Ausstellungszeitung Nürnberg 1906

Seite 848 Bayerifche Subildums • Landes-Husitellung 1900 nr. 35 W’enn wir die Nurnberger Landesausstellung 1906 durchwandern, so sehen wir neben den måchtigen Maschinen der Maschinenhalle und den vielen anderen Erzeugnissen der GroBindustrie bei genauerer Betrachtung doch auch so manches Schone und Bemerkenswerte, was die Ausstellung dem emsigen Schaffen und Fortschreiten des Kleingewerbes ver- dankt, das ja ganz besonders in dem alten schaffensfrohen Nurnberg seit altersher eine gesunde Heimstatt besaB und noch besitzt. Schwere Zeiten erwuchsen dem Kleingewerbe, als mit dem stetigen Wachsen der Maschinenindustrie die GroBbetriebe mehr und mehr die Oberhand gewannen und dem kleinen Handwerker ein Mittel mangelte, diesem Wettbewerb erfolgreich entgegen- zutreten. Da war es in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Erfindung des Gasmotors, welchen im alten Koln am Rhein zwei geistvolle Manner, Otto & Langen, die Begrunder der Gas- motoren-Fabrik Deutz, dem deutschen Kleingewerbe als will- kommene Hilfskraft brachten. Wie groB das Bedurfnis einer solchen Betriebsmaschine tur das Kleingewerbe war. sieht man am besten an der rapiden Ent- wicklung, welche dieses rheini- sche Werk in den 40 Jahren seines Bestehens genommen hat. Aus kleinen bescheidenen Antangen hervorgegangen er- zeugt die Gasmotoren- Fabrik Deutz hente mit ca. 3000 Beamten und Arbeitern jahrlieh mehr als 3000 Mo- toren tur alle Gebiete von Handel, Industrie und Landwirtschaft. Wer kennt in Bayern nicht die Deutzer Motoren; ganz besonders in Nurnberg sind sie gewissermaBen heimisch geworden, hat doch auch die Gasmotoren-Fabrik Deutz mit Rucksicht aut die vielen Geschaftsbeziehungen sich veranlaBt gesehen, in Bayern zwei eigene Geschattsstellen in Nurnberg und Munchen zu errichten, welche mit eigenen Reparaturwerkståtten und elgenen Monteuren jedem Bedurtnis ihrer Kunden schnell entsprechen konnen. Wenn nun auch durch die strenge Abgrenzung der Jubi- låums-Landesausstellung tur Bayerische Erzeugnisse eine Beteiligung der Gasmotoren-Fabrik Deutz aut dem Ausstellungsteld selbst nicht moglich war, so wollte sie doch gewissermaBen ihre Heimat- berechtigung in Bayern und speziell in Nurnberg, der Hochburg toren von des bayerischen Kleingewerbes, dadurch zum Ausdruck bringen, daB sie, wie in den Jahren 1882 und 1896 auch 1906 wieder mit einer Sonder - Ausstel- lung in unmittel- barer Nahe des Ausstellungs- feldesihreVisiten- karte abgab. Gerade mit Rucksicht aut die innigen vierzigjahrigen Beziehungen des Nurnberger Kleingewerbes zu den Deutzer Motoren wurden wir uns wohl eine Versåumnis zuschulden kommen lassen, wenn wir nicht im AnschluB au die Berichte uber die Nurnberger Ausstellung 1906 auch mit einigen Worten dieser Sonder-Ausstellung der Gasmotoren- Fabrik Deutz Erwåhnung tun wollten. Gemeinsam mit den Firmen E. KieBling & Co., Leipzig, und C. & B.Fein in Stuttgart hat die Gasmoto ren-Fabrik Deutz diese Sonder- Ausstellung in einem ge- schmackvollen Pavillon un- mittelbar links vor dem Haupt- eingang der groBen Ausstel- lung errichtet. Wir tinden in demselben K^«W^ MM zunachst eine Reihe von Kleinmotoren tur den Betrieb mit Leucht- gas und Benzin, in den neuesten Typen, den verschiedensten Ver- haltnissen in ihrer Ausfuhrung angepaBt. Das neueste Modell einer 8 PS.Leuchtgasmaschine tesselt uns durch seine ge- schmackvollen, sicher und kraftig durchgearbei teten For- men. Kleinere Benzinmo- 2-6 PS. sind in den verschiede- nen Ausfuh- rungen ausge- stellt, z. B. in liegender An- ordnungmitDy- namomaschine direkt zusammengebaut, in ste- hender Anordnung mit Wasser- pumpe direkt kombiniert, terner mit selbsttatiger Kuhlung des Zylinders tur solche Falle, wo eine Druckwasserlei- tung nicht zur Verfugung steht. Die neueste Errungenschatt auf dem Gebiete der direkten Verwertung der Koble fur Kraftzwecke, der Sauggasmotor in Ver- bindung mit einer Braunkoblengasanlage wird in einem 40pterdigen Modell vorgefuhrt, welcher zum Antrieb einer Feinschen Dynamo fur die Erzeugung von elektriseber Kraft und Licht dient. Die Ver- wertung der in machtigen Lagern im Osten und Westen Deutsch- lands vorkommenden Braunkohle im Gasmotor bildet hente gegen- uber allen anderen Betriebsarten die groBten wirtscbattlichen Vorteile, indem nur ca. 6-700 gr Braunkoblenbriketts tur die wirklich erzeugte Pterdekratt in der Stunde verbraucht werden, was bei einem Preise von Mk. 120.- pro Doppelwagen frei Nurnberg nur ca. 0,8 Ptg. Brennstottkosten fur die Pterdekrattstunde ergibt. Wir sehen endlich noch das Modell eineS GroBgasmotors von 300 P S. wie er aut Huttenwerken mit Hochofen- oder Koks- otengasen vorteilhafte Verwendung tindet; dieses Modell ist u. a. als Gesebenk der Gasmotoren-Fabrik Deutz tur das Deut- sche Museum der Technik in Munchen bestimmt. Zum Schlusse mdchten wir nicht unerwahnt lassen, daB trotz der vollstandigen Abgrenzung der Ausstellung tur bayerische Er- zeugnisse doch 3 staatliebe Behorden Deutzer Fabrikate in der- selben zur Aufstellung gebracht haben: 1. Das Kgl. Ministerium des Innern unter den Wohlfahrtseinrichtungen die patentierte Deutzer Sicherheitsandrehkurbel, 2. Das Kgl. Bayer. Gewerbemuseum in Nurnberg einen vollståndigen Deutzer Motor mit den verschiedensten Versuchsap]>araten ausgerustet und 3. Das Kgl. Bayer. Huttenamt Sonthoten einen Deutzer Motor zum Betrieb der ausgestellten Zement- mortelmischmaschine, gewiB das beredteste Zeugnis fur die innigen Be- ziebungen der bayerischen Industrie und der Gasmotoren-Fabrik Deutz.