Die Marfels'sche Uhren-sammlung
Umfassend Interessante Taschen-Uhren Seit Erfindung Derselben
År: 1888
Forlag: Kühl & Co. Grossherzoglich Hessische Hof-Kunstantstalt
Sted: Frankfurt Am Main
Sider: 121
UDK: st.f.739.3 Mar
In 48 Lichtdruck-Tafeln Nebst Erläuterndem Text
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Wir gehen nun zur Marfels’schen Sammlung über und beginnen mit der, Tafel I,
Fig. 3 a und 3 b dargestellen, länglich achteckigen Eiuhr.
Dieselbe hat ein Gehäuse aus Bergkristall und ist vorzüglich erhalten. Auf dem
schön gravirten Zifferblatt aus Bronze bewegt sieh, wie bei den ersten Taschenuhren, nur ein
Stundenzeiger; auch ist die Unruhe noch ohne Spirale und überhaupt ohne jede Regulir-
Vorrichtung.
Das Werk dieser Uhr ist jedoch bereits mit einer Schnecke versehen, die durch
‘ine Darmsaite mit dem Federhause in Verbindung steht. Obwohl nun zwar die Schnecke
bei Hausuhren schon um 1510 bis 1520 vorkommt, so fand sie bei Taschenuhren doch erst
ini Jahre 1560 Eingang. Hieraus, wie auch aus sonstigen kleinen Anhaltspunkten, kann
man die Zeit der Entstehung der veranschaulichten Uhr mit einiger Sicherheit etwa auf das
Jahr 1570 ansetzen.
Eine ähnliche Bauart und Konstruktion des Werkes wie bei der vorbesprochenen
Uhr tinden wir auch bei einer silbernen Eiuhr in runder Form. Der Unruhekloben derselben
ist wie bei dei vorbeschriebenen ein längliches Oval, zeichnet sich indessen noch besonders
(uich mustergültige, äusserst geschmackvolle und zierliche Gravirung aus. Die Unruhe dieser
lu r ist gleichfalls aus Eisen und nür zweischenkelig, steht aber ebenfalls weder mit einer
Spirae noch mit Schweinsborsten in Verbindung, und hat also auch keine Regulirvorrichtung.
agegen ist auch diese Uhr bereits mit Schnecke versehen, und dürfte die Zeit ihrer Ent-
stehung etwa auf das Jahr 1600 anzusetzen sein.
I'1 e'nein folgenden Stück, siehe Tafel I Fig. l a. und 1 b., sehen wir die richtige
? °ri'u yertre*en’ ^enn l'as silberne Gehäuse dieser Uhr hat genau die Grösse und Form
w^d' eu|en Hühnereies. Das Ganze ist mit grosser Solidität gearbeitet und zeigt uns,
Wle 16 aten Meister Schönheit der Formen mit grösster Dauerhaftigkeit zu vereinigen
wuss en. Ueber dem silbernen, mit römischen Zahlen versehenen Zifferblatte der Uhr befindet
sie ein zweiter Deckel, welcher in der Mitte eine runde Oeffnung hat. In letztere ist
e™m ^n Glasrand mittelst Schrauben befestigt, und sieht man nun durch das kleine Glas
Wei blatt und Zeiger. Die Uhr ist zum besonderen Schutz noch mit einem ebenfalls ovalen
e ergehäuse versehen. Das Werk selbst ähnelt dem der obigen Uhr, ist jedoch von ovaler
oim. Viel Fleiss hat der Verfertiger auch dieses Kunstwerkes auf den überaus kleinen,
ünstlerisch ausgestatteten Unruhkloben verwendet. Derselbe besteht aus zwei Theilen, näm-
ici aus dem luss und der eigentlichen Deckplatte, welche mit ersterem durch einen-Stift
ver un en ist. Die zweischenkelige, nur 11 Millimeter grosse Unruhe ist, wie bei der obigen
J•-1’J°,U H^en ulld hat auch wie diese keine Regulirvorrichtung. Wir treffen diese Eigen-
um ic keit, welche sich nur bei ganz alten Uhren vorfindet, noch öfters in dieser Samm-
lung an.
Von der äusserst sorgfältigen Arbeit des Gehäuses dieser Uhr liefert folgender Um-
stan einen trefflichen Beweis. Dieselbe wurde während des 30jährigen Krieges mit ver-
se ledenen anderen Kostbarkeiten als Münzen, Schmucksachen u. dergl. in einem Brunnen
versteckt, aus welchem sie erst im vorigen Jahre wieder an’s Tageslicht gebracht worden
ist. Trotzdem nun das silberne Uebergehäuse theilweise ganz durchfressen war, so fanden
sich im V erk selbst doch nur ganz vereinzelte Rostspuren vor. Das Alter dieser Uhr ist
zwar nicht mit voller Sicherheit anzugeben, jedoch werden wir, wie aus verschiedenen Merk-
malen hervorgeht, kaum irren, wenn wir 1590 als ihr Geburtsjahr bezeichnen.
Ein recht interessantes Stück der Sammlung ist das Tafel I, Fig. 4, veranschau-
lichte bronzene, feuervergoldete Eiuhrgehäuse, in welchem sich allem Anscheine nach eine
Uhr mit Selbstschlagwerk befunden hat, das jedoch durch irgend einen unglücklichen Um-
stand verloren gegangen ist.
Man kann fast mit Gewissheit annehmen, dass dieses Gehäuse aus einem einzigen
Stück Bronze in seine achteckige Form herausgehämmert oder getrieben worden ist, da man
nirgends eine Löthstelle oder eine andere Verbindung einzelner Theile an demselben bemerkt.
An den Seiten ist das Gehäuse sehr reich verziert und vielfach durchbrochen, um den Ton
der Glocke des Schlagwerkes, welches sich in ihm befand, vernehmlicher zu machen. Wie
aus der Abbildung hervorgeht, ist die Rückseite mit einem phantasievollen Ornament in ge-
sägter und gravirter Handarbeit geschmückt. Die vordere Seite ist mit einem Glas aus
Bergkrystall versehen, welches in einem vielzackigen Glasrand felsenfest eingesetzt ist, als
wäre es für die Ewigkeit bestimmt. Fast humoristisch muthet den Beschauer dieses Veteranen
der Taschenuhren die zwar simple aber ganz praktische Schlussvorrichtung des Gehäuses an,
die in einem einfachen Reiber, wie man ihn oft an alten Fenstern sieht, besteht.
Einigermassen auffallend mag es dem denkenden Uhrmacher erscheinen, dass
Taschenuhren mit Selbstschlagwerk schon so früh im Gebrauche waren, während die in der
Konstruktion doch verwandten Repetiruhren erst im Jahre 1676 von einem englischen Geist-
lichen, Ed. Barlow, erfunden wurden.
Während wir bei dem letzteren Stück namentlich die mühevolle Arbeit des Er-
zeugers in Betracht ziehen konnten, wird unsere Aufmerksamkeit jetzt durch ein prächtig
gearbeitetes und sehr gut erhaltenes, aus der Zeit um 1600 stammendes Eiuhrwerk in hohem
Grade in Anspruch genommen. (Tafel I, Fig. 5 a und 5 b.)
Die Uhr zeigt auf zwei silbernen Zahlenringen die Stunden und das Datum; ferner
in drei Ausschnitten im Zifferblatt die Mondphasen, den Wochentag mit allegorischen Figuren
und die Monate nebst Thierkreis. Man könnte das aus zw^i Theilen bestehende Zifferblatt
schon für sich allein als ein kleines Kunstwerk bezeichnen, so zierlich ist es gearbeitet. Der
untere Theil, welcher die Pfeiler und das Kalendarium trägt, ist von Bronze und der obere,
äusserlich sichtbare Theil von Silber, mit kunstvoller Gravirung und feuervergoldet. Staunens-
werth ist die von dem alten Meister angewandte höchst einfache, ja fast simple Einrichtung
zum Bewegen des Kalendariums. Das Ganze wird von einem auf dem Zapfen des Schnecken-
rades angebrachten Trieb mit 6 Stäben in Bewegung gesetzt und arbeitet trotz seiner Ein-
fachheit so sicher, dass Fehler gar nicht vorkoramen können.
Mit eben so viel Fleiss ist das Uhrwerk selbst in allen seinen Theilen gearbeitet,
und machen wir im Besonderen auf den in Fig. 5 b. auf der hinteren Platine sichtbaren,
äusserst zierlich ausgeführten Unruhkloben aufmerksam. Bemerkenswerth ist ferner auch die
auf der hinteren Platine angebrachte Gravirung, die so zart ausgeführt ist, dass sie fast wie
hingehaucht erscheint. Dieses Stück ist mit einem Worte eine Zierde der Sammlung, woran
sich jeder Kunstfreund erfreut.
Eine weitere Eiuhr veranschaulichen wir unter Fig. 2 a und 2 b Tafel I; dieselbe
dürfte einer früheren Zeit als die vorbeschriebene angehören und ist dementsprechend auch
viel primitiver in ihrer ganzen Anlage. Das Gehäuse ist aus Bronze hergestellt und auf
der Rückseite durchbrochen, um dem Ton der Glocke (sie besitzt ein Werk mit Selbstschlag)
besseren Durchlass zu gewähren. Auf der hinteren Platine steht der Name des Verfertigers
Joh. Sayller, Ulm. Zeit: 16. Jahrhundert.
Wir gelangen nun zu einigen Stücken der Sammlung, die hauptsächlich ihrer Selten-
heit wegen hervorgehoben werden müssen.
Zunächst interessirt uns eine Taschenuhr, deren Werk bis auf die Spindel, die Triebe
und das Federhaus ganz aus Holz angefertigt ist (siehe Tafel XIII, Fig. 3). Selbst die Räder,
Schnecke, Unruhe, das Zifferblatt, sowie alles Uebrige nebst dem Gehäuse sind mit unendlicher
Ausdauer und Mühe in der zierlichsten Weise aus Holz hergestellt. Besondere Geschicklich-
keit erforderte die Herstellung der kleinen Hohltriebe, deren feine Stahlstäbchen in hölzerne
Endstücke eingefügt sind.
Diese Uhr hat ebenfalls keine Spirale uud ist anstatt der Kette mit einer Darm-
saite versehen. — Dem ganzen Eindruck nach gehört dieselbe dem 16. Jahrhundert an.
Ein ähnlich apartes Stück ist die darauf folgende Spindeluhr aus Elfenbein (siehe
Tafel XIII, Fig. 4). Wie an der vorigen Uhr fast Alles aus Holz gefertigt ist, so sind bei
dieser Uhr beinahe sämmtliche Theile, als: Platinen nebst Pfeiler, Federhaus, Schnecke, Unruhe,