Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Hr. 19
Bayerifche 3ubildums-Landes - flus^felIll^g 1906
Seite 415
das freie (metallische) Arsen allerdings verhåltnismåBig
weniger giftig ist, da es vom Korper nur sehr langsam
aufgenommen wird, so ist das Arsenoxyd, gewdhnlich
Arsenik genannt, unter allen Umstånden ein sehr giftiger
Korper. Qanz besondere Qiftigkeit aber kommt der
Wasserstoffverbindung des Arsens, dem sogenannten
Arsenwasserstoff zu, die in ganz geringen Mengen ein-
geatmet, schon todlich wirkt.
In der Natur kommen die Arsenverbindungen nur
in verhaltnismaBig geringen Mengen vor; aus den
eigentlichen Arsenmineralien und aus solehen Arsen-
verbindungen, die sich anderen Mineralien beigemengt
finden, werden namentlich Arsenik und metallisches
Arsen gewonnen. Da die giftigen Eigenschaften dieser
Korper offen zu Tage liegen, so hat man Veranlassung
genug, sich vor ihnen zu huten, sodaB Vergiftungen
hier seltener vorkommen. Viel gefåhrlicher sind da-
gegen jene kleinen Mengen an Arsen, die zahlreichen
anderen Mineralien beigemengt sind, ohne daB es
ublich oder lohnend wåre, sie aus diesen abzuscheiden.
Namentlich befindet sich ein solcher Arsengehalt in
den Mineralien, die auf Schwefelsåure verarbeitet werden,
sodaB diese dann ebenfalls arsenhaltig ist. Mit ihr
geht das Arsen dann in die Salzsåure uber, die mit
ihrer Hilfe aus dem Kochsalz frei gemacht wird, und
weiter in noch zahlreiche andere Erzeugnisse, die mit
einer dieser Såuren hergestellt werden. Indem diese
wieder Gelegenheit haben, auf andere Stoffe einzuwirken,
so wird auch ihnen Arsen entweder in fester Eorm bei-
gemengt, oder es entwickelt sich Arsenwasserstoff als Gas.
So machten vor einigen Jahren Arsenvergiftungen
sehr viel von sich reden, die in England in zahlreichen
Fallen vorgekommen waren. Es hatte sich herausge-
stellt, daB diese durch den GenuB von Bier erzeugt
worden waren, und daB dies Bier mit Dextrin versetzt
war. Eetzteres wiederum war hergestellt durch das
Erwårmen von Stårke mit Såure, die arsenhaltig ge-
wesen war. Die Såure hatte sich verfluchtigt, aber das
Arsen war in dem Dextrin zuruckgeblieben.
Derartige Vorkommnisse werden allerdings nur
Ausnahmefålle sein, da man naturlich bei der Auswahl
von Rohstoffen fur die Herstellung von GenuBmitteln
sonst so vorsichtig sein wird wie moglich. Viel
wichtiger in unserem Sinne sind dagegen die Ver-
giftungen, die durch die Verwendung von arsenhaltigen
Såuren in sonstigen gewerblichen Betrieben hervorge-
rufen werden. Hier entwickelt eine Einwirkung der
Såure auf Metalle, z. B. beim Atzen, oder bei der Er-
zeugung von Wasserstoff aus Zink und Såure, neben
diesem letzteren Gas noch das so giftige Arsenwasser-
stoffgas. Dieser Umstand war zwar schon lange bekannt,
jedoch wurde man in weiteren Kreisen wiederum erst
durch eine Reihe von Unfållen darauf aufmerksam,
nachdem in den letzten Jahren verschiedene Handels-
leute, die Luftballons mit Wasserstoffullung fur den
StraBenverkauf herstellten, durch den hierbei ent-
wickelten Arsenwasserstoff getotet worden waren.
Auch das Reichsgesundheitsamt wandte diesen
Tatsachen seine Aufmerksamkeit zu und stel1te ins-
besondere durch Versuche fest, daB auch beim Be-
handeln von Eisenwaren mit Salzsåure Arsenwasser-
stoff entstehe, eine Tatsache, die fruher in Abrede
gestelli worden war, die sich aber durch neuerliche
schwere Unglucksfålle schon bemerkbar gemacht
hatte.
Infolge dieser Untersuchungen wurden seitens der
Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie Unfall-
verhutungsvorschriften fur Betriebe aufgestellt, in denen
die Entwicklung von Arsenwasserstoff nicht ausge-
schlossen ist. Es wurde die Anbringung von gut-
ziehenden Abgasleitungen vorgesehen, die alle sich
entwickelnden Gase ins Freie befordern sollten. Fur
Zwecke, wo derartige Abzugsvorrichtungen nicht an-
gebracht werden konnten, wurde die Benutzung so-
genannter arsenfreier Såure vorgeschrieben, die indessen
noch immer 0,05 % Arsen enthalten durfte. Auch
wurde angeordnet, daB das mit dieser Såure in Be-
ruhrung kommende Zink ebenfalls nach Moglichkeit
arsenfrei sein sollte. Denn åhnlich wie in den Såuren
findet sich auch in dem kåuflichen Zink stets eine mehr
oder weniger groBe Menge von Arsen.
Durch anderweitige Untersuchungen war inzwischen
die Aufmerksamkeit daraufgeienktworden, daB namentlich
auch diejenigen Betriebe als den Arsenvergiftungen
besonders ausgesetzt angesehen werden muBten, in denen
man mit Hilfe des Knallgasgeblåses arbeitete, alsø
namentlich die Bleilbtereien. Es war um so wichtiger, hier
jede Moghchkeit von Arsenvergiftungen auszuschlieBen,
als ohnedies die hier beschåftigten Arbeiter schon durch
das Umgehen mit dem Blei stark gefåhrdet sind.
Es hat sich nun herausgestellt, daB man hier zwei
Wege einschlagen kann, nåmlich einmal denjenigen,
nur arsenfreie Ausgangsstoffe zu verwenden, also nament-
lich kein arsenhaltiges Zink, sondern, entweder arsenfreies
Zink, oder, was billiger ist, Eisen, und ferner arsenfreie
Såure. Auch die sogenannte arsenfreie Såure des Handels
genugt hier nicht allen Anspruchen. Es ist aber darauf
aufmerksam zu machen, daB es auch tatsåchlich ganz
arsenfreie Såure gibt. Diese wird in solchen Fabriken
gewonnen, in denen die verwendeten Rohstoffe durchaus
arsenfrei sind. Hierher gehdrt namentlich die in ver-
schiedenen chemischen Fabriken zu StaBfurt aus Chlor-
magnesium hergestellte Salzsåure, bei deren Bereitung
alle, stets mehr oder weniger arsenhaltigen Schwermetall-
verbindungen ausgeschlossen sind.
Fur Betriebe, in denen der Wasserstoff als solcher
benutzt wird, empfiehlt es sich, mit verdichtetem
Wasserstoff zu arbeiten, wie er seit einigen Jahren in
Stahlflaschen in den Handel kommt. Dieser ist durch
elektrolytische Zersetzung von Wasser hergestellt und
ebenfalls ganz arsenfrei. Immerhin erfordert das Umgehen
mit diesen Stahlflaschen oder Bomben einige Vorsicht.
Namentlich muB man sich auch davon uberzeugen, daB
ihr Inhalt wirklich nur Wasserstoff ist, und nicht etwa