ungeachtet tauni jemals
ganz zu beseitigen sein durfle, bringt auch Bertoirrung in
die Kenntnih der Faltentoale. Aeltere Schriftsteller Haden
sich in Bezichung auf sie so viele Jrrthumer zu Schul-
den kommen lassen, dasi es nicht leicht eine undankbarere
Arbeit geben kann, als die Zuruckffihrung ihrer Be-
schreibuiigeu auf die in neuesten Zeiten mehr durch Zu-
fall als durch befonderes Streben befser bekannt geto'or-
denen, jener Gruppe angehorenden Thiere. Aber selbst
unter den Zoologen der Gegentoart Herrschen fiber diese
nicht diefelben Anstchten, denn toas dem einem als jun-
ges Jndividuum gilt, ist dem andern der ertoachsene Re-
prsisentant einer besonderen Art, und toahrend man Hier
die toidersprechenden Beschreibungen meist schlecht beob-
achteter Thiere auf eine Art zuruckfuhren mochte, stellt
man dort vier oder funf Species auf. Es bleibt daher
an diefem Orte toenig mehr ubrig, als, ohne Beruckstch-
tigung jener systematischen Ztoeifel, zuerst den nordischen
Fintoal zu befprechen, von deffen Knochengebaude man
feit 1827 genaue Kenntnih besitzt, und der derfelben Art
angehort, deren Eingetoeide Hunter toeil frfiher befchrie-
ben Hatte. In jenem Jahre strandete (am 5. November)
unfern von Ostende ein Walthier, gegen toelches alle
andere, in jenen Gegenden verungIfickten und in alteren
Werken beschriebenen toie Kinder zu dem Ertoachsenen
sich verhielten. Unglucklichertoeise fiel dieser 86 par. Fuh
lange Riese des Meeres in die Haude von Leuten, die,
auf ihr Recht fuhend, den eifrigen Vorstellungen der
herbeieilenden Naturforfcher Gehor verfagten und auf
rohe Weife des Gewinnes toegen die ungeheure Leiche
fo zerstuckten, dah alle toeichen Theile verloren gingen
und mit Muhe das Skelett (Fig. 1098.) gerettet toard,
toelches Speculanten kauften, zusammenfetzten und meh-
rere Jahre Hinter einander in alleu groheren Stadten
von Frankreich, England und Deutschland ausstellteu.
Der Korper toar durch Fauluih so zufammengefunken
und so hoch mit Sand umgeben, dah die Messung feines
llmfanges unterbleiben muhte. Die auf dem Rficken
dunkelschwarze, am Bauche toeihe Haut fpiegelte toie
polirt und lag , die Seiten ausgeuommen, sehr straff an.
Zahlreiche tiest Furchen, theils parallel zu einander,
theils sich verbindend, zogen von der Unterkinnlade bis
zu dem Nabel. Sie bilden ein toesentliches Kennzeichen
diefer Gruppe von Walen und toerden getoohnlich, jedoch
unrichtig, Falten genannl. Ihre physiologische Bestim-
niung ist noch undekannt. Nach Laeopode gestalten sie
der Haut, sich toeit auszudehnen, toenn der Wal einen
in der Brustgegend befindlichen, der Schtoimmblafe der
Fische verglichenen Behalter mit Luft erffillt Hat. Diefer
Deutung stehen manche sehr toichtige Eintourfe entgegen.
Obgleich auch andere Beobachter von einer Art Schtoimm-
blafe des Fintoales fprechen, die fogar unter Ilmstan-
den aus dem Maule Hervortreten foll, fo ist sie eiu-
mal anatomifch nicht nachgetoiefen und wurde ausierdem
als fonderbare Abiveichuug von dem bei allen anderen
Walen geltenden Bildungsgefetze dastehen. Unter den
Hautfurchen des bei Ostende gestrandeten ThiereS fand
man keinen hohlen Raum, fondern Muskelschichten, und
Gleiches bemerkt Hunter von dem von ihm zerlegten
Fintoale. Nebrigens ergiebt es sich von felbst, dah ein
Luftbehalter in der angegebenen Gegend dem Fintoale
hinderlich fein muhte, denn anstatt das Schtoimmen zu
erleichtern, tourbe bei Anfullung mit Luft das Gleichge-
toicht gestort, das Thier umgetoorfen und zum Liegen
auf dem Rucken gebracht toorden fein, eine durchaus un-
naturliche und zumal die Athmung ganz aufhebende
Stellung. Die fast fenkrecht fiber der Aflermfindung
stehende Rfickenflosst toar von geringem Umfange und
verlief nach hinten in einen fchmalen, bis zur Schtoanz-
finne reichenden Hautfaum. Der Kopf machte ein Dritt-
theil der ganzen Lauge aus. Der Nnterkiefer fiberlraf
au Breite und Lange den Oberkiefer; toahrfcheiulich greift
bei voltiger Schliehuug des MauleS die untere Lippe
fiber die obere. Die Banen uuterfcheiden sich, toie fchon
Hunter bemerkt hatte, dadurch von deujeuigeu deS gron-
laudifchen Wales, dah sie am inneren Rande ganz und
nicht in Fraufeu aufgelost sind. Am vorderen Ende der
Schnauze stand ein Bfifchel runder Horufaferu oder
vielmehr dicker Borsten, die, au der Wurzel durch eine
gemeinfame Diembran verbundeu, au der Spitze in viele
feine Haare getheilt und von sehr verfchiedeuer Lauge
toaren, zum Theil fogar 3 Fuh maahen. Keiner der
frfihereu Beobachter fpricht von diefem fvuderbaren Bane.
Der mittels Aukertoiudeu geoffuete Rachen glich nach
Eutfernuug der dickeu Lippen einem Thore, durch toel-
ches man mit einem Wagen Hatte fahren finnen. Am
Skelett zahlt man 62 Wirbel und 14 Rippenpaare. Die
Schtoanzfiuue maah 22y2 Fuh in der Breite. Das ganze
Getoicht des Thieres toard zu 480,000 Pfund berechnet,
das gereinigte Knochengerfiste allein toog 70,000 Pfund.