Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Ur. 5
Bayerikhe ^ublldums = Landes«Husifenung 1906
Seite 103
dem unteren Teil des Gitters aus den Tagen der Gotik
slammt, wahrend die zierliche Brunnenlaube der Renaiffance
angehort. Ruch den pseilschietzenden Rpoll stellte unser
Deister in eine andere Umgebung. Nicht aus seinem
Brunnensockel im neuen Rathaushose steht er, sondern
aus einer Nische Heraus entsendet er seinen Pseil, und
in der Ferne breitet sich die Burg aus. Sroischen ihm
und der Burg liegt der Schneppergraben, in dem seit vier-
Hundert Bahren Rurnbergs Schnepperschutzen sich zu lob-
lichem Tun vereinen. Fur einen Schiehgraben ist ja diese
Figur geschaffen. Sie zierte das Brunnlein, das im Bahre
1532 die Rurnberger Bogenschutzen in ihrem, beim Laufer-
ichlagturm gelegenen Schiehgraben, einem Teil des Stabt-
grabens der alteren Befestigung Rurnbergs, aufstellten.
Diesen Brunnen fuhrte Hans Bischer aus, einer der Sohne
des beriihmten Peter Vischer, von dem wahrscheinlich der
Bogenschiitze herruhrt. Die Rnregung zu dieser formenedlen
Gestalt hatte dem Meister ohne Sroeifel der eine Seit lang
in Rurnberg lebende venetianische Maler Bakob Barbari
gegeben, der auch Durer beeinfluhi hat, als er seinen pfeil-
schiehenben herkules malte, und der selbst, wahrscheinlich
mittelbar zu diesem Motiv, durch den Rpoll von Belvedere
angeregt worden ist, der gegeu Ende des 15. Bahrhunberts
bei Rntium aufgefunden worden ist und damals die ganze
Kunftæelt entzuckte.
Moge beim frohen Mahl der Rnblick dieser Karten
vielen den Rnstoh geben, im Kommenden Iahre nach
Rurnberg zu Kommen, und mogen dazu auch die abge-
trennten und in alle Welt Hinausgesandten Postkarten das
ihrige beitragen. Rée.
Rus der Oberpfalz.
Don J. B. £afileben, Kallmunz i. Opf.
(nadjbruck uerboten.)
1. Kallmunzer Saiteninbuftrie.
Bor zirka Hundert Bahren wurde in Kallmunz an
ker Rab die Saitensvinnerei schwunghaft betrieben. Die
Fabrikanten waren Georg Braunsberger und seine Rach-
lwmmen, von denen der erstere aus Traitsching im Bayerischen
tOalde eingewandert war. Ihre Lrzeugnisse wurden durch
3anz Deutschland verhausiert und ersreuten sich uberall des
Vesten Ruses. Das Material lieferten die zahlreichen Schafe
und Siegen, die von der Linwohnerschaft des Marktes
und der Bevolkerung der Rmgegend damals gehalten
wurden. Mit der Linschrankung der Brache in der Feld-
wirtschast wurde auch die Schasehaltung erschwert und die
6olge davon war das Lrloschen des einst so bluhenden
ondustriezweiges.
2. ssine blintensteinfabrik.
$inen ganz eigenartigen Bnbustriezroeig bildete vor
'00 Bahren in dem oberpfalzischen Burglengenseld die
fabrikation von Flintensteinen. Bn dem bort vorkommen-
en schieferigen Kalk sindet sich namlich Kugeliger Feuer-
Itein in groher Menge eingebettet. Dieser wurde als Sund-
Waterial zum hausgebrauche schon fruhzeitig verroenbet-
uuch wurde handel damit bis nach Regensburg getrieben.
BW Iahre 1794 ries die Kursurstl. bayer. Regierung unter
er Direktion des Generals von hohenhausen, der in
urnberg seinen Sitz hatte, in genanntem Stabtchen eine
0 r’k 'us Leben, um sur die bayer. Rrmee Flintensteine
erzeugen. Die Produktion war so ergiebig, dah auch
9rd^ere Quantitaten ins Rusland verkauft werden Konnten.
w Fabrikationsroeise wurde gleich einem Geheimnis gehutet,
,0 a6 die Rrbeiter, deren zirka 30 beschaftigt wurden,
es chre Werkzeuge verbergen muhten, roenn die Fabrik
°n Lemben Personen besucht rourde.
3. Geringen Verdienst
Hatte im Jahre 1758 der Kallmiinzer Maler Mathias
Sintl als er die funf Rltare und die Kanzel der neuer-
bauten Pfarrkirche seines heimatsortes in Gold fahte. Es
blieben ihm nach Rbzug seiner Barauslagen fur seine Rrbeit
nur 2 Gulden 24 Kreuzer ubrig. Rllein trotj des geringen
Lohnes, dessen Karglichkeit sich der Kunstler zroeifellos
berouht rourde, lieferte er keine geringroertige Rrbeit, -benn
70 Bahre spater hatte sich bas Golb noch ganz gut erhalten
unb ber bamals lebenbe Thronist lobte Sintl als einen
reblichen, geroissenhasten Mann. Davon aber, bah ber
Kunstler nachtraglich eine freiroillige Erhohung seines Lohnes
erfahren hatte, melbet ber Geschichtsschreiber nichts.
4. Gin Zauberschwert.
Ruf bem ebenso malerisch roie kuhn gelegenen Schlosse
Prunn an ber unteren Rltmuhl hauste zu Beginn bes
15. Jahrhunberts hans ber Freubige aus bem Geschlechte
ber Frauenberger vom Haag. Er roar ein Ritter „Keck
unb rost" unb besatz eine Korperstarke, bah er einen ge-
roappneten Mann mit einer hanb aufheben Konnte. Bei
allen Rennen unb Stechen rourbe sein Rame ruhmlichst
genannt. Sein Schroert galt als roahres Sauberschroert,
benn Ritter Hans erlegte mit bemselben in 27 Tressen unb
Sturmen 360 Feinbe ohne jemals oerrounbet zu roerben.
Die Scheibe bieses Sauberschroertes bestanb aus einem gar
absonberlichen Material, namlich aus ber Haut eines
Gegners, ben ber grimme Redte im Sroeikampf uber-
rounben hatte. Das schreckliche Kriegsroerkzeug befanb sich
bis zum Rnfang bes vergangenen Bahrhunberts in ber
Kurfurstlichen Kunstkammer zu Munchen, ist aber bann
verschrounben. Das sehr sorgsaltig in rotem Marmor aus-
gesuhrte Grabmal bes 1428 verstorbenen Ritters ist in ber