Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Ur. 4
Bayeritoe Subildums-Landes -Husifenung 1906
Seite 91
lichen Nutzzwecke des Buchzeichens nichts zu tun.
Die kirchlich-symbolischen Formen sind nicht deshalb
gewåhlt worden, um das Wiederauffinden der Buch-
stellen in erhohtem MaBe zu erleichtern, sondern weil
sie mit dem Inhalt und dem Charakter des Buches in
Einklang stehen, fur welches das Zeichen bestimmt ist.
Die Neuheit der Form wendet sich an den åsthetischen
und an den religiosen Sinn der Leser und zwar kommt
im vorliegenden Falle ganz vorwiegend der letztere in
Betracht." Das strittige Muster konne unter Beruck-
sichtigung aller Umstande hochstens unter das alte
Reichsgesetz vom 11. Januar 1876 (Geschmacksmuster)
fallen. —
Nachdem im obigen der Begriff „Gestaltung"
'M Sinne des Gebrauchsmusterschutzgesetzes eine Er-
låuterung erfahren hat, wollen wir untersuehen, was
unter einer Anordnung zu verstehen ist.
Als Beispiel einer Anordnung wurde bei der Be-
ratung des in Frage stehenden Gesetzes u. a. eine
Barackenkonstruktion genannt, bei welcher die Neuerung
darin bestehe, daB vermoge einer besonderen Anordnung
und Befestigung der einzelnen Teile die Baracke leicht
auf- und abgeschlagen werden konne. Hier wird die
Schutzfåhigkeit demgemaB in der Art der Verbindung
der an und fur sich bekannten Einzelteile erblickt. Wie
wir eingangs festgestellt haben, kann aber die Schutz-
fåhigkeit eines Gebrauchsmusters auch durch eine neue
Vorrichtung begrundet sein und es bleibt uns nur noch
ubrig, festzustellen, was unter einer solchen verstanden
werden kann. Nehmen wir an, wir haben eine Ein-
richtung geschaffen, um das Wiederauffullen eines
GefåBes durch Unbefugte zu verhindern, so wurde dies
im Sinne des Gebrauchsmusterschutzgesetzes eine „Vor-
richtung" darstellen. Es kann naturgemåB nicht i m
Rahmen dieses Referates liegen, eine groBere Zahl von
Beispielen anzufuhren, sondern es ist dem Verfasser in
der Hauptsache darum zu tun, einen allgemeinen Uber-
blick fiber diejenigen Merkmale zu geben, welche die
Schutzfåhigkeit eines Gebrauchsmusters bedingen konnen.
(Fortsetzung folgt.)
Cber das Atzen des Holzes.
Von Ing.-Chem. W. H. Schramm, Graz.
Nachdruck verboten.
Ein Haus auf der Dune, gegen das der Nord-
sturm tobt und unaufhorlich feinen Dunensand
streut. Das alte Fenster knarrt in den ver-
rosteten Angeln und bei einem måchtigen Anprall des
Sturmes lost es sich von den zierlichen gotischen Be-
schlågen, die durch irgend einen Zufall darauf gekommen
waren, und schlågt klirrend zur Erde.
Einem Manne zu FuBen, der helle Augen hat.
Er hebt es auf und betrachtet es. Die Scheiben sind
gånzlich erblindet und matt, das Holz ist rauh und
vergiibt und von tiefen Furchen durchzogen. Nur dort,
^o die Beschlåge es vor Wetter und Sand schutzten,
blieb es fest und weiB. Mit ganz scharfen Konturen
hebt sich da die Zeichnung heraus.
Wem unter Tausenden blitzen bei solchem Anblick
Erfindungsgedanken durch den Kopf?
Man erzåhlt, daB es eben der Anblick eines solchen
durch Dunensand mattierten Fensters gewesen sei, der
den AnlaB gegeben habe zu dem hente so wichtig
gewordenen Verfahren, Glas durch ein Sandstrahlgeblåse
zu mattieren.
Konnte man nicht vermuten, das meist bekannte
Verfahren zur Herstellung von Reliefholz stamme
ebenfalls von der Dune?
C. Pliwa berichtet etwas sehr Ahnliches. Er sei
zur Ausarbeitung seines Sonnenkopierverfahrens auf
Dolz (Supplement zum Zentralblatt f. d. gewerbliche
Unterrichtswesen in Osterreich XIV S. 4) durch den
Anblick einer vom Sonnenlicht gebråunten Fichtenholz-
tafel angeregt worden, auf der die Stellen, die vorher
mit Metallbuchstaben bedeckt gewesen waren, eine
scharfe helle Zeichnung bildeten.
Sonnenkopierverfahren, Reliefholz! Heute schon
fast verklungene Namen! Und doch ist es erst wenige
Jahre her, daB sie zum ersten Mal ertonten. Eine
solche Fulle von technischer Arbeit, eine solche gesunde,
kunstgewerbliche Technik, wie sie etwa hinter dem
Worte „Reliefholz« steckt, kann und dart nicht verloren
geben.
Die Konstruktion unserer Wohngeråte bietet groBe,
ungegliederte Flåchen. Um diese Flåchen unter Ver-
meidung fremden Materials zu zieren, waren bis vor
kurzen im groBen Ganzen nur zwei Techniken in
Qebrauch, die Holzschnitzerei und die Intarsia.
Die eine wirkte durch Plastik, die andere durch
die Farbe der eingelegten Holzarten. Eine durchaus
naturliche Mittelstellung nimmt nun die Relieftechnik
ein, die beide in flieBender Weise verbindet, bald mehr
durch Farbe und am håufigsten durch beide zu wirken
sucht. Am schonsten wirkt sie durch Herstellung ganz
flacher Ornamente auf hellem oder dunklem Grunde,
wodurch die Einformigkeit groBer Flåchen, ohne doch
den Flåchencharakter zu storen, viel glucklicher ver-
mieden wird, als dies etwa nur durch Bemalung
geschehen konnte. Es ist eine alte Erfahrung: was man
auch greifen kann, wirkt mehr als das, was man nur
sieht. Das verwerfliche pastese Malen hat auch darin
einen gewissen Grund.
Die Schilderung der dekorativen Wirkung des
Flachreliefs hier zu geben, ist kaum notwendig. Die