Die Marfels'sche Uhren-sammlung
Umfassend Interessante Taschen-Uhren Seit Erfindung Derselben
År: 1888
Forlag: Kühl & Co. Grossherzoglich Hessische Hof-Kunstantstalt
Sted: Frankfurt Am Main
Sider: 121
UDK: st.f.739.3 Mar
In 48 Lichtdruck-Tafeln Nebst Erläuterndem Text
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ist diese Uhr mif einer sog. Pendelbalance versehen, wie wir deren schon mehrere in der
Sammlung angetroffen haben.
Der ungewöhnlich grosse Kloben hat einen ovalen Ausschnitt, in welchen ein Glas
eingeschliffen ist, um das Spiel des Pendelchens beobachten zu können. Namentlich wird
unsere Aufmerksamkeit aber durch die reiche, künstlerisch ausgeführte Gravirung der hinteren
llatine und des Klobens in Anspruch genommen. Die in Relief gehaltene Gravirung des
letzteren ist mit einer bewundernswerthen Feinheit und Schärfe ausgeführt. Das reizende
Sujet, eine weibliche Figur darstellend, die ein Körbchen mit Früchten trägt und in ein
pflanzenartiges Ornament ausläuft, muss als eine vorzügliche Leistung der Gravirkunst be-
zeichnet werden. Diese schöne Uhr stammt von William Gibs in Rotterdam.
Ein anderes, sehr seltenes und bezüglich der Gehäuse vortrefflich ausgeführtes Stück
der Sammlung ist eine Spindeluhr mit Selbstschlagwerk aus dem Anfange des vorigen Jahr-
hunderts. Das aus Silber angefertigte innere Gehäuse, welches durch Tafel IV Fig. l a. und
1 b. veranschaulicht wird, ist vollständig, sowohl im Boden als an den Seiten mit Pflanzen-
und Thierornamenten zierlich durchbrochen und ausserdem mit französischen und lateinischen
Inschriften versehen, wie beispielsweise: „Vigilate et orate“ (Wachet und betet) und andere.
Das in Fig. 1 b. veranschaulichte Uebergehäuse ist ein sogenanntes Piqué-Gehâuse.
Rit dem Ausdruck „Piqué“ bezeichnet man diejenigen der alten Schildpattgehäuse, in welche
auf der Rückseite kleine silberne und goldene Stiftchen, sowie sonstige Verzierungen in oft
reizenden Gruppirungen eingesetzt sind. Wir treffen derartige Gehäuse noch mehrere in der
Sammlung an und werden sie unseren Lesern ebenfalls bildlich vor Augen führen.
Das Uhrwerk selbst ist hochgebaut, wie alle Uhren der damaligen Periode, und
markirt nach Ablauf jeder Stunde die betreffende Zeit durch Schlagen auf eine sehr laut und
hannonisch tönende, weithin hörbare Glocke. Der Verfertiger dieser interessanten Uhr ist
unbekannt.
Die kleine nun folgende Uhr mit Doppeldeckel, von D. F. Aubert, Genève, gehört
der neueren Zeit an; denn wie aus verschiedenen Merkmalen hervorgeht, dürfte die Zeit ihrer
Entstehung in die erste Hälfte dieses Jahrhunderts fallen. In Tafel VIII Fig. 2 a. ist die
Vorder- und in Fig. 2 b. die Rückseite dieser ausserordentlich reich ausgestatteten Uhr
veranschaulicht.
Das schwere goldene Gehäuse ist sowohl im vorderen als hinteren Deckel mit schönen
Ciselirungen versehen und mit Silbereinlagen tauschirt. Ausserdem ist dasselbe noch mit
Einaillveizierungen eingelegt, was eine ganz reizende Wirkung hervorbringt. Wie Fig. 2 a.
zeigt, ist aut dem vorderen Deckel eine Emailleplatte mit einem Gemälde, ein junges Paar
iarstellend, eingesetzt, wodurch dem Ganzen noch ein besonderes Leben verliehen wird.
Dieses sehr werthvolle Gehäuse birgt ein überaus feines Cylinderwerk von ziemlich
acher Bauart, welches mit einem silbernen Zifferblatt versehen ist.
Ein nicht so reich ausgestattetes Gehäuse wie die der zuletzt vorgeführten Stücke
der Sammlung, dafür aber ein um so kunstvoller ausgeführtes, höchst originelles Zifferblatt
besitzt die in Tafel VIII Fig. 6 dargestellte Taschenuhr. Von allen anderen bisher be-
sprochenen Uhren abweichend und dadurch besonders in die Augen fallend, ist die Anordnung
der Unruhe, welche bei dieser Uhr auf dem Zifferblatte schwingt. Um die Unruhe, welche
aus Stahl gefertigt und am Rand ringsum mit Granaten besetzt ist, vor Staub zu schützen,
ist der auf dem Zifferblatte angebrachte Unruhekitiben mit einem eingesetzten Deckglase ver-
sehen. Wenn
die Uhr im Gange ist, bringen die auf dem Reifen der Unruhe angebrachten
ganz reizende Wirkung hervor.
Zifferblatt ist mit einer ausnehmend feinen, sehr schönen Emaillemalerei ver-
ebenfalls, wie die auf dem Vorderdeckel der zuletzt besprochenen Uhr angebrachte
ein Liebespaar darstellt mit einem Hündchen als Symbol der Treue. Ilie
Granaten eine
Das
sehen, welche
Emailleplatte,
Farbengebung an diesem Gemälde ist so zart und harmonisch abgetönt, dass jeder Kenner
von Emaillemalereien höchst angenehm davon berührt wird.
Das Werk dieser Uhr ist in allen Theilen sehr sorgfältig gearbeitet und mit einem
um beide Platinen gelegten silbernen Ring versehen, welcher das Werk gegen Staub etc.
hermetisch abschliesst. Die Stellung zum Reguliren des Ganges befindet sich auf der hinteren
Platine, was eine besondere Vorrichtung nothwendig machte, da, wie oben gesagt, die Unruhe
über dem Zifferblatt angebracht ist.
Wie aus der Inschrift der hinteren Platine hervorgeht, ist der Verfertiger dieser
kunstvollen Uhr H. Vernod in Paris; ihre Entstehung können wir ungefähr auf das Jahr
1790 ansetzen.
In Tafel V, Fig. 2 a. und 2 b., ist das Gehäuse einer aus der zweiten Hälfte des
17. Jahrhunderts stammenden sog. Reise-Taschenuhr veranschaulicht. Das bronzene Gehäuse
dieses Stückes ist nicht vollständig Handarbeit, wie wir es bei einigen schon früher besprochenen,
gefunden haben, welche mittelst des Hammers getrieben waren, sondern lässt deutlich erkennen,
dass es durch Giessen entstanden und dann durch die Hand eines geschickten Ciseleurs seine
jetzige Vollendung erhalten hat. Wie aus der Zeichnung hervorgeht, ist der Mitteltheil des
Gehäuses ausgebaucht, zierlich durchbrochen und mit verschiedenen künstlerisch ausgeführten
Ciselirungen an den Rändern versehen, was dem Ganzen ein ausnehmend gefälliges Ansehen
verleiht.
Bezüglich des Werkes wollen wir nur bemerken, dass es blos die Stunden zeigt,
jedoch bereits mit einer Spirale versehen ist und die Zeit allstündlich durch Schlagen auf
eine Glocke markirt.
Im auffallenden Kontraste zu den obigen grossen Spindeluhren steht das kleine
goldene Cylinderührchen, von welchem Tafel XII, Fig. 7, eine Ansicht giebt. Diese, von
Blondeau in Paris verfertigte, aus der Mitte dieses Jahrhunderts hervorgegangene Damenuhr
erreicht nicht einmal die Grösse der Unruhkloben einiger früher besprochenen Stücke der
Sammlung; sie ist in der Form so klein und zierlich gehalten, dass sie ganz gut als Berlock
an der Uhrkette getragen werden könnte.
Was dieses Uehrchen hauptsächlich werthvoll macht, sind die verschiedenfarbigen
niedlichen Emailleeinlagen. — Das Zifferblatt dieser Uhr ist in Silber gravirt und das Werk
selbst mit grosser Sorgfalt ausgeführt.
Auch bei dem nun folgenden, sehr seltenen und werthvollen Stück, welches auf
Tafel III, Fig. 3 a. und 3 b., veranschaulicht wird, ist es das prächtige Gehäuse, das unsere
Aufmerksamkeit fesselt. Es ist eine aus dem vorigen Jahrhundert stammende goldene Spindel-
Damenuhr, deren Werk zwar keinerlei Besonderheiten darbietet, deren Gehäuse aber ein kleines
Kunstwerk genannt werden muss, indem es auf dem hinteren Deckel ein Miniaturbild, eine
Landschaft mit Staffage vorstellend, trägt, das seiner vorzüglichen Ausführung wegen ein
Werk ersten Ranges genannt werden muss.
Die Sammlung bietet in ununterbrochener Abwechselung immer neue und interessante
Stücke, die unsere Aufmerksamkeit in hohem Grade fesseln. Waren es zuletzt die beschriebenen
zierlichen Damenührchen, so richten wir unsere Blicke jetzt auf eine kunstvoll ausgeführte
grosse Reisetaschenuhr, welche auf Tafel XIII, Fig. 1 a. und 1 b., veranschaulicht ist. Während
das Gehäuse der zuletzt beschriebenen Reiseuhr, Tafel V, Fig. 2 a. und 2 b., aber nur theil-
weise Handarbeit war, haben wir es hier mit einem durchweg freihändig gearbeiteten Stücke
zu thun, welche Eigenschaft demselben noch einen besonderen Werth verleiht. Das prachtvoll
getriebene Bronze-Gehäuse dieser Uhr, von welchem Fig. 1b. eine Ansicht der Vorderseite
und Fig. la. die der Rückseite giebt, ist mit künstlerisch ausgeführten Gravirungen und
Ciselirungen reich geschmückt. Wie die Zeichnung zeigt, wird die Vorderseite des Gehäuses
durch einen über dem Zifferblatt angebrachten zierlich durchbrochenen Deckel gebildet, durch
dessen 12 Ausschnitte die Ziffern sichtbar sind. Durch die schöne Gravirung des Deckels
wird die Wirkung dieser eigenartigen Anordnung noch wesentlich verstärkt. Wie aus Fig. 2b.
hervorgeht, ist auch der Mitteltheil und der Boden des Gehäuses in zierlicher Weise
durchbrochen.