Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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nr. 23
Bayerifche Subildums« Landes»Husffellung 1906
Seite 491
in starker Konkurrenz, aber dank dem guten Susammen-
Halt der Industriellen und dem guten Verhaltnis derselben
zur Nrbeiterschast, nimmt die Industrie von Jahr zu
Jahr zu. Jahrlich erweitert sich ihr Kreis und die
fortroahrenden Neugrundungen beroeisen, roelch' tatensroher
Geist und Kraftiger Sug das ganze industrielle Leben Hier
beherrscht, dessen Grundsatz lautet: „Ginigkeit macht stark!"
Don den Urbeiten der Zammelausstellung, an der sich fiins
Lindenberger und eine Gohholzer Fabrik beteiligt haben,
wird spater die Nede sein, roenn roir aus unserer Wanberung
durch das Hauptindustriegebaude bei der Gruppe „Textil-
Kunst" angelangt sind.
Vom Rejfen einst und jetzt.
Plaudere! don Dr. Cmll Reidre.
(5°rtsetzung.)
er mit Gxtrapost reiste, Kam naturlich schneller
sort. Gin Nurnberger, der 1825 im ge-
roohnlichen Postroagen von Nurnberg nach
Frankfurt reiste, brauchte bis Ivurzburg
18 Stunden, von dort suhr er mittags um
12 Uhr mit der Diligence ab und roar am
nachsten Utorgen um 7 Uhr in Frankfurt.. Gin Herr
v. Uothschild aber verlietz Wurzburg mit Gxtrapost des
Morgens um 8 Uhr und Kam noch an demselben Tage
des Ubends in Frankfurt an. Solche Gxtrapostreisenden
machten den geroohnlichen Postfahrenden mancherlei Urger,
nicht allein, roeil sie roegen ihres schnelleren Zortkommens
roohl beneidet roerden Konnten — das ist ja hente bei
den Eisenbahnzugen auch nicht anders — sondern roeil es
garnicht selten vorkam, dah die Postpferde, die auf den
Stationen neu vorgeschirrt rourden, zuvor die Gxtrapost
gesahren Hatten und nun davon ermudet roaren. Jener Herr
von Uothschild hatte fur seine drei eleganten Ueiseroagen
zroolf Pferde und ein Pserd sur den aus jeder Station
vorauseilenden Kurier notig, roeshalb unser Nurnberger und
seine Mitreisenden aus allen Stationen Keine ausgeruhten,
sondern immer nur ermudete Pferde eingespannt bekamen.
Hente Kann es der Wirt in der Uegel nicht roissen,
er fragt auch roohl Kaum darnach, roelche Klasse der Gisen-
bahn ein einkehrender Gast benutzt haben mag. Damals
rourde geklagt, dah, roer im eigenen Magen oder mit
Gxtrapost vorsahre, sich einer ganz anderen Behandlung
zu erfreuen habe, als der geroohnliche Postroagenpassagier.
Gs geschah uforigens nicht selten, dah sich Neisende zu
Kleinen Gesellschasten zusammentaten, um gemeinsam einen
Wagen zu mieten. Man fnhr so bequemer und schneller
und meist auch billiger. Das langsame Fortkommen lag zum
Teil auch an den vielen Sollen, die bei der bekannten
Buntscheckigkeit der Karte im alten heiligen romischen Neich
und noch daruber Hinaus in vormarzlicher Seit an den
Grenzen der einzelnen Territorien erhoben rourden. Ver
Schlagbaum bildete auf allen Ghausseen eine typische Gr-
scheinnng im lieben Deutschen Daterlande. Bezuglich der
Sollvisitationen roaren namentlich die osterreichischen Mant-
beamten bernchtigt. Brucken- und Ghausseegelder, Sperr-
gelder an den Stadttoren, roenn diese nach Sonnenuntergang
geschlossen roaren, und andere Gktrois bildeten eine roeitere
Kleine Sugabe, die teilroeise nur geschaffen zu sein schienen,
um den Postillionen eine Gxtraeinnahme zu verschaffen.
In einer Neisebeschreibung von 1796 heiht es: „Ist der
Grt in roelchen Sie Kommen, eine Stadt, so verroeilt der
Postillion ein roenig, ehe er sein Trinkgeld fordert und
dann verlangt er Sperrgeld, um aus der Stadt zu Kommen.
Sagen Sie ihm, dah er augenblicklich hatte abgehen sollen,
so antroortete er Ihnen mit deutscher Grobheit, dah seine
Pferde Keine Schindmahren seien und dah er sie musse ver-
schnausen lassen, ob er schan nicht mehr als vier englische
Meilen in der Stunde gesahren ist. Gin anderer fordert
Ihnen Sperrgeld ab, um in den Grt seiner Wohnung
zuruckzukommen, ob es schon nicht uber 6 Uhr ist. Sie
sagen ihm, dah er gar roohl vor Sonnenuntergang zuruck-
Kommen Konne und er antroortet Ihnen, er „Konne seine
Pferde nicht schinden, Schroerenoth!" Sie rufen den Wirth^
Dieser zuckt die Nchseln, meint, der Postillion Konne
vielleicht roohl vor dem Torschlusse zuruckkommen^ dieser
sagt, Nein! und Sie bezahlen." Gin Posten, der zum Der=
druh der Neisenden immer roieder aus den Nechnungen
erschien, roar der fur das Waschen und Schmieren oder sur
das Beroachen des Magens. Ver wirt verrechnete es,
auch roenn es gar nicht geschehen roar - æie ehemals
die foeruhmten Lichte, die der hotelgast so schnell zu ver-
forauchen pslegte — und ein Knecht hielt roohl auch noch
die hand aus. Vah „Schroager" inbezug aus Trinkgelder
sehr anspruchsvoll roar, roird allgemein geklagt. „Menu
Sie einem Postillion sur zroei Meilen nicht mehr als einen
Gulden geben, so dankt er Ihnen nicht oder murmelt roohl
etroas zroischen den Sahnen im Fortgehen", Konnen roir
da lesen. Ver roeltkundige Freiherr v. Knigge rat auch,
mit Trinkgeldern nicht sparsam zu sein. Die Postillione
sagten sich das einer dem andern aus den Stationen roieder.
Deutsche Posthalter, Magenmeister und Postknechte pflegten
zroar in dem Nus einer „ausgezeichneten" Grobheit zu sein.
Gs Komme aber alles aus die Nrt an, roie man mit ihnen
uingehe und ein ernsthaftes, von einer geroissen Murde
begleitetes Betragen und gelegentlich ein sreundliches Mort
roerde bei diesen Leuten selten ohne gute Wirkung an-
geroendet. Ls roaren allerdings schon rechte Filous, die
Postillione. Geschah an dem Magen irgend ein Schaden,
so pflegten sie ihn groher Hinzustellen, als er in wirklichkeit
roar und der herbeigerusene Schmied oder Wagner stellte
danach seine Preise. Gin geroandter, zuverlassiger Bedienter,