Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz
Forfatter: Robert Schmidt
År: 1887
Forlag: Ernst Homann
Sted: Kiel
Sider: 135
UDK: st.f. 725.17 sch
Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken
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zeitig musste der Wehrgang für die Radschlossbüchsen, Donnerbüchsen und Mörser erweitert werden. Zum
Schutze des Mauerwerks gegen die Kugeln wurden hohe und starke Wälle aufgeworfen. Die Flankenvertheidigung
erhielt damals nicht selten durch Eckthürme und vorgeschobene Bastionen eine bessere Ausbildung, und schliesslich
wurden auch noch unter Umständen vor dem Thore zu dessen Schutz Wälle errichtet, wodurch man anscheinend
in Deutschland wie in Frankreich um diese Zeit zu den alten Barbakanen zurückkehrte 1). Bei dieser Anlage
blieb der Burgfried bald fort, und die ganze Festung erhielt einen mehr symmetrischen, an den Ecken von
runden oder viereckigen Thürmen flankirten Grundriss. Die practischen Bedürfnisse der Zeit und der Verhältnisse
forderten das Aufgeben veralteter Constructionen und entsprechende Neugestaltungen, und deshalb sehen wir auch
die deutsche Befestigungskunst in jener Zeit weniger von den Italienern abhängig, als andere Gebiete. Fast gleich-
zeitig beschäftigen sich in Italien und Deutschland die grossen Meister der Kunst mit ihr. Neben Bramante,
Francesco di Giorgia-Martini, der hauptsächlich als Begründer der wissenschaftlichen Befestigungskunst in Italien
angesehen wird, Leonardo da Vinci und Michelangelo sehen wir in Deutschland Albrecht Dürer2) mit ihren
Problemen beschäftigt. Im Jahre 1527 erschien zu Nürnberg seine Schrift: „Etliche Undericht zur Befestigung
der Stett, Schloss und Flecken“, und wir dürfen wohl annehmen, dass dies wichtige Bucli auch auf die Fürsten-
höfe des Nordens gelangte und dem Könige Christian III., der deutsch erzogen worden war und seine Jugend
in Deutschland zugebracht hatte (1521 auf dem Reichstag zu Worms), nicht unbekannt geblieben ist. Ein Abschnitt
dieses Buches ist Vorschlägen zur Verstärkung älterer Befestigungen gewidmet. Es ist nicht unwahrscheinlich,
dass diese Vorschriften bei der Neubefestigung Gottorps Berücksichtigung gefunden haben. Mit dem Laufe dieses
und des folgenden Jahrhunderts wurden dann die auf diese Weise neu angelegten Befestigungen den sich ver-
ändernden Ansprüchen der Zeit gemäss wiederholt umgestaltet.
2. Gottorp unter den Herzögen von Schleswig-Holstein-Gottorp 1544—1721.
Wie wir schon oben kurz mitgetheilt haben, erfolgte 1544 eine neue Theilung des Landes. Diese wurde,
nachdem die Brüder Christian’s III., Johann und Adolf, mündig geworden waren, am 16. August des genannten
Jahres zur Ausführung gebracht. Die drei damals entstandenen Theile wurden nach drei Schlössern benannt,
welche sämmtlich in Schleswig lagen. Christian III. bekam Sonderburg, Johann Hadersleben und Adolf das
Schloss Gottorp 3). Dieser Adolf*) nun (geb. am 25. Januar 1526 auf der Duburg bei Flensburg) wurde der
Begründer der Sohleswig-Ho1stein-Gottorp’schen Linie, welche bis zum Jahre 1721 im Besitze des
Schlosses blieb5). Die Fürsten des genannten Hauses, welche nach einander über diesen Theil des Landes, dem die
Aemter Gottorp und Hütten, die Landschaften Eiderstedt und Stapelholm, die Städte und Aemter Husum, Apen-
rade, Kiel und Oldenburg, die Aemter Neumünster und Trittau, die Stadt Neustadt, sowie die Klöster Mohr-
kirchen, Reinbeck und Cismar zugewiesen wurden, als Herzöge herrschten, sind: Adolf (1544—-1586), Friedrich II.
(1586—1587), Philipp (1587—1590), Johann Adolf (1590—1616), Friedrich III. (1616—1659), Christian Albrecht
(1659—1694), Friedrich IV. (1694—1702) und Karl Friedrich (1702—1721).
Ehe wir nun die Lebensschicksale der genannten Fürsten sowie ihre grossen Verdienste um Kunst und
Wissenschaft, für welche die meisten derselben regen Sinn und Eifer bethätigten, im Einzelnen schildern, halten
wir es nicht für ungeeignet, ein allgemeines Bild des Bauwesens, wie es sich in jener Zeit in der norddeutschen
Tiefebene gestaltete, unter steten Ausblicken auf Gottorp vorauszuschicken, besonders da bei dem steten Schwanken
der theilweise von localen Verhältnissen und Zufälligkeiten abhängigen Entwickelung bestimmt abgegrenzte Phasen,
etwa nach den Regierungsjahren der einzelnen Fürsten, nicht gegeben sind.
Wir haben schon oben gesehen, dass sich das Herannahen einer neuen Kunstweise in der Erschöpfung der
bisherigen Ideen und Formen, die keine weitere Steigerung und Entwickelung mehr zuliess, ankündigte. Jetzt
beim Beginne dieser Periode, um die Mitte des 16. Jahrhunderts6), tritt uns diese neue Kunstweise schon vielfach
i) Diese von Viollet-le-Duc (L’histoire d’une forteresse, p. 157 u. 362) erwähnten Babarkane (vgl. auch oben S. 11) kommen jedoch
mit ihren vorgeschobenen Boulevards in Norddeutschland nicht in gleichem Maasse vor, obwohl auch hier Zingeln erwähnt werden, die den
Aussenthoren noch zur weiteren Verstärkung vorgelegt waren.
2) Wie lebhaft nicht nur practisch, sondern auch zu malerischen Zwecken Dürer die Befestigungskunst interessirte, beweisen die mittel-
alterlichen, phantasievollen Festungswerke in der grossen Passion, der Apokalypse und dem Marienleben.
3) Auch die Mobilien wurden getheilt. Die betreffende Urkunde (d. d. Gottorp, Sonnabend nach Laurentius 1544), welche mit Siegeln
und Unterschrift des Königs und der Herzöge Johann und Adolf versehen ist, besagt, dass der König seinen Brüdern Betten, Tapeten, Decken,
Leinen und allen Hausrath allein überliess, während die Kleinodien gleichmässig getheilt wurden.
4) Siehe Tafel XVIII, wo Herzog Adolf nach einem älteren Oelgemälde in spanischer Tracht (Nr. 201 des Verzeichnisses der im Gross-
herzoglichen Schlosse zu Eutin befindlichen Porträts) dargestellt ist.
6) Als Herzog Johann am 2. October 1580 kinderlos starb, wurde der Hadersiebener Antheil gleichmässig an den König und Herzog,
Adolf vertheilt (19. September 1581).
6) Nach den Untersuchungen des Prof. Dr. Rich. Haupt zu Plön zeigen sich die ersten Anfänge der Renaissance 1539 zu Meldorf und 1543 zu Kiel.
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