ForsideBøgerAusstellungszeitung Nürnberg 1906

Ausstellungszeitung Nürnberg 1906

Forfatter: Paul Johannes Rée

År: 1906

Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei

Sted: Nürnberg

Sider: 1096

UDK: St.f. 91(43)(064) Aus

Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern

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Seite 260 Bayerifche Subildums-Landes-HusHellung 1906 Hr. 12 Detail festhalten, ein Schritt vom altgewohnten Wege fuhrt ihn in unubersehbare Schwierigkeiten. Im Gegen- satz dazu hat sich der moderne Industrielle alle Ergebnisse der Wissenschaft zu nutze gemacht. Er kennt den roten Faden, der als grundlegendes Gesetz die Einzel- erscheinungen und besonderen Falle verknupft, er ver- mag auf Grund des Gesetzes, das die Wissenschaft aus dem Erfahrungs-Material abstrahiert hat, in konkreten Fallen den Ablauf eines Prozesses vorauszusagen, zu berechnen und zu regeln. Reich entwickelte Unter- suchungsmethoden gestatten ihm, das Werden des Produktes zu verfolgen, die Eigenschaften des Roh- materials zu beurteilen und die geeignetsten Ver- arbeitungsweisen fur dasselbe auszuwåhlen. Das hier entworfene Bild trifft naturlich nur in extremen Fallen zu.- Einerseits wird es stets Handwerker geben, die bis zu einem gewissen Grade sich mit den Resultaten der technischen Wissenschaft vertraut machen, anderer- seits ist es in industriellen Betrieben oft deshalb nicht mbglich, die handwerksmåBige Technik vollkommen durch eine rationell begrundete zu ersetzen, weil die wissenschaftlichen Grundlagen des Arbeitsprozesses stellenweise noch unaufgeklart sind. In solchen Be- trieben werden wir neben dem Ingenieur oder Chemiker stets noch handwerksmåBig gebiIdete Meister finden, resp. der Betriebsleiter wird gezwungen sein, in seiner Person die Funktionen des Ingenieurs und des Hand- werksmeisters zu verschmelzen. So finden wir in Seifenfabriken haufig chemisch gebildete Siedemeister stellenweise auch Chemiker, welche die handwerks- måBige Technik durchaus beherrschen. Wir wollen im folgenden sehen, in welchem Umfange die wissen- schaftlichen Grundlagen fur einen rationellen Betrieb in den Seifenfabriken gegeben sind, wie weit es durch- fuhrbar ist, chemische Gesetze an Stelle der Uber- lieferung zur Richtschnur zu nehmen, inwieweit es heute andererseits noch nicht mbglich ist, sich von der handwerksmåBigen Tradition zu befreien. Die chemischen Grundlagen der Seifenfabrikation sind scheinbar recht einfache. Unter Seifen im che- mischen Sinne versteht man die Alkalisalze der Fett- sånren von hbherem Molekulargewicht, also mit einer Anzahl von mindestens 12 Kohlenstoffatomen im Molekul. Bei etwas weiterer Fassung des Begriffes kann man auch die nicht wasserlbslichen Salze der Fettsånren als Seifen bezeichnen. Von diesen besitzen die Kalk-, Zink- und Magnesiaseifen als Zwischenprodukte der Fettsånre- fabrikation eine gewisse Bedeutung, die blsaure Magnesia findet in der Benzinwåscherei als Schutzmittel gegen die Selbstentzundung des Benzins, das blsaure Blei in der Pharmazie als Pflaster Verwertung. Uns sollen hier wesentlich die wasserlbslichen, zu Waschzwecken Verwendung findenden Alkaliseifen interessieren. Die Fettsånren kommen in der Natur verbunden mit Glyzerin als sogenannte „Qlyzeride" vor. Fast alle technisch wichtigen pflanzlichen und tierischen Fette und Ole gehbren in die Klasse dieser Glyzeride (zwei bekanntere Ausnahmen sind das Wollfett und das Walrat, in denen die Stelle des Glyzerins durch sogen. Fettalkohole, wachsartige, in Wasser unlbsliche Substanzen vertreten wird). Bei der Verarbeitung der Fette und Ole auf Fettsåure resp. Seife fållt das Glyzerin als wertvolles, technisch wichtiges Nebenprodukt ab. Der Zweck der in der Seifenfabrikation vorgenommenen chemischen Reaktionen ist die Ebsung der chemischen Bindung von Fettsåure und Glyzerin, und die gleichzeitige oder zeitlich darauf folgende Bindung der in Freiheit gesetzten Fettsåure an ein Alkali, d. h. die Seifenbildung in engerem Sinne. Die åltere Methode der Seifenerzeugung erreicht diesen Zweck in einem einzigen ProzeB. Bringt man das Fett, oder wie es der Seifensieder im Gegen- satz zur Fettsåure nennt, das „Neutralfett" in Beruhrung mit einer Ebsung von Atzalkali (Åtznatron oder Atz- kali, vom Seifensieder auch Kaustische Soda resp. Kaustische Pottasche genannt), so tritt ein chemischer Vorgang ein. Das Alkali verbindet sich mit der Fett- såure des Fettes, das Glyzerin wird in Freiheit gesetzt. Die Reaktionsmasse, der sog. Seifenleim, stellt am Ende der Operation eine Ebsung von Seife und von Glyzerin dar. Durch geeigneten Salzzusatz kann man eine Ab- scheidung der Seife aus der Ebsung bewirken, die dann ubrig bleibende sogen. Unterlauge enthålt das Glyzerin in sehr verdunntem, durch Alkali, Salz und Schmutz stark verunreinigtem Zustande. Die Gewinnung des Glyzerins aus diesen Unterlaugen ist Gegenstand eines besonderen Verfahrens, welches meist in elgens dazu errichteten, von den Seifenfabriken getrennten Etablissements, den Laugenglyzerinfabriken, ausgeubt wird. Der Wunsch, das wertvolle Glyzerin in reinerer Form zu erhalten, fuhrte nun zu einer prinzipiellen Umgestaltung der Seifenfabrikation. Diese ist wesent- lich dadurch gekennzeichnet, daB die Zerlegung des Fettes unter Gewinnung von Fettsåure und Glyzerin, und die Herstellung von Seife aus der Fettsåure auf zwei getrennte, zeitlich aufeinander folgende Operationen verteilt wurde. Neben dem Nutzen, den die bei diesem Verfahren erfolgende Gewinnung des Glyzerins in relativ reiner Form bietet, haben die moderneren, auf diesem Prinzip beruhenden Methoden auch noch den Vorteil, daB sie eine verbilligte Herstellung der Seife selbst gestatten. Ursprunglich sind die Methoden zur Zerlegung der Fettsubstanz in Fettsåure und Glyzerin im Interesse der Stearinkerzenindustrie eingefuhrt worden, fur welche ja der FettspaltungsprozeB Selbstzweck ist. Bereits, ehe die Fettspaltung als selbståndige, der eigentlichen Seifendarstellung vorangehende Phase des Fabrikations- prozesses von den Seifenfabriken ubernommen worden war, versorgten die Kerzenfabriken die Seifensieder mit Glem, der flussigen Abfallfettsåure, welche sie bei Ver- arbeitung der Rohfettsåuren auf Stearin erhalten. Die ålteste Methode zur Gewinnung von Fettsånren, welche heute zur Erzielung dieses Produktes gånzlich verlassen ist, bestand in der Herstellung einer unlbslichen Seife