ForsideBøgerAusstellungszeitung Nürnberg 1906

Ausstellungszeitung Nürnberg 1906

Forfatter: Paul Johannes Rée

År: 1906

Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei

Sted: Nürnberg

Sider: 1096

UDK: St.f. 91(43)(064) Aus

Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern

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Seife 304 Bayerifche 3ubilaums= Landes«Husifellung 1906 nr. 14 dieser eigentumlichen Erscheinungen anzugeben ver- mdgen und dieselben in eine allgemeine Klasse von Naturphånomenen einreihen konnen. Wie schon seit långerer Zeit durch die Arbeiten des Heidelberger Pro- fessors Krafft bekannt ist, gehoren die Seifen zu den sogenannten colloiden Korpern. Die wortliche Uber- setzung des Wortes „colloid" heiBt „leimartig". Unter dem Namen Colloide fassen wir Korper von der Be- schaffenheit des Leimes, des EiweiBes, der Gerbstoffe zusammen, die sich durch bestimmte Eigenschaften, deren Erorterung hier zu weit fuhren wurde, von den Korpern unterscheiden, deren Untersuchung und Eigen- schaften dem Chemiker am gelåufigsten sind, den kristallisierenden Korpern oder Kristalloiden, zu denen z. B. der Zucker, das Kochsalz, die Soda gehoren. Ein sehr charakteristischer Unterschied der beiden Kdrper- klassen ist die Art und Weise, in welcher sie Ebsungen bilden. Wenn kristalloide Stoffe sich z. B. in Wasser losen, so veråndern sie gewisse physikalische Eigenschaften des Wassers, z. B. seinen Siedepunkt, in bestimmter Weise, woraus man den SchluB zieht, daB der geloste Korper durch eine eigentumliche Einwirkung des Lbsungs- mittels so fein verteilt wird, daB die Edsung eine vollig homogene Flussigkeit von neuen Eigenschaften darstellt, in welcher die Teilchen des gelosten Stoffes auf keine Weise mehr als selbståndige Partikel sichtbar gemacht werden konnen. Lost sich dagegen ein colloider Korper auf, so findet jene innige Durchdringung von Losungsmittel und geldstem Stoff nicht statt; die Edsung ist nur eine scheinbare, in Wahrheit befinden sich die Teilchen des colloidal geldsten Stoffes in feiner Verteilung im Wasser aufgeschwemmt oder suspendiert, wie etwa die Eettropfchen in der Milch. Die Verteilung ist auBerordentlich fein, aber doch nicht fein genug, um ihre Wahrnehmung mittels eines be- sonderen physikalischen Hilfsmittels, des Ultramikro- skops, zu verhindern. Diese Verschiedenheit im Wesen wahrer und colloider Ldsungen erklårt hinreichend das Vorhandensein prinzipieller Verschiedenheiten auch i m chemischen Verhalten beider. Die bekannten Qesetze der physikalischen Chemie sind maBgebend fur Reak- tionen in wahren Edsungen, sobald wir es aber mit colloiden Edsungen zu tun haben, treten eigentumliche GesetzmåBigkeiten in ihr Recht, die bisher kaum i n ihren Anfången erforscht sind. Eine ganz besonders charakteristische Gruppe von Erscheinungen zeigt sich nun bel Einwirkung von Salzen, Alkalien und Såuren, oder, wie man zusammenfassend sagt, von „Elektro- lyten" auf Colloide. In diese Gruppe gehoren nun auch zweifellos die bei der Seifenfabrikation handwerks- måBig zur Geltung gebrachten Erfahrungstatsachen. Es unterliegt keinem Zweifel, daB mit der fortschreitenden allgemeinen Erkenntnis der Colloidreaktionen auch diese Dinge ihre Aufklårung finden werden, die Chemie wird dann ebenso, wie sie den EettspaltungsprozeB und den rein chemischen Teil der Verseifung beherrscht und leitet, auch Einsicht in den physikalisch-chemischen Teil der Seifensiederei gewinnen, an die Stelle der Empirie wird ein berechnendes, rationelles Arbeiten treten konnen. Eine allen Colloiden eigentumliche. Eigenschaft ist es, daB sie sich aus ihren Edsungen ausscheiden, aus- gesalzen werden, wenn denselben Salze uber eine ge- wisse Konzentration hinaus zugesetzt werden. Je nach der Art der betreffenden Colloide sind die dazu er- forderlichen Salzkonzentrationen verschieden. Diesem all- gemeinen Gesetz der colloidalen Edsungen ordnen sich auch die Seifenleime unter. Bis zu einer gewissen Konzentration vermogen sie Salze aufzunehmen und homogen als Leimseifen zu erstarren, uberschreitet der Salzzusatz eine gewisse Grenze, so scheidet sich zunåchst ein Teil der Seife, bei noch weiterem Zusatz die gesamte gelbste Seife aus. Diese Tatsache ist die Grundlage der Kernseifenfabrikation. Treibt man den Salzzusatz nur so weit, daB sich nur ein Teil der Seife ausscheidet, wåhrend der Rest mit der Salzlosung eine, alle Un- reinigkeiten des Eabri kationsprozesses enthaltende Leim- seife, den sogen. Eeimniederschlag, bildet, so nennt der Seifensieder die so erhaltene Kernseife eine »abgesetzte" Kernseife. Diese Teilung oder Fraktionierung der Seife ist ubrigens nur mdglich bei Mitverarbeitung von Kokos- oder Palmkerndl. Die Existenzmdglichkeit des „Leim- niederschlages" ist nåmlich ebenso wie die der stark salzhaltigen, hoch gefullten Leimseifen an das genugende Vorhandensein der Eettsåuren von niedrigem Molekular- gewicht gebunden. Verarbeitet man nur Eette wie Talg, Olivendi, Palmdl, so ist es nicht mdglich, durch ge- måBigten Salzzusatz eine Fraktionierung der Seife zu erzielen, die Seife scheidet sich vielmehr total aus, unter ihr befindet sich eine alle Verunreinigungen enthaltende Salzlauge, die Unterlauge. So hergestellte Kernseifen heiBen „ Kernseifen auf Unterlauge". Die partielle Aus- salzung bei Herstellung der abgesetzten Kernseifen nennt der Seifensieder „Absalzung". Die Ausscheidung aller Unreinigkeiten bei der Fabrikation der Kernseife, ferner ihr hoher Fettsåuregehalt, der einige 60°,o betragt, machen die Kernseife zur geschåtztesten Seifen- sorte. Der Wassergehalt der Kernseife im frischen Zu- stande betragt einige 20°/o, eine teilweise chemische Bindung dieses Wassers als Kristallwasser ist wahr- scheinlich, doch ist die Struktur auch dieser Seifen noch nicht aufgeklårt. Von speziellem Interesse ist die Frage nach der Bedeutung minimaler, darin vor- kommender Mengen von Salz und freiem Alkali. Die hier entworfene Skizze sollte in groben Um- rissen zeigen, inwieweit bis heute die grundlegenden Operationen der Fettspalterei und Seifenfabrikation er- folgreich von der wissenschaftlichen Chemie theoretisch erforscht sind, inwieweit andrerseits auch erst Ansåtze und Problemstellungen vorhanden sind. Von besonderer prinzipieller Bedeutung schien es mir, darauf hinzuweisen, daB eine vollkommene Durchdringung des Tatsachen- materials wesentlich von einer Bearbeitung des Ge-