ForsideBøgerDie Marfels'sche Uhren-sa…Seit Erfindung Derselben

Die Marfels'sche Uhren-sammlung
Umfassend Interessante Taschen-Uhren Seit Erfindung Derselben

År: 1888

Forlag: Kühl & Co. Grossherzoglich Hessische Hof-Kunstantstalt

Sted: Frankfurt Am Main

Sider: 121

UDK: st.f.739.3 Mar

In 48 Lichtdruck-Tafeln Nebst Erläuterndem Text

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29 — — 30 — nommen, welche auch gewisse Theile des Inneren zu erfahren pflegten: es sind die bekannten Spindelkloben, von denen wir über vierhundert Stück der schönsten in dieser einzigen Sammlung vereinigt sehen. Vor Einführung der jetzt allgemein gebräuchlichen Ankeruhren diente in den alten dicken, einst in Doppelschalen eingeschlossenen Spindeluhren die sog. „Unruhe“ zur Re- gulirung der Bewegung. Diese lag auf der inneren Schale des Werkes offen, jedoch durch einen Deckel geschützt, den man durchbrochen zu bilden pflegte, um die Bewegung der Unruhe sehen zu können. In diesen Deckeln nun, die sich dem Auge nur darstellten, wenn man die Uhr gänzlich zum Zwecke einer Reparatur oder Regulirung öffnete, findet sich eine Fülle von Kunst vereinigt, die Jeden in Erstaunen setzen muss, der diesen Dingen nur einmal seine Aufmerksamkeit zugewendet hat Es ist eine offene Frage, ob die alten Uhrmacher diese kleinen ornamentalen Meisterwerke selbst zu erfinden und zu graviren pflegten, oder ob sie sieh dazu der Hilfe der Graveure bedienten; sicher ist, dass auf diesen unsichtbaren inneren Theil mehr Kunstfleiss verwendet zu sein pflegt, als heute eine ganze Uhr sammt Gehäuse und Zifferblatt in Anspruch zu nehmen hat. Dass die Ornamente der Uhrkloben übrigens doch schon zur Zeit ihrer Entstehung nicht als etwas Nebensächliches behandelt wurden, geht daraus hervor, dass verschiedene sogen. „Kleinmeister“, Kupferstecher und Graveure des 16. und 17. Jahrhunderts, namentlich Etienne de Laune und Blondus, unter ihren Entwürfen unverkennbare Vorbilder zu solchen Kloben hinterlassen haben. Es ist eine Erscheinung, die in der Geschichte der Künste vielfache Bestätigung findet, dass die Beschränkung auf einen kleinen Raum den schaffenden Künstler zu besonders gehaltvollen Leistungen anspornt — man darf dabei wohl an die Dichtungsform des Epigramms denken, das einen möglichst reichen Inhalt auch nur mit wenigen Worten ausdrücken soll. So darf man auch diese kleinen verzierten Scheibchen gewissermassen als ornamentale Epi- gramme bezeichnen, bei denen sich der Erfinder im engsten Rahmen in immer neuen Formen zu ergehen suchte. Denn das ist eine der Besonderheiten dieser Gattung: man kann Hunderte und Tausende derselben durchsehen, ohne je eine direkte Wiederholung zu finden; womit auch der Gedanke an eine mechanische Herstellung durch Prägung oder dergleichen — selbst für die einfachsten Formen von selbst ausgeschlossen ist. Allerdings wird man sie bald gruppiren lernen; zunächt sind zwei Hauptgruppen zu unterscheiden: die englischen, welche nur von einer Seite mit einer Art von Fuss auf der Platte befestigt sind, und die auf dem Continent, besonders in Frankreich hergestellten, die von zwei einander gegenüberliegenden Seiten des Kreises kleine Ansätze zur Befestigung haben. Erstere zeigen dementsprechend fast immer eine Entwickelung des den Kreis füllenden Ornamentes von einer Stelle, dem Ausseusatz aus, während die zweiten, im Durchschnitt bedeutend minderwerthig, central, das heisst als kleine Rosetten oder Räder der manigfachsten Form gezeichnet zu sein pflegen. Dass man bei den reicher ornamentirten aus der Form der Verzierungen mit annähernder Sicherheit die Zeit der Entstehung, von Ludwig XIII. an durch die Zeit des Barock und Rococco bis zum wiedererwachten Klassicismus und zur Nüchternheit der Napoleonischen Zeit, verfolgen kann, macht die Beschäftigung, mit denselben besonders lehrreich. Wer zuerst auf diese verborgene Schätze aufmerksam gemacht hat, ist schwer zu sagen; doch existirten schon in den sechziger Jahren in Paris Sammlungen derselben. Die zum Theil mit wahrer Meisterschaft ausgeführten Gravirungen haben unmittel- bar. als Vorbilder gedient, wozu sie in vielfacher Verwendung sehr geeignet sind; als besonders gelungen sind uns Versuche der Firma Schlesiky in Erinnerung, mit diesen kreisförmigen Ornamenten die Deckel goldener Uhren graviren zu lassen. Aber auch zu anderem Gebrauch für die Mitten von Tellern, für Buchdeckelgravirung, für manchen Zweig der Goldschmiede- kunst geben diese Zierformen, die sehr wohl eine Vergrösserung vertragen, dankbare Motive. Zum Schlüsse wollen wir die Hauptanhaltspunkte zum Beurtheilen des Alters antiker Taschenuhren rekapituliren: 1. Die Taschenuhren wurden ums Jahr 1500 erfunden; die ersten waren von runder Form. 2. Dieselben waren gänzlich von Eisen hergestellt, die Triebe und Räder sowohl, als auch die Platinen. 3. Messingne Platinen wurden ums Jahr 1530 eingeführt. 4. Ovale Uhren (Eiuhren) kamen auf ums Jahr 1550. 5. Die Schnecke, welche bei grossen Uhren schon im Jahre 1509 angetroffen , wird, wurde bei Taschenuhren erst um 1560 angewandt. 6. Die Spirale wurde im Jahr 1658 erfunden. 7. Die erste Repetiruhr wurde von Barlow, einem Engländer, im Jahre 1676 gebaut. 8. Der Minutenzeiger kam erst gegen das Jahr 1700 in Gebrauch, vorher hatten die Uhren nur einen Zeiger. 9. Die Bauart der Uhren des 16. Jahrhunderts war in der Höhe den heutigen Remontoirs ähnlich. 10. Erst gegen das Ende des 17. Jahrhunderts wurde dieselbe eine sehr hohe, was sie bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts verblieb. 11. Von da ab wurde die Bauart eine flachere, die zu Anfang bis Mitte dieses Jahrhunderts bis zur Dicke eines Markstückes ausartete. 12. Der Cylindergang wurde schon 1710 erfunden. 13. Die Kloben des 16. und 17. Jahrhunderts sind, durchweg länglich oval (siehe Tafel I, Eiuhren), gingen erst gegen das Jahr 1700 in die alt- französische runde Form mit ihren reizenden Zeichnungen (siehe Taf. XVI) und in die sogenannte englische Façon über (siehe Tafel XVII). Erst gegen das letzte Viertel des vorigen Jahrhunderts fangen in der Schweiz und Frankreich die simplen französischen Kloben an, die Oberhand zu nehmen, während in England die schmäleren und steiferen, in Zeichnung und Ausführung gegen ihre früheren Collegen bedeutend minderwerthigen Kloben sich einbürgern. 14. Uhren mit Quatre-Couleurs-Gehäusen (4 farbige Goldauflagen) kamen erst gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, etwa 1780, in Aufnahme. 15. Getriebene Uhren kommen nicht früher als etwa 1725 vor. 16. Tonfedern begegnen wir nicht vor dem Jahre 1780. 17. Die Uhren mit beweglichen Figuren, sowohl auf Glocken schlagend als die- jenigen mit Cuvetten-Secrets und Spielwerken, stammen aus der Zeit 1790 bis 1810 etwa. 18. Die mit Perlen besetzten Uhren entstammen etwa der Zeit 1770—1800.