Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Rr. 2
BayeriFche Hublldums’ Landes »Husftellung 1906
Seite 45
Ursache, Verlauf und Verhutung von Explosionen
in Aluminiumbronzefabriken
von Prof. Dr. Hans Stockmeier. (Fortsetzung statt SchluB,)
^m intensivsten wird Wasser durch Aluminium-
/\ bronzeschliff zersetzt und zwar am leichtesten
-^- A_ alkalihaltiges Wasser, also z. B. solches, welches
die Verwitterungsprodukte des Granites durchsickert hat.
Schon bei einer Temperatur von 20 Grad C. ist eine
Zersetzung des Wassers durch Bronzeschliff moglich; dies
ist besonders bedenklich, weil Schliff durch Auswaschen
des mit Gummi arabicum geriebenen Materiales ge-
wonnen wird. Tatsåchlich sind derartige meist in
sturmischer Weise verlaufende Zersetzungen von Alu-
miniumbronzeschliff mit Wasser wiederholt beobachtet
worden. Sie bekunden sich durch ein heftiges Auf-
schåumen und Verwandlung des glanzenden Aluminium-
pulvers in weiBes erdiges Aluminiumoxyd. Da 1 Kilo-
gramm Aluminiumbronzeschliff 1 Kubikmeter Wasser-
stoff bildet, so leuchtet es ein, daB bei der Verarbeitung
verhåltnismåBig geringer Bronzeschliffmengen schon
auBerordentlich groBe Wasserstoffquantitåten entstehen
konnen und da geringe Mengen Wasserstoff hinreichen,
um in Vermischung mit Luft Explosionsmischungen
von der furchtbarsten Kraftwirkung zu erzeugen, so liegt
es auf der Hand, daB das Auswaschen des Bronze-
schliffes groBe Vorsicht erheischt. Trotzdem nun solche
Zersetzungen schon haufig im GroBbetriebe beachtet
wurden, haben diese erfreulicherweise noch niemals
die Veranlassung zu einer Explosion gegeben, weil die
Luft-Wasserstoffmischung erst dann eine zerstbrende
Wirkung auBern kann, wenn sie mit einem zundenden
Funken oder einer Flamme zusammentrifft. Bis jetzt
traten derartige Zersetzungen entweder im Ereien oder
in Råumen auf, welche das Entweichen des Wasser-
stoffs leicht ermoglichten: zudem mag es ein gluck-
licher Zufall sein, daB dieselben vornehmlich im Sommer
Luftreten, also zu einer Zeit, in der man ohnedies durch
Offenhalten von Tur und Eenster eine intensivere
Ventilation schafft. Im Winter, wo weniger energisch
geluftet wird, ist eine Zersetzung des Aluminiumschliffes
mit Wasser durch die an sich niedere Temperatur des
letzteren wenig wahrscheinlich und wenn eine solche
Luftreten sollte, so zeigt einerseits die Veranderung des
Aluminiumbronzeschliffes, andererseits die sturmische
Gasentwicklung sofort den Vorgang an und veranlaBt
Ben Bronzefabrikanten, fur eine moglichst rasche Ab-
leitung des Wasserstoffes Sorge zu tragen. Als selbst-
verstandlich erscheint es, daB in einem Raume, in
welchem Bronze mit Wasser behandelt wird, keine
Flamme vorhanden sein darf.
Bis jetzt handelte es sich um die Zersetzung groBerer
Wassermengen bei der Gewhmung des Bronzeschliffes;
Benn z. B. um 1 Kubikmeter Wasserstoff durch Zer-
setzung von 1 Kilo Schliff zu erhalten, sind 2. Liter
Wasser notwendig. Bei den ubrigen Fabrikationsvor-
gangen sind so groBe Wassermengen wie bei der
Schliffauswaschung nicht vorhanden; nur in den Reib-
muhlen spielt das Wasser der Gummi arabicum-Losung
noch eine groBere Rolle: denn dort treffen auf 5 Teile
Bronze ungefahr 4 Teile Wasser. Tatsåchlich wurden
bereits in Reibmuhlen derartige Zersetzungsvorgånge
beobachtet. In geringen Mengen ist aber Wasser in
jeder Aluminiumbronze enthalten. Ich habe gefunden,
daB das Aluminiumbronzepulver in einem gwissen
Grade die Eigenschaft eines hygroskopischen Kbrpers
besitzt, d. h. die Fåhigkeit aufweist, Wasser aus der
atmosphårischen Luft je nach dem herrschenden Tem-
peratur- und Feuchtigkeitsgrade in wechselnden Mengen
aufzunehmen. So ist Bronzepulver von gewohnlicher
Beschaffenheit imstande, bis 1,40 %, Bronzeschliff bis
zu 2,38 °/o Wasser aufzunehmen, ohne daB etwa die
Produkte feucht erscheinen wurden. Diese hygro-
skopische Feuchtigkeit muB man als eine Quelle der
Entstehung von Wasserstoff im Auge behalten. Zwar
habe ich bereits eine groBe Reihe von Versuchen unter
den verschiedensten Umstånden und den verschiedensten
Zundungsmbglichkeiten ausgefuhrt, um zu ersehen,
ob hierdurch Wasserstoffbildungen bezw. Explosions-
erscheinungen eintreten konnen. Eine Entwicklung von
Wasserstoff war aber selbst nicht bei einer Temperatur
von 100 Grad zu beobachten. Lediglich beim Bronze-
schliff mit 2,38 °/o Wasser bildete sich eine geringe,
nur 4,1 °/o der theoretischen Maximalmenge entsprechende
Quantitåt Wasserstoff, welche indessen in Vermischung
mit Luft unter Einhaltung der Verhåltnisse, wie sie in
Polier- oder Steigmuhlen herrschen, nicht zur Explosion
zu bringen war.
Dagegen hat es sich gezeigt, daB Bronzeschliff
mit einem groBeren Wassergehalt, also z. B. in dem
Zustande, wie er aus den AuswaschgefåBen kommt,
um an der Luft getroeknet zu werden, schon bei geringer
Temperaturerhbhung groBe Mengen von Wasserstoff
zu bilden vermag; so ist auch tatsåchlich in einer
groBeren Bronzefabrik der Fall eingetreten, daB derartig
feuchter Bronzeschliff nach kurzzeitiger Bestrahlung
durch die Sonne unter heftiger Detonation explodierte.
Es mag hier besonders auf den Umstand hingewiesen
werden, daB die geringste Wasserstoffentwicklung, so-
bald sie durch irgend eine Ursache eingeleitet wird,
energisch unter Ereiwerden groBerer Warmemengen
fortschreitet.
Wenn es mir nun auch bis jetzt nicht gegluckt
ist, nachzuweisen, daB sich aus dem hygroskopischen
Wasser gefåhrliche Wasserstoffmengen bilden konnen,
so mochte ich doch nicht mit Bestimmtheit aussprechen,