Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seite 842 Bayerifdie Subildums*kandes-Husifellung 1906 nr. 35
Diffusion eines anderen Kolloids sehr groBen Wider-
stand entgegensetzt, so stellt es im festen Zustande eine
solche Scheidewand, eine sogenannte „semipermeable"
oder „halbdurchlåssige" Membran dar und ermbglicht
eine sehr bequeme Trennung der Kolloide und
Kristalloide im „Dialysator". Dieser besteht aus einem
kleinen OefåB, dessen Boden durch Pergamentpapier
oder durch tierische Membran gebildet ist und welches
in ein groBeres, mit reinem Wasser gefulltes OefåB
gestellt wird. Beschickt man nun das kleine OefåB
mit der zu analysierenden Flussigkeit, so diffundieren
nach hinreiehend langer Zeit die in der Losung be-
findlichen Kristalloide heraus, wenn man nur dafur
sorgt, daB das Waschwasser von Zeit zu Zeit erneuert
wird, wåhrend die Kolloidsubstanzen zuruekgehalten
werden. Die Diffusionsvorgånge spielen im Tier- und
Pflanzenleben eine wichtige Rolle; sie geben uns uber
Ernåhrung der Tiere und Pflanzen, sowie aueh uber
andere Lebensvorgånge derselben weitgehende Auf-
klårung.
Was die Einwirkung des elektrischen Stromes auf
die Losungen der Kolloide anbetrifft, so findet eine
gewisse Leitung der Elektrizitåt, die konvective Leitung
statt, derart, daB die gelbsten Teilehen oder Suspensionen
teils mit, teils gegen den Strom wandern und an den
Elektroden ausgeschieden werden. Darauf grundet sich
eine wichtige Erfindung des Chemikers Dr. Graf Botho
von Schwerin, der durch Elektroosmose der Losung
des Problems der Moorkultur wesentlich nåhertritt.
LåBt man hochgespannte Strome auf die Humin-
substanzen des Torfbreies einwirken, so wandern die-
selben mit dem elektronegativen Strom, scheiden sich
in dichtem Zustande an der Anode ab und zwar unter
Abgabe von Wasser. Nach diesem Verfahren stellen
die Hochster Earbwerke das sogen. Osmon dar, eine
dichte, braunkohlenåhnliche Masse, die bel der trockenen
Destillation neben Torfgas und anderen Destillations-
produkten die vorziiglichen Osmon-Koks liefert.
Van Bemmelen wies nach, daB die gelbsten Kolloide
durch porbse Stoffe, wie Kohle, Pflanzengewebe usw.
in gewissen Fållen ganz absorbiert werden; so gibt
z. B. das durch Einleiten von Schwefelwasserstoffgas in
wåsserige arsenige Såure frisch dargestellte kolloidale
Arsentrisulfid an Tierkohle alles Arsentrisulfid ab. Viele
kolloidale Lbsungen kbnnen durch Zusatz gewisser
Substanzen, namentlich von Elektrolyten, bisweilen
aueh freiwillig gerinnen oder gelatinieren. Nach Unter-
suchungen von Schulze fållt Salzsåure noch in einer
Verdunnung von 1 : 555, Schwefelsåure noch in einer
solehen von 1:255 aus der Losung des schon er-
wåhnten kolloidalen Arsentrisulfids den gelbsten Kbrper
aus. Die Stårke des Oerinnungsvermogens der Salze
hångt nach Untersuchungen von Linder und Picton
von der Wertigkeit der betreffenden Elemente ab. Sehr
energisch wirken die Salze der dreiwertigen Elemente
Eisen, Aluminium, Chrom, dann folgen die Salze der
zweiwertigen Metalle Kalzium, Baryum, Strontium,
Zink, Kadmium, Kobalt, Nickel, Mangan, Eisen, Kupfer,
schwåchere Wirkung haben die Salze der einwertigen
Elemente. Mit steigender Temperatur und wechselnder
Konzentration nimmt, wie Orimaux bewiesen hat, die
Beståndigkeit kolloidaler Lbsungen oftmals ab.
Von den Darstellungsmethoden kolloidaler Lbsungen
ist wohl diejenige von Graham die bekannteste; sie
beruht darauf, daB manche Kolloidsubstanzen sich
vorteilhaft dadurch reinigen lassen, daB man sie
auf den Dialysator bringt, durch welchen begleitende
Kristalloidsubstanzen entfernt werden. Lbsliche Kiesel-
såure z. B. entsteht durch Zusatz von kieselsaurem
Natrium zu einem groBen L/berschuB von Salzsåure.
Diese Losung, welche also Kieselsåure, Salzsåure
und Kochsalz enthålt, wird in das innere GefåB
des Dialysators gegossen, dessen åuBeres GefåB mit
destilliertem Wasser gefullt ist. Die Kochsalz- und
Såureteilchen dringen durch das Pergamentpapier in
das åuBere Wasser, wåhrend umgekehrt Wasserteilchen
aus dem åuBeren GefåBe in das innere ubergehen.
Die Kieselsåure, fur die das Pergamentpapier undurch-
dringlich ist, bleibt zuriick und nach mehrmaligem
Erneuern des Wassers im åuBeren GefåB erhålt man
dann eine rerne, von Kochsalz und Salzsåure freie
Losung von Kieselsåure. Dieselbe låBt sich in einem
Kolben kochen und betråchtlich konzentrieren, ohne
Zersetzung zu erleiden; erhitzt man sie aber in einem
offenen GefåB, so bildet sich hald ein Ring von un-
Ibslicher Kieselsåure am Rande der Flussigkeit, welcher
dann das Ganze gelatinieren låBt. Durch Hinzufugen
einer Spur von Natriumkarbonat oder durch Einleiten
von Kohlendioxydgas wird die Koagulation der Kiesel-
såure in wenigen Minuten bewirkt. Durch Frsatz des
Wassers im åuBeren GefåB des Dialysators durch
Alkohol und oftmaliges Erneuern desselben erhålt man
das Alkosol der Kieselsåure, d. h. eine alkoholische
Losung von Kieselsåure. Kolloidale Zinn- und Meta-
zinnsåure, Titansåure, Wolframsåure und Molybdån-
såure sind von Graham ebenfalls mittels Dialyse rein
dargestellt worden. H. Schulze verdanken wir die
erste grundliche Untersuchung uber kolloidale Sulfide,
namentlich fiber Arsen- und Antimontrisulfid, die er
durch Einleiten von Schwefelwasserstoffgas in wåsserige
Lbsungen von Arsen- resp. Antimontrioxyd darstellte,
und Winssinger gelang spåter die Herstellung fast aller
kolloidaler Sulfidlbsungen, z. B. des Goldes, des Platins,
indem er die Lbsungen der Sulfosalze durch Såuren
zersetzte und die dabei entstandenen Salze durch
Dialyse von den sehr verdunnten kolloidalen Lbsungen
irennte. Interessant sind die Beobachtungen von Linder
und Picton, daB die durch Schwefelwasserstoff ge-
fullten „Hydrogels" von Ca S, Hg S, As- Sg, Cd S, nicht
allein eine gewisse Menge Schwefelwasserstoff ab-
sorbiert halten kbnnen, sondern auch unter gewissen
Umstånden durch eine gewisse Menge Schwefelwasser-
stoff wieder zum „Hydrosol" werden kbnnen. Sie
glauben ferner ein bestimmtes Molekularverhåltnis