Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seife 88
Bayerifche Subildums«Landes-Huskellung 1906
Nr. 4
Metalles in der Sclimelze auf ein Minimum zu beschrånken.
Den elektrochemischen Werken zu Bitterfeld, welche
die Arbeiten von Borchers und Stockem verfolgten,
gelang es nun ein fur den GroBbetrieb geeignetes
Verfahren zur Herstellung metallischen Kalziums aus-
zuarbeiten. (D.-R.-P. Nr. 155433.) Die Kathode ist als
Beruhrungselektrode ausgebildet. Das durch den Strom
aus dieser abgeschiedene Metall wird mit der Elektrode
langsam in die Hohe gezogen. Das die Sclimelze
beruhrende Kalzium bildet jetzt Kathode; es kann durch
langsames Heben in dem MaBe, wie es sich bildet
stangenformig herausgezogen werden, so daB dauemder
Kontakt an der FluBoberflåche erhalten bleibt. Verbrennen
kann das eine starke Verwandtschaft zum Sauerstoff auf-
weisende Metall nicht, da dasselbe mit EluB uberzogen
bleibt, welcher auBerhalb des Bades sofort erstarrt. Ein
anderes Verfahren ist von Poulené Freres, Paris (D.-R.-P.
Nr. 144777) beschrieben veorden Es bezieht sich nicht
auf die Darstellung von reinem Kalzium, sondern auf
eine Legierung von Aluminium mit Kalzium. Die
Kathode besteht nåmlicb aus geschmolzenem Aluminium,
welches schwerer ist als die Schmelze und am Boden
des Tiegels liegt. Das Kalzium legiert sich beim
Abscheiden am Aluminium mit diesem. Die entstehende
Legierung steigt, da sie leichter als die Schmelze ist,
nach oben und soll an der Oberflåche abgeschbpft
werden. Auf diese Weise soll es mdglich sein, eine
Legierung mit 95% Kalzium herzustellen. Nach Versuchen
des Verfassers steigt aber die Legierung schon bei einem
Gehalte von etwa 30% Ca an die Oberflåche des
Bades; es durfte wohl scliwer halten, eine bedeutend
hoherprozentigere Legierung zu erhalten, wenn die
Ausbeute gut bleiben soll; uberdies ist das reine Kalzium
der Legierung wohl in allen Fallen vorzuziehen. Kalzium-
oxyd direkt durch Koble zu reduzieren, ist praktisch
unmoglich, weil Kalzium eine so groBe Verwandtschaft
zur Koble bat, daB nur Kalziumkarbid erhalten wird.
Versuche, Legierungen durch gleicbzeitige Reduktion
eines Schwermetalloxydes und Kalziumoxyd durch
Koble im elektrischen Ofen herzustellen, blieben bis
jetzt obne Erfolg.
Kalzium ist von rein weiBer Farbe und schonem
Metallglanze, låuft in trockener Luft nickelfarbig an,
låBt sich håmmern und zu Draht auszieben, aber ebenso
wie Aluminium nur schwer feilen und sagen, da die Werk-
zeuge durch das Metall verschmiert werden. Das spe-
zifische Gewicht ist 1.54, der Schmelzpunkt liegt bei 800°.
Die elektrische Leitfåbigkeit des Metalles ist bei
200 15,6 mal kleiner als die des Silbers. Die Hårte
liegt zwischen der des Bleies und des Kupfers. Wasser
wird von Kalzium zersetzt, von Såuren wird es schnell
angegriffen. Alkohol bildet mit Kalzium keine Ver-
bindung, man kann es desbalb verwenden, um Alkohol
von den letzten Resten Wasser zu befreien. Mit Koble,
Scbwefel, Phospbor, Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff
und mit den Halogenen verbindet sich Kalzium direkt,
teils bei gewohnlicher, teils bei hbherer Temperatur.
In der Hitze reagiert es mit Schwefeldioxyd, Stickoxyd,
Phosphorpentoxyd, Borsåure, Kieselsåure, Kohlendioxyd,
Koblenoxyd, Schwefelwasserstoff, Azetylen, Metban und
Halogenwasserstoffen. Gegen Ammoniak ist es in der
Kålte indifferent, in der Hitze zerlegt es das Gas unter
Bildung von Nitrid und Hydrid. Mit flussigem Am-
moniak bildet es bei — 400 festes, weiBes Kalzium-
ammonium. Quecksilber gibt mit Kalzium ein Amalgam
mit einem Gehalte von 2,5 °/o Kalzium, das ungefåhr
der Formel Hgs Ca entspricht. Dieses Amalgam kristal-
lisiert aus uberschussigem Quecksilber aus. Mit Natrium
legiert sich Kalzium in der Hitze, beim Erkalten scheidet
es sich wieder kristalliniscb aus und låBt sich durch
Bebandeln mit Alkohol von ersterem trennen. Mag-
nesium und Aluminium bilden Legierungen, die sebr
sprode sind. Man kann dieselben auBer durch einfaches
Zusammenschmelzen aucb in der Weise berstellen, daB
man das Chlorid des betreffenden Metalles mit einem
UberschuB an Kalzium in geschlossenen eisernen Ge-
fåBen erhitzt. Ein geringer Zusatz — etwa 5 °/o —
Magnesium oder Aluminium macht das Kalzium sprode,
sodaB man es leicht pulvern kann. Kupfer mischt sich
in fast allen Verhåltnissen mit Kalzium und es ist gar
nicht schwer, derartige Legierungen herzustellen. Die
Farbe variiert mit dem Gehalte an Kalzium von rein
weiB bis messingfarbig. Diese sproden Legierungen
laufen an der Luft blau an und zerfallen nach långerer
Zeit. Blei, Antimon, Zinn, Zink, Kadmium bilden eben-
falls sprode Legierungen mit Kalzium.
Interessant ist die Stellung der Alkali- und Erd-
alkalimetalle bezuglich ilirer Affinitåt. Dannet und
Stockem haben festgestellt, daB Natrium bei niedrigen
Temperaturen unedler ist als Kalzium, daB sich dagegen
bei hoben Temperaturen das Verbåltnis umkebrt.
Bei niedrigen Temperaturen kann man mit Natrium aus
Jodkalzium Kalzium, bei hoben Temperaturen mit Kalzium
aus Chlornatrium Natrium abscheiden. Dagegen gelingt
es leider nicht, mit dem billigen Kalzium das verhåltnis-
måBig teuere Kalium aus den Kaliumsalzen darzustellen.
Die Hauptfrage ist nun, was macht man mit diesem
Metall, welches zu einem relativ niedrigen Preise zu
erhalten ist? Wo die Verwendung dieses Metalles
liegt, kann man ungefåhr daraus entnebmen, daB es
bei seiner starken Verwandtschaft zum Sauerstoff ein
gutes Reduktionsmittel ist, welches nach geschehener
Operation keine alkaliscbe Lauge binterlåBt. Es reagiert
sebwåeber als Natrium und stårker als Magnesium und
Aluminium. So ist es fur den organischen Chemiker
von Interesse, daB man aus Nitrobenzol, einem der
Hauptzwischenprodukte in der Farbenindustrie, in alko-
boliscb-alkaliscber Losung Azoxybenzol, in saurer Losung
Anilin erbålt. Oxime geben in alkaliscber wie saurer
Losung Amine. Sebr interessant ist, daB die sogenannte
Grignardsebe Reaktion, nach welcher man mit Hilfe
von Magnesium und Halogenverbindungen eine un-
endliche Zabl von organischen Korpern syntbetisch
aufbauen kann, aucb mit Kalzium statt des ziemlicb