Die Marfels'sche Uhren-sammlung
Umfassend Interessante Taschen-Uhren Seit Erfindung Derselben
År: 1888
Forlag: Kühl & Co. Grossherzoglich Hessische Hof-Kunstantstalt
Sted: Frankfurt Am Main
Sider: 121
UDK: st.f.739.3 Mar
In 48 Lichtdruck-Tafeln Nebst Erläuterndem Text
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nommen, welche auch gewisse Theile des Inneren zu erfahren pflegten: es sind die bekannten
Spindelkloben, von denen wir über vierhundert Stück der schönsten in dieser einzigen Sammlung
vereinigt sehen. Vor Einführung der jetzt allgemein gebräuchlichen Ankeruhren diente in den
alten dicken, einst in Doppelschalen eingeschlossenen Spindeluhren die sog. „Unruhe“ zur Re-
gulirung der Bewegung. Diese lag auf der inneren Schale des Werkes offen, jedoch durch
einen Deckel geschützt, den man durchbrochen zu bilden pflegte, um die Bewegung der
Unruhe sehen zu können. In diesen Deckeln nun, die sich dem Auge nur darstellten, wenn
man die Uhr gänzlich zum Zwecke einer Reparatur oder Regulirung öffnete, findet sich eine
Fülle von Kunst vereinigt, die Jeden in Erstaunen setzen muss, der diesen Dingen nur einmal
seine Aufmerksamkeit zugewendet hat Es ist eine offene Frage, ob die alten Uhrmacher
diese kleinen ornamentalen Meisterwerke selbst zu erfinden und zu graviren pflegten, oder ob
sie sieh dazu der Hilfe der Graveure bedienten; sicher ist, dass auf diesen unsichtbaren inneren
Theil mehr Kunstfleiss verwendet zu sein pflegt, als heute eine ganze Uhr sammt Gehäuse
und Zifferblatt in Anspruch zu nehmen hat. Dass die Ornamente der Uhrkloben übrigens doch
schon zur Zeit ihrer Entstehung nicht als etwas Nebensächliches behandelt wurden, geht daraus
hervor, dass verschiedene sogen. „Kleinmeister“, Kupferstecher und Graveure des 16. und 17.
Jahrhunderts, namentlich Etienne de Laune und Blondus, unter ihren Entwürfen unverkennbare
Vorbilder zu solchen Kloben hinterlassen haben.
Es ist eine Erscheinung, die in der Geschichte der Künste vielfache Bestätigung
findet, dass die Beschränkung auf einen kleinen Raum den schaffenden Künstler zu besonders
gehaltvollen Leistungen anspornt — man darf dabei wohl an die Dichtungsform des Epigramms
denken, das einen möglichst reichen Inhalt auch nur mit wenigen Worten ausdrücken soll.
So darf man auch diese kleinen verzierten Scheibchen gewissermassen als ornamentale Epi-
gramme bezeichnen, bei denen sich der Erfinder im engsten Rahmen in immer neuen
Formen zu ergehen suchte. Denn das ist eine der Besonderheiten dieser Gattung: man kann
Hunderte und Tausende derselben durchsehen, ohne je eine direkte Wiederholung zu finden;
womit auch der Gedanke an eine mechanische Herstellung durch Prägung oder dergleichen —
selbst für die einfachsten Formen von selbst ausgeschlossen ist. Allerdings wird man sie bald
gruppiren lernen; zunächt sind zwei Hauptgruppen zu unterscheiden: die englischen, welche
nur von einer Seite mit einer Art von Fuss auf der Platte befestigt sind, und die auf dem
Continent, besonders in Frankreich hergestellten, die von zwei einander gegenüberliegenden
Seiten des Kreises kleine Ansätze zur Befestigung haben. Erstere zeigen dementsprechend
fast immer eine Entwickelung des den Kreis füllenden Ornamentes von einer Stelle, dem
Ausseusatz aus, während die zweiten, im Durchschnitt bedeutend minderwerthig, central, das
heisst als kleine Rosetten oder Räder der manigfachsten Form gezeichnet zu sein pflegen.
Dass man bei den reicher ornamentirten aus der Form der Verzierungen mit annähernder
Sicherheit die Zeit der Entstehung, von Ludwig XIII. an durch die Zeit des Barock und
Rococco bis zum wiedererwachten Klassicismus und zur Nüchternheit der Napoleonischen Zeit,
verfolgen kann, macht die Beschäftigung, mit denselben besonders lehrreich.
Wer zuerst auf diese verborgene Schätze aufmerksam gemacht hat, ist schwer zu
sagen; doch existirten schon in den sechziger Jahren in Paris Sammlungen derselben.
Die zum Theil mit wahrer Meisterschaft ausgeführten Gravirungen haben unmittel-
bar. als Vorbilder gedient, wozu sie in vielfacher Verwendung sehr geeignet sind; als besonders
gelungen sind uns Versuche der Firma Schlesiky in Erinnerung, mit diesen kreisförmigen
Ornamenten die Deckel goldener Uhren graviren zu lassen. Aber auch zu anderem Gebrauch
für die Mitten von Tellern, für Buchdeckelgravirung, für manchen Zweig der Goldschmiede-
kunst geben diese Zierformen, die sehr wohl eine Vergrösserung vertragen, dankbare Motive.
Zum Schlüsse wollen wir die Hauptanhaltspunkte zum Beurtheilen des Alters
antiker Taschenuhren rekapituliren:
1. Die Taschenuhren wurden ums Jahr 1500 erfunden; die ersten waren von
runder Form.
2. Dieselben waren gänzlich von Eisen hergestellt, die Triebe und Räder sowohl,
als auch die Platinen.
3. Messingne Platinen wurden ums Jahr 1530 eingeführt.
4. Ovale Uhren (Eiuhren) kamen auf ums Jahr 1550.
5. Die Schnecke, welche bei grossen Uhren schon im Jahre 1509 angetroffen
, wird, wurde bei Taschenuhren erst um 1560 angewandt.
6. Die Spirale wurde im Jahr 1658 erfunden.
7. Die erste Repetiruhr wurde von Barlow, einem Engländer, im Jahre 1676
gebaut.
8. Der Minutenzeiger kam erst gegen das Jahr 1700 in Gebrauch, vorher
hatten die Uhren nur einen Zeiger.
9. Die Bauart der Uhren des 16. Jahrhunderts war in der Höhe den heutigen
Remontoirs ähnlich.
10. Erst gegen das Ende des 17. Jahrhunderts wurde dieselbe eine sehr hohe,
was sie bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts verblieb.
11. Von da ab wurde die Bauart eine flachere, die zu Anfang bis Mitte dieses
Jahrhunderts bis zur Dicke eines Markstückes ausartete.
12. Der Cylindergang wurde schon 1710 erfunden.
13. Die Kloben des 16. und 17. Jahrhunderts sind, durchweg länglich oval
(siehe Tafel I, Eiuhren), gingen erst gegen das Jahr 1700 in die alt-
französische runde Form mit ihren reizenden Zeichnungen (siehe Taf. XVI)
und in die sogenannte englische Façon über (siehe Tafel XVII). Erst
gegen das letzte Viertel des vorigen Jahrhunderts fangen in der Schweiz
und Frankreich die simplen französischen Kloben an, die Oberhand zu
nehmen, während in England die schmäleren und steiferen, in Zeichnung
und Ausführung gegen ihre früheren Collegen bedeutend minderwerthigen
Kloben sich einbürgern.
14. Uhren mit Quatre-Couleurs-Gehäusen (4 farbige Goldauflagen) kamen erst
gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, etwa 1780, in Aufnahme.
15. Getriebene Uhren kommen nicht früher als etwa 1725 vor.
16. Tonfedern begegnen wir nicht vor dem Jahre 1780.
17. Die Uhren mit beweglichen Figuren, sowohl auf Glocken schlagend als die-
jenigen mit Cuvetten-Secrets und Spielwerken, stammen aus der Zeit 1790
bis 1810 etwa.
18. Die mit Perlen besetzten Uhren entstammen etwa der Zeit 1770—1800.