Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz
Forfatter: Robert Schmidt
År: 1887
Forlag: Ernst Homann
Sted: Kiel
Sider: 135
UDK: st.f. 725.17 sch
Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken
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berichtet, dass im Anfänge unseres Jahrhunderts die Unterkellerung mit grossem Gekrache eingestürzt
sei 1), und Z. Wolff erzählt, dass zwei Plätze den Namen „Oberkeller“ (auf dem Oval) und „Unter ke11er“
(auf dem Halbmond) führen. Sind diese Nachrichten zutreffend, so hätte man sogar aus diesem schwerfälligen
Material Wölbungen aufgeführt2).
Trotzdem hält v. Kindt3) die ehemalige Verwendung von Steinen für sehr unwahrscheinlich und vermuthet
einen ausschliesslichen Holzbau. Auch v. Timm fand bei seiner oben (S. 3, Anm. 4) erwähnten Vermessung
keine Spuren von Steinmaterial der eingestürzten Keller u. s. f. Allein dies beweist nichts, da die Verwendung
der vordem daselbst befindlichem Steine zu anderen Bauten genügend bekannt ist4).
An einen Einfluss römischer Bauart, den man nicht nur für Süd- und Mitteldeutschland, sondern nicht selten
auch für Norddeutschland angenommen hat5), auf die Anlage und Befestigung Alt-Gottorps ist nicht zu denken.
Es ist ja wohl richtig, dass die Anweisungen Vitruv’s während des Mittelalters vielfache Beachtung fanden, und
dass auch des Vegetius instit. r. milit. bei Errichtung und Belagerung von festen Plätzen nicht ohne Einfluss ge-
blieben sind6). Aber man hat früher der Einwirkung römischer Vorschriften und Vorbilder eine viel zu grosse
Bedeutung beigelegt. General Krieg v. Hochfelden führt noch in seiner Geschichte der Militärarchitektur in
Deutschland die mittelalterlichen Burgen und Wartthürme zumeist auf römischen Ursprung zurück. Jetzt läugnet
man sogar in Süddeutschland das römische Vorbild. Auch Cohausen hat seine älteren Burgtheorien aufgegeben,
und er sowohl wie Näher7) weisen nach, dass die Römer auf den jetzt mit mittelalterlichen Burgruinen gekrönten
Bergkuppen überhaupt keine Befestigungen anlegten, weil sich hier ihre kleineren Abtheilungen gegen den massigen
Andrang der Deutschen nicht hätten halten können. Das wohldurchdachte römische Vertheidigungssystem hatte
vielmehr seinen eigentlichen Schwerpunkt in den zusammenhängenden Verschanzungen und in dem als Operations-
feld dienenden Netze von Strassenzügen. Auf römische Muster gehen also unsere Burgen nicht zurück. In noch
höherem Grade gilt diess für den Norden unseres Vaterlandes. In der entlegenen Gegend aber, in welcher Alt-
Gottorp lag, ist nach allen Umständen eher eine Einwirkung wendischer Vorbilder anzunehmen.
Demnach denken wir uns nun die Burgwälle mit Holzpfählen durchbaut, weil sie nur in solcher Weise hoch
und steil genug für eine erfolgreiche Vertheidigung errichtet werden konnten. Auf diesen Wällen befanden sich
wohl aus gestampfter Erde und Holz hergestellte Brustwehren oder Pallisaden, welche an sechs Stellen von
hölzernen auf Steinen fundirten kleinen Thürmen unterbrochen waren. So war also auch hier ein Vertheidigungs-
system zur Anwendung gebracht, wie es uns durch nordische Quellen für den Norden überhaupt und besonders
auch für das „Danevirk“ verbürgt ist, welches für vergleichende Studien überhaupt grosse Wichtigkeit besitzt.
Noch im 13. Jahrhundert wurden in Schottland viele von dänischen Seeräubern dort aus diesem Material errichtete
Kastelle verbrannt, und von dem dänischen Schutzwalle zwischen Eider und Schlei ist uns berichtet, dass er
hauptsächlich aus Holz erbaut war. Auch die in gewissen Zwischenräumen errichteten Thürme waren aus
Holz gezimmert8). Für die Richtigkeit dieser Ueberlieferung spricht ein Vorgang, der uns aus den Kämpfen
des deutschen Königs Otto II. mit Harald Blauzahn erzählt wird. Nacli nordischen Quellen (Jomvikingasaga) liess
nämlich Otto auf Rath des Normannen Olav Trygveson das Danevirk in Brand stecken und erzwang sich so den
Durchgang9). Auch hat man an Ort und Stelle Balken und Sparren von Eichen- und Birkenholz in Menge gefunden,
i) Vgl. auch Sach, Gesch. d. Stadt Schleswig, S. 315.
2) Eine weitere Bestätigung dieser Vermuthung giebt eine Mittheilung des allerdings nicht immer verlässigen Schröder, wonach man noch
einige grosse „ kei1“- förmig zugehauene Steine zu Alt-Gottorp gefunden habe. Es ist aber auch möglich, dass diese Steine, wenn sie über-
liaupt vorhanden waren, zu den Fundamenten oder Sockelbildungen der oben erwähnten fi Thürme auf der Ost- und Westseite des Hauptwerkes
dienten, die einen cylinderförmigen Hohlraum umschlossen. Schröder selbst meint, dass diese Steine bei den Thürmen und „Bund“ theilen
Anwendung gefunden hätten.
3) Bei Handelmann a. a. 0. S. 36.
4) Vgl. oben S. 3.
5) Die neuesten Untersuchungen des Krinkberges bei Schenefeld, wobei auch römische Münzen zu Tage gefördert wurden, maclien es
allerdings wahrscheinlich, dass eine Schaar fränkischer Krieger, vielleicht von Itzehoe aus, wo Karl der Grosse 804 persönlich den Grund-
stein zu einer Burg gelegt haben soll, einst diesen Hügel durch Aufwerfung eines Walles befestigte, und so hier, wenn auch nur mittelbar,
römischer Einfluss sich geltend machte.
6) So erzählt Caumont in seinem Abécédaire d’archéol., dass Geoffroy Plantagenet vor der Belagerung eines starken Schlosses bei Vegetius
nacli Hülfsmitteln gesucht habe.
7) F. Näher, Die baugeschichtl. Entwicklung d. Ritterburg in Süddeutschland (Bonner Jahrb. 1883); vgl. desselben: Die deutsche Burg,
ihre Entstehung und ihr Wesen, insbesondere in Süddeutschland (Deutsche Bauzeitung 1885, S. 354 ff.). S. auch Becker, Römerherrschaft
im Zehentlande.
8) Vgl. die wichtige Bemerkung des Steph. Stephanius zu Saxo Grammatic. (Sorae 1645) p. 199 F sq.: Historia Julinensis refert, ab
australi valli latere fossam fuisse decem orgiarium (sic) latam, totidem profundam, supra vero ex trabibus et lignis propugnaculum firmissima
junctura exstructum, ita ut in eo ex eadem materia turres exstiterint centum orgiis a se invicem distantes, ex quibus hostes armis excipere
seque valide defendere potuerint. Die ganze Stelle ist sehr geeignet, das Bild von der Befestigung Alt-Gottorps zu vervollständigen. Uebor
die Construction der Schiesswaffen, mit welchen man damals solche Distancen bestreichen konnte, ist leider nichts gesagt. Die erste Anlage
des „Danevirks“ wird dem König Göttrik (etwa 805) zugeschrieben. Vgl. Stephan, ibid. 199 B, und Noodt, Beiträge II, 575 ff.
9) Vgl. Sach, Gesch. d. Stadt Schleswig, S. 27.
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