ForsideBøgerAusstellungszeitung Nürnberg 1906

Ausstellungszeitung Nürnberg 1906

Forfatter: Paul Johannes Rée

År: 1906

Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei

Sted: Nürnberg

Sider: 1096

UDK: St.f. 91(43)(064) Aus

Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern

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Side af 1124 Forrige Næste
Hr. 3 Bayerifche 3ubilaums= bandes-Busitellung 1906 Seife 57 um sich gegriffen hat, schon wieder einen Ruckschlag und gibt Grund zu schwerer Selbstanklage. Der Staat, den Montgelas einrichtete, trug einen bureaukratischen Tharakter und Konnte noch Keinen andern tragen. Genug, dah er gegenuber der alten Ungleichheit in der Dersassung und Derwaltung der £andesteile Tinheitlichkeit und Sentralisation, gegenuber den Vorrechten der privilegierten Stande die vorher als Buttel des Kirchlichen Nberglaubens verrichtet Hatte. Die bayerische Beamtenschaft Hatte im 16. und 17. Jahrhundert, besonders unter Maximilian I., schon eine erfreuliche Stuse fachmannischer Tuchtigkeit, Pslichltreue und Jnlegrilal ersliegen. Jn den folgenden Seiten war sie, unter dem verderblichen Vorbilde schwelgerischer und sitten- loser hose, wie fast uberall auch in Bayern lief gesunken. EM Mra- - - E^t Die Lolzkonstruktion des Laupt-Industriegebaudes. unschatzbaren Grundsatze der Gleichheit aller vor dem Gesetz und der allgemeinen Teilnahme an den Staalslaslen ver- wirklichlel Eigensuchtig hatten sich seit dem Mittelalter Ndel und Klerus den direkten Steuern und vielen indirekten Nbgaben entwunden. Jm Staate aber, sagt die Konstitution von 1808, muh uberall nach gleichen Gesetzen gerichtet, nach gleichen Grundsatzen verwaltet und nach gleichem System mussen die Steuern bezahlt werden. Dem Ndel wurde jedes Vorrecht auf fimter und Ivurden des Staates ab- erkannt. Unter allen Standen ist er der einzige, der im Derlause dieses Jahrhunderts, alles zusammengerechnet, eingebuhl hat — an Macht, Vermogen und Linfluh. Nlle Lehens- und Vienstanwartschaften — unter Karl Theodor War damit der unwiirdigste handel getrieben worden — wurden ausgehoben. Die Unabsetzbarkeit und Unabhangig- beit der Richter wurde gesetzlich ausgesprochen, die Trennung der Rechtspslege von der Verwaltung in den Hoheren Le- Horden durchgesuhrt, wahrend ihre Trennung in der untersten Onstanz erst durch die neue Gerichtsversassung von 1861 erfolgte. Don Kreittmayrs Kriminalkodex, unter dessen Herrschaft man in die neue Seit eingetreten war, Hatte oin bayerischer Veamter 1803 geurteilt, er wisse wirklich "lcht, ob der Verbrecher oder die strafende Regierung grau= furner und unmenschlicher verfuhre. 1806 wurde die Tortur ausgehoben, 1813 das neue Strafgesetzguch Feuerbachs erlassen, das dem Scharfrichter den grotten Teil seiner grausigen Arbeit abnahm und unter den Derbrechen nicht Mehr die Vegriffe Ketzerei, Hexerei, Zauberei aufsuhrte. Damit kundete der Staat den unwurdigen Dienst, den er IDer Kennt nicht aus der schonen £iteratur unserer Klassischen Periode die stehende Figur des schurkischen Beamten und Hoflings! Nlle edlen Seelen, sagt eine Stimme noch aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts, halten sich srei von den Pslegern (den Vorlaufern unserer Landrichter und Bezirks- amtmanner). Max Joseph erklarte bald nach seinem Regierungsantritt, er werde Beamtenstellen „niemals solchen Subjekten anvertrauen oder belassen, welche die dazu er- sorderliche Kenntnis und Rechtschaffenheit nicht besitzen oder nicht gehorig verwenden". Zortan entschied nur die Tuchtig- Keit uber die Nnstellung und Beforderung, die vorher von der Gunst des hoses oder eines einfluhreichen Fursprechers abhingen, wenn sie nicht gar erkauft wurden. Die sogenannte „Haupllandespragmalik" vom 1. Januar 1805 regelte die Dienstverhaltnisse der Staatsdiener nach Gesichtspunkten des offentlichen Rechts und bezeichnet nach dem Urteile Max v. Seydels einen Markstein in der Geschichle nicht nur des bayerischen, sondern des deutschen Beamtenrechtes. Fur die Bauernbefreiung brachte die Tpoche Mont- gelas erst eine Abschlagszahlung in der von den Nufstandischen des grohen Bauernkriegs 1525 vergebens angestrebten Nushebung der Leibeigenschast. „Vie armen £eute" Hiehen die Bauern im Mittelalter und daruber Hinaus und wahrlich als arme £eute Hatten sie noch die Schwelle zum 19. Jahrhundert uberschritten. Wahrend die staatliche Steuerlast fast ausschliehlich auf ihnen lag, hatten die meisten von ihnen daneben auch ihren Gutsherren Gilten, Sinsen und Sehnten zu bezahlen und Fronarbeit, die sogenannte Scharwerk, zu leisten. Denn mehr als neun