Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seife 860
Bayeritoe 3ubiIdums=liandes=HusFfenung 1906
Nr. 36
Hubschen Biedermeierzimmer, die duftige, unnachahmliche
Spitzenansstellung mit dem reich in Silber gestickten Stola-
Kragen, Taufhaubchen und Babyjackchen und all die vielen
anderen Herrlichkellen im Nurnberger Haus, nicht zum
wenigsten die echte Nurnberger Madonna, die mir aber
an ihrem Platze im Germanischen Museum im traulich
warmen Dammerlichte bedeutend mehr imponierte, — all
dies tragt dazu bei, datz dieses Gebaude der Lieblingspunkt
der meisten, weiblichen Russtellungsbesucher geworden ist.
In zweiter Sinie Kame dann wohl das Gebaude der
Kunstgewerbe-Russiellung an die Neihe. Ist doch das Kunst-
gewerbe selbst stark vertreten durch die Frauenwelt, und
in Kunstlerischer Beziehung auch ihr sruchtbarstes und
ureigenstes Tatigkellsgebiet. Schon die gartnerische lin-
loge vor dem Gebaude, die allerliebsten Laubengange im
Biedermeierstil, der niedliche Brutinen mit der aus Fischlein
lauernden Mieze, die lauschigen Ruheplatzlein, die prach-
tigen Vasen aus Bronze und Ton, alles dies entzuckt und
wirkt verheitzungsvoll. Fesseln nicht allein die Herrlichen
Schmucksachen in der Vorhalle das liuge der Beschauerin,
wie Diel mehr sind die Zimmereinrichtungen und weiblichen
Kunstarbellen dazu angetan, das Interesse der Frau in
linspruch zu nehmen. Don besonderer linziehungskraft
erschienen mir das rote Mahagoni- und das braungebeizte
lirbeitszimmer, die Mahagoni-Uhr aus Urgrotzmutterszell,
der aparte Lrker mit der blumentragenden Balustrade, die
originellen Fensterkorbe fur Blumen, das behagliche, an
einen sonnigen Sommertag erinnernde Gartenzimmer mit
dem herrlichen Kaminbehang aus langen Glas- und Rohr-
perlen, das prachtige Dorstandszimmer des K. Gberpostamts
Bamberg mit seiner bis zum Plafond aufstrebenden und
mit Perlmuttereinlagen verzierten Wandtafelung, die zu-
gleich sehr praktisch einen grotzen lvandschrank verbirgt,-
das Lntzucken aller Besucherinnen ist ferner das Speise-
zirnmer fur ein Landhaus mit der langen mit Sitzkissen
belegten Fensterbank, dem molligen Kamin und dem grotzen
Eichentisch, einfach verziert mit schmalem, queruberhangenden
gestickten £aufer; in einem Landhaus mit so reizender
Stube mag es gar behaglich sein selbst bei grotztem Schauer-
wetter und den Kaltesten Tagen, die oft den idyllischsten
Sommeraufenthalt so ungemutlich und langweilig machen
Konnen. Das Kleine, weitze Musterschlafzimmer daneben
besitzt mancher Hausfrau Ideal, eingelassene Schranke und
das hubsche Herrenzimmer ware manchem lieb mit dem
wie zu ernster lirbeit geschaffenen, friedlich-ruhigen liusblick
auf den romantischen Kleinen Kunstlichen Friedhof.
Beim Durchschreiten der vielen Raume zog manch Herr-
liches Kunstwerk, sei es Bildhauer- oder Goldschmiedsarbeit,
set es Schmiedekunst oder Keramik, den Blick der Damen-
welt ganz besonders auf sich, 'z. B. die Lmaillegurtelschnalle
des Blldhauers Hauser, die alte Stadt mit urputzigen Kleinen
Bewohnern, ein Spielzeug des Kunstmalers Messerschmitt,
die graziofe Stickschere des Goldschmieds Eberth, die Her-
vorragend schonen linhangsel und Halsgehange des Iuweliers
haag; des weiteren silberne Taschenbugel, alten Mustern
nachgebildete prachtige Ringe, prachtige Silberservice und
Prunkgefatze.
Don entzuckend dekorativer tvirkung und von schonen
Rugen viel bewundert und Kegehrt sind die Palmenkubel
in Kupfertreikarbeit, von welchen die mit den Enten und
den Salamandern durch ihre eigenartige Patinierung be-
sonders auffallen. Der gemalte Schrank mit Silhouetten
wird gewitz viel nachgeahmt werden, ebenso wie der alte
Kachelofen mit der auf seinen drei Seiten angebrachten
Bank sicherlich in manchem Kunstsinnigen Helm seine Wieder-
einfuhrung erleben wird. Es gibt aber auch im Winter
Kein behaglicheres Platzlein als fo eine traute Gfenbank,
oder gar so warme Rischen, wie sie der gelbbraune Kachel-
Kamin in Raum 24 aufweist. Diel Gefallen finden auch
die Porzellangegenstande der Kunstlerin Heller-Spietz, sowie
die aparten Steinzeugartikel von Merkelbach. Hat sich
nun eine Dame fur die in Raum 31 ausgestellten Hubschen
Kamine begeistert, so wird sie ebenfalls entzuckt sein von
den originellen schmiedeeisernen Kaminvorsetzern, und ware
es nur zu wunschen ubrig, datz die oftmals Hatzlichen hohen
Gfen durch Frauenmacht ganz aus den Wohnraumen ver-
bannt wurden und den ungleich geschmackvolleren, so
trauten Kaminen Platz machten. Dadurch wurde dem
deutschen helm der Rnstrich des Gemutlichen, Poetischen
zuruckgegeben, das es fruher besessen, als noch die dicken
holzscheite in den uralten Kaminen, von denen gerade
Nurnberg in seinen alten Patrizierhausern noch manch
Herrliche Stucke aufzuweisen hat, ihr Knistern und Knattern
ertonen lietzen, der rote Flammenschein im Dammerlichte
phantastische Schatten durch das Gemach warf und die
hausbewohner behaglich im halbkreise davor satzen, Kald
sinnend dem Spiele der Flammen zusehend, bald Heitere
oder ernste Gesprache fuhrend.
Rasch will ich noch von dem Lntzucken der Damen
uber die auf zierlich gedeckten Tischen ausgestellten Kaffee-
und Teeserviee der K. Porzellanmanufaktur Nymphenburg
berichten, und gehe nun in meiner Wanderung weiter in
die Raume der Textilarbeiten.
Beim Lintritt ist man wohl etwas verblufft von der
Unmenge der ausgestellten gestickten Kissen. Gb sie nun
in Kurbeltechnik oder Rpplikation, in Seide, Tuch oder
Leder ausgefuhrt sind, es ist beinahe etwas zuviel des
Guten, und mochte ich Kein einziges hervorheben, denn
autzer denen in Empiregeschmack gleichen sie sich in den
Motiven zu sehr, um einem die Siegespalme in dieser
„Kissenschlacht", wie ich es von einer Dame treffend nennen
horte, zuzusprechen. Don Hervorragend Kunstlerischem Ge-
schmack beseelt ist die Sonderausstellung der Lehrateliers
fur angewandte Kunst in Munchen. Man betrachte nur
die entzuckende Spitze in point a l'aiguille, das Kinder-
haubchen, das putzige Beutelchen mit der Rokokodame in
Knotchenstickerei, die halsgehange, Glasvasen, schablonierten
Schleier in sutzen zarten Farbentonen, die Ritterburg und
die ergotzlichen Stehauffigurchen sowie all die andern
schonen Dinge, und wird die Freude der Damenwelt an
dieser Russtellung leicht begreifen. Nurnberger und Munchener
Kunstlerinnen wetteiferten in dem anstotzenden Raume in
der Herstellung von teilweise sehr gefalligen Reform-
kostumen. Dielen Beifall fanden die prachtigen Portieren