Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz
Forfatter: Robert Schmidt
År: 1887
Forlag: Ernst Homann
Sted: Kiel
Sider: 135
UDK: st.f. 725.17 sch
Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken
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nicht. Mit Bausteinen beladene Schiffe gingen von Bremen aus vielfach an die Westküste von Schleswig-Holstein.
Ueberhaupt hing das Aufblühen der Baukunst in diesen Ländern theilweise mit der Entwickelung der Schiff-
fahrt eng zusammen.
Die Formen, in welchen sicli die Baukunst bewegte, unterliegen besonders in dieser Zeit einem langsamen Wandel.
Selbst das 14. und 15. Jahrhundert zeigt die nicht an einem Orte, bei einer Nation, sondern überall fast
gleichzeitig organisch aus dem romanischen Stile hervorgewachsene Gothik besonders im Norden nicht ganz frei
von Reminiscenzen der früheren Periode. Es gelingt ihr nicht immer, den reinen Ausdruck der ihr zu Grunde
liegenden Ideen und Principien zu erreichen, sondern meist haften ihr die Kennzeichen an, welche sie als
Weiterentwickelung, als Consequenz des romanischen Stils charakterisiren. Bei den Kleinkünsten erhielten sich
die bisher üblichen romanischen Formen sogar noch lange Zeit ’). Leider sind viele der besseren Leistungen
der Gothik, welche freilich in Schleswig-Holstein ein verhältnissmässig enges Feld der Ausbreitung fand, schon
der Vernichtung anheimgefallen. Die älteren Backsteinwerke — mehrere Bauten sind während der Friedens-
regierung Adolfs VIII. entstanden — sind massiv und schmucklos und entsprechen in ihrem Eindrucke dem
schlichten, ernsten Wesen, welches besonders dem Bewohner der cimbrischeu Halbinsel eigen ist. Als dann zur
Blüthezeit der Hansa grösserer Reichthum in das Land kam, und der wachsende Wohlstand, wie überall, so auch
hier auf die Ausbildung der Künste mächtig einwirkte, zugleich aber auch den Sinn für das Strenge und Einfache
mehr und mehr in den Hintergrund drängte, gewannen auch die Bauwerke des Nordens eine zierliche, kühnere
Gestalt und reichere Ausstattung. Alle Bauelemente, welche als Typen der früher üblichen Holzbauten auf Form,
Structur und Ausschmückung der nun aus Ziegeln errichteten Gebäude gewissermassen durcli Vererbung von ge-
wichtigem Einflusse geblieben waren, wurden durch diesen Aufschwung neu belebt^).
Vielfach wird die solide Ausführung und Festigkeit der Bauten der damaligen Zeit bewundert. Dieselbe
verdankt man weniger der ursprünglichen Güte des Materials als vielmehr der sorgfältigen Behandlung desselben
sowie einer Reihe schon zur festen Regel und Vorschrift gewordener und streng beobachteter Gewohnheiten,
welche theilweise in den sogen. Maurerstatuten überliefert sind3). Manche dieser Vorschriften gaben dem ganzen
Bauwesen einen patriarchalischen Zuschnitt, der vielfach von den heutigen Gebräuchen abweicht. Für das Brennen
und Zubereiten des Kalks z. B. gab es eine Reihe von Bestimmungen und Kautelen, deren Beobachtung bei dem
massenhaften Betriebe der Gegenwart und den heutigen Arbeiterverhältnissen unmöglich wäre. Da während des
ganzen Mittelalters der Kalk ungebrannt eingeführt wurde4), so hatte jede grössere Baustelle ihren eigenen Kalkofen;
auch die Ziegeln wurden von den Bauherren selbst gebrannt. Während heute zu Tage der Kalk unmittel-
bar nach der Fertigstellung verwendet wird, musste er damals in vielen Ländern mehrere Jahre lang einge-
sumpft liegen, damit so das schädliche Nachlöschen und Blasentreiben im Mauerwerk oder Putz verhindert
werde3). Um ein rasches Erstarren des Kalkmörtels herbeizuführen, wurde häufig Kalkstaub zugesetzt3), ein
Verfahren, das auch schon bei den um vieles älteren Burgbauten Deutschlands, so auch bei dem in Gipsmörtel
gelegten Opus spicatum Anwendung fand. Ich führe hier als interessantes Beispiel die Burgruine Homburg bei
Stadt-Oldendorf im Herzogthum Braunschweig an. Ein Verbacken der Steine war nicht üblich; auch rieb man das
fertige Mauerwerk nicht ab, da mit der Reinigung zugleich auch das schützende Pigment und hierdurch die
Wetterbeständigkeit des Materials verloren ging; das Ausfugen geschah meist mit dem Aufbau.
Mie wir uns bei der Betrachtung der Bischofsburg zu Alt-Gottorp ein allgemeines Bild mittelalterlicher
Zimmereinrichtungen in den Holzbauten des Nordens zu schaffen versuchten^), so wollen wir auch hier am
h Dieses conservative Festhalten an dem Ueberlieferten erklärt sich besonders auch aus dem Umstande, dass die Erbauer unserer Gottes-
häuser und Burgen aus dem Handwerkerkreise hervorgingen und ihm augehörten. „Akademisch“ gebildete Künstler gab es damals noch nicht.
Ueberhaupt wurde in der gothischen Periode noch nicht zwischen Handwerkern und Künstlern unterschieden. Dies gilt auch von den Meistern
der in den Herzogthümern heimischen Schnitzkunst, sowie der Malerei.
2) Dass die Entwickelung des Wohlstandes und der bildenden Künste Hand in Hand gehen, ist bekannt. Vgl. hierzu v. Wiebking’s
vier Abhandl. über den Einfluss der Bauwissenschaft auf das allgemeine Wohl und die Civilisation (München 1817, 1818). ___________________________Den Einfluss
mittelalterlicher Holzconstruction auf die späteren Backsteinbauten lässt eine Vergleichung der verschiedenen Ziegelbauten unter einander und
noch mehr die Gegenüberstellung der Bruchsteingebäude des Südens deutlich erkennen.
3) Vgl. u. a. Statut der Maurer aus Balthasar Bohem’s Codex picturatus (Mittheil, der K. K. Central-Kommission f. Baudenkmäler VI, 74 ff.).
4) Fur den Dom zu Schwerin 1458—1504 wurde z. B. ebenfalls ungebrannter Kalk eingeführt, wie dies aus einem herzoglichen Schreiben
hervorgeht.
5) So berichtet Hormayr, wie Feil im 3. Bd. d. Bericht, u. Mitth. d. Wiener Alterth.-Vereins bemerkt, von einem „alten“ polnischen
Gesetze, nach welchem die Strafe des Stranges für jeden Maurer festgesetzt war, welcher Kalk verwende, der nicht sieben Jahre eingesumpft
lag. Demnach musste jeder Maurer sieben Gruben haben und durfte in jedem Jahre nur so viel bauen, als es sein Vorrath an sieben Jahre
vorher gebranntem Kalk gestattete. Der Lehrling musste so viel Vermögen besitzen, dass er im Stande war, bis er Meister wurde, sieben
Gruben zu erwerben.
6) Eingehendere Untersuchungen über spontane Krystallisation gesättigter Lösungen sind angezeigt, da bei Cement ein ähnliches Verhalten
öfter constatirt ist. So behandelter Kalk zeigt bei subtiler Beobachtung sehr bald eine Art spathiges (grobkrystallinisches) Gefüge.
7) Vgl. oben S. 6 und 7.
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