Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Hr. 14
Bayerikhe Subiltlums-bandes • Hus[fenung 1906
Seile 303
Seifen geschieht niemals mit chemisch reinen Laugen,
d. h. reinen Losungen der Åtzalkalien. Vielmehr ent-
halten diese Laugen stets gewisse Quantitåten von
Karbonat oder anderen Salzen, speziell Kochsalz. Ein
Teil dieser Salze stammt aus dem technischen Åtznatron
her, welches stets in mehr oder weniger unreinem Zu-
stand in den Handel kommt. Fur gewisse seifen-
siederische Verwendungen wird sogar mit Vorliebe ein
Åtznatron, welches ziemlich reich an Verunreinigungen
ist, angewandt. Wird nach der kohlensauren Verseifungs-
methode gearbeitet, so befindet sich bei Einleitung des
zweiten, åtzalkalischen Verseifungsstadiums stets noch
etwas unzersetztes Alkalikarbonat in der Masse. AuBer-
dem wird schon bei der Karbonatverseifung eine kleine
Quantitåt Salz in den Kessel gegeben. Die Wirkungs-
weise dieses Salzzusatzes ist wissenschaftlich noch vollig
unaufgeklårt, jedenfalls ist eine gunstige Wirkung des-
selben auf die Reaktion empirisch festgestellt. Arbeitet
man nicht nach der Methode der kohlensauren Ver-
seifung, sondern verarbeitet Neutralfette mit kaustischen
Laugen, so erhalt die Lauge in den allermeisten Fallen
eine sogenannte „Versetzung", d. h. einen Zusatz von
Soda, resp. Pottasche. Der Seifensieder bezeichnet
diesen Zusatz auch mit dem Namen „Kaustizitåts-
reduktion". Dieser Name ruhrt noch aus der Zeit her,
in der der Seifensieder seine Åtzlaugen selbst herstellte.
Er kaustifizierte Soda- oder Pottascheldsungen durch
Zusatz von Åtzkalk und erhielt nach den Qesetzen der
chemischen Massenwirkung Laugen von bestimmten
Oehalten an Åtzalkali und kohlensaurem Alkali. Wollte
er das „Kalkverhåltnis«, d. h. das Verhåltnis von Åtz-
alkali zu Karbonat, zugunsten des kohlensauren Alkalis
andern, so machte er einen Zusatz von Karbonat zu
der Lauge und stellte auf diese Weise die Lauge
»niedriger im Kalk" oder, wie man auch sagt, „redu-
zierte die Kaustizitåt". Diese „Reduktion" der Siede-
laugen ist ebenfalls vom wissenschaftlichen Standpunkt
aus noch vollig unverstandlich, ist aber nichtsdesto-
weniger eine praktische Notwendigkeit. UnterlaBt man
sie, so wird die Seife zah und kautschukartig. Neben
den der Siedelauge gemachten Zusatzen erhalten dann
die Seifenleime noch die sogenannte „ Kurzung" oder
die „Fullung". Unter diesen Bezeichnungen sind Zu-
satze von Kochsalz, Wasserglas oder anderen Salzen
zu verstehen. Die Bedeutung dieser Zusatze ist eine
gleichfalls noch unaufgeklårte physikalisch-chemische
und besteht wesentlich darin, daB dieselben die Er-
starrung sehr verdunnter Seifenleime zu festen verkaufs-
fahigen Produkten in Fallen bewirken, in denen der
Gehalt der Leime an Seife zu gering ist, um dem
Fabrikat genugende Festigkeit zu geben. Es herrschen
hier eigentumliche Beziehungen zwischen Hårte der
Seife und Salzgehalt. Beispielsweise gibt es hochgefullte
Seifen, welche neben nur ca. 14 °/o Fettsubstanz 15 bis
10% Salze enthalten. Man kann diese Produkte ganz
offenbar nicht mehr als kristallisierte Substanzen auf-
fassen, sondern wir haben erstarrte gemischte Lbsungen
von Salz und Seife vor uns. Merkwurdigerweise be-
sitzen aber diese erstarrten Losungen eine etwa ebenso
harte Beschaffenheit, als eine reine Kernseife von 66%
Fettgehalt, bei der offensichtliche Kristallisation vor-
handen ist. Interessant ist, daB die Herstellung soleher
hochgefullter harter Natronseifen, resp. starrer Seifen-
losungen, nur bei Anwendung von Kokos- oder Palm-
kernol gelingt. Diese Fette unterscheiden sich von den
sonst in der Seifensiederei verwendeten durch ihren
Gehalt an Fettsåuren von niedrigem Molekulargewicht,
der sich in ihrem hoben Alkalibindungsvermogen åuBert.
Auch fur diesen seit langer Zeit empirisch bekannten
Zusammenhang besitzen wir keine Erklårung.
SchlieBlich bedarf jede Seife noch der sogenannten
„Abrichtung". Unter dieser Bezeichnung versteht der
Seifensieder einen Gehalt des Seifenleims an freiem
Åtzalkali. Es genugt also nicht, soviel Åtzalkali anzu-
wenden, als notwendig ist, um das vorhandene Fett
im chemischen Sinne zu verseifen, es bedarf stets noch
eines gewissen Uberschusses. Besonders augenfallig
ist die Notwendigkeit der Abrichtung bei der Her-
stellung der Schmierseifen. Durch behandeln einer ge-
eigneten Olmischung mit Kalilauge kann man bereits
in der Kålte eine Verseifung erzielen. Ein entsprechender
Wassergehalt und Gehalt an Pottasche moge die Zu-
sammensetzung des Pråparates derjenigen einer tech-
nischen Schmierseife analog machen, doch moge der
in der technischen Seife vorhandene UberschuB an
freiem Åtzalkali bei dem Vergleichspråparat vermieden
sein und nur die zur Verseifung theoretisch notwendige
Menge Åtzlauge verwendet werden. Dann zeigt es sich,
daB das so erzeugte Pråparat keineswegs die bekannte
Konsistenz einer Schmierseife hat, sondern eine dunn-
salbige Masse darstellt. Fugt man jetzt, wieder in der
Kålte, einen UberschuB an Åtzalkali hinzu, so findet
eine eigentumliche Verånderung der Konsistenz statt,
die Masse wird dick, es findet eine Art Koagulation
oder Gerinnung statt. Dieses Experiment beweist, daB
bei der technischen Seifendarstellung das Åtzalkali neben
der chemischen, verseifenden Funktion auch noch als
„Abrichtung" eine eigentumliche physikalisch-chemische
Wirkung ausubt, die neben dem eigentlichen Siede-
prozeB von Bedeutung wird. Zu einer klaren Erkenntnis
der geschilderten eigenartigen Salz- und Alkaliwirkungen
reichen unsere heutigen wissenschaftlichen Kenntnisse
nicht aus. Dies ist der innere Grund dafur, daB noch
heute in der Seifensiederei handwerksmåBige Empirie
eine Rolle spielt und mit Zåhigkeit ihren Platz be-
hauptet. Die Unzulånglichkeit der wissenschaftlichen
Grundlagen hat bei den Praktikern selbst in solehen
Fålien zu einem gewissen MiBtrauen gegen die Chemie
gefuhrt, in denen die chemische Beherrschung des
Stoffes von offensiehtliehem Vorteil ist.
Wenn schon bis jetzt die Gesetze der Wirkung
von Salzen und Alkalien auf „Seifenleime" nicht in
exakter Form bekannt sind, so wissen wir aber doch
so viel uber die Natur der Seife, daB wir die Ursache