Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz
Forfatter: Robert Schmidt
År: 1887
Forlag: Ernst Homann
Sted: Kiel
Sider: 135
UDK: st.f. 725.17 sch
Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken
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Von ihm aus konnte man den Burghof sowie die vorliegenden Befestigungswerke überschauen. Zugleich konnte
er aber auch im Umkreise gesehen werden und galt hier als das Symbol des von den Herren zugesicherten
„ Burgfriedens“ 1).
Da die Veste Gottorp die Aufgabe hatte, die Stadt Schleswig mit zu schützen und in Wirklichkeit Schloss
und Stadt die Kriegsstürme jener Zeiten gemeinsam bestanden, so dürfte ein kurzer Hinweis auf die damaligen
Befestigungen dieser Stadt angezeigt erscheinen. Den wichtigsten Schutz bildete der nach dem Muster des
Danevirks wie anderwärts auf der cimbrischen Halbinsel, so auch hier errichtete Erdwall, welcher gleichfalls
mit Planken, Pfählen und Pallisaden versehen und durch einen Graben verstärkt war. Wir haben oben 2) gehört,
wie gerade der um die Wohlfahrt seines Landes hochverdiente Herzog Waldemar IV. nach dem grossen
Brande (1288) diese Befestigungen aus Holzmaterial wieder herstellen liess. Auch noch in späterer Zeit scheint
es so geblieben zu sein; wenigstens treffen wir wiederholt auf Warnungen der Herzöge, die „Planken“ nicht
unvorsichtiger Weise in Brand zu setzen, und noch 1402, 1415 und besonders 1425 mussten der Wall und die
Pallisaden sowie der Graben von den Bürgern vor ihren Wohnungen hergestellt werden3). Von den übrigen
Befestigungen nennen wir noch die „Landwehren“, welche gewöhnlicli an den Grenzen eines Stadt- oder Land-
bezirks lagen und in ähnlicher Weise befestigt waren. Sie bestanden aus Gräben und Wällen, oft in doppelter, sogar
dreifacher Anlage; erstere waren nicht selten mit Wasser gefüllt, letztere mit Buschwerk, Gebüeke oder Knick ge-
nannt, bepflanzt1). Bei Schleswig zogen sie sich um die eine Stadtseite und waren in gewissen Zwischenräumen,
immer aber an denjenigen Stellen, wo sie von der Landstrasse durchschnitten wurden, mit Wartthürmen und
Zingeln versehen. Diese unscheinbaren Befestigungswerke, welche jetzt durcli den Pflug des Landmanns, durch
Wasserfluth und Regengüsse häufig dem Erdboden gleich gemacht worden sind, wurden damals hoch gehalten,
was wir schon daraus schliessen können, dass bei einer 1388 vom Grafen Johann von Holstein erlassenen Be-
freiung von verschiedenen Diensten und Auflagen die Verpflichtung zum Baue und zur Instandhaltung der Land-
wehren eigens ausgenommen war. — Eine „Landfrede“ vor Gottorp wird gleich den zwei anderen, welche sich
nach den vorliegenden Berichten auf dem Stadtfelde und vor der Königswiese befanden (vgl. Sach, Gesch. d. St.
Schleswig, S. 51), auch noch in späterer Zeit erwähnt.
Dass über den eigentlichen Schlossbau ebenfalls keine Nachrichten vorliegen, ist oben erwähnt. Nach Allem
aber darf man annehmen, dass der Neubau aus Backsteinen und in gothischen Formen 5) errichtet war; denn in
Holstein sowie in dem jetzt in regeren Verkehr mit ihm getretenen Schleswig wurden im 13. Jahrhundert zahl-
reiche Ziegeleien angelegt und Backsteine gebrannt.6) Die Front war gegen Osten oder Südosten gerichtet.
Reste dieses Baues sind in einigen Fundamenten und in einem Theile der Mauern der Westseite wahrscheinlich
noch erhalten 7).
Das Geschlecht des Herzogs Abel blieb nicht lange im Besitze des neuentstandenen Schlosses, welches jetzt
die „erste Burg“ im Lande war. Nach dem am 12. März 1325 erfolgten Tode des Herzogs Erich II., des
Sohnes und Nachfolgers des Erbauers, beanspruchte Christoph II. von Dänemark (1320—26) für dessen unmündigen
Sohn Waldemar V. die Vormundschaft und rückte in Schleswig ein. Da er nicht hoffen konnte, die feste Inselburg
Gottorp, in welcher sich der junge Fürst befand, zu erstürmen, so schlug er auf dem zwischen der Burg und der Stadt
gelegenen Hesterberge eine Wagenburg auf, um von da aus dem Schlosse die Zufuhr abzuschneiden. Allein wie
im Jahre 1261 dem bedrängten Herzog Erich seine Oheime, die Grafen von Holstein, Hülfe gebracht hatten,
so eilte auch jetzt Gerhard III., der „Grosse“, auch der „kahle Graf“ genannt, der Oheim des jungen Herzogs,
mit seinen „Holsten“ zum Entsatze herbei. In einer blutigen Schlacht wurden die Dänen gezwungen, mit
Verlust ihrer Waffen in die damals im Osten liegenden Wälder zu fliehen. Es war dies das Vorspiel zu den
Erdgeschosse des jetzigen Westflügels zu finden sind, als anderes Steinmaterial (Granit) aufgedeckt werden dürfte. Dabei liesse sich vielleicht
auch feststellen, oh der unter dem Südportale des jetzigen Schlosses entdeckte Kellerraum, von welchem Lorenzen annimmt, dass er ehemals
als Gefängniss gedient habe, ein Theil des besagten Thurmes war.
!) Auf diese Bedeutung des Thurms führen viele seinen Namen zurück.
2) Vgl. S. 10.
3) Vgl. Sach, Gesch. d. Stadt Schleswig, S. 50.
4) Auch die mit Buschwerk bepflanzten Erdaufwürfe selbst nannte man „Knicke“. Die heute noch bestehenden, ähnlichen „Knicke“
Schleswig - Holsteins sind aus dem Jahre 1864 wohl bekannt; damals boten sie der tapferen dänischen Armee manche Vortheile. Aehnliche Be-
festigungen durch Anlage von Hecken erwähnt übrigens schon Caesar bell. Gallic. II, 17.
6) Nach den Untersuchungen, welche Prof. Dr. Haupt zu Plön angestellt hat, wurden gothische Stüformen nach der Schlacht bei Born-
höved (1227) durch die Bettelorden eingeführt und so der romanische Stil, welcher sich hier verhältnissmässig lange gehalten hatte, allmählich
abgelöst.
6) Die grosse Feuersgefahr der früheren Bauweise scheint vorzugsweise diese Neuerung herbeigeführt zu haben. So heisst es in der
Rendsburger Chronik: „Anno 1286 verbrandte Reynoldsborg half up, darup im andern Jahr begunden de Börger Reynoldsborg tho bowen mit
Tegelstenen.“ Lübeck war nach einem grossen Brande schon 1276 darin mit gutem Beispiel vorangegangen.
7) Vgl. Sach a. a. 0. S. 13. Freilich hat auch Sach dafür keinen direkten Beweis, und nur eine umfassendere Weiterführung meiner
Untersuchungen vermag Endgütiges festzustellen.
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