Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Or. 5
Bayeriiche Subilaums«kandes »Huslfenung 1906
Seite 111
gesteliten Rahmen (Umhullung), der von Hand gefalzt
und zusannnengeklebt oder in anderer Weise zusammen-
gehalten wird." Das genannte Oericht vertrat anlåBlich
dieser Streitsache in vollig zutreffender Weise die An-
schauung, daB die Schutzfåhigkeit eines Gebrauchs-
musters u. a. lediglich darin bestehen kann, daB fur
einen bekannten Gebrauchsgegenstand ein dafur nocli
nicht benutzter Stoff verwendet wird. Bei dem oben-
genannten Gebrauchsmuster ist nach Anschauung des
Verfassers die Schutzfåhigkeit offenbar darin zu erblicken,
daB durch die Materialvertauschung der Schachtelinhalt
ohne weiteres sichtbar ist.
Niemals kann jedoeh ein „Verfahren" zur Her-
stellung irgend eines Gegenstandes rechtswirksam durch
ein Gebrauchsmuster geschutzt werden, da der Begriff
„Verfahren" keineswegs dem Begriff „Modell" unter-
geordnet werden kann. Fur ein Verfahren kann viel-
mehr immer nur der Patentschutz in Frage kommen.
Auch unbewegliche Gegenstånde, wie Deckenkonstruk-
tionen, sind vom Gebrauchsmusterschutze ausgeschlossen.
In einer diesbezuglichen Entscheidung vom 26. Mårz
1898 gibt das Reichsgericht der Anschauung Raum,
daB eine Deckenkonstruktion weder als ein Arbeits-
geråt, noch als ein Gebrauchsgegenstand im Sinne des
Gesetzes vom 1. Juni 1891 betrachtet werden kann.
Wollte man eine gegenteilige Auffassung Platz greifen
lassen, dann konnte man, so fuhrt die Entscheidung
weiter aus, ebenso gut den Gebrauchsmusterschutz fur
Håuser, Wiesenberieselungen oder fur Teile derartiger
Anlagen in Anspruch nehmen. Dies sei aber nicht im
Sinne des Gesetzes vom 1. Juni 1891 gelegen und dem-
nach seien unbewegliche Gegenstånde und deren
integrierende Bestandteile vom Gebrauchsmusterschutze
auszusehlieBen Im Gegensatz zu dieser Entscheidung
hat das Reichsgericht unterm 23. September 1899 erkannt,
daB ein Wolbestein, welcher zur Herstellung von Decken
u. dergl. dient, schutzfåhig ist, obgleich der Einwand
erhoben wurde, daB die fraglichen Wolbesteine zur
Gestaltung einer unbeweglichen Sache Verwendung
finden sollten und lediglich hierzu, nicht aber fur einen
beliebig oft zu wiederholenden Gebrauch bestimmt
seien. Hierzu bemerkte das Reichsgericht: „Schon
letzteres ist nicht richtig, da Wolbesteine, die einmal
zur Herstellung einer Decke gedient haben, nach Zer-
storung dieser Decke, falls sie nur unversehrt bleiben,
sehr wohl nochmals Verwendung finden konnen. Es
soli hierauf jedoeh kein Gewicht gelegt und sogar
anerkannt werden, daB ein Wolbestein nach seiner Ver-
wendung nicht mehr Gebrauchsgegenstand ist, weil er
seine Selbståndigkeit verloren hat. Dies ist aber un-
wesentlich, denn es ist die Erage zu stellen, ob er
vorher einen Gebrauchsgegenstand darstellte, und bei
der Beantwortung dieser Erage kommt es uberhaupt
nicht in Betracht, ob eine beliebige Wiederholung der-
selben Zweckbestimmung moglich ist. Wichtig und
Erfordernis ist nur, daB die Moglichkeit der Verwendung,
des betreffenden Teils von Dauer ist. Trifft dies zu,
so ist derselbe ein „Gebrauchsgegenstand" auch dann,
wenn er nach seiner Verwendung, d. i. infolge der-
jenigen Verwendung, fur die er bestimmt ist, aufhort,
ein selbståndiger Gegenstand zu sein." AnschlieBend
hieran zieht das Reichsgericht einige Beispiele an und
kommt zu dem SchluB, daB die fraglichen Wolbesteine
als Gebrauchsgegenstånde anzusehen seien, weil sie als
Steine in den Handel kommen und zur Herstellung
von Mauerwerk dienen.
Im Vergleich zur Entscheidung vom 26. Mårz 1898
liegt hier anscheinend ein Widerspruch vor. Logischer
Weise muBten nach jener Entscheidung, wonach un-
bewegliche Gegenstånde und deren integrierende Be-
standteile vom Schutze auszusehlieBen seien, auch Wolbe-
steine ausgeschlossen werden, denn ein Stein ist an und
fur sich nichts selbståndiges; seinen Zweck erfullt er
erst nach seiner Verarbeitung zu einer Decke oder dergl.
Da aber Decken vom Gebrauchsmusterschutz nicht
umschlossen werden konnen, muBte man annehmen,
daB auch Teile einer solehen nicht schutzfåhig sind.
Wenn nun aber das Reichsgericht, von anderen
Erwågungen ausgehend, zum Schlusse kommt, daB ein
Stein als soleher im Sinne des Gesetzes als Gebrauchs-
gegenstand zu erachten ist, so werden wir wohl am
zweckmåBigsten dieser Anschauung beitreten, denn jede
Erweiterung des Schutzgebietes der Gebrauchsmuster
durfte im Interesse såmtlicher beteiligten Kreise liegen.
DaB verbrauchbare Gegenstånde gleichfalls schutz-
fåhig sein konnen, geht aus der Reichsgeriehtsent-
scheidung vom 3. Mårz 1897 hervor. Den Streitgegen-
stand bildet ein vor dem Brennen der Lange nach
eingeschniltenes Tonrohr, bei welchem demgemåB die
neue Gestaltung in dem Emschnitt des Tonrohres zu
erblicken ist, wobei der letztere den Zweck hat, ein
leichtes Spalten des gebrannten Rohres zu ermoglichen.
Es sei bemerkt, daB die so gespaltenen Rohrteile zum
Bedecken von Telegraphen-, Telephondråhten, Gas-
rohren und dergl. benutzt werden, um diese vor Be-
sehådigungen zu schutzen.
An und fur sich war es nun långst bekannt, ge-
spaltene Tonrohre fur den angestrebten Zweck zu ver-
wenden und das Reichsgericht hat angenommen, daB
nicht die gespaltenen Tonrohre uberhaupt geschutzt
sein sollen, sondern als „neu" komme lediglich die
leichtere Spaltbarkeit der gebrannten Tonrohre in Be-
tracht. Nun folgert das Reichsgericht weiter: „Es konnte
gefragt werden, ob die Schutzfåhigkeit dem angemeldeten
Gegenstand nicht schon deshalb abzusprechen sei, weil
die Gestalt der Tonrohre, welche ihr der Anmeldung
entsprechend gegeben wurde, durch die Spaltung ver-
nichtet wird und zu vernichten bestimmt ist, sodaB ein
Merkmal einer dauernden Zweckbestimmung nicht ge-
geben ist. In der Literatur und in der Rechtsprechung
ist die Ansicht vertreten, daB unter Gebrauchsgegen-
stånden solche zu verstehen seien, die ihrer Natur nach
dauernd dem Arbeits- oder Gebrauchszweck zu dienen
geeignet sind und deren Gebrauchszweck nicht lediglich