Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Nr. 33
Bayerlfche 3ubHdums-kandes •flusffeHung 1906
Seite 775
machen lassen. Vorschlåge fur Vertragsnormen werden
daher kaum zu dem von den Angestellten erstrebten
Ziele fuhren, zumal zu einer Zeit, in welcher das An-
gebot von Arbeitskråften die Nachfrage wesentlich
ubersteigt, so daB der Angestellte nicht noch mit
Forderungen kommen darf, auch dann nicht, wenn
dieselben von groBeren Verbanden aufgestellt wurden.
Jede groBere Firma hat eine elgene Vertragsnorm, von
der sie ohne zwingende Grunde nie und nimmer ab-
weichen wird. Selbstredend wåre fur den Angestellten
durch die Anerkennung eines im Sinne Bohmers ab-
gefaBten Normalvertrages schon sehr viel gewonnen,
aber es wird wohl schwerlich dazu kommen, wenn
auch viele Firmen ihren Angestellten gegenuber der
loyalsten Anschauung Raum geben.
Inzwischen hat sich aber ein Wunsch Bohmers
bereits erfullt, da sich ein in kurzer Zeit groB ge-
wordener Verband, namlich der »Bund der technisch
industriellen Beamten" mit der vorliegenden Frage be-
schaftlgte, indem er einen Schritt weitergehend die
gesetzliche Regelung der schwebenden Erfinderfrage
bel der zustandigen Stelle in Anregung brachte. In
einer in Berlin abgehaltenen, von 2000 Beamten be-
suchten Versammlung einigte man sich im wesentlichen
auf die von Ingenieur West in Berlin aufgestellten
Grundsåtze, welche nachfolgenden Wortlaut haben:
1. Technische Angestellte und Arbeiter sind Elgen-
turner der von ihnen herruhrenden Erfindungen.
2. § 3 des Patentgesetzes erhalt den Zusatz: »Wenn
der Anmelder nicht zugleich der Erfinder ist, so
soll der Name des Erfinders gleichzeltig in der
Anmeldung angegeben werden. In der Patent-
urkunde und in der Patentschrift ist der Name
des Erfinders hinter dem Namen des Anmelders
in Klammern anzugeben"
3. Der Arbeitgeber hat eln Recht darauf, daB die Er-
findung, die der Angestellte ihm wahrend seiner
Dienstzeit vorlegt oder im Inland zum Patent an-
meldet, ihm zur gewerbllchen Ausnutzung uber-
lassen wird, wenn und sowelt die Erfindung einen
Gegenstand betrlfft, der innerhalb des Rahmens
des betreffenden Gewerbebetriebes liegt.
4. Der Arbeitgeber muB Innerhalb eines Monats er-
klaren, ob er die Erfindung ausbeuten wlll. Erklart
er sich fur die Ausbeutung, so wird er dadurch ohne
weiteres alleiniger Lizenznehmer und ubernimmt
damit die Verpflichtung, die Kosten der Erwerbung
und Aufrechterhaltung der Patente zu bestreiten
und die Ausbeutung der Erfindung mit den ihm
zur Verfugung stehenden Mitteln zu betreiben.
Flinslchtlich des Auslandes steht ihm die Auswahl
der einzelnen Lander zu. In dem Umfange, in
dem er auf die Ausbeutung verzichtet, ist der
technische Angestellte und Arbeiter unbeschrankter
Eigentumer seiner Erfindung. Die Lizenzrechte
des Arbeitgebers erloschen, sobald er selnen Ver-
pflichtungen als Lizenznehmer nicht nachkommt.
5. Als Entschadigung fur die Uberlassung seiner Er-
findung an den Arbeitgeber hat der Erfinder An-
spruch auf einen angemessenen Anteil an dem
Nutzen, den die Ausbeutung der Erfindung
wahrend der Patentdauer dem Unternehmer bringt.
Wenn eln Gegenstand durch mehrere Patente ge-
schutzt ist, findet eine Teilzahlung des in Betracht
kommenden Betrages nach billlgem Ermessen statt"
Diese Leitsatze enthalten in ihren Grundzugen ent-
schieden sehr viel Beachtenswertes. Allerdings werden
dieselben, ehe sie Gesetz werden, noch manche Ande-
rung erfahren. Jedenfalls muB aber anerkannt werden,
daB die Westschen Leitsatze einer ernsten Wurdigung
wert sind, und daB dieselben auf alle Falle eine wert-
volle Basis fur weitere Beratungen bliden.
Was speziell den zweiten Leitsatz, die Aufnahme
des Namens des Erfinders in die Patenturkunde anbe-
langt, so sei bezuglich dieses Satzes bemerkt, daB der-
selbe bereits im Jahre 1900 von dem Deutschen Tech-
nlkerverband anlåBlich eines Kongresses des Deutschen
Vereines zum Schutze des gewerbllchen Eigentums in
Form eines Antrages zur Abstimmung gebracht wurde,
daB dieser Antrag aber nicht zur Annahme fuhrte.
AnlåBlich der obenerwahnten von der Ortsgruppe
Berlin des „ Bundes der technisch-industriellen Beamten"
am 10. November 1905 abgehaltenen Versammlung, in
welcher Ingenieur West seine Leitsatze vortrug, wurde
dem Wunsche Ausdruck verliehen, daB man statt des
unbestimmten Begriffes »angemessener Anteil" den Ge-
winnanteil zahlenmaBlg festlegen moge, worauf man
sich auf den dritten Teil des Nutzens einigte.
Ein in der gleichen Versammlung gesteliter An-
trag ging noch dahin, man solle diesen Leitsatzen
einen weiteren des Inhalts anfugen, daB Abmachungen,
die dlesen Bestimmungen zuwiderlaufen, nichtig sein
sollen.
Der Verfasser glaubt, von einer eigenen kritischen
Beleuchtung dieser Leitsatze absehen zu durfen, er halt
sich jedoch fur verpflichtet, an dieser Stelle diejenigen
Bedenken anzufuhren, welche gegen dieselben anlaB-
lich verschiedener Besprechungen erhoben wurden.
Eine diesbezugliche Erorterung des Leitsatzes 1 scheint
mit Rucksicht auf das bisher Gesagte nicht erforderlich
zu sein. Dem zweiten Leitsatz scheint man im all-
gemeinen nicht unsympathisch gegenuber zu sleben.
Leitsatz 3 kann hier, da derselbe in einem Abhanglg-
keitsverhaltnls zu Satz 1 steht, gleichfalls auBer Be-
tracht blelben. Hinsichtlich des vierten Leitsatzes wird
die Anschauung vertrefen, daB die Frist von elnem
Monat, die dem Arbeitgeber zur Entscheidung, ob er
die Erfindung ausbeuten will, zusteht, viel zu kurz
bemessen sei, ganz abgesehen davon, daB die Arbeit-
geber den Westschen Leitsatzen im Prinzip uber-
haupt nicht zustlmmen konnten. DaB auch der Lelt-
satz 5 von seiten der Arbeitgeber sehr viele Angriffe
zu erwarten hat, bedarf kelner weiteren Auseinander-
setzung.