Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz
Forfatter: Robert Schmidt
År: 1887
Forlag: Ernst Homann
Sted: Kiel
Sider: 135
UDK: st.f. 725.17 sch
Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken
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1492 ein grosser Theil abbrannte. Von einem Wiederaufbau sind uns zwar keine Details bekannt geworden;
docli sagt eine allgemein gehaltene Nachricht, dass Friedrich grosse Veränderungen und Restaurationen auf der
westlichen Seite des Schlosses, d. h. an dem Hauptreste des alten, noch aus der Zeit des Herzogs Waldemar
stammenden Baues habe vornehmen lassen. Auch vermuthet man, dass er gleichzeitig die dortige Schlosskapelle
zwischen dem Thore und dem nordöstlichen Eckthurme erbaut oder doch wenigstens erweitert und verschönert
habe. In späterer Zeit, etwa um 1530, hören wir dann von der Erbauung eines „neuen Hauses auf Gottorp“;
doch auch von diesem Baue sind genauere Nachrichten nicht auf uns gekommen 1). Wahrscheinlich ist darunter
der Südflügel gemeint, welcher in einigen Theilen des gewölbten Erdgeschosses und des Kellers, westlich vom
heutigen Südportal, noch Reste aus dieser Zeit birgt, darunter die sogenannten „Weinkeller“. Vielleicht könnte
eine Zeichnung aus dem Jahre 1584, welche Lorenzen2) erwähnt, und nach welcher der Südflügel dieselbe
Höhe hatte wie das alte Hauptgebäude, nämlich ein Stockwerk äusser dem Erdgeschosse, auch über die Façaden-
bildung in dieser Zeit einige Aufklärung geben.. Dieser südliche Flügel, nun der dritte im ganzen Bau, wurde
später das Hauptgebäude. Dasselbe hatte ein Thor nach dem südlichen Schlossgraben zu, wodurch das alte Thor
im Osten überflüssig wurde, wie denn der Zugang auf dieser Seite nach der Anlage des grossen Schleidammes über-
haupt aufhörte. Als Baumaterial dienten abgesehen von den unten erwähnten Quadersteinen von der abgebrochenen
Apostelkirche zu Bergen wolil auch manclie der im Lande vorliandenen Granitfindlinge und walirscheinlich auch
Felsblöcke aus den zahlreichen Heidengräbern des Landes3).
Es ist interessant, dass uns ein Urtheil über den Eindruck, den das Schloss auf einen weitgereisten Zeit-
genossen noch vor dem zuletzt erwähnten Neubau machte, erhalten ist. Der Rath Maximilian’s I., Sigismund v. Herber-
stein4), der im Jahre 1516 durch Schleswig-Holstein reiste, berichtet in seiner Selbstbiographie, der „Raitung“
seines Lebens, wie er sie betitelt: „ Wie man von Schleswiglch am Main Weg furter raist, humbt man zu dem Schloss
Cotrop genannt, da der Herzog gemainiglichen Hof heelt; gent die Strassen nahmt am Thor hin, ist schamdlich (d. h. in
die Augen fallend, glänzend) erpaut geicest“. Also aucli schon damals, wo die Formen der Renaissance noch
nicht zur Anwendung gekommen waren und wir uns das Schloss nocli mit hohen gothischen Treppengiebeln
ausgestattet denken müssen (s. Tafel Nr. I), fiel ein Vergleich mit anderen Fürstensitzen nicht zu seinem
Nachtheil aus.
Auf einem Gebiete des Bauwesens, nämlich bei der Anlage von Befestigungen, sehen wir weniger solche Ueber-
reife wie bei den bildenden Künsten, sondern gewaltige Umgestaltungen und Neuschöpfungen. Es ist die Zeit, in
welcher das Ritterwesen des Mittelalters, das sich im Norden ebenfalls länger erhielt als anderwärts, allmählich auf-
hörte5). Man baut deshalb keine Burgen mehr, sondern es beginnen die bastionirten Citadellen und Schlösser der
Fürsten und Staaten. Auch Gottorp streift jetzt die mittelalterliche Befestigungsweise mehr und mehr ab. Im
Jahre 1538 wurden durch Christian III. die eigentlichen Befestigungswerke nach den damaligen Errungenschaften
der Ingenieurkunst neu hergestellt, wozu vermuthlich die kriegerischen Ereignisse der Grafenfehde, die Schleswig-
Holstein während der ersten zwei Kriegsjahre berührt hatten, die Veranlassung gaben. Die Kosten für diese Bauten,
die nach Heimreich’s Nordfriesischer Chronik längere Zeit in Anspruch nahmen, scheinen bedeutend gewesen zu sein,
da die Eiderstädter allein 7 000 Mark als Schatzung dazu steuern mussten. Die Nordstrander wurden genöthigt,
vierzelm Tage lang am Walle zu arbeiten®). Die Vervollkommnung der Gescliütze zwang den König zur Er-
richtung stärkerer Mauern, wobei den Ecken und Vorsprüngen besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Gleich-
1) Einen vollgültigen Beweis für diesen Bau haben wir trotz des auffallenden Schweigens aller sonstigen Quellen an einem Schreiben
Friedricli’s I. an Esge Bilde, Befehlshaber auf Bergenhus in Norwegen, worin demselben befolilen wird, die Apostelkirche in der Stadt, Bergen
abzubrechen und davon so viele Steine nach Schloss Gottorp zu schicken, als „zu dem neuen Haus, welches wir hier bauen“ erforderlich seien.
Dass unter „neues Haus“ nur ein Flügel zu verstehen ist, ergiebt sicli daraus, dass einige Jahre später der östliche Flügel als das „östliche
Haus“ bezeichnet wurde. Vgl. Lorenzen, Gottorp Slot, S. 48.
2) Vgl. a. a. 0. S. 48 ff. Diese Zeichnung war mir leider nicht zugänglich.
3) Im Laufe der Zeit hatte sich mannigfaches Steinmaterial zu Gottorp angehäuft. Im Jahre 1538 schrieben Iver Krabbe und
Jesper Brockman, welche bei einem Schlossbau Christian’s III. in Kopenhagen beschäftigt waren, dass der Stein, über den der König ge-
schrieben hätte, dort nicht vorhanden sei, und Meister Morten Steenhugger (Steinhauer) fügte hinzu, dass sich dieser Stein zu Gottorp
befinde. Vgl. Frias, Samlinger til Dansk Bygnings og Kunsthistorie, S. 193. — Unter dem erwähnten Schlossbau ist das eigentliche Stadt-
schloss zu Kopenhagen zu verstehen, an dessen Stelle später das prachtvolle Schloss Christiansburg gebaut wurde, welches 1799 abbrannte,
worauf dann ein zweites, umfangreiches Schloss Christiansburg entstand, welches bekanntlich im October 1884 abermals theilweise in Flammen aufging.
4) S. v. Herbertstein, der bekannte und gewandte Bath des Kaisers Maximilian I., erhielt 1516 von diesem den Auftrag, nach Dänemark
zu gehen und dem König Christian II., welcher mit des Kaisers Enkelin Isabella, einer Schwester Karl’s V. verheirathet war, wegen seines
Privatlebens ernstliche Vorstellungen zu machen.
6) Christian I. musste freilich noch 1480 gegen den Adel Holsteins das gefälirdete landesherrliche Ansehen mit den Waffen geltend machen,
und sogar noch im Jahre 1516 war Christian II. genöthigt, im Verein mit Herzog Friedrich, dem späteren Könige, den Gewaltthätigkeiten der
Kitterschaft entgegenzutreten.
8) Vgl. Sach, Gesch. d. Schlosses Gottorp II, 5. Bis in die neueste Zeit hatten die umliegenden Ortschaften für das Schloss und Zu-
behör mannigfache Dienste zu leisten, welche noch aus der Zeit der Hörigkeit geblieben waren.
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