Krupp 1812-1912

erntet, nur erfüllt von dem Bewußtfein der Pflicht des Arbeitsherrn, eine offene Hand und ein warmes Herz für feine treuen Arbeiter zu haben, einer Pflicht, deren Erfüllung durch die Blüte und Erhaltung der nationalen Induftrie dauernd ermöglicht werden möge.» Der induftrielle Aufftieg Deutlchtands, der die Gußftahlfabrik unter der Leitung Friedrich Alfred Krupps wefentlich begünftigte, hat im allgemeinen auch die Zeit nach feinem Tode, das letjte Jahrzehnt ihrer hundertjährigen Entwicklung, in fördernder Weife begleitet. Die Zeichen derwirtfchaftlichen Befferung, die (ich fchon während der DüfTel- dorfer Ausftellung 1902 geltend machten, hatten nicht getäufcht: es folgten etwa fünf Jahre eines allgemeinen kräftigen Auf fchwungs für die deutrcheEifeninduftrie, der anfäng- lich durch die Bedürfnifle des heimatlichen Marktes, befonders durch den zunehmenden Eifenbahnbau und -betrieb, feit1905 aber auch durch die ausländifche Nachfrage getragen wurde und bis Ende 1907allen Werken reichliche Befchäftigung zu guten Preifen ver- fchaffte. Die ZuCammenfaniing derwirtfchaftlichen Kräfte Deutfchlands in großen Ver- bänden, die ihre Aufgabe darin erblicken, Schulter an Schulter zu kämpfen, anftatt fich in aufzehrendem Wettbewerb zu Ich wachen, fchritt weiter fort und hat bei den unver- meidlichen Schwankungen des Weltmarktes ihre ausgleichende Wirkung nicht verfehlt. Auf die Gründung einer Reihe kleinerer Syndikate in der Eifeninduftrie folgte 1904 der Stahlwerks-Verband, der eine Anzahl von ihnen in fich aufnahm und feitdem den größten Teil der deutfchen Rohftahlerzeugung nach einheitlichen Gefichtspunkten regelt. Bei der zunehmenden Schärfe des Kampfes zwifchen den großen Induftrieländern ift diefe Vereinigung für den deutfchen Eifenmarkt und, neben dem Kohlenlyndikat, für die deutfche Induftrie überhaupt das wichtigfte Ereignis der neueren Zeit geworden, und auch auf dem internationalen Eifenmarkt hat fie ihren Einfluß nicht verfehlt. Diefem und den kleineren Verbänden ähnlicher Art war es vor allem zu danken, daß die not- wendigen Werkserweiterungen in der Zeit der lebten Hochkonjunktur keinen allzu großen Umfang annahmen und daß dadurch üble folgen vermieden wurden, als feit 1908 eine vorübergehende Rückwärtsbewegung den rafchen Aufftieg unterbrach. Diefer Rückfchlag blieb indefTen an Stärke und Dauer hinter den ähnlichen EreignilTen früherer Zeit zurück und wich fchon in der zweiten Hälfte 1909 wieder normalen Verhältni(Ten, die fich in den folgenden Jahren erfreulich weiter entwickelt haben. So zeigt die früher fo ftürmifch auf- und abfteigende Kurve der induftriellen Tätigkeit in der Neuzeit eine unverkennbare Tendenz zu einem gleichmäßigeren Verlauf, und an diefem Erfolg, der für die Gefundheit der ganzen Volks wirtfchaft und für das Wohl der arbeitenden Klatten von gleicher Bedeutung ift, können fich die führenden Werke, und unter ihnen die Firma Krupp, durch ihre bewußt ausgleichendeTätigkeit wohl einen gewiflen Anteil zufchreiben. Andrerfeits konnte natürlich die Stellung Krupps innerhalb der deutfchen Induftrie durch die Teilnahme an den beiden größten Verbänden nicht unbeeinflußt bleiben. Wenn die Firma auch durch ihre traditionelle Rolle im Gefchü^- und Panzerwefen immer eine Sonderftellung unter den größten Stahlwerken Deutfchlands genoß, und wenn diefe Stellung durch den Ausbau der deutfchen Flotte im neuen Jahrhundert noch verftärkt worden ift, fo wurde dem Unternehmen doch feit 1905 mit der Aufnahme desThomas- StahlprozefTes in Rheinhaufen und mit der Erzeugung von Walzprodukten im größten Umfang auch auf dem Gebiete der fog. FriedenserzeugnifTe eine viel breitere Grundlage 403