Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Hr. 4
Bayerifche 3ubilaums = kandes«flusffellung 1906
Seite 89
teueren Magnesiums durchfuhrbar ist. Da Kalzium bei
hoherer Temperatur energisch mit fast allen Gasen
reagiert, so kann man einen Apparat mit wenig tein
verteiltem erhitzten Kalzium evakuieren, wobei nur
Argon und die ubrigen Edelgase zuruckbleiben. Ferner
sind mit Hilfe tein verteilten Kalziums nach dem Thermit-
verfahren von Goldschmidt Metalloxyde und Sulfide
mit gutem Erfolge zu Metallen reduziert worden. Auch
scheidet Kalzium aus geschmolzenem Cerchlorid Ger-
metall ab. Moglicherweise kommt noch die Verwendung
von Legierungen des Kalziums in der Metallraffinerie
und -gieBerei — z. B. in der Bronze- und Messing-
gieBerei erscheint sie sehr aussichtsvoll - in Betracht-
Wohl die groBte Aussicht bietet sich fur das Metall
in der Stahldarstellung und EisengieBerei. Beim Ab-
kuhlen von gegossenem Stabl bilden sich bekanntlich
Blasen aus Kohlenoxyd, Stickstoff und Wasserstoff. Mit
diesen Gasen reagiert aber Kalzium bei hoben Tem-
peraturen auBerst lebhaft, eine Blasenbildung wird des-
halb bei Zusatz von Kalzium vermieden. Ferner werden
die letzten im Eisen enthaltenen Reste von Phosphor,
Schwefel und Sauerstoff durch Kalzium aus demselben
entfernt. Den Kohlenstoffgehalt kann man durch Zu-
satz von entsprechenden Mengen Kalzium in gewissen
Grenzen genau regeln, da Koblenstoff mit Kalzium
Kalziumkarbid hildet. GieBt man z. B. GuBeisen auf
=□
Kalzium, welches sich in einem vorgewårmten Tiegel
befindet, so tindet eine lebhafte Reaktion statt. Das
Eisen wird ganz dunntiussig durch die dabei ent-
wickelte Wårme. Es entstebt an der Oberflåche eine
Schlacke, welche mit Wasser Azetylen und Phosphor-
wasserstoff lebhaft entwickelt. Das nach vollendeter
Reaktion in Formen gegossene Fisen zeigt eine be-
deutend hellere Farbe und feinkbrnigeres Gefuge als
das nicht mit Kalzium behandelte Fisen, abnelt uber-
haupt mehr dem Stabl als dem GuBeisen. Diese Ver-
wendung kommt wesentlich fur QualitåtsguB in Frage.
Zurzeit benutzt man als Desoxydationsmittel in der
Eisenindustrie Aluminium, jedoch entfernt dies weder
den eingeschlossenen Stickstoff und Wasserstoff, noch
Phosphor, Schwefel und Koblenstoff. Das schwach
aluminiumhaltige Eisen ist nicht so gut wie das reine
Eisen, was Zug- und Bruchfestigkeit anlangt. Legiert
sich nun Kalzium nicht in dem MaBe wie Aluminium
mit Eisen oder verleiht es demselben keine anderen
unangenehmen Eigenschaften, so wird wahrscheinlicb
das Aluminium durch Kalzium in der Stablindustrie
und EisengieBerei verdrangt werden.
Uber die Flerstellungsmethoden der dem Kalzium
nabe verwandten Metalle Strontium und Barium liegen
auch schon zablreicbe Arbeiten vor, jedoch haben diese
bisber keine praktisebe Bedeutung.
Gebrauchsmuster und Geschmacksmuster.
Von Ingenieur Hammer, Nurnberg. (Fortsetzung.)
% aeb der bisherigen Praxis des Reicbsgerichts
sind aber Maschinen im strengen Sinne ge-
-1- nommen nicht als Arbeitsgeratschaften oder
Gebrauebsgegenstande anzuseben und daber vom Ge-
brauchsmusterschutze auszuscblieBen. DaB diese Auf-
fassung den Beifall der Maschinenindustrie nicht findet,
durfte begreitlich sein, denn es ist nicht einzusehen,
warum Maschinen, die ja doch zum Gebrauche be-
stimmt und als Arbeitsgerate autzutassen sind, nicht
schutzfåhig sein sollen. Allerdings kann bier der Fin-
wand erhoben werden, daB man, wie oben hervor-
gehoben und wie in einer Entscheidung des Reichs-
gerichts ausgetuhrt wird (R. G. E. v. 8. 5. 97), unter
Arbeitsgeratschaften oder Gebrauchsgegenstanden i m
allgemeinen relativ einfache Werkzeuge und Vorrich-
tungen, nicht aber kunstlicbe, aus vielen ineinander-
Lreifenden Arbeitsmitteln zusammengesetzte, zur Be-
wegung durch Naturkråfte bestimmte Maschinen etc.
2u verstehen hat. Diese Anscbauung kann aber an der
latsache nichts andern, daB auch komplizierte Maschinen
nichts anderes als Arbeitsgeratschaften darstellen und
die bereebtigte Forderung, auch solche Maschinen zum
tiebrauchsmuster zuzulassen, wird immer dringender
Erhoben.
Uber die Begrifte „Arbeitsgeratschaften" und „Ge-
brauebsgegenstande" fuhrt Dr. Arnold Seligsohn in
seinem Kommentar zum Gebraucbsmusterscbutzgesetz
in zutrettender Weise tolgendes aus :
„Es ermangelt beiden Begritten die Prazision. Ge-
brauchsgegenstand ist sprachlich jeder Gegenstand,
welchen man gebrauchen kann; Gegenstande, welche
unter keinen Umstanden gebraucht werden konnen,
gibt es tast gar nicht, sodaB man beinabe jeden Gegen-
stand einen Gebrauebsgegenstand nennen kbnnte. Ar-
beitsgeratschaft bezeichnet sprachlich eine Geratsebaft,
welche zum Arbeiten benutzt wird, umfaBt also nicht
bloB die Hobet und Axte des Zimmermannes, sondern
auch das Ldschblatt und die Stahlteder des Schreibers.
Die Grenze ist solange nicht mit Sicherheit zu zieben,
bevor man sich nicht uber den vieldeutigen Begriff
der Arbeit verstandigt. Da aber, wie gesagt, alle
Arbeitsgerate Gebrauebsgegenstande sind und alle
Gegenstande wiederum regelmaBig Gebrauchsgegen-
stande sind, so bedarf es dieser Untersuchung nicht,
sondern man wird das Modell keines (beweglichen)
Gegenstandes vom Gebrauchsmusterschutz ausschlieBen,
wenn es nur dem Gebrauchszwecke durch eine neue
Gestaltung, Anordnung oder Vorrichtung dienen soli."