Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Dr. 37
Bayerifche Subildums-kandes*HusffeHung 1906
Seite 893
bops bei lvalchensee, am IDallgauerberg bedeutende Neu-
bauten vorgenommen wurden. Vie Gesamtkosten dafur
betrugen 718 000 INK. Da die Lange der beiden Teil-
strecken zusammen 7,474 km betragt, fo erforderte also
der Kilometer einen lluswand von rund 96 000 MK. Die
Bauzeii dauerte von 1893 bis 1897. Der Kesselberg trennt
bekanntlich den Kochel- vom lvalchensee, die Neubauftrecke,
die ihn wie die alte Sirahe in seiner tiessten Linsattelung
uberschreitet, uberwindet bei einer Lange von 5820 m —
Mehrlange gegen die alte Sirahe 2260 m — einen Hofyen-
unterschied von 260 m einschliehlich einer verlorenen Steigung
von 60 m. Die Sieigungsverhalinisse*) wechseln zwischen
5 und 5,5 °/o, wahrend bei der alten Straffe Steigungen
von 15, 18 bis zu 21, ja selbst 25 °/o vorkamen. Die
einschliehlich der beiderseitigen Fuhbanke 6 m breite Stråle
erfahrt in scharsen Kurven eine Derbreiterung bis aus 7 m.
Der im allgemeinen 30 m betragende Kleinste Krummungs-
halbmesser vermindert sich in zwei Wendeplatten aus je
17 m, die Fahrbahn wurde insolgedessen Hier aus 14 m
erweitert. Dammboschungen und Sirahengraben sind ge=
pflastert. Das fortzuschasfende Material aus der ganzen
lleubaustrecke betrug 206 400 cbm, rvovon 175 500 cbm
Felsen (Harter lvettersteinkalk und Dolomit) und 30 900 cbm
ungebundenes Material (meist Moranenschutt). Bedenki
man noch, dah mit einem Kostenauswand von 142 500 MK.
10 Brucken von 8—10 m Spannweiie, 21 gewolbte Durch-
lasse, 776 lausende Meter Sititz- und Futtermauern in Hohen
von 1,4 bis 9,2 m angelegt rourden, dah sast aus die
ganze Lange der lleubaustrecke ein Sicherheiisgelander auf-
gefuhrt werden muhie, so erhalt man einen Begriff davon,
welche Anspruche der alpine Sirahenbau auch bei uns an
die Rrbeits= und Steuerkraft des Landes erhebt.
IDir wollen uns an diesem einen, auch durch ein
Modell des „Geoplasien" und Kgl. Seminarlefyrers Dinges
in llmberg erlauterten Beispiel einer grohzugig angelegten
und vortrefflich ausgefuhrten bayerischen Gebirgssirahe ge-
nugen lassen. So hohe Kosten erforderten die ubrigen Sirahen-
neubauten in den Alpen nicht, roenn auch die von 1898
bis 1900 am Bodenbichl und Melleckerberg zwischen Anioni-
berg und Lofer ausgefuhrte, aber roeit Kurzere Sirecke
mit 90 000 MK. Kosten fur den Kilometer Sirahenlange
und einer Umanderung der alten Steigung von 18 und 23°/o
in 5 und 5,5 °/o gleichfalls eine ganz Hervorragende Leiftung
barfteUt. Die Korrektion der sogenannten Jochbergsteige
Medhirsch-Schattroald zwischen hindelang und der Landes-
grenze erforderte nur 375 000 Mk. auf rund 10 Kilometer
Lange, was einem Kilometeraufwand von 37 300 .Mk.
entspricht. Diese Sirahe ist deshalb besonders interessant,
weil sie mit 1180 Metern uber dem Meere den Hochst-
punkt der Fahrstrahen Deutschlands erreicht. Die Schnee-
verwehungen erschwerten hier die Arbeit; grovere Brucken
3u bauen, wurde durch Verteilung des lvasserablaufs am
Jocfyberg glucklich vermieden.
Don autzeralpinen Strålen beachten roir die Der-
*) Mir entnehmen diese naveren Ungaben hier, wie auch sonst,
vorzugsweise dem schon zitierten auherordentlich lehrreichen amtlichen
Katalog fur die flusftellung des K. b. Staatsminifteriums des 3nnern.
legungen an der Siaatsftrahe zwischen Passau und Zwiesel.
Mehr aber noch failt uns der Umbau der Siaatsftrahe
Nr. 147 am Steinberge bei Wurzburg auf, der von November
1900 bis Juni 1902 ausgefuhrt wurde. Die nur 1,3
Kilometer lange Strecke erforderte einen Aufroand von
195 900 MK. Grohe Kosten verursachte auch die Jnstand-
Haltung der infolge der bedeutenden Derkehrszunahme sehr
ftark abgenutzten Staatsstrahen in der Nahe der groheren
Stadie, insbesondere von Munchen und Nurnberg. Dort
bonnte seit dem Jafyre 1880 eine entsprechende Unterfyaltung
der Zahrbahn nach dem alten Flicksysiem, d. i. der platten-
oder streifenformigen Ausbesserung der abgenutzten Fafyr-
bafynieile, selbst mit dem beften Schoitermaterial nicht mefyr
durchgefuhri werden. Dafyer wurde auf allen von Munchen
ausgefyenden Staatsstrahen bis auf eine Entfernung von
durchschnitilich 10 Kilometer die eine, dem Derkefyr mit
schweren Fuhrwerken dienende Seite der Fahrbahn auf
3-4 m Breite mit Granitkopfelpflasier versefyen, wahrend
die andere, fur den Derkefyr mit leichteren Fuhrwerken
bestimmte Seite eine aufgewalzte Basalidecke erfyielt. Jn
dieser lveise wurden 50,84 Kilometer Strahen mit einem
Gesamtkosienaufwand von 2 791 000 Mk. - 54 900 Mk.
fur den Kilometer! — umgebaui. Die Teilung der Fafyr-
bafyn in zwei ungleichmahig befeftigie Halften soli sich gut
bewahri fyaben. Don den Sirahenstrecken, die auf diese
mit einseiiiger Pflasterung versefyenen Sirecken folgen,
wurden etwa 60 Kilometer zumeist auf die ganze Fahr-
bafynbreiie mit einer aufgewalzten Basalidecke von 7—9 cm
Liarke versefyen. Dies verursachte einen Koftenaufwand
von 813 400 Mk., somii 13 400 Mk. fur den Kilometer.
Nur mit einer neuen Schoiterdecke unter Benutzung
einer Dampfsiratzenwalze versefyen, nicht wie bei Munchen
zur Halfie gepftafteri, wurden die Strahen in der nachften
Umgebung von Nurnberg. Jm ganzen wurden fyier 198,820
Kilometer Staatsstrahen mit einem Koftenaufwand con
1 382 654 Mk. — miifyin 6954 Mk. fur den Kilometer
— wieder insiand gesetzi. Man verwandie in verschiedener
Starke, zwischen 4—15 cm Basalt- oder Kalkschotter,
manchmal auch beides ubereinander, als Bindemittel dienie
namenilich Basaligrus, gut bewafyri fyat sich auch Sand
mit Kalkabraum. Neuerdings wurde eine nach englischem
System gebauie Dampfwalze aus der Maffeischen Fabrik
in Munchen benutzt. Sie fyat ein Diensigeroicht von 15 Tons,
es Konnen mit ifyr iaglich 45 cbm Basalt oder 80 cbm
Kalkschotter fesigewalzi werden. Sur Ausrusiung einer
Dampfwalze gehoren 1 Kofylenwagen, 1 IDofynwagen fur
die Maschinisien, 1 IDerkzeugwagen und je nach den
lDasserbeschaffungsverfyaltnissen 2—5 IDagen fur den lDasser-
bedarf zur Besprengung der IDalzsirecke. Fast alle
lDalzungen wurden mit einer Arbeiierpartie von nur
15 Mann ausgefufyrt. Diese fur den Derkefyr selbst im
Zeiialter der Eisenbahnen so wichiigen, von dem Laien
leichi ubersehenen Dorgange werden uns durch Tafeln und
Pfyotograpfyien, nicht zuletzi auch durch die Kurzen, aber
insiruktiven Trlauierungen des Katalogs, in dankenswerier
IDeise nafyer gebrachi.
Derschiedene grapfyische Darftellungen und Karten be-