Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz
Forfatter: Robert Schmidt
År: 1887
Forlag: Ernst Homann
Sted: Kiel
Sider: 135
UDK: st.f. 725.17 sch
Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken
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den Uebergang über die alte Brücke decken sollte1). Das alte System der mit Thürmen versehenen Landwehren
wurde damit noch nicht ganz aufgegeben. Auch waren zur Befestigung hölzerne Blockhäuser errichtet, deren
eines, die „Sandersborch“, südlich vom Rathhause an der Ecke der Heiligen Geist-Strasse gelegen, zuerst 1463
und zuletzt 1563 erwähnt wird2). Diese Befestigungen sollten im Vereine mit den Landwehren wirken, für
deren Erhaltung immer noch Sorge getragen wurde3). Sie dienten zugleich als Warten und hingen mit den be-
festigten herzoglichen und königlichen Frohnhofen zusammen. — Während dieser kriegerischen Zeiten wurden zur
Sicherung der Stadt gegen die dänischen Angriffe auch neue Befestigungen geschaffen, wie schon oben er-
wähnt ist1).
Von den während dieser Zeit am Schlosse selbst vorgenommenen Veränderungen wissen wir nur wenig.
Scliröder spricht in seiner Topographie von einem grossen Sclilossthurm und melireren kleinen Thürmen in
Adolfs VIII. Zeit5), und auch auf einer angeblich aus dem 15. Jahrhundert stammenden Abbildung, deren Copie
Sach in seiner Geschichte der Stadt Schleswig erwähnt6), erscheint Gottorp (?), aus der Vogelperspektive gesehen,
mit vier mächtigen Thürmen an den Aussenecken bewehrt, wie nocli jetzt einer an der Nordwestecke erhalten
ist. Allein nach den bisherigen Untersuchungen erscheint es als sehr unwahrscheinlich, dass die betreffende
Zeichnung überhaupt das Schloss Gottorp darstellen sollte; siclier ist, dass Gottorp in Wirklichkeit nie so
ausgesehen haben kann1). Aucli ist der erwähnte nordwestliche Thurm erst von dem Oldenburgischen Adolf
(1544—86) errichtet worden. Dagegen ist uns überliefert, dass Adolf VIII. im Jahre 1449 einen festen Thurm
walirscheinlich an der nordöstlichen Ecke erbauen liess3). Solche Eckthürme mit ilirer runden Grundform boten
der älteren Belagerungskunst gegenüber grosse Festigkeit6) und ermöglichten aus den mannigfaltig gestalteten
Scharten eine ausgiebige Seitenbeherrschung des Grabens und der Courtinen. Deshalb finden wir dieselben bei
den meisten Burgen der damaligen Zeit, und sie wurden noch im 16. Jahrhunderte vielfach beibehalten 10). Auch
an den thurmartigen Rundbauten bei den festen romanischen Kirchen des 11. und 12. Jahrhunderts11) sind uns
einige solcher Vorbilder erhalten.
Äusser diesem von Adolf VIII. erbauten Thurme besass das Schloss damals nur noch den „groten Torn“ des
Herzogs Waldemar 12), welcher zu den Zeiten der Königin Margaretha (^ 1412) und noch lange nachher sich in
gutem baulichen Zustande befunden haben soll. Wir erblicken diesen Thurm auf einer Darstellung Gottorps aus
gothischer Zeit 13). Hier erscheint er als einfacher viereckiger Hauptthurm des mit Dachreitern, Wetterfahnen
und abgetreppten Giebeln geschmückten Schlosses. Später 11) finden wir ihn in einer dem Renaissancegeschmacke
entsprechenden Umgestaltung neben dem kleineren, östlichen, mit einer Zwiebelkuppel cliarakteristisch abge-
schlossenen Thurme wieder, jedoch mit Voluten-Giebeln und mannigfachem sonstigen Schmucke reich ausgestattet.
Auf beiden Abbildungen befindet sich der Eingang zum Schlosse unter diesem Hauptthurme. Die kunstgeschicht-
lich wichtige Westseite ist leider nicht dargestellt.
In den mehr als hundert Jahren, welche seit dem Schlossbaue Waldemar’s verflossen waren, sind in Schleswig-
Holstein die Ziegeln zur vollständigen Herrschaft gelangt 15). Aber aucli an sonstigem Steinmaterial fehlte es
!) Vgl. Sach, Geschichte d. St. Schleswig S. 50. 51.
2) Vgl a. a. 0. S. 50. Uebrigens wird schon 1435 von einem südlich vom Rathhause gelegenen „ propugnaculum“ gesprochen, welches
wohl mit der „Sandersborch“ identisch ist.
3) Vgl. die oben S. 12 mitgetheilte Wiederherstellung der Gräben, des Walles und der Pallisaden in den Jahren 1402, 1415 und 1425.
4) Vgl. oben S. 17.
5) Unter diesen „kleineren“ Thürmen sind wahrscheinlich nur Dachreiter zu verstehen, wie wir solche auf Tafel I in der kleinen, Westphalen
entnommenen Abbildung Gottorps sehen, welche übrigens wohl keinen Anspruch auf genaue Wiedergabe des damaligen Schlosses machen kann.
6) Vgl. a. a. 0. S. XV und 317. Diese Copie (Kreidezeichnung), früher im Besitze des Herrn Dr. Sach, ist jetzt abhanden gekommen,
so dass sie mir nicht zugänglich war. Weitere alte Zeichnungen dieser Art sollen sich vor 1864 in der Hoë’schen Bibliothek zu Schleswig
befunden haben.
7) Aehnliche Burganlagen haben übrigens in Schleswig-Holstein mehrfach bestanden.
8) Vgl. Sach, Geschichte des Schlosses Gottorp II, S. 5; Lorenzen a. a. 0. S. 39.
9) Vgl. Viollet-le-Duc, Dict. 375; Caumont, Abécédaire de l’archéologie, S. 485.
lé) Solche Thürme aus dem 16. Jahrhundert befinden sich an den Aussenecken des Westflügels am Schlosse der Deutschen Ordensritter
in Königsberg.
U) Vgl. Dr. Richard Haupt, Die Vicelinskirchen, Kiel 1884. Ueber befestigte Kirchen bei den Westgothen vgl. Mothes, Baukunst
d. Mittelalters in Italien I, 170. Vgl. auch oben S. 9, Anm. 5.
12) Vgl. oben S. 11.
13) Vgl. Tafel I.
11) Vgl. Tafel I und II.
15) Auch für die Bedachung kamen dieselben immer mehr in Gebrauch. So erliess Herzog Gerhard VI. im J. 1402 einen Befehl an die
Bürger Schleswigs, nach welchem sie kein Gebäude mehr mit Stroh decken durften. Vgl. Noodt, Beiträge z. Erläut. d. Civil-, Kirchen- und
Gelehrten - Historie d. Herzogthümer Schleswig und Holstein (Hamburg 1744) I, 181. — An Ziegeleien fehlte es in der Stadt Schleswig nicht.
Schon im 14. Jahrh. war der Domziegelhof angelegt worden, welcher ursprünglich nur den Zwecken der Kirche dienen sollte, später aber auch
an die Stadt seine Erzeugnisse abgab. Auch der Stadtrath besass einen eigenen Ziegelhof hinter der Michaelskirche, welcher schon im Anfänge
des 15. Jahrh. erwähnt wird. Vgl. Sach, Gesch. d. Stadt Schleswig S. 149.
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