ForsideBøgerAusstellungszeitung Nürnberg 1906

Ausstellungszeitung Nürnberg 1906

Forfatter: Paul Johannes Rée

År: 1906

Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei

Sted: Nürnberg

Sider: 1096

UDK: St.f. 91(43)(064) Aus

Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern

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Hr. 29 Bayerifche ^ub^lduI^s■ka^des•Hus^fe^^^g 1906 Seite 649 quantitativer Ausbeute, nach der einfachen Qleichung Ca CN2+3H20 = 2NH3+Ca COa. Als Nebenprodukt fållt also Kalziumkarbonat ab. Somit ist ein Weg gefunden, den Luftstickstoff in Ammoniak uberzufuhren. Doch die Bedeutung des Cyanamids geht noch weiter. Es zeigte sich, daB es ein ausgezeichnetes Dungemittel ist, das im Ackerboden auf Umwegen in Ammoniak ubergefuhrt wird, der ja einerseits selbst den Stickstoffbedarf der Pflanzen deeken karm, andererseits aber auch durch Nitrifikation in Nitrate ubergeht. Anfangs hatte man geglaubt, es konne sich aus dem Cyanamid im Boden das sehr giftige Dicyandiamidin bilden, doch haben sehr exakte Unter- suchungen gezeigt, daB dies vollig ausgeschlossen ist. SchlieBlich låBt sich aus Cyanamid eine Reihe anderer technisch wichtiger Verbindungen herstellen, so daB hier ein Ausgangspunkt fur eine mannigfache chemische Industrie geschaffen ist. Da auch bei diesem Ver- fahren elektrische Energie benutzt wird, so sucht man auch fur seine Durchfuhrung Wasserkråfte nutzbar zu machen. Italienische Qesellschaften haben die Ein- fuhrung der Cyanid-Industrie in die Hand genommen. Eine in Piano d'Orte in Betrieb stehende Fabrik hat gute Erfolge, obwohl die Energieausbeute kaum die Hålfte der theoretischen erreicht. Der Stickstoff ist allerdings in diesem Falle nicht vollig kostenlos, da er frei von Sauerstoff sein muB. Dies wird am besten durch Verflussigung der Luft nach dem Lindeschen Verfahren erreicht. Beim Verdampfen der flussigen Luft destilliert zuerst der leichter fluchtige Stickstoff fort, und man gewinnt gleichzeitig reinen Sauerstoff, der anderweitige Verwendung findet. Allerdings haben wir so noch nicht den technisch wichtigen Salpeter aus Luftstickstoff gewonnen. Dies ist in der Tat in einer allgemein finanziell gunstigen Weise noch nicht moglich. Doch scheint sich fur die Zukunft ein Ersatz zu bieten. Von Ostwald und Brauer ist ein katalytisches Verfahren gefunden worden, um Ammoniak zu Salpetersåure zu oxydieren. Damit wåre die Frage auf die Gewinnung des Ammoniaks in groBen Mengen reduziert. Unsere Hauptquelle fur diesen bilden aber vorlåufig die Kohlen, die bei der Leuchtgasdestillation als Nebenprodukt Ammoniak liefern. Somit wurde ein vermehrter Oasverbrauch — etwa durch allgemeine Einfuhrung von Gaskraft- maschinen — uns den nbtigen Ammoniak liefern. Diesen Gedankengang vertritt Ottomar Thiele, und er glaubt, daB in der Darstellung der Salpetersåure aus Ammoniak nach dem Ostwaldschen Verfahren und in der ausgedehnten Verwendung des Kalkstickstoffs die Salpeterfrage einst ihre Losung finden wird. Dazu kame noch das aus dem Cyanamid dargestellte Ammoniak. Bei seiner Darstellung erhielten wir, wie wir sahen, als Nebenprodukt reinen Sauerstoff, der eben- falls fur die Oxydation des Ammoniak zu Salpeter- såure geeignet ist. Somit karm man zwar sagen, daB die Losung der Stickstoffrage wohl angebahnt, nicht aber die Frage endgultig geldst ist. Daher durfen wir vorlåufig eine andere, zwar alte, aber in neuester Zeit wieder auf- getauchte Idee nicht von der Hand weisen: wir mussen gebundenen Stickstoff sparen! Wie der Landmann von jeher die tierischen Ausscheidungsprodukte sammelt und wieder der Erde zuruckgibt, um seinem Acker gebundenen Stickstoff zuzufuhren, so muBten wir auch im groBen verfahren; denn eine Stadt von 100000 Ein- wohnern verliert durch ihre Wasserkanalisation jåhrlich Millionen Mark an Stickstoff, der nicht nur ungenutzt verloren geht, sondern sogar Abwåsserreinigungskosten verursacht und das FluBwasser entnervt. Auf diesem Gebiete bleibt noch alles zu tun. Solange wir an einer Wasserkanalisation festhalten mussen und kein trocknes Verfahren (dry-closets) besitzen, ist an eine technische Verwertung der organischen Exkremente nicht zu denken. In Erkenntnis der Wichtigkeit dieser Frage hat die englische Regierung, wie Prof. Ramsey beim KongreB fur angewandte Chemie in Rom im April d.J. berichtete, eine Kommission eingesetzt, welche Mittel fur die Be- seitigung und Nutzbarmachung der Abwåsser aus- findig machen sol!. So sucht man auf verschiedene Weise der Stick- stoffrage Herr zu werden. In wenigen Jahrzehnten muB die Entscheidung fallen, welcher Weg der ge- eignetste ist, wenn sich nicht naturgemåB eine Arbeits- teilung ergeben sollte. Vorlåufig scheint das Cyanid- verfahren der direkten Luftverbrennung uberlegen zu sein, fuhrt aber nur auf kompliziertem Wege zur Salpetersåure. Wenn wir dagegen den Ammoniak der Steinkohlen zum Ausgangsprodukt der Salpeterindustrie machen, so arbeiten wir wiederum ein uns von der Vorzeit uberliefertes Erdbesitztum auf. Die sich er- schopfenden Salpeterlager werden ein erstes Beispiel dafur bieten, wie notwendig es ist, daB wir uns von den Ersparnissen fruherer Erdepochen unabhångig machen. Die freilich erst in einer viel spåteren, aber doch absehbaren Zeit zur Neige gehenden Kohlenlager werden einen analogen Fall bilden, und wurden die Salpeterfrage aufs neue aufrollen. Bedenken wir da- gegen, daB uber einem ha Bodenflåche eine Luftsåule ruht, die etwa 80000 Tonnen Stickstoff enthålt und den jåhrlichen Sti ckstoffgebrauch Deutschlands decken kbnnte, so werden wir uns sofort bewuBt, daB es eine der vornehmsten Aufgaben der Chemie bleiben muB, bkonomische Methoden zu entdecken, um den freien Luftstickstoff direkt an Sauerstoff zu binden und ihn in jede gewunschte Gestalt uberzufuhren. — □