Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Or. 1
Bayerifche Uubildums-bandes-Husttellung 1906
Seite 5
und feder modernen Derbesserung der staatlichen Linrichtungen Bead)tung gewidmet. Sumal die Kunst
Wurde seit Ludwigs I. Tagen sur Bayern das erleuchtende und erwarmende Lebensgestirn, und das
Hier emporgewachsene eigenartige kunstlerische Wirhen und Schaffen bildet ein wichtiges Moment der
deutschen Rulturentwicklung. Doch in den fuhrenden Geistern war ebenso der 5inn fur das Nutzliche
wie fur das Schone lebendig- auch eines glucklichen wirtfchaftlichen Rufschwunges hatte sich Bayern
in seiner Koniglichen Periode zu erfreuen. Der Wohlstand Ult-Bayerns hatte ausschliehlich auf dem
Rckerbau beruht. Bayerns Konige aber, von der Uberzeugung getragen, batø handel und Gewerbe
nicht Wirhung, sondern Ursache und Deranlassung der Fortschritte der Bodenkultur sein Konnen, erblickten
ihre Rufgabe darin, das Gleichgewicht zwischen Rckerbau und Gewerbesleih zu erhalten, die Kapttal5=
brast zu starken, die Technik zu heben, erfinderischen Geist anzuspornen und der hunde Fleih zu ehren.
Unter so freundlichen Sternen schwungen sich jene Gemeinben, die in den Zeiten Maximilians l.
und Karls V. zu den ersten Kulturstatlen gezahlt hatten, zu neuer Bedeutung empor. Das Hurnberg
des zwanzigsten Iahrhunderts hat den Vergleich mit der Vergangenheit nicht zu scheuen. Das Trbe
der Vorfahren wurde, soweit es Kunftlerischen ivert und romantischen Reiz hat, pietatvoll gewahrt,
doch rings um den altertumlichen Mauerkranz mit seinem unvergleichlichen historischen Zauber dehnt
Hch in weitem Umfang eine neue Stabt. IDo noch vor Kurzem Garten- unb Heibelanb gewesen war,
erheben sich Dahr fur Jahr neue Hauserzeilen, bie zwar an Rnmut unb Wurbe ben alteren Stabtteilen
nachstehen, aber mit allen fur Gesunbhett unb Gemachlichkeit erspriehlichen Tinrichtungen ber mobernen
Sro^tabt ausgestattet sinb. Daruber hinaus zeugen viele hunbert rauchenbe Fabrikschlote von ber
Betriebsamkeit unb bem ruhrigen Fleih ber Bewohner. Dank ber Freigebigkeit aller beutschen Stamme
unb Stanbe besitzt Nurnberg einen Schatz, Kostlicher unb bebeutungsvoller als bie alten Kaiserinsignien,
das Germanische Nationalmuseum. Nurnberger Burger haben bie erste Tisenbahn in Deutschlanb gebaut,
unb es ist in unseren Tagen nicht mehr ein Phantasiebilb, bah im erweiterten Nurnberger hafen bes
Lubwig-Donau-INain-Kanals Fahrzeuge aller Schiffahrt unb hanbel treibenben Nationen einkehren werben.
Unb biese Friebensarbeit vollzieht sich hente unter bem machtigen Schutz bes geeinten Deutschen
^^iches. Rbgetan ist fur immer jene unselige Politik, welche zur Behauptung einer angeblichen
5elbstanbigkeit bem Fremben Vasallenbienste leistete. Bayerns Regent ubt an Stelle ber verhangnis-
oollen Diplomatenkunste alten Stiles bie wahre Staatskunst: Deutsche Treue!
Vertrauensvoll blicken wir zu Ihm empor, in bessen Hanbe Schwert unb Szepter, Macht unb
®nabe gegeben sinb, ber mit jugenblich rustiger Kraft bie Iveisheit bes Nlters verbinbet, bie Keinen
Qnbern Ruhm sucht, als bie Liebe seines Dolkes. 3n bie Hellen Rugen bieses Rchtzigjahrigen geschaut
3u Haben, wirb vielen eine teure Trinnerung bleiben ihr Leben lang. Kunstige historiker werben
nachweisen Konnen, bah an ber Trhaltung bes langen, segensreichen Friebens Prinzregent Luitpolb ein
wesentliches personliches Derbienst zu beanspruchen hat. Tin welterfahrener Mann, schatzt er Keine
Rrbeit gering. Doch wenn er auch in seinem Rechtssinn Sebem bas Seine gibt, wenn er auch jebem
loblichen Streben, jeber nutzbringenben Tatigkeit lanbesvaterliche Teilnahme zuwenbet unb allen Kultur-
aufgaben gerecht zu werben trachtet: ben ersten Platz in seinem Fuhlen unb Denken nimmt bie Kunst
etn. Was ber Dater, ber grohe Schirmherr beutscher Kunst unb beutscher Kunstler, in seiner Seele
anregte, bas halt er treuen Sinnes fest bis in sein hohes Riter. Gbwohl von ber Gegenwart burch
^et Generationen getrennt, sieht er ber neuen Seit mit ungetrubter Unbefangenheit gegenuber unb
3etgt fur alle ihre Erscheinungen ein liebevolles Interesse. Sein IDahlspruch lautet:
altestes bewahrt mit Treue,
Freundlich ausgesatzt das Neue !
Die Seugnisse bes Fleihes unb ber Geschicklichkeit ber Riten erfreuen sich ebenso seiner Gunst
unb Pslege wie bie allerneuesten Bestrebungen unb Dersuche.