Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
Søgning i bogen
Den bedste måde at søge i bogen er ved at downloade PDF'en og søge i den.
Derved får du fremhævet ordene visuelt direkte på billedet af siden.
Digitaliseret bog
Bogens tekst er maskinlæst, så der kan være en del fejl og mangler.
Seife 154
BayeriFche Subildums«kandes« HuskeUung 1906
Hr. 7
in fruheren Zeiten durch das Sieben der Bleiglåtte
schwere Erkrankungen vorgekommen sind, die aber
nunmehr durch Anwendung maschineller Siebvorrich-
tungen zuruckgedrångt wurden. Besondere Vorsicht
ist auch bei der Verpackung der Bleiglåtte zu be-
obachten. Åhnlich liegen die Verhåltnisse bei der Ge-
winnung der Mennige, welche durch Oxydation von
Bleioxyd in Flamm- oder Muffelofen gewonnen wird.
Der OxydationsprozeB erregt keine Bedenken, wohl
aber die beim Entleeren der Ofen auftretende Staub-
erzeugung. Auch das Trocknen, Vermahlen und Sieben,
sowie das Verpacken ist bei Mennige wegen der un-
vermeidlichen Staubentwicklung eine gefåhrliche Opeia-
tion und deshalb sollte das Mahlen nur in geschlossenen
Muhlen, das Versieben und Verbeuteln nur in ge-
schlossenen Apparaten unter Anwendung von Exhaus-
toren durchgefuhrt werden. Auch die Verpackung
wåre, wie dies z. B. beim BleiweiB gescliieht, auto-
matisch durchfuhrbar, wodurch der Mennigestaub von
den Arbeitern abgehalten wurde.
Die Gesichtspunkte, welche fur den Umgang mit
Bleioxyd und Mennige, sowie auch das hieher gehorige
Bleisuperoxyd, zur Vermeidung von Gefahren in Be-
tracht kommen, sind selbstverståndlich auch dort maB-
gebend, wo diese Verbindungen weitere teclmische
Verarbeitungen erfahren. Man dart sogar sagen, dal>
in letzteren Fallen, soweit nicht vorzuglich eingerichtete
Betriebe in Betracht kommen, die Gefahren noch in
einem erhdhten MaBe erscheinen.
Die Bleiglåtte wird zur Herstellung der Glasur
von Topferwaren, sowie von Steingut verwendet, in
ersterem Falle vielfach neben Bleiglanz. Die Ver-
arbeitung des letzteren zu Glasuren unterliegt, soweit
Gefahren durch Verståubung entstehen, keinem be-
sonderen Bedenken. Dagegen verdient die Bleiglåtte
eine groBere Aufmerksamkeit. Unter Glasuren versteht
man bekanntlich glasartige Uberzuge, welche mit der
Grundmasse durch Aufbrennen fest verbunden werden.
Wenn nun auch heutzutage das Vermahlen von Blei-
glåtte mit den ubrigen Glasurbestandteilen Sand, bezw.
Infusorienerde, und Ton wohl ausschlieBlich unter Zu-
satz von Wasser stattfindet, so besteht doch eine Gefahr
fur die Gesundheit derjenigen Arbeiter, welche mit dem
Abputzen des aufgetrockneten, aber noch nicht ein-
gebrannten Glasurauftrages von einzelnen Stellen be-
auftragt sind. Diese Leute atmen den bleihaltigen
Putzstaub ein. Zudem erfordert die Verwendung der
Bleiglåtte die Abhaltung jeglicher Staubbildung. Dies
hat dazu gefuhrt, daB das Berliner Polizeipråsidium,
wie bereits kurz erwåhnt, am 22. Januar 1888 eine Ver-
ordnung zur Verhutung der Bleivergiftungen der Ar-
beiter in Gfenfabriken erlieB. Bei uns wird die 1 opferei
noch vielfach als Hausindustrie betrieben, zu deren.
Ausubung sich alle Familienmitglieder vereinigen. So
darf es nicht auffallen, daB die Glasurarbeit in Råumen
vorgenommen wird, welche zum ståndigen Aufenthalte
dienen, wodurch unter Umstånden schwere Gesundheits-
storungen gezeitigt werden.
Bekannt ist, daB Geschirre mit Bleiglasuren, wenn
sich die letzteren nicht in einem vbllig abgebundenen
Zustande befinden, beim Kochen Blei abgeben und
dadurch weit groBere Gefahren fur den Konsumenten
als fur den Verfertiger mit sich bringen. Die Ver-
giftungsfålle, darunter sehr schwere, welche durch den
Gebrauch irdener Geschirre verursacht wurden, sind
sehr zahlreiche. Ein nåheres Eingehen auf diese liegt
auBerhalb der Aufgabe meines heutigen Vortrages.
Die. Bleiglåtte dient ferner zur Herstellung von
Glasflussen fur die Porzellan- und Glasmalerei, zur
Herstellung von Firnissen, besonders auch zur Bereitung
von Bleiglas. Eine alkalische Bleildsung wird zu m
Schwarzfårben der Haare verwendet. Sehr viele
Mischungen unter Verwendung von Bleiglåtte dienen
zu Kitten. Auch die Mennige wird hierzu in ausge-
dehntem MaBe benutzt und wird so håufig die Ursache
der Erkrankung von Rohrlegern fur die Gas- und
Wasserleitungen. Vielfach beruht dies darauf, daB sich
diese Kitte nur schwer von den Hånden entfernen
lassen, jedenfalls nicht unter Verwendung der gewbhn-
lichen Seife. Ich komme hierauf noch zuruck. Auch
als Anstreichfarbe spielt die Mennige eine groBe Rolle;
vermischt mit Teerfarbstoffen bildet sie den Zinnober-
ersatz. Das mit der Mennige verwandte Bleisuperoxyd
wird neben dieser zur Fabrikation der giftfreien Zund-
holzer benutzt.
Die Bleifarbe, welche durch ihre vielfach verur-
sachten Intoxikationen von jeher am gefurchtesten war
und wiederholte umfassende Arbeiten zur Auffindung
eines Ersatzmittels veranlaBte, ist das BleiweiB. Schon
1783 wollte Guyton-Morveau das ZinkweiB an Stelle
des BleiweiBes verwendet sehen. Das BleiweiB war
schon den Alten bekannt; bereits Dioskorides beschreibt
im 4. Jahrhundert v. Chr. die Gewinnung von Blei-
weiB nach Grundsåtzen, die durchaus unseren jetzigen
Verfahren entsprechen. Zur Erzeugung des BleiweiBes
geht man entweder von metallischem Blei in Platten-
form aus, wie dies beim deutschen, hollåndischen und
dem elektrolytischen Verfahren der Fall ist, oder aber
man wåhlt nach dem englischen und franzosischen
Verfahren Bleiglåtte neben Essig, bezw. Bleizucker als
Ausgangsmaterial. Auch das in groBen Mengen bei
der Gewinnung der essigsauren Tonerde abfallende
schwefelsaure Blei, das fruher ausschlieBlich der Ver-
huttung zugefuhrt wurde, ist mit Erfolg fur die Ge-
winnung von BleiweiB herangezogen worden. Die
nassen Verfahren, also das englische, franzosische und
elektrolytische und das der Uberfuhrung von Bleisulfat
in BleiweiB, welches aus der Behandlung des ersteren
mit Atznatron und kohlensaurem Natron besteht, sind
weitaus weniger gefåhrlich, als wie das deutsche und
hollåndische. Man muB sich wundern, daB man zur
Durchfuhrung des hollåndischen Verfahrens in fruheren
Zeiten uberhaupt noch Arbeiter ausfindig gemacht hat,