Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seite 544
Bayerifche 5ubildums«kandes« Huskellung 1906
Nr. 25
samten Sauerstoffmenge von etwa 5,2 Trillionen kg,
die unsere Erdatmosphåre enthålt, daB es uber
100 Jahre dauern mufite, bis wir eine Ånderung im
Sauerstoffgehalt der Luft von 0,1 % wahrnehmen konnen,
selbst wenn uberhaupt nichts durch Kohlensåure-
assimilation wiedergewonnen wird. Infolge der quan-
titativen Verhaltnisse haben wir also gar kein Mittel
an der Hand urn zu entscheiden, ob unser Sauerstoff-
verbrauch gerade gedeckt wird oder nicht, und das-
selbe gilt naturlich umsomehr vom Stickstoff, der ja in
fast viermal so groBer Menge in der Luft enthalten
ist als der Sauerstoff. Wenn wir daher im folgenden
die wichtigsten Etappen des Stickstoffkreislaufes uber-
blicken werden, so konnen wir uns von der quanti-
tativen Seite der Betrachtungen vollig frei machen,
denn fur die Konstanz der Luftzusammensetzung ist
auf absehbare Zeit hin gesorgt.
Betrachten wir die einfachsten anorganischen Stick-
stoffverbindungen, d. h. Nitrite, Nitrate und Ammoniak,
als gegeben um den praktisch wichtigsten Punkt an
das Ende unserer Betrachtungen zu setzen, so sind die
Bedingungen fur den weiteren organischen Aufbau im
Tier- und Pflanzenreich geboten. Diese Bedingung
ist aber auch notwendig. Denn kein hoheres Pflanzen-
wesen oder Tier vermag freien Stickstoff zu assimilieren,
sondern muB ihn bereits als Ammoniak, Nitrit oder
Nitrat erhalten, oder sich einzelliger Lebewesen als
Stickstoffubertrager bedienen, worauf spater nåher ein-
zugehen sein wird.
Indem wir diesen organischen Aufbau der kom-
plizierten Stickstoffverbindungen, der EiweiBkorper oder
Proteine ubergehen, da er durchaus ins Qebiet der
Physiologie fallt, treten wir der Erage naher, wie weit
es der Chemie gelungen ist, die Proteine auf rein
chemischem Wege, synthetisch aufzubauen, bezw. ihre
Natur zu ergrunden. Ein Weg zu diesem Ziele muBte
naturgemåB in der Untersuchung der Spaltungsprodukte
der Proteine vermutet werden. In der Tat kennt man
bereits seit langerer Zeit eine Reihe von Stickstoff-
verbindungen, wie das Qlykokoll, das Leucin, das As-
paragin u. a., welche sehr allgemein bel der EiweiB-
spaltung auftreten, andererseits aber auch durch die
Verwirklichung ihrer Synthese hinsichtlich Zusammen-
setzung und Struktur vollig bestimmt waren. Syste-
matisch wurde jedoch die Untersuchung und der
synthetische Aufbau der Proteine erst in neuerer Zeit
in Angriff genommen, und zwar hauptsachlich durch
Emil Eischer, dem es im Verein mit seinen Schulern
durch eine Reihe glanzender Untersuchungen gelungen
ist, in dieses bisher noch so dunkle Qebiet Licht zu
bringen.
Ausgehend von der Synthese einer Reihe von
Amino- und Diaminosauren sowie der Ausarbeitung
von Methoden fur ihre Erkennung und Reindarstellung,
konnte er zeigen, daB durch Verkettung dieser Såuren
sich Verbindungen bilden, die den naturlichen Peptonen
bereits sehr nahe stehen, und denen er daher den
Namen „Polypeptide" gab. Nach der Anzahl der in
ihnen enthaltenen Aminosauren werden Bi-, Tri-, Tetra-
Peptide u. s. w. unterschieden. Die einfachste Ver-
bindung dieser Art ist das Qyleyl-, Glycin, NHs, CHa,
C OON H CHa, COO H. Diese Verbindung kann man
successive weiter ausbauen, indem man beliebig oft
ein Glykokoll-Molekul unter Wasseraustritt einfuhrt.1)
Die Zahl der nach verschiedenen von Eischer aus-
gearbeiteten Methoden gewonnen Polypeptide betragt
etwa 70. 2) Endlich hat Eischer eine Anzahl von
Proteinen auf mehrfache Weise (hydrolytisch) gespalten,
und konnte zeigen, daB sich unter den Spaltungs-
produkten viele Amino-, Diamino- und Oxy-Amino-
sauren befanden, die er bereits synthetisch dargestellt
hatte, und die man fruher bel der Protein-Zersetzung
zum Teil nicht hatte finden oder trennen konnen. So
fand er, daB Prolin,3) Oxy-Prolin, Alanin (in weit
groBerer Menge als man fruher gedacht hatte), Serin und
ganz regelmaBig fanden sich Leucin, Alanin und Serin,
und einen Grund hierfur glaubt Eischer in den Be-
ziehungen dieser Stoffe zu den Kohlehydraten zu sehen,
da Leucin mit 6 Kohlenstoffen der ebenfalls 6 Kohlen-
stoffatome besitzenden Glykose, Serin und Alanin mit
3 Kohlenstoffen dagegen der Milchsaure und Glycerose
entsprechen. — Noch nicht gelungen ist es jedoch,
Peptone mit Polypeptiden zu identifizieren, doch durfte
dies daher ruhren, daB die Peptone, die ersten Abbau-
produkte des naturlichen EiweiBes, noch Gemenge
chemischer Individuen sind, die sich mit den heutigen
Mitteln nicht trennen lassen, wahrend wir in den kunst-
lich dargestellten Polypeptiden reine, einheitliche Kbrper
besitzen.
Diese kunstlich eingeleitete EiweiBzersetzung ver-
mag sich jedoch auch selbsttatig unter Mitwirkung
mannigfacher Mikroorganismen abzuspielen. Denn bel
der sogen. Fåulnis und Verwesung treten neben
anderen Verbindungen auch alle jene bereits erwahnten
Spaltprodukte auf. Die die Fåulnis erregenden Mikro-
organismen lassen sich, wie neuere Forschungen ge-
zeigt haben, in zwei Gruppen zerlegen; die erste Gruppe
vermag die Proteine selbst zu zersetzen, sie sind
die eigentlichen Fåulniserreger. Ohne auf die einzelnen
ins Spiel tretenden Arten nåher einzugehen, sei nur
erwåhnt, daB die Mehrzahl von ihnen zu den Anairoben
d. h. zu den luftscheuen Faulnisbakterien gehort. Die
zweite Gruppe dagegen vermag nicht die Proteine
aufzuspalten, sondern nur die ihnen nahestehenden
Peptone und Albumosen, die aber selbst schon als
Bausteine der Proteine anzusehen sind. Man bezeichnet
daher die ersteren als proteolytische, die zweiten als
peptolytische Bakterien. Man konnte zeigen, daB die
pin engem Zusammenhange mit den Polypeptiden stehen
die 2-, 5-Diketo-Piperazine, welche ihre inneren Anhydride reprå-
sentrieren und kur ihre Synthese wichtig sind.
2) In vielen Fallen ist es auch gelungen, optisch aktive Isomere
zu trennen.
«) Das ist Pyrrolidin- und Carbonsåure.