Die Petroleum- Und Benzinmotoren, ihre Entwickung, Konstruktion und Verwendung
Ein Handbuch für Ingenieure, Studierende des Maschinenbaus, Landwirte und Gewerbetreibende aller Art
Forfatter: G. Liecfeld
År: 1894
Forlag: Druck und Verlag von R. Oldenbourg
Sted: München und Leipzig
Sider: 226
UDK: 621.43
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Viertes Kapitel.
Bei der zweiten in den Fig. 27 und 28 dargestellten Ausführungs-
art des Motors ist das Arbeitsverfahren etwas geändert.
Für den ökonomischen Betrieb der Gas-, Benzin- und Petroleum-
motoren ist es nämlich von grofser Bedeutung, dafs die Geschwindig-
keit, mit welcher der Kolben in der Arbeitsperiode »Kaum giebt«,
im rechten Verhältnis zur Breimgeschwindigkeit des verwandten
Gasgemisches stehe.
Bei den Daimlerschen Benzinmotoren, welche mit so erheb-
licher Umdrehungsgeschwindigkeit arbeiten, ist es wünschenswert, ein
schneller brennendes Gemisch wie bei den andern langsam laufenden
Motoren zur Verfügung zu haben. Bisher wurde nun das frisch
angesaugte Gemisch immer durch die im Laderaum verbleibenden
Verbrennungsprodukte verdünnt und dadurch langsamer brennend ge-
macht; mit vorheriger Beseitigung dieser Verbrennungsprodukte mufs
sich demzufolge ein schneller brennendes Gemisch schaffen lassen.
Diese Erhaltung der Gemischstärke ist bei dem vorliegenden
Motor dadurch zur Ausführung gebracht, dafs man die untere, der
Kurbel zugekehrte Seite der Cylinder als Luftpumpe eingerichtet hat
und mit ihr in der dicht schliefsenden Kapsel des Triebwerkes ein
Quantum verdichteter Luft ansammelt. Nähern sich die Kolben
zu Ende der Arbeitsperiode dem unteren Wendepunkt, so stofsen
die in die Kolbenliöhlung hineinreichenden Gabeln c die Ventile b
für kurze Zeit auf, ein kräftiger Luftstrom aus der Kapsel durch-
streicht die Cylinder, die Verbrennungsprodukte vor sich herschiebend
und durch die schon vorher geöffneten Auslafsventile ins Freie be-
fördernd.
Zu Beginn des Ansaugens neuer Ladung ist hier also der Ver-
brennungsraum des Motors nur mit Luft erfüllt, zu der nun die
neue Ladung angesaugt wird. Arn Ende des Saughubes werden die
Kolbenventile abermals aufgestofsen, und wiederum strömt gespannte
atmosphärische Luft aus der Kapsel in die Cylinder, diesmal jedoch
nicht austreibend, sondern nur verdichtend wirkend.
Aus diesen Vorgängen bei Bildung der Ladung ergibt sich, dafs
erheblich mehr Verbrennungsluft in den Arbeitscylinder gelangt,
wie bei den gewöhnlichen Viertaktmaschinen; denn nicht nur der
Laderaum und das Hubvolumen sind mit reinem Gemisch erfüllt,
sondern das erwähnte, zum Schlufs des Saughubes verdichtende
Luftquantum ist auch zu berücksichtigen. Diesem gesamten Luft-
quantum mufs die Menge des angesaugten Benzindampfes ent-
sprechen. Die lebhaften Strömungen und Wirbel, welche durch die