Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Ilr. 27
BayeriFche Subilciums«handes-Husltellung 1906
Seite 593
genau untersucht sind, den freien Stickstoff als Nahrung
brauchen, und als Endpunkt des Prozesses stickstoff-
haltige Verbindungen ihrer Korpersubstanz anzusehen
sind. Ob jedoch Zwischenprodukte bei der Assimilation
entstehen und welche dies sind, ist noch nicht klar-
gestellt. Von clostridium pastorianum wissen wir, daB
es als Gårungsprodukt Wasserstoff erzeugt, und
Winogradsky vermutet, daB dieser Wasserstoff
auf den atmosphårischen Stickstoff einwirkt und
primår Ammoniak bildet; doch durfte diese Er-
klarung unzulånglich sein. Nach Gautier und
Drouin dagegen sol1 eine Oxydation des Stickstoffs
stattfinden. Interessant ist eine Vermutung von Edb;
dieser weist darauf hin, daB feuchtes Platinmoor in
Beruhrung mit Luft Spuren von Ammoniumnitrit bildet,
und daB vielleicht die Bakterienassimilation ein åhnlicher
Vorgang sei. Erinnert man sich an die oft anzutreffende
Åhnlichkeit der Wirkungen von Metallsolen und
Enzymen, so erscheint es danach nicht ausgeschlossen,
daB man bei diesen stickstoffbindenden Bakterien ein
wirksames Enzym finden wird. — Bezuglich der Ent-
wickelungsbedingungen dieser wichtigen Organismen
ist noch zu erwåhnen, daB Anwesenheit von Kalk und
Phosphorsaure dringendes Erfordernis ist, und daB
auch die Menge der verfugbaren Kohlenstoffnahrung
entscheidenden EinfluB besitzt.
NaturgemåB hat man sich auch mit der Erage
beschaftigt, ob es denn nicht auch andere, hbhere
pflanzliche Organismen gibt, die die Eahigkeit der Stick-
stoffassimilation besitzen. Dies muB fast ganzlich ver-
neint werden. Die hoheren grunen Pflanzen ergaben
sicher negative Resultate, ebenso die Algen, bezuglich
deren man lange im Zweifel war, und nur hinsichtlich
der Pilze, der Eumyceten, ist die Erage noch offen.
Dagegen ermoglichen gewisse symbiotische Vorgånge,
wie wir bald sehen werden, sehr wohl eine Assimilation.
Doch hat diese durchaus in der Symbiose, in dem
Zusammenleben zweier Pflanzenarten, ihren Grund und
nicht in den ursprunglichen Eigenschaften der Einzel-
pflanzen.
Dem wichtigsten Beispiele eines solchen Prozesses
begegnen wir bei den Leguminosen. Seit den grund-
legenden Untersuchungen Hellriegels weiB man, daB
sich in den oft beobachteten Knollchen der Leguminosen-
wurzeln Stickstoff assimilierende Mikroorganismen be-
finden, deren Assimilationsprodukte der Pflanze und
dem Boden zugute kommen. Letztere Tatsache ist
schon seit langem bekannt und fuhrte zu gewissen,
rein empirisch gefundenen praktischen MaBnahmen der
landwirtschaftlichen Bebauung. Es ist eine alte Er-
fahrung, daB man bei der Bebauung des Eeldes zwischen
bodenbereichernden und bodenverzehrenden Gewachsen
scheiden muB. Denn durch gewisse Bebauungen, wie
z. B. mit Getreidearten wird der Boden erschbpft und
kann nur bei geeigneter Dungung seinem alten Zwecke
weiter dienen. Baut man jedoch alternierend mit
dem Getreide Kleearten an, so erweist sich alsdann der
Boden nicht nur nicht abgenutzt, sondern sogar ertrags-
fahiger fur die Nachfrucht. Unter dem EinfluB der
Liebigschen Eehre erkannte man, daB bei dieser
merkwurdigen Erscheinung der Stickstoff eine ausschlag-
gebende Rolle spielt. Wahrend die Gramineen durch
ihr Wachstum dem Boden Stickstoff entziehen, ihn
armer an Stickstoff zurucklassen, also Stickstoffzehrer
sind, beobachtete man nach dem Anbau der ver-
schiedensten Schmetterlingsblutler stets einen Zu-
wachs an Stickstoff, sofern der Boden nicht gerade
steril gemacht worden war, so daB man sie als
Stickstoffmehrer bezeichnet. Allerdings sind sie es
nicht selbst, die den Stickstoff binden, das sind vielmehr
die sogenannten Knbllchenbakterien, die in ein enges
symbiotisches Verhåltnis zu ihnen treten. Baute man
aber Leguminosen auf sterilisiertem Boden an, so blieb
die Knollchenbildung an den Wurzeln aus, und die
Leguminosen waren ebenso wie die Getreidearten dar-
auf angewiesen, ihren Stickstoffbedarf aus dem Nitrat
des Bodens zu decken, diesem also gebundenen Stick-
stoff zu entziehen. Die Knbllchenbakterien arbeiten den
Leguminosen vor, indem sie aus dem Stickstoff der
Luft EiweiBkbrper aufbauen. Trotzdem ist das Ver-
haltnis zwischen Leguminose und Knollchenbakterie
nicht, wie man anfangs glaubte, ein Ereundschafts-,
sondern ein Kampfverhaltnis. Die Knbllchenbakterien
sind, wie Hiltner nachgewiesen hat, Parasiten der
Leguminosen. Die Pflanze wehrt sich gegen sie und
sucht sie -zu resorbieren. Umgekehrt kbnnen aber
auch die Knbllchenbakterien schlecht ernahrte Pflanzen
zerstbren, indem sie keinen Stickstoff mehr aus der
Luft sammeln und schlieBlich nur auf Kosten der
Pflanze leben. — Nachdem man erst einmal die Natur
dieses Stickstoffbereicherungsprozesses erkannt hatte,
suchte man ihn auch auf kunstlichem Wege herbeizu-
fuhren, wahrend man vorher sogar einmal eine kurze
Zeit lang bestrebt gewesen war, die Knollchenbildung
an den Leguminosenwurzeln als etwas Krankhaftes zu
unterdrucken. Man fbrdert daher hente die Knbllchen-
bildung durch Impfung des Bodens mit Reinkulturen
der Knbllchenbazillen, unter denen das Handelsprodukt
»Nitragin« am bekanntesten sein durfte.
Bisher sahen wir, daB bei allen Assimilationen
des Stickstoffs im Boden lebende Organismen in
Wirkung traten. Dies erschien auch ganz naturlich,
da wir nur wenige, meist groBen Energieaufwand er-
fordernde Wege kennen, um dieses Ziel auf rein
chemischem Wege zu erreichen. Den bisherigen Er-
fahrungen tritt jedoch eine erst kurzlich erschienene
Arbeit von Warmbold entgegen. Warmbold glaubt
beobachtet zu haben, daB peinlich sterilisierter Acker-
boden von sehr porbser Struktur mit 16—3O°/o Wasser
bei verschiedenen Temperaturen sich an Stickstoff
analytisch nachweisbar anreichern kann. Dieses Resultat
ist uberaus erstaunlich und wurde, wenn es sich be-
statigt, unsere Anschauungen uber die Reaktionsfahigkeit
des Stickstoffs wesentlich beeinflussen. Doch wird es